Ende April schrieb ich an dieser Stelle in meinem Beitrag Moskauer Börse im Aufschwung

Ölpreis - Sanktionen gegen den Iran treiben Moskauer Börse: Der Moskauer Börsenindex (IMOEX) hat am letzten Dienstag mit knapp 2.600 Punkten einen historischen Rekord aufgestellt. Wachstumstreiber waren unter anderem die Wertpapiere der Unternehmen Lukoil, X5 Retail Group, Rosneft und Inter RAO. Das Interessante dabei: Das angekündigte US-Embargo auf iranisches Öl trieb den Preis der Marke Brent auf den Jahresrekord von 74 US-Dollar pro Barrel. Lukoil freut sich darüber ganz besonders.

Der Rekord an der Börse Moskau dürfte unmittelbar durch die vorher angedrohten US-Sanktionen gegen den Iran ausgelöst worden sein. Der zeitliche Zusammenhang ist nicht zu übersehen. Kurz gesagt trieb die US-Administration die Moskauer Börse auf einen Rekordwert.

Das Wirtschaftsförderprogramm scheint noch nicht zu Ende zu sein. Kaum hat sich die Moskauer Börse beruhigt, kommen schon die nächsten Wirtschafts- und Exportstimuli aus den USA zugunsten der Russischen Föderation (RF). Dieses Mal in Form einer gigantischen PR-Aktion für die Rüstungsindustrie der RF. Was war passiert?

Bolton & Pompeo: Die Kriegstreiber im Weißen Haus

Im engeren Beraterkreis Trumps befinden sich knallharte Kriegstreiber. Dazu gehört der 1948 geborene John Robert Bolton. Seit dem 9. April 2018 ist er Nationaler Sicherheitsberater für den US-Präsidenten. Bolton gilt als einer der Organisatoren und Planer des Irakkriegs 2003 unter Präsident George W. Bush und war von August 2005 bis Dezember 2006 Botschafter der USA bei den Vereinten Nationen. Schon unter Reagan war Bolton für diverse, auch internationale Organisationen und das Justizministerium tätig.

Als Mitglied des Project for the New American Century war Bolton Mitunterzeichner eines Aufrufs an Präsident Bill Clinton, Saddam Hussein zu entmachten, und zwar durch den Einsatz von diplomatischen, politischen und militärischen Mitteln. Die Unterzeichner des Aufrufes vertraten auch die Ansicht, dass die „amerikanische Politik sich nicht weiterhin von einem fehlgeleiteten Konsenszwang im Sicherheitsrat der Vereinten Nationenverkrüppeln“ lassen darf.

Mehrfach rief Bolton dazu auf, gegen das iranische Atomprogramm militärisch vorzugehen. Nach dem Sieg Donald Trumps bei den Präsidentenwahlen im November 2016 forderte Bolton einen Regimewechsel im Iran.

Zur Fraktion der Kriegstreiber gehört auch der 1963 geborene aktuelle Außenminister Mike Pompeo. Er war vorher Chef des CIA und unterstützt die Überwachungsprogramme der NSA. Zum Aktionsplan Obamas über Nuklearmaterial mit dem Iran meinte er „Ich freue mich schon, diesen ganzen desaströsen Deal mit dem weltweit größten staatlichen Terrorsponsor wieder rückabzuwickeln (…) eine bessere Option als Verhandlungen mit dem Iran wäre mit nicht einmal 2.000 Fliegerstarts alle iranischen Nuklearkapazitäten zu zerstören (…)“ Daneben tat er sich noch als Verfechter des Irakkriegs und der Anwendung von Folter bei Verhören hervor.

Medien: Kriegspropaganda verfängt diesmal nicht

Die „New York Times“ und „Newsweek“ berichten ausführlich von den Plänen der Trump-Berater. Da scheint es Leute im Weißen Haus zu geben, die glauben, der Iran wäre blitzschnell und ohne eigene Verluste zu besiegen. Entweder überschätzen Sie die eigenen militärischen Fähigkeiten oder sie wollen Trump unbedingt in diesen Krieg zwingen.

Allerdings scheint die Kriegspropaganda dieses Mal, anders als bei Serbien, dem Irak und Libyen, nicht zu verfangen. Da gibt es noch keine iranischen Garden, die Frühgeborene aus den Betten reißen (mancher wird sich noch an die Lügen vor dem ersten Krieg gegen den Irak erinnern); da gibt es keine Belege über iranische Bedrohungen. Seit rund 200 Jahren hat der Iran keinen Krieg losgetreten. Wie viele hatten die USA angefangen?

Inzwischen ist die New York Times zurückhaltend und schreibt in einer Kolumne „Don’t fight Iran!“ Die britische „The Guradian“ sieht die Kriegspläne skeptisch und kritisiert Bolton als Saboteur von Verhandlungen auch mit Nordkorea. In der selben Zeitung erklärt ein britischer General, dass ein Anwachsen einer Bedrohung durch den Iran nicht erkennbar sei.

