Ich hatte Ihnen über die letzten Wochen mehrfach berichtet (Trumps Haushaltsentwurf: Amerikas Landwirte sollen Gürtel enger schnallen; Rasanter Schuldenanstieg in Amerikas Landwirtschaftssektor; US-Landwirte: Auszahlung von zweiter Bailout-Tranche steht bevor), wie schlecht es um die finanzielle Situation unter den meisten Landwirten Amerikas bestellt ist. Überproduktion, eine an die in den 1980iger Jahren heranreichende Rekordverschuldung und Fehlentscheidungen in Bezug auf die Art und Weise, wie einzelne Farmen betrieben werden, stellen immer mehr Landwirte in den USA vor gravierende Existenzprobleme.  

Sonderzölle könnten Milchbauern den Rest geben – Milchproduktion in Wisconsin vor dem Ende?

Diese Entwicklung lässt sich unter anderem im US-Bundesstaat Wisconsin recht anschaulich beobachten, wo die durch Donald Trump und das Weiße Haus eingeführten Sonderzölle den Bauern den Rest zu geben scheinen. Dies gilt vor allem aus der Sicht von Milchbauern sowie Vieh- und Schafwirtschaft betreibenden Höfen.

Setzt sich das Sterben dieser Höfe in den nächsten Monaten und Jahren mit unverminderter Geschwindigkeit fort, so könnte in absehbarer Zeit der Punkt erreicht sein, an dem es keine Milchproduktion in Wisconsin mehr geben wird, wie die New York Times berichtet.

Bei der New York Times macht man es sich aufgrund von parteipolitischen Präferenzen gewiss ein wenig einfach, wenn Donald Trump die Schuld am fortschreitenden Niedergang der Milchwirtschaft in der Region um die großen Seen Amerikas wegen dessen Zollpolitik gegeben wird.   

Immer mehr Bauern geben auf – Niedrige Milchpreise verschieben Fokus auf die Fleisch- und Gemüseproduktion

Nichtsdestotrotz zeichnet sich ab, dass Trumps Sonderzölle sich als letzter Sargnagel für eine zuvor bereits finanziell angeschlagene Bauernschaft erweisen dürften. Höfe, die teilweise seit mehr als einhundert Jahren durch mehrere Familiengenerationen betrieben wurden, geben im Norden Amerikas reihenweise auf und schließen ihre Pforten.

Allein im Lauf der vergangenen zwei Jahre sind in Wisconsin mehr als 1.200 Milchbauern und deren Höfe aus dem Wettbewerb ausgeschieden. Im laufenden Jahr beläuft sich die Anzahl der aufgegebenen Höfe und Insolvenzen in Wisconsin auf knapp 220 Fälle.

Nicht wenige Bauern haben ihre Milchproduktion aufgrund zu niedriger Preise inzwischen für eine stärkere Fokussierung auf die Fleisch- und Gemüseproduktion aufgegeben. Trotz allem sind die in Wisconsin unterhaltenen Viehherden jüngst unter die Schwelle von 8.000 gefallen, was nur noch in etwa der Hälfte der noch vor 15 Jahren unterhaltenen Viehherden entspricht.

Wisconsin mit höchster Insolvenzrate im Agrarsektor – Trump unbeeindruckt

Im Jahr 2018 wurden in Wisconsin insgesamt 49 Großinsolvenzen im Landwirtschaftssektor verzeichnet, womit der Bundesstaat auf die höchste Insolvenzrate im Agrarsektor im ganzen Land blickt, wie die American Farm Bureau Federation berichtete. Donald Trump lässt sich von diesen Entwicklungen nicht beirren.

Immer wieder rief er Amerikas Bauern im Rahmen von gehaltenen Reden zuletzt dazu auf, nicht zu verzagen und sich darüber bewusst zu werden, dass das Aushalten von kurzfristigen Schmerzen langfristig zu Prosperität und wirtschaftlichem Erfolg beitragen werde. Doch von schönen Worten können sich Amerikas Bauern nichts kaufen.

Und in der Tat fällt es schwer, langfristig an Prosperität und wirtschaftlichen Erfolg zu glauben, wenn sich die Insolvenzen und Verschuldungsprobleme auf mittelfristige Sicht zu intensivieren drohen.

Bailout-Fonds soll helfen – Doch Gelder reichen bei Weitem nicht aus

Aus dem durch Trump und das Weiße Haus für Amerikas Landwirte im Angesicht des sino-amerikanischen Handelskriegs aufgelegten Bailout-Fonds haben auch die Milchbauern in Wisconsin einen Teil abbekommen.

