Einsicht ist der erste Weg zu Besserung sagt der Volksmund. An den Märkten erzwingt oft der Preis die Einsicht, wenn man ihn lässt. Die Bilanzierungsregeln und der Basel Akkord, die einem viel zu hohen Kredithebel in den Bankbilanzen weiterhin Vorschub leisten, versperren in der Welt der Finanzinstitute den Pfad zur Einsicht. In Australien, einem Land mit einer vor dem baldigen Platzen stehenden Immobilienblase, fallen einige nun einer vergleichbaren Denkweise zum Opfer. So veröffentlichen viele Immobilienhändler keine Daten von erfolgten Hausverkäufen mehr. Den Preisen wird das ziemlich schnurz sein,  um weiter zu fallen benötigen sie keine Veröffentlichung.

Die Tatsache, es in Australien mit einem Immobilienmarkt zu tun zu haben, der weltweit auch gemessen an den Einkommen der Menschen zu den teuersten gehört, hält die Chefauguren der betroffenen Banken nicht von der Wiederholung eines zig Male gemachten Fehlers ab. Sie rechnen mit einer „Pause“, die die Immobilienpreise einlegen würden, bis die Einkommen das entsprechende Niveau erreicht haben. Hier ein Beispiel dieser unsinnigen Theorie:

The good news for homeowners is that AMP Capital chief economist Shane Oliver and Grattan Institute program director Saul Eslake - the ANZ's chief number cruncher for close to 14 years - say Victoria will avoid a US-style property crash which saw prices plunge by 30 per cent.

"We are facing a situation where we are just spinning the wheels for up to 10 years until incomes catch up with property prices," Mr Oliver said. "You could have a five to 10-year period where you have prices rise before they come off again and basically track sideways within a range."

Zwei  Fehler liegen der oben stehenden Beurteilung von Oliver und Eslake zu Grunde. Zum einen rechnet man – scheinbar aus Gewohnheit – für die kommenden zehn Jahre mit steigenden Einkommen. Zum anderen, ein wirklich schwerwiegender Fehler, der nicht einmal Neueinsteiger wiederfahren sollte, denken die beiden offenbar, zu hohe Preise würden auf einem erreichten Niveau verharren und warten, bis sie nicht mehr zu hoch sind. Das ist kompletter Unsinn.

Unterdessen schwadroniert eine “Real Estate Institute of Queensland” genannte Einrichtung im Stile der Börsentrommler zu Zeiten des Neuen Marktes.

Wie so oft hilft ein Blick darauf, was das REIQ eigentlich ist:

The REIQ is the peak professional association for the real estate industry.  With more than 90 years’ experience, few associations hold the reputation or brand recognition of the REIQ.

Today, it represents approximately 2,000 agency offices and more than 15,000 property professionals including principal licensees, salespeople, property managers, resident unit managers, auctioneers, business brokers, buyers’ agents, and commercial and industrial agents in Queensland

Na, das klingt ja nach einem arg neutralen Gremium, das der Entwicklung der Immobilienpreise völlig objektiv gegenüber steht.  Die Verlautbarungen zur Entwicklung des bereits jetzt mehr als ambitioniert gepreisten Marktes in Brisbane erinnert an das legendäre „Kursziel Dausend“ für die Morphosys Aktie (vom aktuellen Stand aus betrachtet fehlt hier nur noch ein Kurssprung von rund 4900%). Hier eine Einschätzung des REIQ :

The median house price in Brisbane is tipped to hit $1 million within seven years. The Gold Coast will follow in 2025 and the Sunshine Coast four years after that.

Eine Million AUD als Schätzung für den Median. Die Hälfte der Häuser in der australischen Stadt soll also mehr als diese Million kosten. Nur zur Info, im Jahr 2000 lag der Medianpreis bei AUD 170.000 Andere Regionen würden sich dann anschließen, so das Institut. Die Studie hat aber einen hohen Unterhaltungswert, denn mit dieser Schätzung ist noch lange nicht Schluss: Im Jahr 2020 läge der Median in Brisbane bereits bei AUD1,2 Mio.,  2030 – langfristig denken ist ja in der Branche beliebt – sollen dann AUD 2,7 Mio. erreicht werden. Wohlgemerkt – das Institut redet hier vom Median. Hier ist wohl eher der Wunsch auf die prozentual ermittelten Gebühren der Vater des Gedanken als eine halbwegs ernstzunehmende Auseinandersetzung mit der Entwicklung auf dem australischen Hypothekenmarkt und der Einkommenssituation.

