Eine Revolution lässt sich von oben oder von unten anstoßen. Nachdem sich die politischen Entscheider in den vergangenen Jahren „Zeit erkauft“ haben, um eine Bereinigung der im Zuge der Finanz- und Bankenkrise an die Oberfläche tretenden Systemschieflagen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben, scheint sich die Welt nun tatsächlich langsam aber sicher in eine andere Richtung zu bewegen.

Dass solche Umbrüche nicht von heute auf morgen geschehen, ist eigentlich selbstredend. Gesellschaftliche Prozesse benötigen nun einmal ihre Zeit, um alle Bevölkerungsschichten zu durchdringen.

Umso erstaunlicher ist, dass Gary Cohn, ehemaliger Goldman-Sachs-Topmanager und neuer Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, gegenüber einer Reihe von Mitgliedern des Bankenausschusses des Senats laut verschiedener Medienberichte ausgeführt haben soll, dass er eine Strategie unterstütze, welche die Wall Street von oben bis unten umkrempeln könnte.

Trennung des Kontokunden- vom Investmentgeschäft

Und auf welche Weise soll das geschehen? Ganz recht, mittels eines Vorschlags, den unter anderem auch wir in den letzten Jahren wiederholt ins Spiel gebracht hatten. Dabei handelt es sich um eine abermalige Trennung des Kontokundengeschäfts von den Investmentaktivitäten unter den großen Geschäftsbanken.

Eine solche Trennung wurde unter der Präsidentschaft von FDR in den 1930iger Jahren nach dem Aktiencrash vollzogen. Aufgehoben wurde das so genannte Glass-Steagall-Gesetz dann in der Ära von Bill Clinton in den 1990iger Jahren. Was dabei herausgekommen ist, hat sich spätestens zwischen den Jahren 2007 bis heute gezeigt.

Anderes als Superbailouts zugunsten des überdimensionierten Bankensektors blieb aus Sicht der US-Regierung seit dem Ausbruch der Bankenkrise eigentlich gar nicht übrig, um eine „Geiselnahme“ der Kontogeschäftskunden durch die Investmentbanksparten der betreffenden Institute zu verhindern.

US-Kongressmitglieder zeigten sich überrascht

Und genau so war es doch auf dem Höhepunkt der Finanzkrise auch. Wirtschaftlich völlig vor die Wand gefahrene Institute erpressten die Politik, indem sie einen Systemuntergang an die Wand malten, in dem nicht nur die eigenen Investmentgeschäftsaktivitäten über die Klippe gehen würden, sondern darüber hinaus auch das Geld auf den Konten der Sparer.    

Hört, hört, laut Gary Cohns Aussagen, wäre es ihm lieber, wenn Großbanken wie Goldman Sachs sich in der Zukunft wieder verstärkt um den Handel mit Vermögenswerten und eine Emission von Papieren aller Art kümmern würden, während sich Institute wie die Citigroup wieder auf deren Kerngeschäft der Firnen- und Verbraucherkreditvergabe fokussieren sollten.

Für mich klingt das nach allen Ereignissen in den vergangenen beiden Jahrzehnten alles sehr vernünftig. Selbst die anwesenden Kongressmitglieder sollen ob dieser getätigten Aussagen ziemlich überrascht gewesen sein. Doch was soll´s? Fakt ist, dass endlich etwas Gravierendes geschehen muss, um einen außer Rand und Band befindlichen Finanzmarkt wieder stärker an die Kette zu legen.

To big to fail – and even bigger...

Bislang hatten nur US-Präsident Donald Trump und einige republikanische Abgeordnete in der Öffentlichkeit darüber gesprochen, das Glass-Steagall-Gesetz wieder zurückbringen zu wollen, um dieses Ziel zu erreichen. Dass auch Goldman-Sachs-Ikone Gary Cohn nun von solchen Plänen spricht, lässt allerdings aufhorchen.

Die Abschaffung des Glass-Steagall-Gesetzes im Jahr 1999 führte überhaupt erst dazu, dass Banken wie Citigroup, Wells Fargo, Bank of America oder JPMorgan Chase zu derartigen Kolossen heranwachsen konnten, wie es heute der Fall ist. Dass Cohn nun öffentlich über eine Wiederauflage des Gesetzes spricht, lässt tief blicken.

Denn bislang sahen die meisten Bankenvorstände an der Wall Street in der Ernennung Cohns zum Wirtschaftsberater Trumps einen Blankoscheck dafür, dass auch in den nächsten vier Jahren alles so weiter gehen würde wie gehabt. Doch die Dinge scheinen sich zu ändern.

Forderungen nach Zerschlagung großer Wall-Street-Banken

Es könnte durchaus sein, dass Gary Cohn in dieser Sache noch als Zünglein an der politischen Waage fungieren wird, falls sich im US-Kongress eine Mehrheit unter den Abgeordneten zur Wiedereinführung des Glass-Steagall-Gesetzes finden sollte. Wie eine Neufassung dieses Gesetzes aussehen könnte, ist bislang jedoch noch nicht raus.

Schon seit langer Zeit werden die Forderungen in weiten Teilen der Bevölkerung lauter, die eine Zerschlagung der großen Wall-Street-Banken zur Grundlage haben. Ausschlaggebend für den Präsidentschaftswahlsieg Trumps war unter anderem auch die teils massive Ablehnung gegenüber dem auf dem Höhepunkt der Bankenkrise geschnürten Bailout-Paket in Höhe von $700 Milliarden unter der Bevölkerung. 

Im Rahmen des Nationalen Konvents der Republikaner im Juli des vergangenen Jahres wurde eine Rückkehr zu Glass Steagall bereits durch die Parteibasis durch gewunken und wird im Zuge der Präsidentschaft von Donald Trump irgendwann automatisch in den Mittelpunkt der politischen Agenda der neuen US-Regierung rücken.

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