Doch laut Aussage vieler Milchproduzenten und Viehwirtschaftsbetreiber reichten diese Gelder von hinten bis vorne nicht aus, um eine Aufrechterhaltung der Höfe zu gewährleisten. Den amerikanischen Milchbauern macht insbesondere der sich in den letzten Jahren kaum von der Stelle bewegende Milchpreis schwer zu schaffen.

Stark steigende Kosten für die Bewirtschaftung stehen einem gleichbleibendem Milchpreis gegenüber

Im Jahr 2019 liegen die Milchpreise in etwa dort, wo sie Mitte des Jahres 2010 gelegen haben, während sich die Kosten für die Bewirtschaftung der Höfe in derselben Zeitperiode potenzierten. Donald Trumps vom Zaun gebrochener Handelskrieg mit China belastet die Landwirte in Amerika schwer und fordert unter ihnen einen hohen Tribut.

Hinzu gesellt sich die Tatsache, dass das zwischen den Vereinigten Staaten, Kanada und Mexiko neu verhandelte Freihandelsabkommen, das Amerikas Milchbauern einen sich verbessernden Marktzugang in Kanada gewährleisten soll, erst noch durch den US-Kongress ratifiziert werden muss.

Ob das neu verhandelte Freihandelsabkommen im Angesicht der Opposition unter den Demokraten und deren politischen Mehrheit im Repräsentantenhaus jemals verabschiedet wird, steht aus jetziger Sicht noch vollkommen in den Sternen.

Ohne Einigung im Handelsstreit dürften die verhängten Vergeltungszölle im Agrarsektor weiter Bestand haben

Sollten Trump und das Weiße Haus keine Bereitschaft erkennen lassen, ihre im Metallsektor eingeführten Sonderzölle, die sich gegen Handelspartner wie die Europäische Union, Kanada oder Mexiko richten, wieder abzuschaffen, werden diese Wirtschaftsräume auch nicht ihre verhängten Vergeltungszölle auf amerikanische Agrarprodukte zurücknehmen.

Aus Sicht Chinas lässt sich Gleiches beobachten. Zuletzt hatte Trump von den Chinesen gefordert, eingeführte Vergeltungszölle auf US-Agrarprodukte auf einen anderen Sektor wie den Flugzeugbau zu verlagern. Diesem Wunsch ist Peking bislang nicht nachgekommen. Und warum auch?

Fehlanreize und Subventionen - Stark gestiegene Produktion und Überangebot drücken auf den Milchpreis

Trotz der zu niedrigen Milchpreise haben staatliche Fehlanreize und Subventionen in den letzten Jahren zu einem massiven Milchüberangebot in Amerika beigetragen. Im Jahr 2016 produzierten Milchbauern in Wisconsin im Angesicht von hastig aufgelegten Programmen zur Steigerung des Milchausstoßes an die 30 Milliarden Pfund Milch.

Diese Schwelle sollte eigentlich erst im Jahr 2020 erreicht werden. Resultat ist, dass dieses Milchüberangebot wiederum auf die Preisentwicklung drückt. Grund für die Auflage eines solchen Programms zur Milchsteigerung war der Wunsch der Agrarverbände in Wisconsin, die Milchproduktion Kaliforniens zu übertrumpfen.

Hinter vorgehaltener Hand wird gemunkelt, dass sich diese Arroganz nun zu rächen beginnt. Planprogramme dieser Art seien bar jeder Realität und unter Ausschluss einer Einschätzung, wie sich diese Subventionen auf die Zukunft in der Branche auswirken würden, durchgesetzt worden.

Politiker denken kurzfristig mit langfristig katastrophalen Folgen

Einmal mehr zeigt sich, dass planwirtschaftliche Maßnahmen nicht den Weg zu Erfüllung und grenzenloser Prosperität verheißen, sondern sich allein an einem kurzfristigen Erhalt von Arbeitsplätzen orientieren, was sich langfristig dann als katastrophal erweist. Immerfort auf die nächsten Wahlen schielende Politiker ficht all dies nicht an.

Ganz im Gegenteil wird immer noch etwas oben draufgesetzt, wodurch sich die Zerstörung der Wirtschaft beschleunigt. Donald Trumps Zolltarife und die in diesem Zuge verhängten Gegenzölle geben Amerikas Landwirten nun den Rest. Ob Donald Trumps Chancen auf eine Wiederwahl im Jahr 2020 gut oder schlecht stehen, muss jeder selbst für sich beurteilen.

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