Kehren wir zurück zum maghrebinischen Konflikt, der sich längst schon – ähnlich den einst zu beobachtenden Ereignissen im Kongobecken – zu einem neuen „Afrikanischen Weltkrieg“ auszuweiten droht – mit dem Unterschied, dass Großmächte wie Russland sich bereits direkt in diesen Konflikt involviert sehen.

Gleichzeitig drängen die Israelis mit einer sich verstärkenden Vehemenz auf ein militärisches Losschlagen gegen den Iran. Wer weiß, ob es sich im Angesicht der jüngst zu beobachtenden Explosionen in Natanz samt brennenden Schiffen im Persischen Golf nicht um verdeckte Aktionen des israelischen Mossad auf iranischem Territorium gehandelt haben mag?

Und wie wird die seitens der Teheraner Regierung angekündigte Vergeltung (gegen wen?) letztendlich aussehen? Ach ja, da wäre dann auch noch der Südkaukasus, wo die erloschen geglaubte Lunte im Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien inzwischen wieder lichterloh brennt. Zwischenzeitlich haben wir vernommen, dass Aserbaidschan die Regierung in Eriwan vor dem möglichen Beschuss eines Atomkraftwerks in Armenien warnt.

Die Türkei kämpft an vielen Fronten

Und so weiter und so fort. Selbstverständlich zündelt der „türkische Sultan“ am Bosporus auch in diesem Konflikt, um im Hintergrund mit die Fäden auf Seiten Aserbaidschans zu ziehen. Und dann wäre da natürlich auch Russland, das laut neuer – und zu erwartender – Berichte als zweite große Kraft im Hintergrund diesen Konflikt auf Seiten der Armenier in Gang zu setzen scheint.

In diesem Fall würden sich russische und türkische Interessen fortan an drei verschiedenen Fronten diametral gegenüberstehen, nämlich in Libyen, im Südkaukasus und in Syrien. Der selbst erklärte türkische „Protektor“ der Regierung der Nationalen Einheit in Libyen kämpft indes bereits an vier Fronten gleichzeitig.

Diese Fronten ziehen sich vom nordafrikanischen Libyen bis hin zur Westküste des Kaspischen Meeres über den Norden Syriens bis hin zu den kurdischen Nordgebieten des irakischen Zweistromlandes. Und ein fünfter Konflikt mit Griechenland zeichnet sich soeben über fragwürdige Bohrungen der Türkei im östlichen Mittelmeer ab.

 

Blicken wir einmal – wie im oben abgebildeten Chart – auf den Verlauf der türkischen Lira in Relation zu Gold, so schwant, dass dieser ganze Spuk einem jähen Ende entgegenblicken könnte, dann nämlich, sobald die Lira in das Stadium einer galoppierenden Hyperinflation überzugehen droht, was die türkischen Volksmassen in Protestscharen auf die heimischen Straßen treiben wird.

Das soll uns für den Moment allerdings nicht kümmern. Kehren wir im heutigen Bericht zurück zur Lage in Nordafrika. Ich hatte Ihnen in vorherigen Berichten ausgeführt, dass die Ägypter schon bald in diesem Konflikt mit von der Partei sein könnten. Inzwischen hat das ägyptische Parlament einem Einsatz von Bodentruppen im Nachbarland Libyen grünes Licht erteilt.

Ankara zeigt sich verteidigungsbereit

Es lässt sich damit rechnen, dass sich dieser Konflikt vor der Haustür des europäischen Kontinents noch deutlich verschärfen wird, sobald die ersten ägyptischen Panzer, deren Rohre sich hauptsächlich gegen eine Präsenz der Türken in Libyen richten würden, die libysch-ägyptische Grenze überqueren würden.

Die in der Türkei ansässige Zeitung Zaman nimmt in einem Bericht Bezug auf informierte Kreise in der türkischen Regierung, um darauf hinzuweisen, dass neben einem militärischen auch ein diplomatischer Plan in Ankara ausgearbeitet worden sei, um auf die durch das ägyptische Parlament getroffene Entscheidung einer Truppenentsendung nach Libyen zu reagieren.

Danach werde die Türkei ihre Truppenpräsenz samt militärischer Ausrüstung in Libyen deutlich erhöhen, falls es dort zu einem Einmarsch von ägyptischen Kräften kommen sollte.

