Wer in diesen Tagen in den Nahen und Mittleren Osten blickt, nimmt wahr, dass Syriens Staatspräsident Baschar al-Assad inzwischen wieder „hoffähig“ unter den rivalisierenden Golfstaaten geworden ist.

Mitte März kamen erste Berichte auf, wonach Saudi-Arabien und Syrien ihre diplomatischen Beziehungen wieder vollauf instandzusetzen beabsichtigten. Als erster großer Schritt in diese Richtung wurde in den letzten Wochen über eine Wiedereröffnung der jeweiligen Botschaften des jeweils einen im Land des anderen berichtet.

Isolation ist beendet: Syrien kehrt in den Verbund der Arabischen Liga zurück

Spätestens ab diesem Zeitpunkt begann sich auch eine potenzielle Wiederaufnahme Syriens in den Verbund der Arabischen Liga abzuzeichnen. Nach einem zwölf Jahre lang anhaltenden Ausschluss ist es nun tatsächlich zu einer Abstimmung über eine Rückkehr Syriens unter den Mitgliedsländern der Arabischen Liga gekommen.

Im Rahmen dieser Abstimmung ist es dann auch erwartungsgemäß zu einer offiziellen Rückkehr Syriens in den Verbund gekommen. Laut Beobachtern und Kommentatoren geht hiermit auch eine Normalisierung der Beziehungen zwischen den Golfstaaten und Syrien einher.

Unter anderem wies hierauf auch schon ein jüngster Staatsbesuch von Baschar al-Assad und dessen Frau in den Vereinigten Arabischen Emiraten hin.

Hinter den diplomatischen Kulissen wird allen voran die Russische Föderation diese jüngste Entwicklung im Nahen und Mittleren Osten als einen großen Erfolg verbuchen. Die unter der Schirmherrschaft Pekings vermittelte „Aussöhnung“ zwischen Saudi-Arabien und dem Iran wird nun also auch anhand der Situation in Syrien spür- und sichtbar.

US-Truppen in Syrien: Wie lange noch?

Selbstverständlich stellt sich angesichts der aktuellen Entwicklung die Frage, wie es mit jenen den Nordosten Syriens okkupierenden US-Truppen weitergehen wird. Seit letztem Jahr sahen sich die dort stationierten US-Truppen wiederholt unter einem teils schweren Beschuss durch angeblich durch den Iran unterstützte Milizen.

Seitens des Irans wurde eine Verbindung zu diesen Milizen naturgemäß dementiert. Außer Frage steht, dass weder die Vereinigten Staaten von Amerika noch Israel mit Wohlwollen auf die aktuellen Entwicklungen im Nahen und Mittleren Osten blicken.

Interessant ist, dass die Pekinger Regierung ihre Zurückhaltung gegenüber den Amerikanern in vielerlei Bereichen aufzugeben scheint. In Reaktion auf einen im US-Repräsentantenhaus durchgefallenen Gesetzentwurf, welcher einen sofortigen Abzug der US-Truppen aus Syrien vorsah, äußerte sich Mao Ning, Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, im Rahmen einer am 10. März abgehaltenen Pressekonferenz wie folgt:

„Wir fordern die US-Regierung zu einem sofortigen Ende der illegalen Okkupation Syriens und der damit einhergehenden Plünderung von syrischen Ressourcen auf. Überdies fordern wir ein sofortiges Ende des Sanktionsregimes, unter dem neben der syrischen Wirtschaft allen voran die Zivilbevölkerung des Landes leiden.“

Blick nach Israel

Hinzu gesellt sich die Tatsache, dass Israel aufgrund der durch das Kabinett von Benjamin Netanyahu angestrebten und momentan aufgeschobenen Justizreform innergesellschaftlich stark gespalten ist.

Bilder und Videos, die Zeugnis über Massenproteste samt Zusammenstößen zwischen Hunderttausenden von Protestlern und Sicherheitskräften in den großen Städten Israels über den Verlauf der letzten Wochen ablegen, haben selbst unter Teilen von in den Vereinigten Staaten lebenden Juden zu einer Distanzierung von der regierungspolitischen Doktrin Israels geführt.

