Was bietet sich am heutigen Tage eher an als die Betrachtung einer südländischen Bank? Hierzu geht die Reise einmal mehr nach Italien, zu einem der dort größten Kreditinstitute: Der Intesa Sanpaolo. Obwohl die letzten Jahre an der Börse dort nicht gerade die rosigsten Waren, konnte eine Pleite bisher abgewendet werden, ganz wie es sich für eine systemrelevante Bank gehört. Ganz ohne Blessuren und Schieflagen ging es zwar auch nicht, aber es wurde zumindest noch durchgehend eine Dividende ausgeschüttet. So schlecht kann es also nicht sein. Oder doch? Wir werfen einen Blick darauf. Doch bitte stets daran denken, dass folgende Ausführungen nichts mit einer konkreten Handelsempfehlung – egal ob Kauf oder Verkauf – zu tun haben.

 

Vor langer Zeit, also vor den ganzen Krisen, im Jahre 2006, beschlossen die beiden Großbanken Banca Intesa und Sanpaolo IMI eine Fusion, nachdem beide Institute vorher schon durch zahlreiche Fusionen und Übernahmen entstanden sind. Man wollte schließlich international konkurrenzfähig sein und so entstand hinter der UniCredit die Nummer 2 am italienischen Bankenplatz. Mit Hilfe einer großzügigen Ausweitung des Risikos konnten immer höhere Gewinne „erwirtschaftet“ werden. Im Zuge der Ereignisse wurde mehr und mehr an der Bonität einiger Staaten gezweifelt, die bei der Intesa Sanpaolo durch das Andienen großer Mengen an Staatsanleihen hoch verschuldet waren. Dies brachte das Institut mehr und mehr in die Bredouille. Die Geschichte ist bekannt. Einzig und alleine der groß angelegten Rettung des Euro ist es gedankt, dass die Bank, wie viele ihrer „Wettbewerber“ auch, bis zum heutigen Tage operabel geblieben ist.

 

Aktuelle Zahlen und Fakten

 

Nach der Veröffentlichung der jüngsten Quartalszahlen sprang der Aktienkurs um fast 8 Prozent nach oben. Es wurde ein Einbruch des Nettogewinns um über ein Drittel auf 470 Millionen Euro vermeldet. Die Börsianer hatten im Vorfeld mit deutlich weniger Gewinn gerechnet und daher handelte es sich also um gute Neuigkeiten. Überhaupt ist es ja löblich, dass die Banken auch inmitten der größten Krise es immer wieder schaffen, oberhalb der schwarzen Null zu bleiben. Es wurde die vergleichsweise hohe Kernkapitalquote von 10,7 Prozent hervorgehoben. Allerdings fanden sich innerhalb der Publikationen auch deutlich denkwürdigere Zahlen. So lag die Summer der ausfallgefährdeten Kredite bei – nach eigenen Angaben – 26,1 Milliarden Euro, was einem Anstieg von 15 Prozent entsprach. Entsprechend wurden daher die Rückstellungen auf 2,1 Milliarden Euro hochgefahren, also auf ein knappes Zehntel der akut gefährdeten Ausleihungen. In Italien ist man eben optimistisch. [1]

 

Etwas früher in diesem Jahr sorgte die Intesa Sanpaolo zusammen mit der UniCredit für Aufsehen, als beide Banken ihre gemeinsamen Anteile von insgesamt 11,5 Prozent an der London Stock Exchange verkauften. Die Aktion diente der Beschaffung liquider Mittel, die scheinbar dringender benötigt wurden als Aktienpakete. Es hieß dazu nur, man wolle sich vermehrt um das Kerngeschäft kümmern. [2]

 

Dementsprechend wurde im Juli in einem weiteren Joint Venture mit der Gazprombank ein Kreditpaket in Höhe von 300 Millionen Euro zur Verleihung an mittelständische Unternehmen geschnürt. Scheinbar getraute man sich nicht mehr alleine, eine solche Summe auf sich zu nehmen. Verglichen mit den ohnehin schon bestehenden dubiosen Krediten von 26,1 Milliarden Euro durchaus verständlich. Allerdings wurde dadurch der Beweis erbracht, dass sowohl das Kerngeschäft als auch die internationale Kooperation nach wie vor intakt sind – und das ist doch was! [3]

 

Gegendarstellung

 

