Washington Prime Group unter Chapter 11

Am Sonntagabend verkündete einer der landesweit größten Einkaufszentren-Betreiber, die Washington Prime Group, einen Insolvenzantrag nach Chapter 11 eingereicht zu haben. In der zugrundeliegenden

Presseerklärung

des Unternehmens, das in den Vereinigten Staaten mehr als einhundert Shopping Malls und Einkaufszentren betreibt, wurde hauptsächlich die Covid-Pandemie für den eingereichten Insolvenzantrag verantwortlich gemacht.

Danach habe die Corona-Krise die Geschäftsaktivitäten des Unternehmens in weiten Teilen des Landes „paralysiert“. Zurückblickend auf das Jahr 2014, wurde die im Bundesstaat Ohio ansässige Washington Prime Group im Zuge eines Spin-Offs und im Rahmen einer Abspaltung vom größten Einkaufszentren-Betreiber des Landes, der Simon Property Group, an die Börse gebracht.

Angesichts des am Sonntagabend an einem Bezirksgericht im Bundesstaat Texas eingereichten Insolvenzantrags strebt das Management der Washington Prime Group jetzt – wie kaum anders zu erwarten – Verhandlungen mit den Gläubigern des Unternehmens an, um in diesem Zuge zu einer einvernehmlichen Einigung über eine Schuldenrestrukturierung zu gelangen.

SVPG Global hält Mammutanteil an Anleihen

Als größter Halter der besicherten Anleihen von Washington Prime Group erweist sich mit einem Anteil von 73 Prozent das Unternehmen SVPG Global. Auch ein Anteil von knapp 68 Prozent an allen ausstehenden, unbesicherten Anleihen der Washington Prime Group befinden sich in diesen Händen, so dass die Hauptverhandlungsgespräche lediglich mit einem einzigen Bondgläubiger geführt werden dürften.

Dem Rest der Bondgläubiger wird wahrscheinlich kaum etwas anderes übrigbleiben, als sich den im Rahmen dieser Gespräche erzielten Ergebnissen entsprechend anzupassen. Bezug auf die Gerichtsdokumente nehmend, verfügt die Washington Prime Group momentan über Vermögenswerte in einem Gesamtumfang von rund vier Milliarden US-Dollar.

Überbrückungskredit gewährleistet Aufrechterhaltung des Geschäfts

Die ausstehenden Schulden des Unternehmens belaufen sich auf einen Betrag von knapp 3,5 Milliarden US-Dollar. Nach einer inzwischen erfolgten Zusage zugunsten einer Gewährung eines Überbrückungskredits wird sich die Washington Prime Group wahrscheinlich über den Verlauf des gesamten Insolvenzprozesses dazu in der Lage sehen, die eigenen Aktivitäten an den meisten Standorten im Land weiter zu betreiben.

Hingearbeitet werde unter Bezugnahme auf die weiter oben verlinkte Presseerklärung auf eine Reduzierung des ausstehenden Unternehmensschulden. Ohne eine solche Zusage seitens der Gläubiger dürfte es sich im aktuellen Umfeld allerdings als schwierig gestalten, die eigenen Geschäftsaktivitäten weiter aufrechtzuerhalten.

Covid-Krise befeuert seit 2015 anhaltenden Trend

Als einer der Hauptgründe hierfür wurde die Covid-Krise bezeichnet, die nicht nur der Washington Prime Group, sondern auch vielen anderen Sektorfirmen und Konkurrenten ein äußerst problematisches Umfeld und große geschäftliche Herausforderungen beschert habe.

Im Verlauf der vergangenen zwölf Monate ist es zu einer Reihe von großen Insolvenzen im amerikanischen Einzelhandelssektor gekommen. Seit dem Jahr 2015 schießen die Insolvenz sowie angekündigte Geschäftsaufgaben und Filialschließungen nun in jedem Jahr aufs Neue förmlich durch die Decke.

Die Covid-Krise scheint diesen Trend jetzt noch beschleunigt zu haben. Unter den namhaften Unternehmen, die zuletzt Insolvenzen eingereicht hatten, befanden sich unter anderem Guitar Center, J.C. Penney, Ascena Retail Group, Christopher & Banks, Tuesday Morning, Sur La Table, Stein Mart sowie New York & Company.

Restrukturierung zwingt zu Filialschließungen und Stellenkürzungen – Attraktivität leidet

Als problematisch erweist es sich aus Sicht von großen Betreibern von Einkaufszentren in den Vereinigten Staaten nun, dass es im Zuge von weitreichenden Restrukturierungen in den zugrundeliegenden Insolvenzverfahren zu einer Aufgabe von bislang betriebenen Filialen und Stellenkürzungen kommt.

