Unser modernes Geldsystem ist in die Jahre gekommen und seine Dimensionen gigantisch. Ständig quillt neues Geld aus allen Ritzen. Je älter das Geld wird, desto verrückter wird es auch – und dünner auch, denn die Gütermenge wächst weit weniger. Kommt es dann zu Schwierigkeiten, löscht man mit noch mehr Geld. Bislang hat das ganz gut funktioniert. Doch wie viele Runden dreht sich das Karussell noch?

Es scheint, als ob die neuen Billionen etwas bewirken. Sie beflügeln Kurse, Herzen und die Banken. Im Nachhinein stellt man fest, dass im Herbst 2008 wichtige Entscheidungsträger die Bürger angelogen haben und Beruhigungspillen verteilen, als hinter den Fassaden ein Bankensturm losbrach. Es war knapp. Doch den Banken konnte gar nichts Besseres passieren, bekamen sie doch Zugang zu Steuertöpfen. Als Peer Steinbrück der „Abgrund“ gezeigt wurde, war der Weg dafür auf einmal frei. Nicht anders war es in Amerika. Nur dort hatten die  Banken ihre Leute längst in der Regierung platziert und zudem mächtige Freunde in der FED.

Ungerechtigkeiten

Seitdem hat sich vieles verändert. In einer Umfrage zeigten sich 75 Prozent der Deutschen unzufrieden in puncto Gerechtigkeit. Gleichzeitig dokumentieren Medien, wie sich der Tisch im Geldkasino wieder füllt, garantiert mit milliardenschweren Steuergeldern. Während Angestellte wegen heimlichem Verzehr von Wurstbelag vor Gericht geladen werden, gehen die dümmsten Banker der Welt mit Abfindungen fröhlich nach Hause, um später anderswo neuen Unsinn anzustellen.

An den Börsen ist die Welt wieder in Ordnung und morgen ist der     Weihnachtsmann unterwegs. 750 Punkte plus in neun Handelstagen. Hallelujahhhh! Das Rad dreht sich wieder, wenn auch nicht lange. Verfolgt man zeitnah die Kommentare in den Zeitungen, entlädt sich dort verbale Wut über Dinge, die unter Wasser gekommen, verrückt oder einfach nur dumm sind. Zugleich treffen Unternehmen Einsparungen, mehr und mehr Leute werden von Sozialtransfers abhängig. 11,5 Millionen sollen es schon sein, rechnet man ALG + ALG2 + Hartz4 + Kurzarbeit + die restlichen, nicht in der Statistik auftauchenden Leute mit ein. Zugleich beschleunigen sich Umverteilungsprozesse von unten nach oben.

Hammer der Woche

Manager, die ein Unternehmen an die Wand gefahren haben, werden belohnt. Den Hammer der Woche lieferte der Vorstand der HSH Nordbank, Jens Nonnenmacher, der nur mit Millionen Vorstand bei der Bank bleiben will.

Wenn man der weltweiten Krise irgendetwas Positives abgewinnen kann, dann ist es die Feststellung, dass in vielen Bereichen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft Realismus und Bodenhaftung zurückgekehrt sind (Geschäftsbericht HSH Nordbank S. 46)

Drei wirklich funktionierende Branchen sind: Lobbyisten, Rechtsanwälte und Psychologen. Warum habe ich nicht den Weg des Psychologen gewählt? Es gäbe soviel zu tun, um den armen Leuten mit ihrem hohen Anspruchsdenken zu helfen. Wenn man in diesem Jahr 3 Millionen Euro auf dem Konto hat und im kommenden Jahr keine 5 Millionen – scheint das die pure Katastrophe zu sein.