Die innenpolitische Zerrissenheit mag einen Beitrag zu jüngsten Raketenangriffen aus dem Südlibanon und aus dem Gazastreifen auf Israel geleistet haben, welche durch die israelische Armee – wie kaum anders zu erwarten – mittels Luftschlägen beantwortet wurden.

Die Zeiten haben sich geändert

Der Ausblick auf eine Normalisierung der Beziehungen zwischen der syrischen Regierung von Staatspräsident al-Assad und den Golfstaaten wurde kürzlich auf der Seite von Al Jazeera kommentiert.

Danach haben sich die Zeiten geändert. Der Arabische Frühling gehöre der Vergangenheit an und diese Erkenntnis habe unter den Regierungen der Region dazu geführt, ihre jeweiligen Nationen in eine neue Zukunft zu führen.

Nicht nur der seit dem Jahr 2011 geführte Bürgerkrieg in Syrien scheint damit seinem Ende entgegenzublicken, sondern auch die politische und humanitäre Lage im Bürgerkriegsland Jemen scheint sich in diesen Tagen ein Stück weit zu verbessern, seitdem die Repräsentanten des Irans und Saudi-Arabiens wieder gemeinsam an einem Verhandlungstisch sitzen.

War es unter der Präsidentschaft von Donald Trump zu dem Versuch gekommen, Israel und die Golfstaaten einander anzunähern, um eine zukünftige – und sich gegen den schiitischen Iran – richtende Achse im Nahen und Mittleren Osten zu etablieren, so kann von einem durch Erfolg gekrönten Ansinnen dieser Mission inzwischen keine Rede mehr sein.

China stößt in das entstandene Vakuum

Als zu schlecht erweisen sich dafür die bilateralen Beziehungen zwischen dem Weißen Haus unter Joe Biden und Saudi-Arabien. Mehr und mehr wird spür- und sichtbar, dass der Biden-Administration unter den Golfstaaten weder Vertrauen noch Respekt entgegengebracht wird.

Die Volksrepublik China hat dieses entstehende Vakuum und den rückläufigen Einfluss der Amerikaner in der Region nicht nur zeitnah erkannt, sondern hat dieses Vakuum inzwischen gefüllt.

Einer der Hauptantriebskräfte für den Renommee- und Ansehensverlust Washingtons wird auch in dem als katastrophal zu bezeichnenden Abzug der Amerikaner und der NATO aus Afghanistan im Sommer 2021 zu finden sein.

Wie dem auch sei, unter den Golfstaaten dürfte sich die Betrachtungsweise durchgesetzt haben, dass sich die syrische Regierung mit Unterstützung der Russischen Föderation und des Irans in einem seit zwölf Jahren anhaltenden Bürgerkrieg behauptet und als Sieger erwiesen hat.

Die Washingtoner Regierung scheint mit ihren Regimewechselplänen im Umkehrschluss gescheitert zu sein. Neben einer sich verschärfenden Sicherheitslage im Nordosten Syriens setzte die israelische Luftwaffe ihre Luftangriffe gegen syrische Ziele, wie beispielsweise in Aleppo, seit Jahresbeginn fort.

Eine neue und bislang undenkbare Achse?

Geopolitische Beobachter sprechen aus Sicht der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Israels mittlerweile über einen verzweifelten Versuch, auch in der Zukunft die Oberhoheit und Kontrolle über die Entwicklungen in Syrien und im Rest der Region zu behalten.

Danach sieht es nach den jüngsten Entwicklungen und den erfolgreichen diplomatischen Bemühungen der Volksrepublik China in der Region nicht aus. Vielmehr droht sich aus amerikanisch-westlicher Sicht eine bislang undenkbare neue Achse zwischen den seit jeher verfeindeten Lagern der Sunniten und Schiiten zu bilden.

Während die am kommenden Sonntag abzuhaltende Präsidentschaftswahl in der Türkei ihre Schatten vorauswirft, lässt die Belt & Road Initiative der Pekinger Regierung grüßen, die auf alle Länder im Nahen und Mittleren Osten eine große Strahlkraft auszuüben scheint.

Ein Teil des Projekterfolgs samt einer voranschreitenden Integration auf dem Eurasischen Kontinent wird davon abhängen, ob sich Araber, Türken und Perser durch Washington auch in der Zukunft untereinander mittels des Prinzips Divide et Impera werden spalten lassen.