Daten aus anderen, ebenfalls im Vergleich zu den Vermögen und Einkommen teuren Anwesen, deuten eher in die andere Richtung. Die vollkommen absurden Kursziele eines Branchenverbandes passen da nicht in das Bild der Realität.

Die so genannte clearance rate (CR) ist ein interessanter Indikator. Vereinfacht gesagt ist die CR der Anteil der im Rahmen eines Auktionsprozesses wirklich verkauften Immobilien. Ist dieser hoch, so passen die Vorstellungen der Verkäufer und Käufer gut zusammen, ist sie tief, so fanden Angebot und Nachfrage nicht zusammen. Letzteres liegt natürlich nicht an zu niedrigen Preisen sondern an überhöhten Vorstellungen der Verkäufer. Es gibt sehr unterschiedliche Arten der Berechnung der CR, so ist es wichtig, immer die Werte eines Anbieters zu vergleichen. So lässt sich ein Trend auch unabhängig vom gezeigten Niveau gut ablesen.

Am Beispiel Melbourne liest sich die Entwicklung wie folgt. Die CR lag im laufenden Jahr bei 59%.  In den letzten Wochen lagen die Werte nur noch bei 54%. Im Vorjahr lag die CR noch im Mittel bei 68%. Erstaunlich ist dies vor dem Hintergrund der im Vorjahr deutlich höheren Zahl an Objekten. Trotz zahlenmäßig gesunkenem Angebot kommt ein deutlich geringerer Anteil der Geschäfte zum Abschluss. Vor genau einem Jahr meldeten 108 eine clearance rate von über 80%. Aktuell sind dies nur noch 4 Bezirke. Der Markt muss zudem den stärksten Anstieg an neuem Angebot verkraften. Die Zahl der zum Verkauf gemeldeten Immobilien stieg seit Jahresbeginn um satte 47%.

In den anderen Metropolen sieht es nicht besser aus. Wie das oben erwähnte Institut zu seiner Prophezeiung gelangt ist nicht überliefert. Steigende Preise sind in einem derart sturmreif geschossenen Markt mit zahlreichen Käufern, die sich in den letzten Jahren noch in den Markt haben treiben lassen, ein reines Fantasieprodukt. Die Banken sollten das wissen, und sich überlegen, wie sie mit der in den kommenden Jahren mit Sicherheit steigenden Zahl an Kreditausfällen zurecht kommen wollen. Ein bisschen mehr Eigenkapital sollten sich die Institute schon einmal besorgen, sie dürften es brauchen.

Eine bemerkenswerte Entwicklung vollzieht sich nun, da die Preise der Schwerkraft folgen wollen, bei den Ausrichtern der Auktionen. Sie verheimlichen Preise der erfolgten Auktionen und geben Häuser als Angebot in den Markt ohne – wie das üblicherweise der Fall ist –eine Zielspanne für den Preis zu nennen. Untersuchungen zu Folge fehlten bei 27% der im Juni durchgeführten Auktionen wichtige Standarddaten, unter anderem der Preis. Viele nicht erfolgreiche Auktionen wurden gar nicht erst gemeldet, was zu einer Verzerrung der clearance rates  führt. Dieses hilflose Gebaren nach dem Motto „wenn ich auf eine Wand zufahre, schließe ich einfach die Augen, dann geht sie schon weg“, ist nicht als gutes Zeichen für den australischen Immobilienmarkt werten.

Nebenbei bemerkt scheint an den Auguren die gesamtwirtschaftliche Entwicklung komplett vorbeigezogen zu sein. Die Ökonomie down under hat unlängst das schwächste Quartal seit 1991 vermeldet und ist wohl auf gutem Wege in die Rezession.

Negativ beeinflusst wurden die Zahlen von großflächigen Überflutungen. Aber auch die obligatorischen Probleme am Zyklusende zeigten sich in allen Sektoren. In saisonal adjustierten Zahlen schrumpften der Bergbausektor um 6,1% (Kohleförderung massiv von Fluten beeinträchtigt), der Produktionssektor zeigte einen Rückgang um 2,4% und der Bereich Agrar kollabierte förmlich und brach um 8,9% ein. Daraus lassen sich schwerlich die von der Immobilienbranche herbeigesehnten Gehaltssteigerungen konstruieren. Das Gegenteil ist der Fall.

Bekanntermaßen lässt sich die Realität zwar manchmal etwas Zeit, überlisten aber lässt sie sich nicht. Der Median Preis für Immobilien in Melbourne fiel seit November 2010 um 3,5% - der stärkste Rückgang seit dem Dezember 1990. Im gleichen Zeitraum verlängerte sich die Zeitspanne, die es dauert, bis ein Haus verkauft werden kann, um etwa ein Drittel.

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