Neue US-Sanktionen in Gestalt des Hongkong Autonomy Act befinden sich auf dem Weg. Dieses Mal werden sich chinesische Banken und Kreditinstitute wie die Industrial and Commercial Bank of China oder Bank of China, die der Pekinger Regierung eine Implementierung ihres Nationalen Sicherheitsgesetzes für Hongkong garantierten, im Zentrum dieser US-Sanktionen befinden. Doch auch internationale Institute sind betroffen.

Ich schicke an dieser Stelle voraus, dass es schlimmstenfalls zu einer Abkopplung dieser Banken vom US-Dollar-System kommen kann. Hongkonger Kreditgeber, deren Kunden insgeheim bereits damit rechnen, dass die entsprechenden Institute über eine ungenügende Ausstattung mit US-Dollars verfügen, könnten einem Run anheimfallen.

Inzwischen wird berichtet, dass in Hongkong operierende Banken, die in den Vereinigten Staaten und Europa beheimatet sind, bereits sogenannte Notmaßnahme-Überprüfungen im Hinblick auf chinesische und Hongkonger Privatkunden sowie Unternehmen durchgeführt haben, die ins Visier der neuen US-Sanktionen geraten könnten.

In Hongkong ansässige Banken sehen sich zurzeit darum bemüht, all jene Privatpersonen und Unternehmen aus ihrem Kundenbestand herauszufiltern, die dem Hongkong Autonomy Act US-Sanktionen unterliegen werden. Die hiervon betroffenen Privatkunden und Firmen werden sich in diesem Zuge nach einer neuen Bank umschauen dürfen.

Großbanken wie HSBC sehen sich an vorderster Front. Auch wenn den betroffenen Banken und Kreditgebern ein Teil des lokalen Geschäfts wegbrechen wird, sähen deren Managements keine andere Wahl als bestehende Kundenbeziehungen aufzukündigen, um in einem zweiten Schritt nicht eventuell selbst mit US-Sanktionen belegt zu werden.

Es lässt sich leicht vorstellen, welche Probleme einer internationalen Großbank im Fall einer Abkopplung von SWIFT-System drohen. Neben HSBC betreiben auch Standard Chartered und Citigroup Filialen in Hongkong. Selbstverständlich sind auch JPMorgan, Goldman Sachs, Bank of America Merrill Lynch und UBS im Investmentbanking vor Ort präsent.

Doch nicht nur Banken und Kreditgeber bereiten sich auf eine drastisch verändernde Lage in Hongkong vor. Von den zu verabschiedenden US-Sanktionen werden sich darüber hinaus sehr wahrscheinlich auch international aktive Fondshäuser und Versicherer betroffen sehen.

Analysten sind sich noch nicht in Gänze darüber im Klaren, wie hart die US-Sanktionen am Ende ausfallen werden. Zu rechnen sei damit, dass die Maßnahmen von einem Einfrieren von Vermögenswerten unter den durch die verhängten US-Sanktionen betroffenen Privatpersonen und Unternehmen bis hin zu einer Abkopplung vom US-Dollar-System reichen werden.

Betroffenen Banken könnten selbst internationale Währungstransaktionen verboten werden – und zwar in allen Jurisdiktionen, in welche der weite Arm des US-Finanzministeriums hineinreicht. Letzten Endes könnten sich Banken dazu gezwungen sehen, eine Entscheidung darüber zu treffen, mit wem sie in der Zukunft Geschäfte tätigen wollen. Entweder mit den USA oder mit China.

Denn das jüngst verabschiedete Nationale Sicherheitsgesetz für Hongkong verbietet es den vor Ort ansässigen Banken und Firmen explizit, sich an jene mit US-Sanktionen gegen China und Hongkong verbundene Bestimmungen zu halten.

Sobald der Hongkong Autonomy Act durch den US-Kongress verabschiedet worden sein wird, soll es zur Veröffentlichung einer Liste mit Privatpersonen und Unternehmen kommen, die sich auf dieser Sanktionsliste befinden werden. In Hongkong ansässige Banken befinden sich in einer fatalen Zwickmühle.

Kürzlich kam es zu einem Meeting zwischen Vertretern der größten Institute und der Hongkonger Zentralbank, um die aus den chinesischen und amerikanischen Gesetzen resultierenden Gegensätzlichkeiten zu erörtern. Eine Lösung wurde nicht gefunden. Die in Hongkong ansässigen Banken beklagen vielmehr, dass das Nationale Sicherheitsgesetz für Hongkong viel zu lax verfasst sei.

Dieses Gesetz verbietet neben sezessionistischen Bestrebungen unter anderem auch eine Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften, terroristische Aktivitäten und subversives Verhalten. Aus Pekinger Sicht handele sich um eine Palette von Verboten, die in ihren Details nicht eingehend definiert seien.

Doch ebenso fordern international aktive Finanzinstitute die Washingtoner Regierung dazu auf, die mit dem Hongkong Autonomy Act einhergehende Unsicherheit mittels zuverlässiger Erklärungen und entsprechenden Anweisungen zu beheben.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Eine wachsende Anzahl von Beobachtern weist darauf hin, dass der Ausbruch eines neuen Kalten Krieges zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China nach einer Verabschiedung des Hongkong Autonomy Act offiziell besiegelt sein wird. Heißt, beide Wirtschaftsblöcke werden auseinanderdriften und ihre ökonomische Zusammenarbeit in den meisten Bereichen einstellen. Einen Vorgeschmack hierauf haben wir über die letzten zweieinhalb Jahre bereits erhalten. Alle Entwicklungen deuten darauf hin, dass sich diese Situation beschleunigt und zu einem Bruch zwischen West und Ost führen wird.

In der Europäischen Union wird man gewiss nicht mehr darum herumkommen, Farbe zu bekennen, um kundzutun, wie aus eigener Sicht auf diese Entwicklung reagiert wird und welche Strategie angesichts dieser weltverändernden Ereignisse eingeschlagen werden soll…



Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"