Vor gut eineinhalb bis zwei Jahren hatte ich Ihnen die vorherrschende Situation an den Märkten für Seltene Erden mit Blick auf einen sich möglicherweise zwischen den USA und China entwickelnden Handelskrieg letztmals vor Augen geführt. Unter anderem berichtete ich am 24.09.2018 wie folgt: Unerwartete Drohung: So will China die USA in die Knie zwingen.

Vergeltungszölle machen aus Chinas Sicht wenig Sinn – Seltene Erden könnten hingegen der Joker im Handelskrieg sein

Dass in China heutzutage zwischen 80 und 90 Prozent dieser immanent wichtigen Mineralien produziert werden, spielt Peking aus Perspektive der aktuellen Lage selbstverständlich einen Joker im Falle eines weiter eskalierenden Handelskriegs mit den USA in die Hände.

Denn Seltene Erden, eine Gruppe aus insgesamt 17 Mineralien, werden nämlich dringend in der Fertigung von Waffensystemen, Hybridfahrzeugen, Kameralinsen, Flachbildfernsehern, Smart- und Mobiltelefonen sowie vielen anderen elektronischen Produktkategorien benötigt.

Dass China aufgrund seiner weitaus höheren Exportausfuhren an die Vereinigten Staaten nicht über die Option verfügt, die in den Vereinigten Staaten verhängten und vielleicht noch zu verhängenden Sonderzölle mittels eigener Vergeltungszölle 1:1 zu kontern, hatte ich ebenfalls das ein oder andere Mal zum Thema gemacht.

Neben Währungsabwertung kann China US-Unternehmen weiter regulieren, siehe GM und Boeing

Doch China bieten sich neben einer bewussten Abwertung der eigenen Währung, die mit einem Wiederaufflammen der heimischen Kapitalflucht einhergehen könnte, noch ganz andere Optionen, um die Washingtoner Administration in Schach zu halten, beziehungsweise gegen Washington in Form von Vergeltung zurückzuschlagen.

Hierzu gehört auch eine Gängelung der in China vor Ort aktiven US-Unternehmen. GM und Boeing haben dies bereits empfindlich zu spüren bekommen. Darüber hinaus würde auch die Verhängung eines Exportstopps für Seltene Erden dazu zählen. Erste Spekulationen kamen zu Wochenbeginn auf, nachdem Bloomberg berichtete, dass Chinas Staatspräsident Xi Jinping am Montag eine Fabrik zur Herstellung von Seltenen Erden besuchte.

Erste Gerüchte um Exportstopp nach Staatsbesuch in Seltene-Erden-Firma lassen Kurse steigen

Nachdem auch die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua zuvor schon über den Besuch berichtet hatte, legten die Aktien der JL MAG Rare-Earth Company im Montagshandel deutlich zu. Auch die Aktienkurse anderer Produzenten von Seltenen Erden kletterten seitdem im Windschatten. Es ist aus Sicht von staatlichen Medien in China fast schon zu einer Gewohnheit geworden, in regulären zeitlichen Abständen über die Aufenthaltsorte der politischen Top-Führung des Landes zu berichten.

Dass Xi im aktuellen Umfeld ausgerechnet einem großen heimischen Produzenten einen Besuch abstattet, hat in der Folge zu Spekulationen geführt, dass Chinas Hersteller von Seltenen Erden nicht nur bald schon über ein sich verstärkendes staatliches Backing verfügen dürften, sondern dass der Sektor der Seltenen Erden in den Handelskrieg mit den Vereinigten Staaten mit hingezogen zu werden droht.

Warnung: Neben Xi auch Chef der Handelsdelegation bei Besuch anwesend – USA nutzen zu 80 % chinesisches Material

Dass sich Xi bei seinem Besuch bei JL MAG Rare-Earth Company durch Vizepremier Liu He, der an der Spitze der chinesischen Delegation in den anhaltenden Handelsgesprächen mit den USA steht, begleiten ließ, wurde an den internationalen Finanzmärkten als Fingerzeig gewertet, dass es schon recht bald zu einer Verlautbarung seitens Pekings kommen könnte.

Aus Sicht Amerikas gar nicht gut, denn mit Blick auf diesen Sektor erweisen sich die USA als massiv abhängig von China, dem weltweit alles dominierenden Anbieter. Laut aktueller Statistiken führen die USA in etwa 80 Prozent ihres Bedarfs an Seltenen Erden aus dem Reich der Mitte ein. Zumindest wird der Besuch Xis und Lius als unüberhörbares Warnsignal an die Regierung der Vereinigten Staaten interpretiert.

Wall Street Journal: USA planen Wiederaufbau eigener Seltene-Erden-Industrie

Und so dauerte es auch gar nicht lange, bis das Wall Street Journal berichtete, dass die USA im Angesicht des Handelskriegs mit China den Wiederaufbau einer eigenen Seltene-Erden-Industrie planten. Insbesondere Trump zeige sich danach besorgt ob der Tatsache, dass der Mangel in Bezug auf die Förderung von Seltenen Erden im eigenen Land eine moderne und wettbewerbsfähige Wirtschaft samt eines starken Militärs zu unterminieren drohe.

Im vergangenen Jahr bezeichnete U.S. Geological Survey ein Kaleidoskop von 35 Mineralien als kritisch für die amerikanische Wirtschaft und die nationale Verteidigungsfähigkeit des Landes. Von der Einfuhr von mehr als der Hälfte dieser Mineralien sind die USA massiv abhängig von China oder anderen Lieferanten in der Welt.