Bunte Tote

Dass es im Finanzsystem holpert, ist Ausdruck des Alters, mit dem das System zu kämpfen hat. Die Aufseher und Produzenten von Geld leisten gerade einen Knochenjob. Sie feuern Papierbündel auf Mister Market, der sich lachend auf die Schenkel klopft, da er weiß, dass er letztlich gewinnen wird. Das war früher auch schon so. Er lotet nur die Fallhöhe aus, bevor er Tritte verteilt. Die monetären Überbleibsel sind im Frankfurter Geldmuseum zu bestaunen. Bunt, exotisch, interessant – wertlos. Tote bunte Scheinchen, beschriftet mit Zahlen, nicht mit dem Namen ihrer Mörder.

Beim Papiergeld setzt nach einer gewissen Zeit der in ihm wohnende Todesmechanismus des Zinses ein. Auch diesmal ist es nicht die Frage, ob die Währungen sterben, sondern nur, welche zuerst den letzten Atemzug tätigen. Unser heutiges Geld ist Kredit, Schuld sozusagen, die eines Tages abgetragen werden muss, bzw. ausfallen wird. Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich. Sonnige Aussichten...

Feuer frei!

Wir sind dem Untergang geweiht, wenn die Kreditströme abreißen, sagen Finanzexperten. Deshalb lässt man sich die „Rettung“ des Finanzsystems einiges kosten. Allein in Amerika nimmt man unglaubliche 23.000 Milliarden Dollar in die Hand. In Deutschland wurden zwei Konjunkturpakete geschnürt. Unternehmen erhielten 170,9 Milliarden Euro an Garantien und 75,5 Milliarden Euro an Eigenkapital. Der Wahnsinn in Tüten findet den Weg in die Banken, weniger in die Realwirtschaft. Es ist das Tonikum für die Arterien unseres Geldsystems. Man schickt Geld zu den Banken und hofft, dass sie Kredite vergeben, man fordert sie praktisch auf, Fehler zu wiederholen. Und gleichzeitig versucht man, das Geld über die Steuer beim Bürger wieder abzuholen. Die ersten Erfolge sind zumindest bei den Banken sichtbar, ob der Bürger die Last aber stemmen kann und vielleicht auch noch etwas davon hat, das bleibt ungewiss.

Scheingewinne und andere Verrücktheiten

Banken verdienen wieder Milliarden, und deren Chefs bekommen nach § 1 des GBS (göttliches Bonus-Gesetz) die Tasche voll. Die versprochene strengere Regulierung lässt weiter auf sich warten, ja es wird sogar vor zu starker Regulierung gewarnt. Ratingagenturen knicken inzwischen wieder vor der Macht der Banken ein. Nun wartet man, bis das Geld in der Realwirtschaft ankommt und sorgt sich zugleich vor Inflation. Regierungen sind von den Banken in Haft genommen worden. Den Geldzauberern wurde einiges an Zugeständnissen gemacht, beispielsweise in der Bilanzierung.  Schaut man tiefer in ihre Bilanzen, so zählen giftige Papiere nicht mehr dazu. Sie wurden ausgelagert, sind nicht existent und warten auf den Tag ihrer Abrechnung zu späteren Zeiten. Damit ist das  Problem aber nicht vom Tisch, nur etwas nach hinten verschoben. Wo ich Müll sichte, ängstige ich mich vor Ratten. Nebenbei konnten die großen US-Banken ihre Machtposition mit Hilfe des Staates und der privat organisierten FED ausbauen, auch gegen die kleineren Banken, für das System nicht so relevant sind.

Wirtschaftssubjekte können oder wollen sich zurzeit weniger verschulden, was der Staat jetzt übernimmt. Und dass die Zahlen nicht so groß aussehen, beginnt ein weiteres Versteckspiel. Das Statistikamt Eurostat hat nach Informationen der ZEIT die Schuldenregeln der EU aufgeweicht. Das geht aus internen Dokumenten hervor. Demnach müssen die Mitgliedsstaaten nur noch eingeschränkt die Kosten der Bankenrettung in der Schuldenstatistik ausweisen. Es sieht besser aus, ist aber nicht richtig.

