Es lässt sich schon fast die Uhr danach stellen, bis es seitens Regierungsvertretern, Offiziellen der Federal Reserve oder relevanten Behörden zu zeitlich sorgfältig überlegten Publikationen von Meldungen kommt, die sich (zumindest kurzfristig) positiv beeinflussend auf den Handel an den Aktienmärkten auswirken.

Längst ist klar, dass sich auf eine bestimmte Weise programmierten Algorithmen inzwischen nahezu alles zum Fraß vorwerfen lässt, um durch gezielt beeinflussende News-Ströme auf den Handel an den Aktienmärkten intervenierend einzuwirken. So auch gestern.

OCC & FDCI: Volcker Rule und Regularien im Derivatehandel werden aufgeweicht

Doch die gestern veröffentlichte Ankündigung des Office of the Comptroller of the Currency (OCC) und der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) ist es durchaus wert, einmal genauer gelesen zu werden.

Denn mitgeteilt wurde, dass die einst im Zuge der in der Ära der Obama-Administration verabschiedete Volcker-Regel aufgeweicht wird. Diese Ankündigung lässt tief blicken, wenn sich die Dinge um den aktuellen Zustand des amerikanischen Bankensystems drehen.

Unter Bezugnahme auf Bloomberg wird Amerikas Banken fortan mehr Spielraum verschafft, wenn es darum geht, auf welche Weise bestimmte – und bislang im Zuge der Volcker-Regel gebundene – Finanzreserven fortan in zunehmender Weise zum Einsatz kommen dürfen.

Darüber hinaus weicht das OCC seine Regularien und Anforderungen im Derivatehandel auf, was dazu führen wird, dass die vorzuhaltenden Finanzreserven der amerikanischen Banken im Derivatehandel unter Tochterunternehmen und mit Drittparteien sinken werden.

Maximale Liberalisierung seit Amtsantritt & fragwürdige Doppelpositionierung der Fed

Seit seinem Amtsantritt hatten US-Präsident Donald Trump und das Weiße Haus die nach dem Überwinden der globalen Finanzkrise im Zuge der Finanzmarktreform nach Dodd/Frank eingeführten Regelverschärfungen aufgeweicht, um die an den Finanzmärkten herrschenden Bedingungen wieder maximal zu liberalisieren.

Dass die Federal Reserve als eine der mittlerweile mächtigsten Finanzaufsichtsbehörden des Landes diesen Plänen ihren Segen erteilen wird steht außer Frage, und wirft einmal mehr ein Schlaglicht auf die viel diskutierte Frage, ob eine Finanzaufsichtsbehörde wie die Federal Reserve auf Basis von deren dauerhaften Finanzmarktinterventionen gleichzeitig auch aktiver Player an diesen Märkten sein kann und sein darf.

Das Risiko steigt – Auch Ventur Capital Beteiligungen wieder gestattet

Analysten schätzen, dass die Margen-Anforderungen im Swap-Handel nach Aufweichung der Volcker-Regel auf ein Niveau sinken werden, auf welchem Finanzhäusern und Banken an der New Yorker Wall Street ein Betrag von kumulierten 40 Milliarden US-Dollar an befreiten Reserven im Eigenhandel zur Verfügung stehen wird.

Banken wird es nach Aufweichung der Volcker-Regel fortan auch wieder erlaubt sein, sich direkt an Fonds im Bereich des Venture Capital zu beteiligen. Zahlreiche Kritiker teilten nach der gestrigen Bekanntgabe mit, dass die aufgeweichten Margen-Anforderungen im Handel mit Derivaten unter Tochterunternehmen der Banken und Drittparteien nun abermals zu einem Abschmelzen von Extra-Puffern gegen Verluste in Bankbilanzen führen werden.

Resultat wird sein, dass insbesondere in diesem Handel aktive Tochterunternehmen von Banken, deren teils undurchsichtige Aktivitäten automatisch durch staatliche Garantiesysteme wie den Einlagensicherungsfonds der FDIC „abgesichert“ sind, sich fortan wieder größeren Risiken ausgesetzt sehen und auch selbst wieder zu größeren Risiken avancieren werden.

Banktitel springen an - und gleichzeitig die Diskussion um Probleme im Bankensystem

Während Bankaktien im gestrigen Handel naturgemäß positiv auf diese Ankündigung reagierten, wurde unter Analysten im Nachgang jedoch die Frage aufgeworfen, ob es sich nicht doch eher um ein bärisches Signal handeln könnte, da es nun unweigerlich wieder zu Diskussionen über potenzielle Finanzprobleme im amerikanischen Bankensystem kommen wird.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Konkret heißt das, dass diese Ankündigung der Regulierungsbehörden nur kurz vor der Veröffentlichung der jüngsten Banken-Stresstests durch die Federal Reserve Hinweise zu aufkommenden Liquiditätsproblemen im US-Bankensystem liefern könnte. Bei einhundert Millionen einst aufgenommenen Darlehen, die durch Kreditnehmer im Konsum- und Verbrauchersektor inzwischen nicht mehr bedient werden, wie gestern berichtet, liegt es auf der Hand, dass Amerikas Banken – vor allem im Angesicht von zu niedrigen Darlehens- und Kreditausfallrückstellungen – schon bald in arge Probleme und Finanznöte geraten könnten.

Nach wie vor lässt sich nicht ausschließen, ja ist vielmehr damit zu rechnen, dass es zum Ausbruch einer Finanzkrise 2.0 kommen könnte, zumal sich nicht abzeichnet, dass sich die wirtschaftlichen Aktivitäten im zweiten Halbjahr auf ein Niveau erholen werden, das den allgemein vorherrschenden Hoffnungen auf eine V-förmige Ökonomieerholung gerecht werden würde. Vorsicht ist deshalb die Mutter der Porzellankiste.

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