Entschließen sich namhafte Stationär-Einzelhändler dazu, sich aufgrund von finanziellen Problemen aus Shopping Malls und Einkaufszentren zurückzuziehen, kann die Attraktivität dieser Objekte im Zeitablauf unter den Kunden abhandenkommen. Verbleibenden Geschäften mangelt es an Laufkundschaft, was nicht nur auf die Umsätze, sondern natürlich auch auf die Margen und Gewinne drückt.

Ein „Big Short 2.0“ war schon länger im Gespräch

Feststellen lässt sich darüber hinaus, dass viele große Einkaufszentren und Shopping Malls bereits vor Ausbruch der Covid-Pandemie über sich intensivierende Probleme geklagt hatten. Schon vor Jahren hatten sich Großanleger wie Carl Icahn auf sogenannte REITs von großen Einkaufszentren-Betreibern eingeschossen.

Hier und dort wurde nach äußerst erfolgreichen Leerverkäufen im Subprime-Kreditsektor, die ihren Höhepunkt während der globalen Finanzkrise erreichten) auch bereits über einen „Big Short 2.0“ gesprochen. Short-Wetten dieser Art scheinen sich jetzt tatsächlich auszuzahlen, da die Washington Prime Group voraussichtlich nicht das letzte Unternehmen in diesem Sektor bleiben dürfte, das sich in ein Insolvenz- und Restrukturierungsverfahren „retten“ wird.

Gewerblicher Immobiliensektor als neues Epizentrum?

Hinzu kommt, dass der Trend in den Vereinigten Staaten auf eine Beschleunigung der Online-Käufe hindeutet. Vielen Kunden scheinen Einkaufserlebnisse und das persönliche Intermezzo zwischen Menschen nicht mehr so wichtig zu sein wie in der Vergangenheit. Vielmehr ist der Faktor Zeit über die vergangenen Jahre verstärkt in den Fokus der Verbraucher gerückt.

Große Spekulanten an der Wall Street, unter denen sich unter anderem Carl Icahn befindet, gehen mit Blick auf die Märkte für Commercial Mortgage Backed Securities (mit Hypotheken besicherte Anleihen im gewerblichen Immobiliensektor) sogar schon von einem möglichen Epizentrum einer sich neu anbahnenden Kreditmarktkrise aus.

Ich hatte Sie in der Vergangenheit darauf aufmerksam gemacht, beispielsweise CMBX im Auge zu behalten – oder die sich mehrenden Ankündigungen unter großen Investoren, die mit Short-Wetten auf Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS) einhergehen, zu berücksichtigen.

Fed an den Grenzen der Macht

Am Beispiel der großen Shopping-Mall-Betreiber in den Vereinigten Staaten beginnt sich abzuzeichnen, dass der Macht und den Zielvorstellungen der Federal Reserve Bank Grenzen gesetzt sind.

Denn seit Ausbruch der Covid-19-Krise hat die amerikanische Zentralbanken (in privaten Händen) Billionen über Billionen von US-Dollars in die heimischen Finanzmärkte gepumpt, um nahezu allen wichtigen Anlage- und Vermögensklassen finanziell unter die Arme zu greifen.

Selbstverständlich war und ist ein Großteil der durch die Federal Reserve Bank aufgelegten und initiierten (Buchstaben-)Liquiditätsprogramme primär auf eine Aufrechterhaltung der Funktionsweise an den Kreditmärkten fokussiert.

Sich mehrende Einzelfälle lassen aufhorchen

An den CMBS-Märkten scheinen diese Bemühungen allerdings nicht gefruchtet zu haben. Erst vor wenigen Wochen war es mit Blick auf eine Shopping Mall im Umland der Metropole Las Vegas zu einem Notverkauf gekommen. In diesem Zuge wurde gerade einmal ein Verkaufspreis erzielt, der einer durchschnittlichen Eigentumswohnung entspricht.

Es lässt sich leicht vorstellen, welch horrenden Verluste aus Investorensicht mit einer solchen Entwicklung verbunden gewesen sein müssen. Nach der Bekanntgabe zu einer Liquidation von „The Prizm Outlets“ machte ein ausstehender Kredit in Höhe von über sechzig Millionen US-Dollar für gerade einmal 400.000 US-Dollar die Biege.