Allerdings gibt es auch immer wieder mal kritische Kommentare zur Verfassung der Bank, die ebenfalls mit Zahlen unterlegt sind. Kyle Spencer schreibt im amerikanischen Investment-Blog Seeking Alpha, dass das Portfolio von PIIGS-Staatsanleihen (also Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien) bei Intesa laut Stresstest im vierten Quartal 2011 bei erstaunlichen 1.638 Prozent der Messgröße der „Tangible Common Equity“ [geschätzter Aktienrestwert im Abwicklungsfall, etwas exakterer Maßstab als die Eigenkapitalquote, kommt vor allem bei Stresstests und Bankenrettungen zum Einsatz, Anm. d. Red.] gelegen hat. Auf dass da mal lieber nichts schief läuft… [4]

 

Damit sei das Ende der Fahnenstange allerdings noch längst nicht erreicht, da durch die kreativen Rettungsmechanismen eine Bank wie Intesa gerade dazu gezwungen ist, den Euro-Krisenländern weiterhin die Anleihen abzunehmen. Mr. Spencer prognostiziert hier ein Ansteigen auf über 2.000 Prozent und bezeichnet Intesa Sanpaolo als das italienische Pendant zur Bank of America. Am Ende wird außerdem nachgereicht, dass die beiden Institute Intesa und UniCredit insgesamt 828,6 Milliarden Euro an Unternehmen, Privatleute und Immobilienbesitzer in Europas Süden verliehen haben. Zusammen mit 111 Milliarden an Staatsanleihen liegt also rund eine Billion Euro im Feuer. Verglichen mit dem aktuellen Quartalsgewinn eine wahrlich stattliche Summe… [5]

 

Zum Chart

 

Wer vielleicht dachte, eine PIIGS-Bank wie Intesa befindet sich langsam auf dem Wege der Besserung, der muss nur einen kurzen Blick auf den Chart werfen. Seit dem Hoch im Jahre 2007 bei 6,27 Euro wurde das Aktienkapital bis zum Sommer 2011 (und analog 2012) um 86,4 Prozent reduziert. Der Chart befindet seither sich in einer trichterförmigen – und sehr bestimmenden – Abwärtsbewegung. Das renommierte Institut wurde zum Pennystock degradiert. Dabei ist nicht auszuschließen, dass nicht sogar noch ein Ausbruch nach unten möglich ist.

In den letzten Wochen lief es allerdings besser für die Aktie und sie konnte seit dem Juli-Tief über 50 Prozent zulegen. Die Schwankungen sind immens groß und von Spekulation getrieben. Die zurückliegende Rallye wurde alleine von den politischen Maßnahmen und Eingriffen getragen, die dem Institut sehr entgegenkamen. Im selben Zeitraum im letzten Jahr beispielsweise verlor der Kurs auch über die Hälfte seines Wertes. Außerdem ist der übergeordnete Abwärtstrend nicht von der Hand zu weisen. An der momentanen Stelle im Chart könnte durchaus wieder ein Richtungswechsel erfolgen. Die gezeichnete Trendlinie ist seit mehreren Jahren intakt und wurde oftmals bestätigt. Will heißen, entlang dieser Linie ist in der Vergangenheit für jedwede Gegenbewegung immer Endstation gewesen.

Insgesamt handelt es sich bei Intesa Sanpaolo um ein Zockerpapier, dessen Funamentaldaten derart aus dem Ruder gelaufen sind, dass eine punktgenaue Bewertung zum Aktienkurs im Grunde unmöglich ist. Deshalb macht es auch wenig Sinn, sich klassische Kennzahlen wir KGV oder Dividendenrendite anzusehen. Die Bank als solche ist bis auf wenige Ausnahmen voll und ganz vom guten Willen der Rettungspolitik abhängig. Auf diese ist zwar bisher Verlass gewesen, aber auch da handelt es sich eben nicht um eine langfristig erfolgversprechende Therapie…

 

 

Fußnoten und Verweise:

 

[1] „Intesa-Gewinn fällt nicht so stark wie befürchtet“, 3. August 2012, Dow Jones News, via http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2012-08/24225322-intesa-gewinn-faellt-nicht-so-stark-wie-befuerchtet-015.htm

 

[2] „Italy’s UniCredit, Intesa selling stakes in LSE“, 22. Mai 2012, Reuters, http://www.reuters.com/article/2012/05/22/lse-idUSL5E8GMEMM20120522

 

[3] „Gaszprombank, Intesa to Grant 300 Mln Euros für Mid-Sized Businesses“, RIA NOVOSTI, 23. Juli 2012, http://en.rian.ru/business/20120723/174737053.html

 

[4] „The Big Crakup: How PIIGS Exposure Could Sink Intesa Sanpaolo“, 18. Juli 2012, Seeking Alpha, http://seekingalpha.com/article/730581-the-big-crackup-how-piigs-exposure-could-sink-intesa-sanpaolo

 

[5] siehe [4]

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