Zur Kasse bitte!

In Deutschland wächst der Schuldenberg auf inzwischen 1,7 Billionen Euro an. In den kommenden Jahren kommen noch ein paar hundert Milliarden Euro hinzu. Jeder Bürger trägt eine Schuldenlast von 23.500 Euro, die er und seine Kinder abzuzahlen hätten. Kommt so ein kleines Würmchen auf die Welt, verkündet es mit dem ersten Schrei nicht nur seine Ankunft sondern gleichzeitig das Einverständnis, Schulden zu bezahlen. Statt eines lauten Schreis könnte das Kindchen auch „Yes Sir!“ rufen. Oder „Yes I can!“, wobei das Kindchen gar nicht weiß, dass es das gar nicht leisten kann, außer es wird Vorstand bei Porsche.

23.500 Euro müssen ja erst einmal abgearbeitet werden. Doch wie? Und wo? Bis zum 25. Lebensjahr zahlt kaum jemand Steuer und schon gar keine Beträge, die die aufgelaufene Schuld abtragen kann. Es reicht nicht mal für die Zinszahlungen. Auf Autoscheiben steht heute schon neben ABI 2008 gleich Hartz-IV 2009. Aus Hartz-IV ist inzwischen eine ganze Industrie geworden und aus dem Wort ein Schimpfwort.

Wer der „Generation Praktikum“ angehört oder sich mit Minijobs durchs Leben schlagen muss, trägt keine Schuldenlast. Sie wächst weiter, was der Zins garantiert, nicht zuletzt auch die Garantie, dass auch künftige Regierungen mit Geld nicht umgehen können. Irgendwie müssen die Leute durchgefüttert werden. Die jetzt beschlossene „Schuldenbremse“ ist eine Nebelkerze. Huuuuuuust!

In Deutschland leben 80 Millionen Bürger. Die Hälfte davon arbeitet, davon ein nebulöser Prozentsatz nur offiziell. 40 Prozent der Bevölkerung sind inzwischen Transfer-Empfänger, was den Staat jährlich 750 Milliarden Euro kostet. Die Sozialleistungsquote beträgt 32 Prozent, berichtet das Arbeitsministerium. Zugleich haben Sozialkassen ihre Reserven fast aufgebraucht. Im nächsten Jahr fehlen der Bundesagentur für Arbeit 22 Milliarden Euro. Krankenkassen sind auf staatliche Überweisungen angewiesen. Gleichzeitig brechen dem Staat Steuern weg und Sozialkassen ihre Einnahmen. Sozialausgaben sind inzwischen höher als die Summe der Nettolöhne aller Arbeitnehmer. Lag 1965 die Nettolohnquote bei 82,9 Prozent, ist sie jetzt auf 65,1 Prozent abgerutscht. Wozu soll man eigentlich noch arbeiten? Vielleicht entwickelt sich die Weltfinanzkrise zu einer Weltsozialkrise?

Scheinblüte

Wahrscheinlich bekommt man mit Garantien, Konjunkturpaketen und verbalen Anfeuerungen sogar einen neuen Aufschwung hin. Zugleich wäre aber dessen Qualität zu hinterfragen. Vielleicht ist es auch nur eine Scheinblüte wie von Pflanzen in Panik. Bevor der Frost kommt, zeigen im Herbst manche Gewächse ein ungewöhnliches Verhalten und beginnen auf einmal zu blühen.

Es gibt erste Stimmen, die Geld wieder aus dem System nehmen wollen. Das ist gar keine gute Idee. Jetzt, da das Geldsystem wie ein Krebskranker auf der Intensivstation liegt, kommen Ärzte auf die Idee, nach der Schmerzbehandlung aus Gründen der Sinnlosigkeit die Medikamente abzusetzen. Seien Sie doch gnädig! Bereiten Sie dem Patienten doch noch eine schöne Zeit. Sie wissen ja, er hat leider wenig Chancen...

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