Die politische Posse um den Kreml-Kritiker und Oppositionellen Alexej Nawalny scheint kein Ende zu nehmen und ist mittlerweile in die nächste Runde eingetreten. Nach Aufrufen zu weitläufigen Protesten im ganzen Land sind die russischen Sicherheitsbehörden nicht gerade zimperlich gegen diese Entwicklung vorgegangen, wahrscheinlich um jüngste Bilder nach Art des Nachbarlandes Weißrussland in eigenen Gefilden zu vermeiden.
In Weißrussland ist es indes im Lauf der vergangenen Wochen merklich ruhiger geworden, während sich abzuzeichnen beginnt, dass der belarussische Staatschef Lukaschenko nach wie vor fest im Sattel zu sitzen scheint. Dies mag insbesondere auch daran liegen, dass führende Köpfe der Opposition inzwischen verhaftet wurden, im Gefängnis einsitzen oder ins umliegende Ausland geflüchtet sind.
Wie dem auch sei, für den Moment erweckt es den Anschein, als ob die Entfachung einer farbigen Revolution nach dem Vorbild der Ukraine im Jahr 2014 sowohl in Weißrussland als auch in der Russischen Föderation fürs Erste im Keim erstickt worden ist.
Nawalny – der Spaltpilz
Doch natürlich setzt sich diese Geschichte unvermittelt fort, da die Verhaftung und jüngst erfolgte gerichtliche Verurteilung des Anti-Kreml-Aktivisten Alexej Nawalny und dessen Einlieferung in ein russisches Gefängnis einen politischen Keil zwischen Russland und die westeuropäischen Nationen treiben. Tausende Regime-Gegner sitzen mittlerweile ebenfalls in russischen Gefängnissen ein.
Zuerst war es eine Verhängung von politischen Sanktionen in Form eines Reisebanns gegen ausgewählte Geheimdienstmitarbeiter und diplomatische Beamte, welcher sich beide Seiten im Zuge der aktuellen Entwicklungen jeweils im Sinne einer Vergeltung bedient haben.
Russisches Außenministerium droht mit Abbruch der Beziehung zur EU, falls weitere Sanktionen folgen
Berichten zufolge teilten europäische Diplomaten gegenüber Reuters in der letzten Woche mit, dass die Europäische Union gegen politische Verbündete des russischen Präsidenten Wladimir Putin womöglich schon in diesem Monat Reiseverbote und Einfrierungen von Vermögenswerten aussprechen könnte.
Sollte es tatsächlich zu einer Verabschiedung von solchen Maßnahmen kommen, hat das russische Außenministerium seinerseits nun mit einem kompletten Abbruch der Beziehungen zur Europäischen Union gewarnt.
Diplomatisches Personal als Protest-Auslöser und Teilnehmer?
Die wie ein Damoklesschwert über diesen bilateralen Beziehungen schwebende Verhängung von Brüsseler Strafmaßnahmen stellt sich zu einem Zeitpunkt ein, nachdem die Russische Föderation letzte Woche gegenüber Brüssel den Vorwurf erhoben hatte, dass diplomatisches Personal der deutschen, schwedischen und polnischen Botschaften an nicht genehmigten Pro-Nawalny-Protesten teilgenommen – und diese unter Umständen gar selbst mit ausgelöst – haben sollen.
Auf diese Vorwürfe folgte dann auch eine prompte Ausweisung der betroffenen Diplomaten aus Russland. Der EU-Außenpolitiker Joseph Borrell befand sich zu diesem Zeitpunkt auf einem offiziellen Besuch in Moskau, um dort mit hochrangigen Beamten Gespräche zu führen.
Dieser Besuch habe auf EU-Seite zu großer Verlegenheit geführt, da Borrell zuvor nicht über die russischen Maßnahmen zur Ausweisung der europäischen Diplomaten informiert gewesen sein soll.