Schon Verkündung von Exportquoten führte in der Vergangenheit zu Preissprüngen

Chinas Kontrolle über den weltweiten Markt für Seltene Erden erweist sich schon seit langer Zeit als eine der größten Sorgen unter Unternehmen des produzierenden Gewerbes weltweit, was nach einer Verkündung zur Einführung von Exportquoten durch Peking dazu führte, dass einige Seltene Erden Gold preislich hinter sich ließen.

Das Wall Street Journal führt weiter aus, dass die beiden Unternehmen Blue Line Corp. (amerikanisch) und die australische Lynas Corp. inzwischen den Vorschlag unterbreitet haben, das erste gemeinsame Werk zur Extrahierung von Seltenen Erden in den USA nach vielen Jahren der dortigen Abstinenz zu bauen.

Abbau Seltener Erden langwierig, teuer, schwierig und gefährlich

Doch wie meine Leser wissen, wird dies eine Menge Zeit in Anspruch nehmen. Zudem blicken beide Unternehmen in den USA immensen Umweltauflagen ins Auge. Entgegen ihres Namens erweisen sich Seltene Erden in der Natur als gar nicht so selten. Trotz allem gibt es eine Menge von guten Gründen, warum Seltene Erden hauptsächlich in China gefördert werden.

Denn der gesamte Abbau- und Extrahierungsprozess erweist sich nicht nur als teuer, sondern auch als schwierig und vor allem als gefährlich. Hierin findet sich auch der Grund, weswegen der Westen in den vergangenen Jahrzehnten glücklich darüber gewesen zu sein scheint, einen Großteil der Produktion von Seltenen Erden China zu überlassen.

In der Vergangenheit waren die USA der Weltlieferant – Chinas Aufstieg ließ einzige Mine unprofitabel werden

Dabei lagen die Dinge zwischen den Jahren 1960 und 1980 noch gänzlich anders. Damals belieferten die Vereinigten Staaten die Welt mit diesen Elementen, die fast ausschließlich in nur einer einzigen Mine namens Mountain Pass im US-Bundesstaat Kalifornien abgebaut wurden.

Nachdem China in den 1990iger Jahren zu einem großen Akteur in diesem Sektor aufstieg, sanken die Preise, was aus Sicht der Mountain-Pass-Mine zu einem unprofitablen Abbau führte. Im Jahr 2002 wurde Mountain Pass dann schließlich dicht gemacht. Aus Sicht des chinesischen Abbaus erweisen sich Seltene Erden oftmals als Beiprodukt im Abbau von anderen Metallen.

Seltene Erden in China nur Beiprodukt – geplante US-Produktion unwahrscheinlich

Eine der größten chinesischen Minen, in denen Seltene Erden als Beiprodukt anfallen, ist eine Eisenerzmine. Entgegen der inzwischen geschlossenen Mountain-Pass-Mine hängen die Produzenten in China also nicht von nur einem Abbauprodukt ab. David S. Abraham hatte in seinem Buch mit dem Titel The Elements of Power erklärt, als wie inhuman sich die Extrahierung von Seltenen Erden erweist. Um Seltene Erden von ihren Erzen zu trennen, muss das geförderte Material immer wieder und wieder mittels Säurebehandlungen bearbeitet werden.

An die durch Säurebehandlung bedingte Extrahierung schließt sich eine Filterung an, auf die dann wiederum schier endlose Säuretrennungsprozesse folgen. Laut Abraham ginge es in diesem Prozess nicht so sehr um eine Extrahierung der Seltenen Erden, sondern vielmehr um eine Trennung des Rests von den Mineralien. Deshalb müssen diese Trennungsprozesse auch Hunderte Male durchlaufen und wiederholt werden.

Als erschwerend kommt hinzu, dass der Säuregrad zur Extrahierung jeweils vom zu trennenden Mineral abhängt. Um dem ganze die Krone aufzusetzen, kommt es im Verlauf des Extrahierungsprozesses zur Bildung von hochgiftigen Chemikalienabfällen, die teilweise radioaktiv sind. Und aus eben jenem Grund erweckt es den Eindruck, als ob es sich bei der Geschichte des WSJs, nach der es in den USA in absehbarer Zukunft wieder eine eigene Produktion von Seltenen Erden geben könnte, um eine Geschichte aus dem Reich der Fabeln handelt.

Wird Trump aus Wahlkampfgründen wiedermal zurückrudern?

Wer Donald Trump über die letzten eineinhalb Jahre aufmerksam beobachtet hat, hat erkannt, dass der US-Präsident seinen Gegnern in aller Welt stets verbal mit allen Obszönitäten drohte, nur um daraufhin wieder zurückzurudern. Plötzlich und wie aus dem Nichts handelte es sich dann auf einmal um „gute und respektable Leute“, warum auch immer ( das steht in den Sternen).

Im Dezember setzte Trump den Chinesen ein Ultimatum bis Ende März. Daraus wurde dann Ende April, dann Mitte Mai und nun sprechen wir bereits über Ende Juni. Niemand wird als Gewinner aus einem großen Handelskrieg hervorgehen. Sollte der eskalierende Handelskrieg mit zum Ausbruch einer Rezession in den USA beitragen, Trump schon gar nicht, weil für ihn im November nächsten Jahres Präsidentschaftswahlen anstehen.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"