G7-Gipfel von Spannungen geprägt

Der Gipfel, welcher ohnehin von Spannungen geprägt ist, wurde durch das Auftauchen Sarifs in fieberhafte Aktivitäten verwickelt.

Der Elysee-Palast ließ verlautbaren, dass der iranische Überraschungsgast sehr kurzfristig eingeladen worden sei, nachdem der Zeitplan des Gipfels ins Wanken geriet. Sobald es möglich gewesen sei, wurden die Partner über den Gast informiert wurden, hieß es in der Stellungnahme. 

Macron hatte Sarif bereits am Freitag in Paris getroffen, betonte aber, dass der Außenminister nicht als Gast am eigentlichen Gipfel teilnehmen werde. US- Präsident Trump, für den das Vorgehen diplomatisch zwar einen Gesichtsverlust, gleichzeitig aber auch einen Hoffnungsschimmer darstellt, die von ihm verursachte geopolitische Sackgasse verlassen zu können, legte Wert auf die Feststellung, das er von Macron vorab informiert worden sei.

Die Bundeskanzlerin wurde ebenfalls unmittelbar vor dem Eintreffen Sarifs informiert, was darauf schießen lässt, dass Frankreichs Staatsoberhaupt nicht mehr viel auf die Rücksprache mit der Bundesrepublik in außenpolitischen Fragen hält, was angesichts der vorherrschenden Indifferenz und dem Mangel an Visionen auf dem Gebiet im politischen Berlin nicht verwundern darf. So ließ Merkel auch nur schmallippig verkünden, dass der Besuch Sarifs ein Parallelereignis sei - am gleichen Ort, aber kein Bestandteil des G7-Gipfels.

Blitzbesuch: Sarif in Biarritz

Die französische Tageszeitung „Le Figaro“ berichtete ihren Lesern unterdessen, dass die Konsultationen mit Sarif ca. drei Stunden in Anspruch nahmen. Zunächst habe der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian seinen iranischen Amtskollegen im Rathaus von Biarritz empfangen, anschließend nahm sich Macron dort selbst eine halbe Stunde Zeit für einen Meinungsaustausch. Inhalt des Gespräches waren dort unter anderem, wie der Sanktionsdruck gegenüber Teheran erleichtert werden könnte. Diplomatische Vertreter aus Deutschland und Großbritannien wohnten dem Treffen bei.

Paris und Teheran verbreiten vorsichtigen Optimismus, Washington schweigt

Unmittelbar nach den Gesprächen verließ Sarif Biarritz, während aus dem Präsidentenpalast in Paris verkündet wurde, dass die Gespräche sehr positiv verlaufen seien und in Kürze fortgesetzt werden.

Ähnlich klang es in einer ersten Stellungnahme, die Sarif per Twitter absetzt. Dort schrieb der oberste Diplomat der islamischen Republik:“ Der Weg vor uns ist schwierig. Aber es zahlt sich aus, es auszuprobieren.“ Er setze nun die iranische „aktive Diplomatie“ fort.

Hierbei ist davon auszugehen, dass sich Sarif, der im Iran stark unter dem Druck der Hardliner steht, zuvor beim Revolutionsführer Chamenei autorisieren ließ, auf die Initiative Macrons einzugehen. Interessant ist hierbei festzustellen, dass Washington sich in ein eisiges Schweigen hüllt.

Weder Außenminister Pompeo noch Sicherheitsberater Bolton, zwei Vertreter des gescheiterten „War on Terrors“ und neokonservative Hardliner, konnten sich zu einer Stellungnahme durchringen. Lediglich US-Finanzminister Mnuchin antwortete auf Nachfragen von Reportern, dass der US-Präsident sich in der Vergangenheit zu Gesprächen mit Iran bereit erklärt habe, was allerdings nur bedingt der Wahrheit entspricht.

Uran & Öl: Macron offeriert Lösungsansatz

Hinter den Kulissen, so berichten Diplomaten, habe Macron Trump einen Kompromiss offeriert, wonach Teheran zusagen solle seine Urananreicherung nicht wieder aufzunehmen, wofür die USA den Iranern die partielle Wiederaufnahme von Ölexporten erlauben sollen. Trump habe daraufhin nicht reagiert, blieb auch in einem Vieraugengespräch mit Macron zurückhaltend.

Trump innen- und außenpolitisch unter Druck

Die Erklärung dafür liegt in der Tatsache begründet, dass der US-Präsident sich wachsenden innen- und außenpolitischen Problemen ausgesetzt sieht. Weder die Konfrontation mit China, noch mit dem Iran, flankiert von einer drohenden Rezession in den USA, haben aus der Perspektive Washingtons Erfolg gezeigt, aber zahlreiche Risiken für die USA selbst produziert. 

Trump ist angesichts des bevorstehen Wahljahres verunsichert, welche Schritte für ihn und seine Administration gewinnbringend sein könnten, ohne die immer spürbarer werden Folgen für die US-Verbraucher, beispielsweise durch gestiegen Preise für Elektro- und andere Konsumgüterartikel, sowie die Probleme mit der Landwirtschaft, zu erhöhen - vor allem aber ohne einen Gesichtsverlust zu riskieren, was in den Verhandlungen mit Peking fatal wäre, mittelfristig aber wohl kaum zu vermeiden ist.

Israel reagiert mit Militärschlägen

In Israel sorgt der Coup Macrons für gesteigerte Nervosität. In den vergangenen Tagen wurden von der israelischen Luftwaffe völkerrechtswidrige Angriffe auf dem Staatsgebiet des Libanons, Syriens und Iraks vollzogen. In der libanesischen Hauptstadt kam hierbei eine israelische Drohne zum Absturz, auf das Medienzentrum der Hisbollah, jedoch ohne Schaden anzurichten.

Die Regierung Netanjahu ist offensichtlich darum bemüht, die Spannungen zu erhöhen, um die iranische Seite zu einem Gegenschlag zu motivieren, der aber wieder einmal ausblieb.

Bei den Angriffen in Syrien und dem Irak wurden iranische Stellungen bombardiert. Die neue Linie in der westlichen Iran-Politik ist für Premierminister Netanjahu bedrohlich, angesichts der bevorstehenden Wahlen, da diese ein Scheitern seiner fragwürdigen außenpolitischen Konzeption darstellt. Ferner wird Benjamin Netanjahu innenpolitisch von Korruptionsskandalen belastet, so dass eine Ablenkung durch außenpolitische Krisen den Regierenden in Jerusalem wünschenswert erscheint.

Fazit:

Macrons Einladung des iranischen Außenministers ist begrüßenswert. Was immer man von dem französischen Präsidenten halten mag, geht dieser Schritt in die richtige Richtung.

Die EU muss die Führung übernehmen, angesichts in der festgefahrenen geopolitischen Ausgangslage, die von Washington, sowie der blinden Gefolgschaft, die bisher ein Kennzeichen der EU-Diplomatie war, geprägt ist.

In diesem Zusammenhang sei an die mahnenden Worte des französischen Schriftstellers Paul Valery erinnert, der einst die Frage aufwarf, was denn Europa anderes sei, als ein Kap Asiens!?

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