Zum Wochenabschluss werfen wir einen Blick nach Südafrika. Dabei wollen wir die Seiten in den Geschichtsbüchern ein wenig zurückblättern, weil es gerade zu neuen Enthüllungen über die einstige Kollaboration zwischen den amerikanischen Central Intelligence Agency (CIA) und dem ehemaligen Apartheid-Regime in Pretoria kommt.

Ein jüngst veröffentlichtes Interview nebst einer ganzen Anzahl von zuletzt de-klassifizierten Dokumenten lassen nämlich darauf schließen, dass die CIA in die Verhaftung des Apartheid-Regimegegners Nelson Mandela im Jahr 1962 involviert gewesen ist.

Rückblick in jene Zeiten des Kalten Krieges

Zum damaligen Zeitpunkt herrschte auch im Süden der Vereinigten Staaten noch das System der Rassentrennung vor, sodass es sich kaum als eine Überraschung erweisen würde, wenn die US-Regierung dem Apartheid-Regime in Pretoria damals Schützenhilfe geliefert hätte, um Regimegegner wie Nelson Mandela oder Walter Sisulu auszuschalten.

Ferner legte die Kuba-Krise Zeugnis im Oktober 1962 Zeugnis darüber ab, dass sich der Kalte Krieg zwischen den USA und der inzwischen nicht mehr existenten Sowjetunion auf einem Höhepunkt befand.

Die Stationierung von sowjetischen Mittelstreckenraketen in der Karibiknation Kuba hatte die beiden Weltmächte im Rahmen des nuklearen Wettrüstens damals knapp vor den Ausbruch des Dritten Weltkriegs gebracht.

Um in diesem Kalten Krieg jeweils die Nase vorne zu haben, war es das Anliegen der beiden damaligen Supermächte, so viele Drittnationen wie möglich auf die eigene Seite zu ziehen, um sich auf diese Weise geostrategische Vorteile zu verschaffen.

Dass insbesondere die dem globalen Süden zugehörigen Nationen in dieser Gemengelage über eine weit bessere Verhandlungsmasse als heute verfügten, um die eigenen Interessen mittels eines Lavierens zwischen beiden Supermächten durchzusetzen, ist selbstredend.

Dämonisierung des politischen Gegners – damals wie heute en vogue

Von Anbeginn zeigte sich die (weiße) politische Führung in Südafrika darum bemüht, dem zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegründeten African National Congress (ANC) das Etikett einer kommunistischen Vereinigung anzuheften.

Den meisten diplomatischen Vertretern der schwarzen Organisation ging es zum damaligen Zeitpunkt hingegen darum, endlich ein Mitspracherecht in politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Angelegenheiten für die schwarze Bevölkerungsmehrheit einzufordern.

Dies galt umso mehr nach dem sogenannten Buren-Krieg, der zwischen 1899 und 1902 zwischen den Briten und den Afrikaansern (oder größtenteils holländisch-stämmigen Buren) im Land am Kap tobte.

Es erweist sich geschichtlich betrachtet als interessant, dass schwarze Kämpfer in diesem Krieg damals sowohl auf Seiten der Truppen des Britischen Empires als auch der Buren gekämpft hatten – und in diesem dreijährigen Krieg ihre Leben ließen.

Schnelle Aussöhnung und Einigkeit nach dem Buren-Krieg

Noch interessanter ist, dass es schon kurz nach der Beendigung des Buren-Krieges trotz aller auf beiden Seiten begangenen Gräueltaten zu einer Aussöhnung und Übereinkunft zwischen den zuvor verfeindeten Parteien weißer Hautfarbe kam.

So wurde nur acht Jahre nach Ende des Buren-Krieges am 31. Mai 1910 die Südafrikanische Union gebildet. In diesem Zuge kam es zu einer Vereinigung der vier britischen Besitztümer Kap-Kolonie, Kwazulu Natal, Oranje-Fluss-Kolonie und Transvaal-Kolonie, von denen die beiden letztgenannten bis zu Beginn des zweiten Buren-Krieges in Form des Oranje-Freistaat beziehungsweise der Südafrikanischen Republik unter der Buren-Herrschaft unabhängig und politisch selbständig waren.

Hochrangige Vertreter der beiden weißen Rassen kamen danach schnell überein, die schwarze Bevölkerungsmehrheit mehr und mehr an den gesellschaftlichen Rand zu drücken. Von einer Teilhabe an den politischen Geschicken des Landes sahen sich Repräsentanten schwarzer Hautfarbe bis zum Fall des Apartheid-Regimes im Jahr 1994 komplett ausgeschlossen.

Anzumerken bleibt, dass zwischen den Jahren 1961 und 1994 die repressivste Phase im Kampf um die politische, wirtschaftliche und soziale Vorherrschaft in Südafrika herrschte.

Mehr als 3,5 Millionen Einwohner schwarzer Hautfarbe wurden in dieser Periode gewaltsam aus ihren angestammten Heimen im ganzen Land vertrieben, um in sogenannten Bantustans oder Homelands neu angesiedelt und zusammengepfercht zu werden.

