Streit über zentrale Bankenaufsicht in der Eurozone – Deutsche Sparkassen und Genossenschaftsbanken wehren sich massiv

 

Die Staats- und Regierungschefs haben auf dem Brüsseler Euro-Gipfel im Juni 2012 festgelegt, dass eine supranationale Bankenaufsicht in der Euro-Zone eingeführt wird. Die EU-Kommission will am 11. September (einen Tag vor der Verkündung des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes in Sachen ESM) ihre Pläne zur Errichtung einer Bankenunion im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise vorlegen. Der Vorschlag soll Details zur Schaffung einer europäischen Bankenaufsicht enthalten, sowie für eine gemeinsame EU-Einlagensicherung und zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Banken-Abwicklungsfonds zur Stützung angeschlagener Finanzinstitute. Der Plan sieht den Angaben zufolge weiter vor, dass die Europäische Banken-Aufsichtsbehörde (EBA) in London Kompetenzen an die Europäische Zentralbank (EZB) abgibt, welche die Hoheit über die geplante neue EU-Bankenaufsicht haben soll. Vor kurzer Zeit hatte ich an dieser Stelle berichtet, dass noch geklärt werden muss, ob eine solche Bankenunion zunächst nur die 25 oder 30 grossen, systemrelevanten Banken oder alle Banken, also auch kleinere Institute wie die deutsche Sparkassen und Genossenschaftsbanken („Volks- und Raiffeisenbanken“) umfassen soll. Für eine größere Lösung spricht, dass Wettbewerbsverzerrungen zwischen den unterschiedlichen Bankengruppen Sparkassen, Genossenschaftsbanken bzw. Privatbanken in Deutschland vermieden werden könnten. In der Zwischenzeit ist hier ein großer Streit in Deutschland entstanden. Die Stimmung in den Sparkassen und Genossenschaftsbanken ist sehr gereizt, die Idee einer zentralen Bankenaufsicht wird massiv bekämpft.

Für die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken steht einiges auf dem Spiel: In den Augen der Vertreter der kleinen Banken ist die Einrichtung einer zentralen Bankenaufsicht in der Eurozone eine schwere Attacke auf ihr Geschäftsmodell. Sparkassen-Präsident Fahrenschon wehrt sich schon länger gegen die Pläne einer europäischen Bankenunion. “Ich glaube, dass das schöne Wort ‘Bankenunion’ verklärt, dass es sich hier um einen Umverteilungsmechanismus handelt”, sagte kürzlich der Chef des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands. Eine gemeinsame Aufsicht über die mehr als 6.000 Geldhäuser in der Europäischen Union sei nicht zu leisten und damit nicht sinnvoll, erklärte Fahrenschon. Es sei besser, die kleineren Banken dezentral in den nationalen Staaten zu kontrollieren. Bei der angedachten europäischen Einlagensicherung gehe es darum, die für Kunden deutscher Sparkassen und Genossenschaftsbanken gedachten Sicherheiten anderweitig einzusetzen. Zudem haben Sparkassenpräsident Fahrenschon, Ober-Genossenschaftsbanker Fröhlich und der Chef des Verbands öffentlicher Banken, Brand, einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel geschrieben.

"Mit großer Sorge und Irritation haben wir zur Kenntnis genommen, dass derzeit in Brüssel diskutiert wird, alle Kreditinstitute der Euro-Zone dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus zu unterstellen", schreiben die drei Bankenvertreter in dem Brief an die Kanzlerin. Die drei Verbandspräsidenten sprechen sich dafür aus, dass nur Großbanken zentral beaufsichtigt werden sollen. Kleine Institute - wie die Sparkassen und Genossenschaftsbanken - sollen weiterhin von den nationalen Behörden baufsicht werden. Die Frage, wer in Zukunft die deutschen Banken beaufsichtigen soll, führt auch zum Interessenkonflikt zwischen den nationalen deutschen Behörden. In Deutschland teilen sich bislang die Bundesbank und die dem Finanzministerium unterstellte Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauficht (Bafin) die Aufsichtskompetenzen. Dass die Bafin Macht an die EZB abgeben soll, stößt bei ihr bisher auf wenig Verständnis. Die EZB hingegen hat großes Interesse daran, die Banken genauer kontrollieren zu können. Schließlich erhält sie derzeit Banken in Südeuropa am Leben, indem sie ihnen viele Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hat. Alleine die Banken in den GIIPS-Staaten (Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien) haben mittlerweile 9,2 Billionen Euro Bankschulden angehäuft.

