Langsam aber sicher scheinen die Sünden der Vergangenheit die großen Autobauer in den Vereinigten Staaten einzuholen. So auch General Motors. Das Unternehmen gab kurz vor dem Wochenende bekannt, weitere 1.500 Mitarbeiter in seinem Werk in Lordstown, Ohio, entlassen zu wollen.

Meldungen wie diese spielen im Angesicht der geopolitischen Entwicklungen in der Welt schon kaum mehr eine Rolle und haben eigentlich nur noch einen untergeordneten Status.  Im Angesicht des Wahlkampfslogans von US-Präsident Trump „To Make America Great Again“ empfiehlt es sich aus meinem Blickwinkel jedoch, ein Auge auf die Dinge zu werfen.

Nach Entlassungen 2017: Belegschaft nochmal um die Hälfte reduziert, 10% Festangestellte übrig

In Lordstown produziert General Motors einzig und allein den Kompaktwagen Chevy Cruze. Bereits im Jahr 2017 kündigte General Motors für das Werk in Lordstown Entlassungen in einer Gesamthöhe von 1.200 Mitarbeitern an. Damals wurde die dritte Werksschicht aufgrund einer nachlassenden Nachfrage eingestellt.

Fortan arbeitete das Werk im Bundesstaat Ohio in nur noch zwei Schichten, doch auch dies scheint noch immer zu viel zu sein. Die im Jahr 2017 erfolgten Entlassungen ließen die Gesamtbeschäftigtenzahl im Produktionswerk Lordstown auf rund 3.000 Arbeitnehmer sinken.

Interessant ist, dass 2.700 Arbeitnehmer auf Stundenbasis beschäftigt sind, während der Produktionsstandort nur noch über 300 Arbeitnehmer verfügt, die ein monatliches Festgehalt beziehen. Die Ankündigung zu weiteren 1.500 Entlassungen wird die Beschäftigtenzahl in Lordstown jetzt nochmals halbieren.

Nicht Kleinwagen, sondern SUVs und Pick-Ups sind gefragt

Am Freitagnachmittag teilte das Management gegenüber der Arbeitnehmervertretung mit, dass von den ehedem drei Produktionsschichten nur noch eine einzige übrig bleiben wird. Lordstown ist eines der wenigen in den USA verbliebenen Fahrzeugproduktionswerke, in dem noch Kleinfahrzeuge zum Verkauf auf dem Heimatmarkt hergestellt werden.

General Motors führt die erneute Entlassungswelle auf Änderungen der Kundenpräferenzen zurück. Während das Kaufinteresse an Kleinfahrzeugen zuletzt deutlich nachgegeben habe, interessierten sich die Kunden nunmehr verstärkt für einen Kauf von SUVs und Pick Ups.

Diese Entwicklung findet Ausdruck in der Tatsache, dass die Verkäufe von Chevy Cruze Fahrzeugen in den ersten drei Monaten dieses Jahres um 26 Prozent einbrachen. Im letzten Jahr belief sich der Rückgang der Verkäufe von Kleinfahrzeugen bei General Motors auf 2,1 Prozent.

Dramatischer Verkaufsrückgang in den letzten Jahren - auch die Konkurrenz entlässt Personal

Im ersten Quartal setzte General Motors weniger als 40.000 Einheiten des Chevy Cruz ab, worauf es laut Management zu reagieren gelte. Nicht nur General Motors, sondern auch Konkurrenzautobauer hatten in den letzten Monaten weitläufige Mitarbeiterentlassungen im Kleinfahrzeugbereich in den USA bekannt gegeben.

Hauptgrund ist, dass die Nachfrage nach SUV-Fahrzeugen mittlerweile einen rekordhohen Anteil an der Gesamtfahrzeugnachfrage in den Vereinigten Staaten auf sich vereint. Trotz allem sollte man sich von dieser Entwicklung nicht blenden lassen. Denn die amerikanische Fahrzeugindustrie hat seit Beginn dieses Jahres 10 Prozent weniger Fahrzeuge abgesetzt als in derselben Periode des Vorjahrs.

Schon im Gesamtjahr 2017 belief sich der Rückgang der amerikanischen Fahrzeugabsätze auf 11 Prozent im Vergleich mit dem Vorjahr (2016). Blicken wir noch ein Jahr weiter zurück, so fällt auf, dass sich der Absatzrückgang im Gesamtjahr 2016 im Vergleich mit dem Vorjahr (2015) auf 8 Prozent belaufen hatte.