500 Raketen pro Tag sollen mürbe machen – Krieg zwischen Saudis und Iran als Traumkonstellation

Das US-Magazin „Newsweek“ hingegen erklärt, wie der Iran schnell zu schlagen ist: Erforderlich sei eine „mächtige Kampagne von Raketenschlägen“ – dies in der Absicht, Teheran an den Verhandlungstisch mit Washington zu drängen. „Wie stark der Iran sich auch gibt, wenn einer 500 Raketen pro Tag abbekommt, dann ist das ein großer Schaden für ihn, was ja auch das Ziel ist“, sagt ein mit den Plänen vertrauter Pentagon-Beamter laut „Newsweek“. 120.000 US-Soldaten werden nach dieser Meldung angeblich an den Persischen Golf verlegt.

Dass die Anwendung von kriegerischer Gewalt für das Weiße Haus eine Option ist, ist ein alter Hut und natürlich auch in diesem Fall nicht auszuschließen. Die „New York Times“ schreibt, das Weiße Haus versuche bewusst und absichtlich, den Konflikt auf die Spitze zu treiben – bis hin zum Krieg: Ein Beamter, der anonym bleiben wolle, habe erklärt, „neue nachrichtendienstliche Informationen über die wachsende Bedrohung vonseiten Irans rechtfertigen keine Kriegsplanung, die von Bolton betrieben wird.

Ein Angriff auf den Iran könnte die Folge haben, dass Saudi Arabien ebenfalls ein- und den Iran angreift. Das wäre aus US-Sicht nahezu die Idealkonstellation: Krieg zwischen Saudi Arabien und dem Iran.

Trump genervt – Dementi von Truppenplänen

Der unausweichliche Anstieg der Ölpreise, die Gefahr für die Schifffahrt am Persischen Golf, selbst die Aussicht auf eine Energiekrise hält die Kriegstreiber und die Rüstungsindustrie nicht von ihren Angriffsplänen ab. Ölkriege haben ohnehin keine Zukunft mehr.

Es geht um viel mehr. Es geht um die Neuordnung der Welt und den Kampf um den Einfluss der USA in Eurasien. Gas wird in den nächsten Jahren eine viel größere Rolle spielen, als Öl.

Wie sehr all diese Berichte und die Angstmacherei vor einem US-Angriff auf den Iran aufgeblasen sind, ist schwer einzuschätzen.

Allerdings gebe ich zu bedenken, dass Präsident Trump - im Gegensatz zu seinen Vorgängern - trotz Großmäuligkeit und konfrontativem Politikstil bisher keinen Krieg angefangen hat.

Laut Zeit online dementiert Trump Truppenpläne in der Iran-Krise. CNN politics berichtet, dass Trump unzufrieden ist mit der Hetzerei Pompeos und Boltons, da sie eine Verhandlungslösung unwahrscheinlich machen würde.

Obamas Abkommen gebracht hat der iranischen Bevölkerung nichts gebracht!

Das Atomabkommen mit dem Iran, maßgeblich von Obama ausgehandelt, und die Einstellung der Sanktionen gegen das Land führten erstaunlicherweise 2017 zu Massenprotesten im Iran gegen soziale Ungerechtigkeit und Armut. Dabei hätte es doch allen besser gehen müssen.

Durch dieses Abkommen haben die iranische Eliten, sowie europäische Konzerne und die den Demokraten nahestehende US- Oberschicht gewonnen. Der Vorteil für die Bevölkerung des Irans schien sich, blickt man auf die Demonstrationen, im engen Rahmen zu halten.

John Kerry: Sabotiert der Ex-Außenminister Verhandlungen?

Trump bot dem Iran direkte Gespräche an, so Zeit online. Angeblich reiste der frühere Außenminister John Kerry zeitnah in den Iran, um der dortigen Regierung dort zu empfehlen, nicht mit Trump zu verhandeln. Nun, die Verflechtungen des ganz großen Kapitals und der Globalisten sind erkennbar.

Trump kann sich keinen Krieg leisten

Es ist spannend, zu verfolgen, wie es weitergehen wird. Ich persönlich rechne nicht mit einem Angriff auf den Iran. Unter anderem, weil die militärischen Fähigkeiten der USA nicht überzeugen (siehe den „Zumwalt“-Schrott, dazu später ein Beitrag), aber auch, weil es sich Trump nicht leisten kann, Leichensäcke mit US-Soldaten heimfliegen zu lassen. Ihm würde im Krieg die Unterstützung des politischen Gegners fehlen. Seine Gegner würden jeden toten US-Soldaten zelebrieren und gegen Trump nutzen.

Natürlich kann ich mich irren. Sollte es zum Krieg kommen, werde ich einen Beitrag mit der Überschrift „Ich habe mich geirrt, leider“ hier für Cashkurs schreiben.

Eine Freude für die russische Rüstungsindustrie

Jedenfalls müssten die russischen Hersteller von Flugabwehrsystemen der US-Regierung für die wirkungsvolle PR danken. Die Kriegsvorbereitungen gegen den Iran und die erschrockene Reaktion Washingtons auf die Stationierung von S-300-Systemen in Venezuela wird eine Reihe von Ländern dazu bewegen, sich schnellstmöglich Abwehrmöglichkeiten gegen US-Luftangriffe zu besorgen.

Die russische Rüstungsexportindustrie - ohnehin schon erheblich gestärkt - darf sich freuen.

 

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