Momentan sieht es so aus, als ob die politischen Führungen dieser Nationen unter den diplomatischen Bemühungen der Pekinger Regierung diesen Aspekt zumindest einmal verstanden zu haben scheinen.

Danach schaffen Uneinigkeit und eine anhaltende Spaltung Probleme und Kriege. Einigkeit und Aussöhnung gehen dagegen mit dem Ausblick auf Frieden und wirtschaftliche Prosperität einher.

Alternativlose Sanktionen

Parallel hierzu wird Amerika in weiten Teilen des Rests der Welt inzwischen wie ein wirtschaftlich und gesellschaftlich untergehendes Schiff nach Art der Titanic betrachtet.

Dass die US-Regierung keine andere Möglichkeit als eine Aufrechterhaltung und mögliche Verschärfung von Sanktionen gegenüber Syrien in Betracht zieht, um den eigenen Einfluss vor Ort aufrechtzuerhalten, spricht für sich selbst und die in Washington vorherrschende Ideenlosigkeit.

Anhand des jüngst zu beobachtenden Erdbebens in der Türkei und in Syrien wurde dies einmal mehr offensichtlich. Die auf dem Papier mit den USA verbündeten Golfstaaten, allen voran Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar, deren Führungen die Regimewechselpläne in Syrien einst mit finanziert haben, leisten inzwischen Hilfe zugunsten von syrischen Erdbebenopfern.

Welche übergeordneten Ziele verfolgt Washington in Syrien überhaupt noch?

Diese Situation spricht für sich selbst samt den Veränderungen, welche sich im Nahen und Mittleren Osten zurzeit beobachten lassen. Aus Perspektive der Vereinigten Staaten stellt sich darüber hinaus die Frage, welche übergeordneten Ziele Washington in Syrien überhaupt noch verfolgt.

Machten hochrangige Repräsentanten der Trump-Administration ehedem noch darauf aufmerksam, dass US-Truppen in einem Teil Syriens vor Ort seien, um die dortigen Öl- und Gasvorräte zu sichern, so heißt es seitens der Biden-Administration, dass US-Truppen vor Ort seien, um einem möglichen Wiedererstarken des Islamischen Staates (IS) entgegen zu wirken.

Viele Analysten und geopolitische Beobachter zeigen sich davon überzeugt, dass es der Washingtoner Regierung primär um eine Aufrechterhaltung eines gewissen Maßes an Kontrolle in Syrien – und damit in der Region – zu gehen scheint.

Hierzu sei jedes Mittel Recht. Neben der anhaltenden Okkupation der syrischen Erdöl- und Gasfelder im Nordosten des Landes, die hauptsächlich dazu zu dienen scheint, der Regierung von Baschar al-Assad wichtige Staatseinnahmen aus diesem Geschäft vorzuenthalten, dürften auch die bestehenden US-Sanktionen aufrechterhalten, vielleicht auch noch einmal verschärft, werden.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschafsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite haaretz.com.

Was heißt das für mich konkret? (Roman Baudzus)

Obwohl sich Baschar al-Assad über die vergangenen zwölf Jahre als Staatspräsident Syriens und unter enormem Druck seitens der Vereinigten Staaten, der Golfstaaten, Großbritanniens und Israels zu behaupten wusste, spricht eine ganze Menge dafür, dass al-Assad aus diesem Konflikt siegreich hervorzugehen scheint.

Verloren hat die Zivilgesellschaft des syrischen Staatswesens. Nichtsdestotrotz deutet Einiges darauf hin, dass Washington weiter an seinen Regimewechselplänen in Syrien festhält, ohne dabei zu bemerken, wie sich mehr und mehr Nationen im Rest der Welt zusammenschließen, um die Vereinigten Staaten als solche auf der Weltbühne zu isolieren und den USA mittels einer sich forcierenden De-Dollarisierung den Teppich unter den Füßen wegzuziehen.

Inzwischen eilt die Bank of America zu Hilfe.

 

Anzumerken bleibt, dass die demnächst wachsende Gemeinschaft der BRICS-Nationen den US-Dollar nicht zu „dominieren“, sondern sich davon loszusagen beabsichtigt. Wie dem auch sei, unprovozierte Aussagen dieser Art hören sich inhaltlich nach „The U.S. banking system is safe and sound“ an. Entscheide bitte jeder für sich selbst.

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