In Ankara sei man bereit, auf jedwede Form eines Angriffs auf die eigenen Militärkräfte in Libyen zu reagieren. Dabei sei es egal, um welche der sich in den Libyen-Krieg involvierte Partei es sich auch handele. Wer würde angesichts dieser Mahnung den Adressaten – neben Kairo – nicht im Moskauer Kreml verorten?

Ibrahim Kalin, Sprecher des türkischen Präsidentenamtes, machte dennoch zuletzt darauf aufmerksam, zwar hinter der Regierung der Nationalen Einheit in Tripolis zu stehen, jedoch unter Berücksichtigung des großen Gesamtbildes kein Interesse daran zu hegen, Ägypten, Frankreich oder irgendeine andere Macht (in Libyen?) zu attackieren.

Kann die NATO die Türkei ausschließen?

Ach wirklich? Na, das ist ja tatsächlich mal eine beschwichtigende Aussage aus Ankara, einer Regierung, die Teil des NATO-Bündnisses ist, und die laut eigener Aussage kein Interesse daran hegt, sich mit ihren NATO-Partnern Frankreich – und Griechenland? – über regionale Konflikte in die militärische Wolle zu kriegen?!

Ich erinnere mich, wie ich Anfang 2016 <link wirtschaftsfacts beitrag laesst-die-nato-die-tuerkei-fallen _blank>in einem Bericht die Frage aufgeworfen hatte, wann die Türkei entweder selbst aus der NATO austreten oder aus diesem Verbund hinausgeworfen würde?!

Verschweigen möchte ich an dieser Stelle nicht, dass eine YouGov-Umfrage in Deutschland, die im Oktober 2019 durchgeführt wurde, zum Ergebnis hatte, dass inzwischen knapp 60 Prozent der Deutschen die Türkei nicht mehr in der NATO sehen möchten. Selbstverständlich sieht das Deutschlands Außenminister Maas, der sich über die Wichtigkeit der geographisch-strategischen Lage der Türkei im Klaren ist, anders.

Wer jedoch – wie zu Jahresbeginn – auf dem Höhepunkt einer sich in aller Welt ausbreitenden Virus-Pandemie die eigenen Grenzen und Schleusentore aufgemacht hat, um Migranten aus aller Herren Länder bewusst nach Europa zu schicken, was zu jenen unschönen Bildern an den Grenzen Griechenlands und Bulgariens geführt hatte, kann und darf nicht mehr als ein verlässlicher „Partner“ wahrgenommen werden, auch wenn es gewiss Argumente gibt, die in den schwierigen Beziehungen zwischen Europa und der Türkei in mancher Hinsicht – wie dies stets der Fall ist, wenn sich Zwei streiten – auch für die Regierung in Ankara sprechen.

Ende des vergangenen Jahres titelte unter anderem die Augsburger Allgemeine Zeitung wie folgt: Kann die Nato die Türkei ausschliessen? Es sei an dieser Stelle gesagt, dass das nicht ganz so einfach ist. Wie dem auch sei, es erweckt den Eindruck, als ob Ankara inzwischen überall dort mit von der Partie zu sein scheint – oder neue Fronten aufmacht – wo es nach Öl oder Gas in der Welt riecht. War das nicht bislang alleinige Domäne der Amerikaner?

 

Inwieweit der ägyptische Staatschef al-Sisi von der jüngst getroffenen Entscheidung des Parlaments in Kairo Gebrauch machen wird, um eigene Truppen zur Unterstützung des Rebellengenerals Haftar nach Libyen zu entsenden, bleibt aus aktueller Sicht abzuwarten.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Konkret heißt das, dass sich die militärischen Konflikte auf unserem Erdball zu intensivieren drohen. Niemand scheint mehr vor irgendetwas Halt zu machen, wenn es um die Wahrung der eigenen Interessenlage geht. Letzten Endes fallen solche Entwicklungen aus historischer Sicht häufig mit dem Ende eines Systemzyklus´ zusammen.

Ich war einst im Jahr 2013 im Rahmen eines ausführlichen Gesprächs mit dem US-Forscher Alan Hall vom Socioeconomics Institute in Atlanta, Georgia auf dieses Thema <link wirtschaftsfacts beitrag ckwirtschaftsfacts-fragt-alan-hall-antwortet _blank>eingegangen. Dieses Gespräch drehte sich damals voll und ganz um die Frage, was geschehen würde, wenn die gesellschaftliche Stimmung kippt. Ich war der Zeit damals wohl um sieben Jahre voraus.

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