Tag um Tag kletterten die Kurse und erreichen einen Rekordwert nach dem anderen. Was man dabei gerne vergisst, ist die Tatsache, dass es sich hierbei um den Durchschnitt von 500 Aktien handelt.

Viele Einzelwerte sind noch sehr viel stärker gestiegen. Mitunter auf ein Niveau, welches absolut nicht mehr nachvollziehbar war.

In vielen Fällen kletterte die Bewertung, also beispielsweise das KGV oder KUV, nicht nur auf das höchste Niveau aller Zeiten, sondern auf das Doppelte oder Dreifache von dem, was jemals zuvor bezahlt wurde.

Nehmen wir zum Beispiel PayPal. Das KGV pendelte in all den Jahren seit dem Börsengang weitgehend zwischen 30 und 50.

Im Zuge der Rallye von 2020/21 stieg das KGV aber im Hoch auf 86. Dass das nicht haltbar sein würde, war abzusehen.

Aktien pendeln nicht über fünf, zehn oder zwanzig Jahre in gewisse Bewertungskorridore und lösen sich dann vollkommen davon. Das kommt so gut wie nie vor und dann meist graduell und nicht von heute auf morgen.

Es gibt aber auch andere Aktien, bei denen die Lage ganz anders ist. Sie sind zwar ebenfalls durch die Decke gegangen, die reale Entwicklung der Geschäftszahlen hat aber mitgehalten und sie waren und sind nicht teuer.

Der Meister im Ring

Ein Beispiel ist Micron Technologies, einer der weltweit führenden Hersteller von Arbeitsspeicher (DRAM) und Flash-Speicher (Nand/SSD).

Das ist ein außerordentlich wachstumsstarkes Geschäft mit makroökonomischem Rückenwind, denn die Datenmengen steigen immer weiter. Dementsprechend steigt der Bedarf an Speichermöglichkeiten, die Geschwindigkeit der Datenverarbeitung muss steigen und vor allem die Menge der verarbeiteten Daten steigt.

Das gilt in Zeiten von Rechenzentren, Cloud und smarten Geräten umso mehr. Daher ist es umso erstaunlicher, dass so ein wichtiger und gigantischer Markt wie Arbeitsspeicher weltweit von nur drei Akteuren beherrscht wird. Neben Micron sind das Samsung und SK Hynix.

Lassen wir die Zahlen sprechen

Micron und mich verbindet inzwischen eine lange Historie. Erstmals wurde ich 2016 auf das Unternehmen aufmerksam. Damals war der Trackrecord bereits überzeugend, die starke Positionierung im Sektor bekannt.

Trotzdem kam die Aktie massiv unter Druck, wie das bei zyklischen Werten in den schwachen Phasen oft der Fall ist.

Inzwischen glaube ich aber, dass der Sektor nicht mehr so zyklisch ist, wie er es dereinst war. Die Nachfrage im Bereich Arbeitsspeicher & Co. war in der Vergangenheit unmittelbar von den Investitionszyklen im IT-Bereich geprägt.

Inzwischen ist die Grundnachfrage aus allen Teilen der Wirtschaft und den privaten Verbrauchern so hoch, dass wir die massiven Abschwünge, wie wir es in der Vergangenheit erlebt haben, bei Halbleitern vieler Art nicht mehr erleben werden.

Micron überzeugt aber ohnehin mit dem Zahlenwerk, ob ich mit meiner These nun richtig liegen werde oder nicht.

Seit 2016 ist der Umsatz von 12,4 auf 27,7 Mrd. SD gestiegen. Der Gewinn legte in dieser Zeit von 0,06 auf 6,06 USD je Aktie zu.

Wobei man der Vollständigkeit halber erwähnen sollte, dass 2016 ein sehr schlechtes Jahr war. In den beiden Jahren zuvor hat man 2,72 und 3,23 USD je Aktie verdient. Das waren eben noch die typischen Schwankungen der damaligen Zeit.

Während 2020 verdiente man übrigens ordentlich.

Bemerkenswert ist aber vor allem, dass man die Expansion, trotz der kapitalintensiven Natur des Geschäfts, aus dem laufenden Cashflow finanzieren konnte.

Daher ist die Bilanz sauber. Derzeit hat man abzüglich der langfristigen Verpflichtungen rund 4,46 Mrd. an Netto Cash. Insgesamt hat man sogar Barmittelreserven von 11,48 Mrd. USD.