Lawrow: „Wenn du den Frieden willst, dann bereite dich auf Krieg vor.“
Am vergangenen Freitag ging Russlands Außenminister Sergej Lawrow explizit auf die Möglichkeit ein, die bilateralen Beziehungen zur Europäischen Union im Angesicht einer sich verschärfenden Diplomatie-Krise in Gänze zu beenden. Laut Lawrow seien in seinem Land die Weichen dafür gestellt worden, um auf einen solchen Schritt adäquat vorbereitet zu sein.
Gesetzt den Fall, dass es in einigen Sektoren abermals zu einer Verhängung von Sanktionen durch die Europäische Union gegen sein Land kommen sollte, die mit Risiken und Gefahren aus Sicht der russischen Wirtschaft – sensibelste Bereiche miteingeschlossen – einhergehen würden, müsse aus russischer Perspektive mit einem Abbruch der bilateralen Beziehungen gerechnet werden, so Lawrow gegenüber Reuters.
Russland sei keineswegs scharf darauf, sich von der globalen Lebensweise abzuschotten und zu isolieren, doch in Russland müsse die Bereitschaft im Hinblick auf eine solche Möglichkeit wachsen. Lawrow wurde hierzu wörtlich wie folgt zitiert:
„Wenn du den Frieden willst, dann bereite dich auf Krieg vor.“
Kreml-Sprecher: sind auf alle Eventualitäten vorbereitet…
Im Anschluss an diese Aussagen bestätigte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow seinerseits, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Sollte Brüssel den ersten Schritt in Bezug auf eine Kappung der bilateralen Beziehungen mit der Moskauer Regierung machen, so sei Russland darauf vorbereitet, auf schnelle Weise auf eine solche Entwicklung zu reagieren.
Die deutsche Bundesregierung blieb angesichts dieser getätigten Aussagen nicht lange eine Antwort schuldig. Vielmehr erfolgte durch das Berliner Außenministerium eine scharfe Verurteilung dieser Aussagen, die im Sinne einer „Drohung“, und somit als „beunruhigend und unverständlich“, aufgefasst worden seien.
Seit Anfang Februar hatte der Moskauer Kreml wiederholt von einer „verborgenen und fremden Hand“ hinter den Kulissen der jüngsten Pro-Nawalny-Proteste in mehreren Städten Russlands gesprochen, die in manchen Fällen zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und der Bereitschaftspolizei geführt haben.
Bei Foreign Policy gelangt man indes zu der Ansicht, dass der Kreml eine ganze Menge aus den Massenprotesten im Nachbarland Belarus gelernt habe. Die Demonstrationen hatten an den vergangenen Wochenenden international Schlagzeilen gemacht, während es den Eindruck erweckte, als ob die US-Botschaft in Moskau mittels eines hohen Grades an Verständnis für die Anliegen der Protestler unterstützend auf die Ereignisse eingewirkt haben könnte.
Auf eine solche Weise werden die Dinge jedenfalls in Russland gesehen. In Reaktion auf die getätigten Vorwürfe, laut denen deutsche, schwedische und polnische Diplomaten an den abgehaltenen Protestkundgebungen gegen die Kreml-Regierung teilgenommen oder diese sogar gefördert haben sollen, zitierte das russische Außenministerium Passagen aus dem Wiener Abkommen über diplomatische Beziehungen aus dem Jahr 1961, um die erfolgte Ausweisung von ausländischen Diplomaten, die sich an zuvor nicht autorisierten Protesten beteiligt hätten, zu rechtfertigen. Alle hiervon betroffenen Personen sind in Russland zu Personae non grata erklärt worden.
„Was heißt das für mich konkret!?“
Abschließend zu den aktuellen Entwicklungen sei meinerseits auf einen lesenswerten Bericht von Pepe Escobar verweisen, welcher zuerst in der Asia Times erschien.