Dass in diesen nur widrige Lebensumstände bietenden Homelands die Armut grassierte, versteht sich von selbst. Es darf ob dieser politischen Entscheidungen keineswegs außer Acht gelassen werden, dass die südafrikanische Minenindustrie zum damaligen Zeitpunkt ihren Höhepunkt erlebte.

Wirtschaftliche Ausbeutung und Prosperität nur zugunsten einer Rasse

Insbesondere der Witwatersrand erwies sich als so ergiebig und reich an Goldvorkommen, dass aus heutiger Sicht ein wenig mehr als die Hälfte allen weltweit abgebauten Goldes aus den Minen Südafrikas entstammt.

Die schwarze Bevölkerungsmehrheit wurde von der damit verbundenen wirtschaftlichen und sozial-ökonomischen Prosperität, welche die weißen Einwohner des Landes für sich selbst zu einem Standard und zur Gewohnheit machten, nahezu in Gänze ausgeschlossen.

Schwarze Arbeiter waren allerdings gut genug dazu, um in den zahlreichen im Land operierenden Minen zu schuften, um sich und ihren Familien ein klägliches finanzielles Auskommen zu verdingen – und heimische und internationale Investoren reich zu machen.

ANC schwingt sich zu politischer Stimme des Landes auf

Die führenden Repräsentanten des ANC schwangen sich spätestens ab dieser Periode zu einer politischen Stimme der schwarzen Bevölkerungsmehrheit auf, um für die eigene Rasse neben mehr politischen Rechten auch eine ausgewogenere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im Land am Kap einzufordern.

Als die damit verbundenen Ziele nicht erreichbar schienen gingen immer mehr politische Vertreter des ANC in den Untergrund. Bombenanschläge auf öffentliche Einrichtungen und Energieversorgungsnetzwerke häuften sich, während der ANC-Untergrund zur Koordination des eigenen politischen Kampfes auch Operationsbasen in den an Südafrika angrenzenden Nachbarländern betrieb.

Die stark zunehmenden Proteste unter der schwarzen Bevölkerungsmehrheit, welche durch das Apartheid-Regime teils mittels brachialer Gewalt beantwortet wurden, deuteten ab einem bestimmten Zeitpunkt auf den Ausbruch eines möglichen Bürgerkrieges zwischen der weißen und schwarzen Rasse hin.

Die CIA und Nelson Mandela

Einer zunehmend gewaltbereiten schwarzen Befreiungsbewegung in Südafrika das Label des Kommunismus anzuheften, erwies sich in dieser Zeitperiode aus Sicht der US-Regierung und unter Berücksichtigung der parallelen Geschehnisse im ehemaligen Französisch-Indochina, heißt Vietnam, Laos und Kambodscha, nur als allzu bequem.

Das Time Magazine kommt in diesen Tagen nun mit einem medialen Aufmacher daher, der inhaltlich wie folgt lautet: Verriet die CIA Nelson Mandela?

In diesem Bericht gelangt die Redaktion des Time Magazine zu dem Fazit, dass die CIA in die südafrikanischen Ereignisse zum damaligen Zeitpunkt auf weitläufige Weise involviert gewesen ist.

Die neuen Enthüllungen wurden vor allem auf Basis von Forschungen und Analysen von Richard Stengel, der ehedem zum Erscheinen der Autobiografie von Nelson Mandela beitrug, angestoßen.

In diesem Zuge widmete sich Richard Stengel unter anderem einem bislang nicht publizierten Audio-Interview mit Nelson Mandela aus dem Jahr 1993. In diesem Gespräch gab der Anti-Apartheid-Führer und erste schwarze Präsident Südafrikas preis, darüber in Kenntnis gewesen zu sein, dass ein amerikanischer und über gute Verbindungen zur CIA verfügender Konsul die Apartheid-Regierungsbehörden über seine damaligen Reiseaktivitäten zu jedem Zeitpunkt unterrichtet habe.

Die Übermittlung dieser geheimdienstlichen Informationen habe dann schließlich auch zu seiner Verhaftung beigetragen, wonach sich eine Inhaftierung der vor der Küste Kapstadts gelegenen Gefängnisinsel Prison Island angeschlossen habe.

Zusätzlich deuten inzwischen de-klassifizierte Dokumente der CIA darauf hin, dass die US-Auslandsgeheimdienstbehörde Nelson Mandela als einen „wahrscheinlichen Kommunisten“ in den eigenen Akten geführt hat.

Es erweist sich inzwischen als bestätigt, dass die CIA Nelson Mandela zu jedem Zeitpunkt lückenlos beobachtet hat, wenn dieser südafrikanischen Boden in Richtung des Auslands verließ.

Unter Bezugnahme auf einen Bericht von Axios heißt es, dass die durch Richard Stengel neu publizierten Details mit signifikanten Beweisen einhergingen, dass die CIA Nelson Mandela nicht nur beobachtete, sondern mittels Informationsaustauschs mit den Apartheid-Behörden auch zu dessen Verhaftung während einer Reise von Durban nach Johannesburg im Jahr 1962 beigetragen habe.

