Bislang Zahlungen für Öl- und Gaslieferungen auf Rubel-Basis kategorisch ausschließend, haben inzwischen vier europäische Gasempfängernationen den Forderungen der Moskauer Kreml-Regierung augenscheinlich nachgegeben.

Und damit scheint sich zu bewahrheiten, dass insbesondere jenen immens von Öl- und Gaseinfuhren aus der Russischen Föderation abhängigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union überhaupt nichts anderes übrigbleiben wird als sich den zuletzt einseitig geänderten Zahlungsbedingungen der Moskauer Kreml-Regierung zu beugen.

Dienen Polen und Bulgarien nur als mahnendes Exempel?

Gestern hatte die russische Regierung angekündigt, sowohl Polen als auch Bulgarien jeweils die Erdgaslieferungen zu kappen, weil sich deren Staatsregierungen einer Bezahlung dieser Lieferungen auf Rubel-Basis vehement widersetzt hatten.

Innerhalb der Brüsseler EU schienen einige Protagonisten und hochrangige Ländervertreter darauf spekuliert zu haben, dass der Moskauer Kreml nur bluffen würde. Hiervon dürfte aus Sicht der aktuellen Ereignisse nun keine Rede mehr sein.

Unschöner Nebeneffekt der gestrigen Ankündigung ist gewesen, dass die europäischen Gaspreise erneut nach oben schossen. In einem Bericht des Senders Bloomberg, der auf hochrangige Quellen beim russischen Erdgasriesen Gazprom Bezug nahm, hieß es, dass die bislang innerhalb der Europäischen Union zur Schau gestellte Einheitsfront bröckele.

Am heutigen Tag scheint es auch ganz danach auszusehen, da mittlerweile vier europäische Kundenunternehmen von Gazprom Lieferungen auf Basis des Rubels bezahlt haben sollen. Nach wie vor besteht wohl trotz allem die Aussicht darauf, dass der Moskauer Kreml weiteren Gaskunden in Europa die Lieferungen kappen könnte.

Ein neues Ultimatum

Die Kreml-Regierung hat jetzt hierfür nochmals ein neues Ultimatum gesetzt, das Mitte Mai auslaufen soll. Namentlich wurden die vier betreffenden Gasunternehmen aus europäischen Nationen, die ihre Zahlungen auf Basis des Rubels geleistet haben sollen, zwar bislang noch nicht genannt, bis es heute erst vor Kurzem seitens der Nachrichtenagentur Reuters hieß, dass sich das österreichische Unternehmen OMV und Deutschlands Uniper-Konzern unter diesen Kunden befänden.

Aus diesem Blickwinkel stellt sich die akute Frage, ob es nun ausgerechnet die eigenen Gasimporteure sind, die jene durch die Vereinigten Staaten und deren westliche Verbündete gegen die Russische Föderation verhängten Sanktionen auf dem europäischen Kontinent zu unterlaufen drohen.

Reuters zitierte einen Offiziellen des deutschen Energieversorgers Uniper, laut dessen Aussage eine Bezahlung von russischem Erdgas auf Basis des Rubels nicht mit einem Unterlaufen der Direktiven der Europäischen Union einhergehen würde. Diese Sichtweise scheint allerdings allzu optimistisch zu sein.

Bezug wurde auch auf den österreichischen Bundeskanzler Nehammer genommen, wonach Österreich und dessen Energieversorger OMV die durch die Moskauer Kreml-Regierung kürzlich geänderten Zahlungsbedingungen akzeptiert hätten.

Aus Perspektive Österreichs hatte sich eine solche Entwicklung schon seit längerer Zeit abgezeichnet, da die Wiener Bundesregierung bereits zu einem frühen Zeitpunkt deutlich gemacht hatte, dass das eigene Land zu abhängig von Erdgaslieferungen aus der Russischen Föderation sei, um auf diesem Gebiet irgendwelche Vabanquespiele zu betreiben.