Escobar argumentiert, dass Russland über die vergangenen Jahrhunderte stets als europäische Macht wahrgenommen worden sei. Doch dessen erzwungene Ausrichtung nach Osten führe inzwischen zu einer immer stärkeren Verbandelung sowohl auf politischem wie auch auf wirtschaftlichem Gebiet zwischen Moskau und Peking.
Ergo werde sich Russland gerade wieder seiner asiatischen Wurzeln bewusst, was mittel- bis langfristig wiederum eine sich fortsetzende Integration auf dem eurasischen Kontinent zur Folge haben werde, heißt, dass Russland zu einem integralen Bestandteil des chinesischen Projekts der Neuen Seidenstraße avanciere.
Der Vasallenstatus der Europäischen Union gegenüber Washington werde indes dazu führen, dass Westeuropa letztendlich zu einer Art peripherem Anhängsel an einer der Flanken dieses in sich integrierten eurasischen Kontinents zu werden drohe.
Ob wissentlich oder unwissentlich trügen Westeuropas Politiker dazu bei, das zukünftige Machtzentrum auf diese Weise immer stärker gen Osten zu verschieben.
Es lässt sich aus diesem Blinkwinkel durchaus nachvollziehen, weswegen Moskau wenig Furcht, geschweige denn Gewissensbisse zu haben scheint, um einem finalen Abbruch der bilateralen Beziehungen zwischen der EU und dem eigenen Land seinen Segen zu erteilen.
Wen von beiden Seiten eine solch potenzielle Entscheidung in der Zukunft schwerwiegender beeinträchtigen würde, muss sich dann zeigen…
Kommentare
… muss sich dann zeigen…
Und es wird sich zeigen, Russland spricht mit einer Stimme, die EU mit 26, da sag ich nur: Gutes Gelingen, das Vorhaben ist bei Frau vdL in besten Händen ;–)). Des Weiteren verfügt Russland über einen riesigen Binnenmarkt dessen Erschließung erst in den Anfängen steckt und muss sich um Rohstoffe (die andere Nationen erst noch plündern müssen) keine Sorgen machen. Ob jetzt eine Pipeline nach Westen führt spielt für Russland keine Rolle, nach Süden und Osten ist reichlich Spielraum im bilateralen Handel mit China. Der Wurmfortsatz der NATO EU betritt dünnes Eis …
Militärisch unantastbar und den Blick in die Zukunftsmärkte Richtung Osten, da muss man sich das penetrante, anmaßende Gelaber aus Brüssel nicht auf Dauer antun...
Es ist höchste Zeit für Europa sich zu positionieren ,um nicht bis in vielleicht schon 5 Jahren keine nennenswerte politische und auch weltwirtschaftlich entscheidende Rolle mehr zu spielen.
Meines Erachtens kann Europa auf Dauer nur existieren , wenn es eine selbstbewusste Einstellung einnimmt und damit solide Grundlage schafft , die für die Verhandlungen in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht sowohl mit China und Russland als auch mit den USA unabdingbar ist.
Wenn hier Europa nicht mutig wird ,werden wir immer mehr zum Spielball der Supermächte und wir werden überspitzt gesagt nur noch Angestellte amerikanischer , chinesischer und einiger russischer
Unternehmen / Großkonzerne sein.
.... wollen wir das .... will die politische Elite Europas das ... was passiert hier ... ?
Mit freundlichen Grüßen
wisent
Aber so ist es ja gewollt, seit über 100 Jahren, die Engländer wollen Detschland kaputt haben und werden es schaffen. Denn in Deutschland leben ja nur noch Blinde!
Russland soll dicht machen zur EU und den Brüsseler Pfeifen die sich dumm und dämlich an unseren Steuern verdienen die kalte Schulter zeigen.
Wobei ich der Meinung bin, das sich im Riesenreich und seinen Nachbarn einige fundamentale Veränderungen abzeichnen. Aber nicht Farb-oder sonstige Vorkommnisse sind geneint....