Großes Auto – großer Tank – Umstieg auf Elektro bei steigenden Ölpreisen?

Über nahezu den gesamten Zeitraum boomten die Absätze von Trucks, SUVs und Pick Ups. Was wird nun im Angesicht von abermals deutlich anziehenden Ölpreisen in den Vereinigten Staaten geschehen? Erreichen die Preise an den amerikanischen Zapfsäulen erst wieder $6 oder $7 pro Gallone, könnte die Liebe der Amerikaner zu großen Autos schnell wieder der Geschichte angehören.

Experten halten es selbst für möglich, dass Käufer im Falle massiv anziehender Benzinpreise in den USA schon bald vermehrt auf Elektroautomobile umsteigen könnten. General Motors und andere heimische Autobauer dürften diese Entwicklung sehr bald noch weit deutlicher zu spüren bekommen.

Zahlungsausfälle im Fahrzeug-Suprime haben die Märkte noch nicht erreicht…

Wenn ich eingangs über begangene Sünden in der Vergangenheit sprach, so zeigt sich, dass eine immer größere Anzahl an ehedem vergebenen Subprime-Krediten im Fahrzeugsektor zahlungsausfällig wird. Bislang ist diese Entwicklung an den Finanzmärkten vorbeigegangen. Es fragt sich allerdings, wie lange noch.

$350 Millionen fließen in Produktionsstätte in Mexiko

Im Zuge des am Freitag zwischen Management und Arbeitnehmervertretern stattgefundenen Treffens teilte General Motors mit, dass vor einer Entlassung stehende Mitarbeiter, die kurz vor dem Eintritt ins Rentenleben stünden, mit einer Abfindung von $60.000 rechnen können.

Wer ein wenig genauer hinschaut, wird sich vielleicht dennoch wundern. Denn im März 2015 kündigte General Motors an, Investitionen in Höhe von $350 Millionen in das konzerneigene Produktionswerk in Ramos Arzipe in Mexiko stecken zu wollen, um dort mit dem Bau des Chevy Cruze zu beginnen.

Immerhin wird der Chevy Cruze in rund einhundert Ländern verkauft. Produktionswerke finden sich in bislang sieben Staaten, einschließlich Mexikos und der Vereinigten Staaten. Damals hieß es seitens des GM-Managements, dass die angedachten Investitionen in das mexikanische Werk die Produktion in Lordstown, Ohio nicht beeinträchtigen würden.

Steht am Ende die Werksschließung?

In Erinnerung sei Ihnen an dieser Stelle gerufen, dass die Produktion in Lordstown zu diesem Zeitpunkt noch in drei Schichten verlief. Im Januar 2017 berichtete das Magazin Car and Driver dann allerdings, dass in Mexiko hergestellte Chevy-Cruze-Modelle plötzlich in den Showräumen amerikanischer Autohändler begutachtet werden könnten.

General Motors bestätigte darauf, dass rund 8.500 Cruze-Sedan-Modelle zwischen September und November 2016 von Mexiko in die USA verbracht worden sind, um „die Nachfrage unter US-Kunden nach Baustart des neuen Modells im Herbst 2017 bedienen zu können“.

Sonderbar an dieser Aussage ist, dass die Nachfrage nach Chevy-Cruze-Modellen in den USA im Jahr 2016 um 17,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen war. Und dies trotz dem Angebot von massiven Kaufanreizen für Neukunden. Zu Beginn des Jahres 2017 wurde die dritte Schicht im Werk Lordstown in Ohio dann eingestampft.

Und nun folgt auch noch die zweite Schicht. Da das Lordstown-Werk nur noch über eine Schicht verfügt, scheint die Zukunft des Werks im Angesicht einer deutlich einbrechenden Nachfrage nach Kleinfahrzeugen in den USA alles andere als gesichert.

Ein leises Sterben

Erinnert sei abschließend daran, dass die Säumnisraten und Zahlungsausfälle im Subprime-Kreditsektor an den US-Fahrzeugmärkten mittlerweile auf das höchste Niveau seit dem Jahr 1996 geklettert sind. Die ersten drei auf die Vergabe von Subprime-Darlehen spezialisierten Autokreditgeber sind in den USA heimlich, still und leise kollabiert.

Ein gutes Omen ist dies gewiss nicht. Es empfiehlt sich, die weitere Entwicklung in diesem Sektor aufmerksam zu beobachten.

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