Die ungarische Regierung des zuletzt in seinem Amt bestätigten Premierministers Viktor Orban hat wohl bereits eine spezielle Vereinbarung mit der Gazprombank über zukünftige Bedingungen zum Erhalt von Gaslieferungen aus Russland getroffen.

Danach werden Zahlungen für Erdgaslieferungen auf ein in Euro denominiertes Konto bei der Gazprombank überwiesen, welche die eingehenden Beträge in einem zweiten Schritt dann auf einem speziell eingerichteten Rubel-Konto verwahren wird.

Diese Rubel-Erlöse gehen dann an das Unternehmen Gazprom Export, wie der ungarische Außenminister Peter Szijjarto auf dessen Facebook Account bekannt gab. Danach soll auch die Slowakei zu einer ähnlichen Vereinbarung mit der Gazprombank gekommen sein.

Augenscheinlich beginnt sich unter einer Reihe von Mitgliedsländern der Europäischen Union gerade eine reelle Sichtweise auf die aktuell vorherrschende Lage Bahn zu brechen. Und diese Realität lautet, dass insbesondere die extrem von Erdgaseinfuhren aus Russland abhängigen Länder auf diese Lieferungen nicht verzichten können.

EU is not amused

Die durch die Europäische Union verhängten Sanktionen unterlaufend, sollen inzwischen auch zehn weitere europäische Unternehmen aus der Energiebranche neue Konten bei der Gazprombank eröffnet haben, um jenen durch Russlands Staatspräsidenten Wladimir Putin zur Auflage gemachten Forderungen nachzukommen.

Noch wolle man sich mit offiziellen Mitteilungen in dieser Angelegenheit zurückhalten, wie es weiter hieß. Unter Umständen könnte die harte Haltung des Moskauer Kremls gegenüber Polen und Bulgarien, die ab heute kein Erdgas mehr aus der Russischen Föderation beziehen, zu einem Umdenken unter anderen EU-Mitgliedsländern beigetragen haben.

Auf dem Pipeline-Weg beliefert die Russische Föderation insgesamt dreiundzwanzig Länder auf dem europäischen Kontinent mit Erdgas. Abzuwarten bleibt, wie auf Brüsseler EU-Ebene nun auf die neuen Entwicklungen reagiert wird.

Denn Brüssel hatte zuvor bereits mehrfach verdeutlicht, dass die Eröffnung von Euro- und daran angeschlossenen Rubel-Konten bei der Gazprombank die eigens gegen die Russische Föderation verhängten Finanz- und Wirtschaftssanktionen unterlaufen würden.

Aus Sicht von inzwischen mindestens zehn Energieversorgungsunternehmen in Europa scheinen diese Warnung überhört zu werden. Es erweckt den Anschein, als ob diese Firmen ihre eigenen Interessen (und die Interessen ihrer Kunden) über jene Absichten und Pläne der Brüsseler EU stellen würden.

Vielleicht sollte man diesen Unternehmen dankbar dafür sein, wenn berücksichtigt wird, zu welch massiven Warnungen es seitens deutschen Energieversorgungsunternehmen, BASF und einzelnen Firmen aus der Chemieindustrie zuletzt gekommen war.

All diese Warnungen hatten gemeinsam, dass im Falle eines potenziellen Erdgaslieferstopps durch die Russische Föderation an Deutschland, wichtige Teile der deutschen Industrie vor einem unmittelbaren Kollaps stehen würden.

Es bleibt zu hoffen, dass politischen Forderungen und durch die Politik erlassenen Anweisungen ein gebührendes Maß an gesundem Menschenverstand entgegengesetzt wird, um weiten Teilen der Bevölkerung und den hiervon potenziell betroffenen Unternehmen eine solche Erfahrung zu ersparen.

Gestern hatte die Financial Times in diesem Zusammenhang berichtet, dass das Unternehmen Gazprom Export sowohl Polens Versorger PGNiG wie auch den bulgarischen Konzern Bulgargaz über einen Stopp der Gaslieferungen ab dem 27. April informiert habe. Diese Entscheidung sei durch die Kreml-Regierung in Einklang mit den jüngst eigens erlassenen Direktiven zu den neuen Zahlungsbedingungen getroffen worden.