Weiter heißt es, dass bereits in einem im Jahr 1986 veröffentlichten Bericht im Johannesburg Star darauf hingewiesen wurde, dass ein befragter und zum damaligen Zeitpunkt pensionierter Polizeibeamter die Aussage getätigt hatte, dass die südafrikanischen Polizeibehörden durch einen US-Diplomaten über den Aufenthaltsort von Nelson Mandela ins Bild gesetzt worden seien.

Bei diesem US-Diplomaten habe es sich um einen regionalen Vertreter der CIA gehandelt. Im Jahr 1990 hatte Atlanta Journal-Constitution darüber hinaus berichtet, dass ein inzwischen pensionierter US-Geheimdienstoffizieller, der als hochrangiger CIA-Repräsentant bezeichnet wurde, den südafrikanischen Regierungsbehörden jedes einzelne Informationsdetail über den jeweiligen Aufenthaltsort von Nelson Mandela habe zukommen lassen.

Noch bis 2008 befand sich Nelson Mandela auf der Beobachtungsliste für terroristische Aktivitäten der US-Regierung

Analytiker und Historiker weisen darauf hin, dass diese Informationsdetails in Gänze damit übereinstimmten, auf welche Weise die US-Regierung Nelson Mandela und den ANC in den eigenen Akten zwischen den Jahren 1980 und 1990 klassifiziert habe.

Trotz der zahlreichen Lobpreisungen, Auszeichnungen und medialen Lorbeeren, die Nelson Mandela nach seiner Haftentlassung noch zu Lebzeiten zuteil wurden, und in denen von dem einstigen ANC-Führer das Bild eines heroischen Verfechters der Bürgerrechte wie auch eines sozial-gesellschaftlichen Einigers gezeichnet wurde, zeigen die nun an die Oberfläche drängenden Informationen, dass die US-Regierung Nelson Mandela in den eigenen Akten als einen „Terroristen“ klassifiziert hat.

Danach galt es nicht nur, dessen „terroristische Bestrebungen“, sondern gleich auch aktiv dessen politische und sozial-gesellschaftliche Bewegung, die sich für mehr Rassengleichheit in Südafrika einsetzte, zu bekämpfen.

Noch in einem im Jahr 2013 durch den Sender NBC veröffentlichten Bericht hieß es, dass amerikanische Regierungsoffizielle Nelson Mandela selbst bis zum Jahr 2008 intern noch als „Terroristen“ klassifiziert hätten.

Während des Kalten Krieges wurde der ANC durch die US-Regierung als „terroristische Vereinigung“ klassifiziert. Und Nelson Mandela galt neben Walter Sisulu als einer der bedeutsamsten Anführer der politischen Bewegung.

Laut des NBC-Berichts habe sich Nelson Mandela, der im Jahr 2013 im Alter von 95 Jahren verstarb, noch bis zum Jahr 2008 auf der US-Beobachtungsliste für terroristische Aktivitäten befunden. Rückblickend hatte Präsident Ronald Reagan den ANC und dessen Kampf gegen das weiße Apartheid-Regime im Jahr 1986 des „kalkulierten Terrorismus“ bezichtigt.

In diesem Zuge berief sich Ronald Reagan auf diverse Bombenanschläge auf Infrastruktur, Verkehrsnetzwege, öffentliche Gebäude und Energieeinrichtungen des Landes, welche die durch das Apartheid-Regime verfolgte Repression der schwarzen Bevölkerungsmehrheit auf einen Siedepunkt – und das gesamte Land an den Rand eines Bürgerkrieges – gebracht hatte.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite von time.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Schon seit geraumer Zeit mehrten sich Spekulationen, die sich im Kern darum drehten, ob die CIA bei der einstigen Verhaftung und Einkerkerung von Nelson Mandela eine Schlüsselrolle gespielt haben mochte.

Nach mehreren Jahrzehnten der Klassifizierung stehen in nächster Zeit immer mehr offizielle US-Dokumente für eine Deklassifizierung und zur Veröffentlichung an. Es wird interessant bleiben zu beobachten, welche Informationen anhand dieser zu de-klassifizierenden Dokumente nach langer Zeit noch so das Licht des Tages erblicken werden.

Vielleicht wird dies dabei helfen, sich ein noch besseres Bild darüber zu machen, welche Rolle die selbst ernannte „unentbehrliche“ Nation, die sich den Slogan „In Gott vertrauen Wir“ auf die Fahnen geschrieben hat, und die sich selbst zum „Schützer der Menschenrechte“ auserkoren und erklärt hat, rund um den Globus gespielt hat und weiterhin spielt, um eigene Machtinteressen mittels des eigenen Regierungs- und Militärapparates – komme, was wolle – mit allen erdenklichen Mitteln durchzusetzen.

Hier ein Zitat, das bei mir gedanklich haften geblieben ist:

Hüte Dich stets vor jenen, die vorgeben, Beschützer der Menschen zu sein!“

Allen Lesern sei ein schönes Wochenende gewünscht!!!

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"