Ausblick und Bewertung

Das Geschäftsjahr 2021 ist außerordentlich gut verlaufen. Der Umsatz legte von 21,4 auf 27,7 Mrd. USD zu. Der Gewinn hat sich auf 6,06 USD je Aktie mehr als verdoppelt.

Viele von Ihnen werden es wissen: Wenn man im Halbleiter-Sektor unter Vollauslastung arbeiten kann, sind die Gewinnspannen enorm.

Die wichtige Frage ist eben, ob es so weitergeht, ob über einen ganzen Wirtschaftszyklus hinweg gut verdient wird und wie stark die Gewinne einbrechen werden, wenn die nächste Flaute kommt.

Die letzte Frage haben wir bereits ausführlich beantwortet. Die Abschwünge in dieser Branche werden nicht mehr so stark ausfallen, wie bisher.

Dass Micron über einen Wirtschaftszyklus hinweg Geld verdienen kann, dürfte unterdessen sicher sein, selbst wenn meine These zu den milderen Abschwüngen falsch ist.

Bleibt die Frage, ob es mit dem Kohle scheffeln so weitergeht. Mit absoluter Präzision wird Ihnen das natürlich niemand sagen können, denn wir sind schließlich keine Hellseher.

Da der Mangel an Halbleitern aber weltweit anhält und Micron nach eigenen Aussagen kaum die Nachfrage bedienen kann, sieht es vorerst gut aus.

Außerdem hat man erst vor wenigen Wochen bekanntgegeben, dass man die Preise für Flash-Speicher um 17-18 % erhöhen wird.

In Summe führt das dazu, dass der Umsatz in diesem Jahr erheblich steigen dürfte. Darf man den Prognosen Glauben schenken, könnte der Gewinn um 52 % auf 9,20 USD je Aktie steigen.

Micron würde demnach rund zehn Mrd. USD verdienen und käme demnach auf ein KGVe von 7,5.

Das erscheint auf den ersten Blick schier unmöglich, doch in Wirklichkeit hat Micron in den letzten beiden Quartalen bereits 5,25 Mrd. USD verdient.

Selbstverständlich stellt sich auch hier wieder die Frage, wie nachhaltig derartige Gewinne sind. Dazu muss man ganz klar sagen, dass es unwahrscheinlich ist, dass die Profitabilität ewig auf diesem Niveau bleiben wird.

Bei einem KGVe von 7,5 muss es das aber auch nicht.

Es reicht aus, wenn Micron in den guten Phasen solche Gewinne einfährt und in den schlechten Phasen keine oder kaum Verluste schreibt. Bei einem KGVe von 7,5 muss man langfristig nicht viele gute Phasen unterstellen, um die Bewertung zu rechtfertigen.

Unter dem Strich ist das bereits seit Jahren meine These und die Kursentwicklung scheint sie zu bestätigen.

Man möchte sich nicht ausmalen, wo die Aktie möglicherweise stehen könnte, wenn die langfristigen Prognosen eintreffen und der Gewinn bis 2024 auf über 13,00 USD je Aktie steigt. Doch so weit sollte man wahrscheinlich auch nicht vorgreifen.

Chart vom 15.03.2022 Kurs: 69,40 Kürzel: MU - Wochenkerzen

Aus technischer Sicht ist die Aktie auf einem interessanten Niveau angekommen. Knapp unter 70 USD verläuft der obere langfristige Aufwärtstrend.

Auf diesem Niveau könnten antizyklische Investoren mit einem langen Zeithorizont einen ersten Fuß in die Türe stellen.

Fällt die Aktie jedoch unter den Aufwärtstrend zurück, ist eine Ausdehnung der Korrektur in Richtung 60-55 USD wahrscheinlich. Kommt es dazu, könnte man auf diesem Niveau aufstocken.

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Dirk Müller sowie die Finanzethos GmbH haben sich verpflichtet den Kodex des Deutschen Presserates für Finanz- und Wirtschaftsjournalisten einzuhalten. Der Verhaltenskodex untersagt die Ausnutzung von Insiderinformationen und regelt den Umgang mit möglichen Interessenkonflikten. Die Einhaltung des Verhaltenskodex wird jährlich überprüft. Dies gilt auch für die für Dirk Müller oder für die Finanzethos GmbH tätigen freien Journalisten.

 

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