Ob und in welchem Umfang es in diesem Zuge auch zu einer Reduzierung des Gasstroms auf dem Transitweg kommen könnte, bleibt indes abzuwarten. Möglich sei unter Bezugnahme auf Experten allerdings, dass auch in Deutschland demnächst weniger Erdgas als gewöhnlich ankommen könnte.

 

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bediente sich inzwischen ihres Twitter Accounts, um kund zu tun, dass es sich im Fall des Vorgehens von Gazprom um einen weiteren Versuch der Russischen Föderation handele, die Europäische Union auf Basis von Erdgaslieferungen zu erpressen.

Wie zu vorherigen Gelegenheiten teilte Ursula von der Leyen einmal mehr mit, dass Europa auf ein solches Szenario vorbereitet sei. Angesicht der aktuellen Ereignisse und momentan in den Medien aufkommenden Berichten scheint diese Aussage allerdings schlichtweg nicht der Realität zu entsprechen.

Europäische Gaspreise schießen erneut nach oben

Und so setzten die europäischen Gaspreise zu allem Unmut im heutigen Handel ihre Aufwärtsbewegung fort. Einmal mehr explodierten die Preise in diesem Zuge an nur einem Handelstag um zwanzig Prozent.

Aus aktueller Sicht erweisen sich die durchschnittlichen Gaspreise in Europa um das Siebenfache höher als vor einem Jahr. An den europäischen Energiemärkten wird aufgrund der sich zuspitzende Lage in Polen und Bulgarien auch über die nächsten Monate mit einer sehr volatilen Situation gerechnet.

Bei Goldman Sachs wurde darauf hingewiesen, dass es im Interesse der Europäischen Union als auch der Russischen Föderation läge, eine Lösung zur Beilegung des neu entstandenen Konfliktes auszuarbeiten.

Danach sollten die zukünftigen Zahlungsmodalitäten in Einklang mit den rechtlichen Anforderungen der Europäischen Union gebracht werden. Auch diese Sichtweise kommt einmal mehr mit einem bitteren Beigeschmack der Einseitigkeit daher.

Denn eben um jenen Aspekt geht es doch genau: Es scheint auf beiden Seiten keinen Willen zu einer einvernehmlichen Einigung zu geben. Vielmehr sollte den Verantwortlichen auf Ebene der Europäischen Union endlich bewusst werden, welche Gefahren und immensen Risiken mit der Erklärung eines Gaslieferstopps an weitere Mitgliedsländer des Staatenblocks durch die Russische Föderation einhergehen würden.

Tut sich etwas hinter den Kulissen?

Wenn Angaben der russischen Nachrichtenagentur Tass Glauben geschenkt werden darf, so scheint sich hinter den Kulissen momentan dann aber doch einiges zu tun. Danach werde die Europäische Union ihre Erdgaseinfuhren aus Russland temporär erhöhen – und zwar mittels Nationen, die bereits ihre Bereitschaft zu einer Bezahlung dieser Lieferungen auf Basis des russischen Rubels gezeigt hätten.

Diese sich erhöhenden Erdgaslieferungen sollen danach ausgleichend im EU-Raum verteilt werden, um die ausfallenden Lieferungen an Polen und Bulgarien zu kompensieren und zu ersetzen.

Bei Goldman Sachs hieß es hierzu abschließend noch, dass ein kompletter Gaslieferstopp der Russischen Föderation gegenüber Deutschland die europäischen Gaspreise im diesjährigen Sommer auf über 200 Euro pro Megawattstunde hieven würde.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen Bericht auf der Seite Zerohedge.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Dem russischen Rubel haben die aktuellen Ereignisse abermals Flügel verliehen. Gegenüber dem US-Dollar wurde die russische Währung im heutigen Handel auf einem neuen 6-Monats-Hoch gehandelt, womit der Rubel aus heutiger Sicht im Außenwert stärker ist als vor dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine.

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