Die warte ich erst mal ab und werde dann einige Überlegungen zum Besten geben...
Moskau gegenüber von Furcht oder Gewissensbisse zu reden ist wohl etwas doch aus der Feder geraten.
Nein. Die EU betritt sehr dünnes Eis. ;-) Mittlerweile frage ich mich wie es sein kann, dass nicht jeder längst bemerkt hat, dass es nie um Menschenrechte oder sowas geht. Das war doch nie offensichtlicher als in den letzten Jahren. Irak, Iran, Lybien, Syrien, Ukraine, ...
Ich verstehe ja mal wieder überhaupt nicht, warum Nawalny so hofiert und stilisiert wird. Wenn man sich mal anschaut, welche politischen Motive der Mann so vertritt... Ich würde mal sagen: Der rechte Flügel der AFD würde sich davon distanzieren [müssen]. Aber das ist ja mal wieder alles egal.
https://www.mdr.de/nachrichten/osteuropa/politik/nawalny-kritisch-klimeniouk-100.html
https://www.voltairenet.org/article195844.html
Das sollte man schon über ihn wissen.
Ich hoffe, Sie irren sich; fürchte aber, Sie haben Recht!
+ + +
@ironalex:
Danke für die gute Quelle; Voltairenet möchte ich allen Menschen empfehlen, um den politischen Horizont zu erweitern.
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@Alle:
Nach so langer Zeit an der Regierung, wird die CDU (und alle, die da mitgemacht haben!) die Folgen ihrer Politik und die schulhafte Verquickung darin nicht mehr leugnen können.
Es ist auch sehr billig gewesen, all die Jahre viele Dinge einfach "auf Europa" oder weil wir ja in der NA(h)TO(d) sind, zu schieben und zu behaupten, da könne man nichts machen.
Seit Jahren warne ich meine Mitmenschen vor der zerstörerischen Politik der merkelschen (de fakto) Alleinherrschaft und dem devoten Vasallentum gegenüber dem Großen Bruder auf der anderen Seite des Atlantik.
Und über Jahre bin ich ignoriert, belächelt oder dafür sogar beschimpft worden.
Ich habe eingesehen:
Das Narrenschiff kann ich nicht aufhalten; der mächtige Kater am Aschermittwoch (oh; schlechtes Beispiel; wir hatten diese Woche ja theoretisch Fasching...) folgt bestimmt!
Ich warte nunmehr einfach ab, bis Deutschland die Folgen dieser Politik in voller Härte zu spüren bekommt und vielleicht daraus nachhaltig lernt, wobei der WW2 offenbar nicht ausreichte.
Dann hören die Leute entweder wieder auf Experten, die Herz und Hirn in sich vereinen, oder man mendelt sich statt dessen als Nation immer weiter aus.
Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient!
So kann's laufen:
Mutation und Selektion auch auf kollektiver Ebene....
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Wahre Freunde sagen einem übrigens auch, wenn man falsch liegt; das heißt selbst dann, wenn einem das Thema unangenehm ist.
Hört Ihnen besser zu!
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===> Das wollte man zurückhalten
Putins unzensierte WEF-Rede - Gefahr eines „gewaltigen Zusammenbruchs
31. Januar 2021
https://www.wochenblick.at/putins-unzensierte-wef-rede-gefahr-eines-gewaltigen-zusammenbruchs/
(auch auf RT Deutsch zu finden)
Wolfgang Effenberger: »Schwarzbuch«, EU & NATO, Warum die Welt keinen Frieden findet.
Unbedingt lesen!
Gruß ironalex
Danke für die Blumen; und der Literatur-Tip ist notiert!
Wahrscheinlich wieder eines der Bücher, nach deren Lektüre man zwar echt schlauer als vorher ist, aber fortan etwas schlechter schläft.
Ich kann trotzdem nicht die Finger von solchen Sachen lassen; so bin ich halt...