Von großen Erfolgen der staatlichen Eingriffe und Konjunkturspritzen ist derzeit viel zu lesen. Die großen Leistungen liegen in der Regel darin, Menschen unter bestimmten Bedingungen Geld zu schenken, das sie dann ausgeben müssen. Ein tolles Rezept, fast schon nobelpreiswürdig. Geld verschenken unter der Bedingung, dass es ausgeben wird und sich dann zu freuen, wenn es ausgegeben wird ist schon eine tolle Sache. Guck mal, ich werfe einen Apfel hoch und dann kommt er von ganz alleine wieder herunter. Faszinierend, Abenteuer Wirtschaft kann man da nur sagen.

Leider halten einige im Sog der anhaltenden Tendenz zur Kurzfristorientierung diese rein temporären Effekte für eine nachhaltige Entwicklung. Das mag menschlich verständlich sein, ist aber eine sehr hoffnungsfrohe Annahme. Das einzig nachhaltige an derartigen Vorgehensweisen sind die Schulden, die im Zuge derartiger finanzpolitischer Hasardspiele verbleiben.

Werfen wir aus gegebenem Anlass einmal einen Blick auf die Situation in Großbritannien. Auf der Insel gab es, nachdem man bei den Teutonen den „Erfolg“ der Abwrackprämie beobachten konnte, ein vergleichbares Programm zur Stützung der Automobilfirmen und der Zulieferindustrie. Der Weg von der Idee bis zur Öffnung des finanziellen Füllhorns war kurz und wurde von den Medien freudig begleitet. Viele scheinen offensichtlich gerne eine fremde Hand in der Tasche zu spüren, die für entscheidet, wann und für wen das eigene Geld ausgegeben werden soll.

 

 

Nun kann man sich ohnehin fragen, was die Abwrackprämie auf einer Insel zu suchen hat, die eher für diejenigen Fahrzeuge bekannt ist, die vor einigen Jahrzehnten die Betrachter begeisterten. Heute schraubt der Angelsachse mit der Komibzange in der Regel nur noch am eingedeutschen BMW Kleinwagen herum. Die Politik muss sich wohl mangels sonstiger Industrien auch um ebendiese Jobs gesorgt haben. Oder sie haben sich Sorgen gemacht, was los sein könnte, wenn die Zahl derartiger Arbeitsplätze abnimmt. Auch eine Zukunftsperspektive, die man mit finanziellen Mitteln ein wenig in die Zukunft verschoben hat.

Nun hat die ganze Aktion in der Tat für einen deutlichen Aufwärtsschub aus einem massiven Abschwung heraus gesorgt– wir haben die unterschiedlichen Zeitpunkte im Chart markiert. Allerdings ging dem „Markt“ auch direkt nach dem Absetzen der Luftpumpe rasch die Puste aus, woraufhin er erneut in den freien Fall überging. Lassen Sie sich übrigens nicht von den jährlichen Anstiegsraten täuschen. Wer bei 100 startet und dann nach einem Minus von 37% ein Plus von 55% vorweist, der landet immer noch unter dem Ausgangsniveau. Durch die starken Ausschläge nach unten sind derzeit viele derartige Charts nach oben deutlich verzerrt.

 

 

Der gesamten britischen Industrie hat dies alles nicht auf die Beine geholfen. Schlaff geistert die britische Industrie aktuell durch einen bizarren Scheinaufschwung, der lediglich in den Medien stattzufinden scheint. Nur die Schulden, zu denen auch die genannte Abwrackprämie nicht unwesentlich beigetragen hat, bleiben real. So real, wie Schulden nun einmal sein können.

Die Industrieproduktion laviert unterdessen auf dem Stand von 1988 herum und ist weit, weit entfernt von den ehemaligen Hochs. Nimmt man einmal ganz optimistisch die mittlere jährliche Wachstumsrate seit 1948 an, so würde es mehr als 10 Jahre dauern, diese Marke wieder zu erreichen. Bei der schwächeren Wachstumsrate seit dem Tief (!) im Jahre 1981, wäre man schon bei mehr als 15 Jahren. Mit den mittleren Steigerungsraten der letzten zehn oder zwanzig Jahre freilich würde man nie wieder dort ankommen, die Werte sind negativ. Das alles ist vor dem Hintergrund wohl auch weiterhin zweistelliger Budgetdefizite zu sehen, die Her Majesty’s Treasury in den kommenden Jahren bevorstehen dürften.

Wer sich die Frage stellt, wie sich die britische Wirtschaft aus diesem Elend befreien könnte, dem wird schnell eines klar. Herauswachsen wird sie sich sicher nicht, dazu ist die Gesamtverschuldung des Staates, der Unternehmen und der Haushalte mit annähernd 500% des BIP zu hoch und die wirtschaftliche Struktur viel zu schwach. Mit einem teilverstaatlichten Bankensektor und einer auf Gegenseitigkeit basierenden öffentlichen Finanzierungsschaukel (Eigenkapital vom Staat an die Banken, Staatsfinanzierung durch die Banken) ist der absurde Ökonomiebasar vollends komplett. Vielleicht können die Behörden ja ein paar gebrauchte Kameras verkaufen, denn davon gibt es in Britannien reichlich. Ausreichen dürfte diese Maßnahme aber nicht.

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