Während die Privatbanken eine Wettbewerbsverzerrung sehen, wenn es ein zweigeteiltes Aufsichtssystem gibt, fürchten die kleineren Sparkassen und Genossenschaftsbanken Nachteile, wenn sie mit behördlichen Anfragen auf Frankfurt bzw. Brüssel überfrachtet werden. Sie argumentieren, dass sie die Aufwendungen, die durch neue Risikomodelle oder ähnliche Investitionen entstehen, schlechter umlegen können als Großbanken.

Ebenso strittig für die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken ist ein anderer Aspekt der geplanten Bankenunion. Neben der zentralen Aufsicht soll es auch einen gemeinsamen europäischen Restruktierungs- bzw. Rettungsfonds geben, wenn eine Bank in die Krise gerät. "Wir lehnen eine einheitliche Einlagensicherung im Interesse der deutschen Sparer strikt ab", heißt es in dem Brief an die Bundeskanzlerin. Die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken garantieren ihren Kunden ihre Spareinlagen ohne Einschränkungen - da die kleinen Institute die Pflicht haben, sich im jeweiligen deutschen Verbund gegenseitig aufzufangen. Würden die Sparkassen und Genossenschaftsbanken verpflichtet, zusätzlich in einen europäischen Rettungsfonds einzuzahlen, würde dies erhebliche Mehrkosten für die Institute bedeuten, so die Begründung. Und dagegen wehren sich die drei Verbände vehement. Immerhin liegen bei den Sparkassen, Landesbanken und den Genossenschaftsbanken gut 70 Prozent der Spareinlagen in Deutschland. Die gemeinsame europäische Sicherung würde eine "geringere Glaubwürdigkeit" aufweisen als die eigene Sicherung, da sie "zahlreiche Zugriffsmöglichkeiten" aufweise, heißt es in dem offenen Brief. Denn in der europäischen Lösung würde der gleiche Topf beispielsweise für griechische, portugiesische, spanische, französische oder deutsche Sparer ausreichen müssen. Doch auf der anderen Seite sollen dann auch die Banken dieser Länder in den Topf einzahlen. Das verteilt das Risiko auf viele Banken, was für sich allein genommen die Sicherheit eigentlich erhöht - aber nur so lange, wie die Bankenaufsicht gut arbeitet und viele Geldhäuser pleitegehen. Aufgrund der angeschlagenen Finanz- und Liquiditätssituation der Banken in den GIIPS-Staaten kann die Bereitstellung von Finanzmitteln allerdings zu einer großen Herausforderung werden. Es bleibt also spannend, die Diskussionen werden in den nächsten Tagen und Wochen weitergehen, eine Lösung der strittigen Punkte ist derzeit noch nicht abzusehen. Bundesfinanzminister Schäuble, der sich gerade zu diesem Thema geäußert hat (www.bundesfinanzministerium.de) unterstützt sogar die Forderungen der Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Schäuble forderte, kleinere Banken wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken von der zentralen Kontrolle durch die EZB auszunehmen und nur die Institute in der Euro-Zone bzw. in der EU unter die gemeinsame Aufsicht zu stellen, die durch ihre Größe und Vernetzung im Ernstfall eine Gefahr für das gesamte Finanzsystem darstellten.

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