Es hätte die Möglichkeit für ein klärendes Gespräch zwischen US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und seinem chinesischen Kollegen Li Shangfu sein können.

Die Sicherheitskonferenz am Wochenende in Singapur, welche unter dem klingenden Titel "Shangri-La-Dialog“ stattfand, wäre die geeignete Kulisse gewesen. Doch trotz der tropischen Witterung herrschte Eiszeit zwischen den beiden Ministern.

Vorwürfe wurden ausgetauscht, Li wiederholte seinen Vorwurf, von einer Mentalität „wie im Kalten Krieg“, während Austin von Nötigungen sprach. Nein, zwischen den beiden Supermächten hat sich ein tiefer Graben aufgetan, den momentan niemand zu überwinden in der Lage scheint, obschon beide auf ihre Bereitschaft zum Dialog verwiesen.

Die Spannungen zwischen Peking und Washington dauern an und haben in letzter Zeit an Intensität gewonnen. Washington forciert seinen antichinesischen Kurs und schmiedet eine Anti-Peking-Allianz, während die Volksrepublik auf Taiwan als integralen Bestandteil des eigenen Staatsgebietes verweist. Daher nahm der chinesische Verteidigungsminister die Einladung zum Gespräch mit den USA nicht an.

Immerhin begrüßten sich die beiden Minister mit Handschlag. Der US-Minister übte Kritik an Chinas angeblich fehlenden Willen zu einem „ernsthafteren Dialog“ bei der Bewältigung militärischer Krisen und wies die weitreichenden chinesischen Territorialansprüche insbesondere im Südchinesischen Meer zurück, so als handele es sich dabei um ein Hoheitsgewässer der USA.

Dabei sei eine „offene Kommunikation“ mit China „unerlässlich, insbesondere zwischen unseren Verteidigungs- und Militärspitzen“, sagte Austin. „Je mehr wir miteinander reden, desto mehr können wir Missverständnisse und Fehleinschätzungen vermeiden, die zu einer Krise oder einem Konflikt führen könnten“, so der US-Verteidigungsminister weiter.

Die Analyse Kissingers

Am Sonntag konterte Li dann direkt: Er sehe eine Mentalität „wie im Kalten Krieg“ wiederaufleben, obwohl sein Land den Dialog der Konfrontation vorziehe. „Die Rückkehr zum Kalten Krieg erhöht die Sicherheitsrisiken erheblich“, so Li. In seiner Rede beschuldigte er „einige Länder“, das Wettrüsten zu intensivieren und sich vorsätzlich in die inneren Angelegenheiten anderer einzumischen. Bei der Taiwan-Frage drohte er mit einer militärischen Option „Wenn es jemand wagen sollte, Taiwan von China abzuspalten, wird das chinesische Militär nicht eine Sekunde zögern“, drohte der neue Verteidigungsminister.

Zusätzlich wurde der Gipfel von einem Zwischenfall belastet. Jörg Kronauer schreibt diesbezüglich in der Jungen Welt:

Überschattet wurde der Shangri-La-Dialog vom Beinahe-Zusammenstoß zweier Kriegsschiffe in der Taiwanstraße. Dort hatte sich am Sonnabend ein chinesisches Schiff einem US-Zerstörer auf 150 Meter genähert.

Die aktuelle Krise wurde vor allem durch Washingtons Eindämmungsstrategie gegenüber Peking hervorgerufen. Diplomatische Kanäle und der Verhandlungsweg scheinen stillgelegt.

Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger umschrieb diesen Zustand in einem Interview mit dem »Wall Street Journal« im vergangenem Jahr so: Washington lehne traditionelle Diplomatie ab, habe keinen großen Staatsführer mehr und der US-Außenpolitik fehle es gefährlich an strategischer Zielsetzung.

Was immer man von diesem Politiker halten mag, die Ereignisse rund um Taiwan und in Ostasien scheinen Kissinger recht zu geben. Henry

"Was heißt das konkret für mich!?“

Dass ein Krieg zwischen den beiden Supermächten eine apokalyptische Vision ist, muss nicht weiter vertieft werden. Besorgniserregend erscheint, dass einflussreiche Kreise im Westen dieser Gefahr nahezu schlafwandlerisch entgegentaumeln und dass die EU aufgrund der nahezu totalen Unterwerfung unter die strategischen Interessen Washingtons ohne jegliches Gegengewicht dasteht.

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