Noch im Jahr 2012 hatte sich der Marktwert von The Prizm Outlets auf knapp 130 Millionen US-Dollar belaufen. Zum damaligen Zeitpunkt wurde durch das Management von The Prizm Outlet die Entscheidung getroffen, ausstehende Unternehmenskredite in Form von CMBS-Anleihen zu verbriefen.

Bis zum vergangenen Jahr war der Marktwert des Unternehmens dann schon nur noch auf 28 Millionen US-Dollar abgesackt. Insgesamt sollen sich die unter Gläubigern hinzunehmenden Verluste auf knapp 75 Millionen US-Dollar belaufen haben.

Geschichten dieser Art gibt es in den Vereinigten Staaten inzwischen bereits zuhauf und in allen möglichen Regionen des Landes zu erzählen. Wie nicht anders zu erwarten werden die technologischen Entwicklungen und die Digitalisierung keinen Stein auf dem anderen in einem einst blühenden und erfolgreichen Einzelhandelssektor in den USA verbleiben lassen.

Tapering-Diskussionen: Kerninflation schnellt in Rekordtempo auf 8,3 %

Dass sich eine zunehmende Anzahl von Fed-Mitgliedern im Angesicht dieser Entwicklung, und dem zweiten großen Kollaps eines Shopping-Mall-Betreibers in den Vereinigten Staaten innerhalb kürzester Zeit, dazu gezwungen zu sehen scheint, eine baldige Rückführung und Drosselung der eigenen Anleihekäufe in Aussicht zu stellen, könnte die Dinge in diesem und anderen Kreditmarktbereichen schon bald noch verschlimmern.

Selbstverständlich lassen sich diese Überlegungen auf eine deutlich zulegende Inflation in vielerlei Sektoren der Wirtschaft zurückführen. Ein Blick auf den annualisierten Core CPI (Kernverbraucherpreisindex) in den Vereinigten Staaten zeigt, dass die Kerninflation in den USA im Monat Mai auf 8,3 Prozent geklettert ist und mit der schnellsten Geschwindigkeit seit dem Jahr 1982 zulegt.

  

  

Vielleicht zeigen sich die Bondmärkte momentan nicht von ungefähr sehr gelassen in Bezug auf diese Inflationsentwicklung. Über die vergangenen Wochen bewegten sich die Zinsen an den amerikanischen Staatsanleihemärkten im Rückwärtsgang und konsolidierten. Passt das zu einer solch deutlichen Inflationsbewegung?

Zinsfront: Wie geht es weiter?

Nun, wahrscheinlich nicht. Manche Kommentatoren rechnen damit, dass die US-Zinsen nach dem Abschluss einer Konsolidierung ihren Höhenflug fortsetzen werden. Es handele sich danach zurzeit einfach nur um eine Art Luftholen, um einer neue Rally-Bewegung genügend Kraft zu verleihen.

Andernorts heißt es, dass die Bondmärkte schon eine baldige Rückführung und Drosselung der Anleihekäufe durch die Federal Reserve Bank prognostizierten, weshalb uns die Deflation – oder zumindest die Wiederaufnahme eines disinflationären Trends – wahrscheinlich schon in absehbarer Zeit wiederhaben würden.

Doch mal agnz langsam? Wie würde sich eine solche Entwicklung mit dem ganzen aktuellen Reflationsgerede vertragen? Unter aller Voraussicht nicht sonderlich gut, heißt, die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten würde abermals ins Stocken geraten, ja sähe sich unter Umständen durch einen erneuten Rückfall in die Rezession bedroht.

Bank of America setzt ohne Wimpernzucken auf die Fed

Bei der Bank of America scheint sich niemand mehr ins Bockshorn jagen zu lassen. Dort wurde vor wenigen Tagen prognostiziert, dass die Federal Reserve Bank – ähnlich wie nach den zu beobachtenden Verläufen im Jahr 2018 – sich abermals dazu gezwungen sehen würde die eigenen Anleiheankäufe ein weiteres Mal auszuweiten, oder zumindest auf die vorherigen Niveaus anzuheben, falls es im Zuge des „Taperings“ zu ähnlichen Entwicklungen an den Finanzmärkten wie damals kommen sollte.

Wir erinnern uns, dass der Offenmarktausschuss der Federal Reserve Bank nach dem bedrohlichen Szenario eines neuen Bärenmarktes an den amerikanischen Aktienmärkten zum Ende des Jahres 2018 mit Beginn des Jahres 2019 nicht nur erneute Zinssenkungen, sondern auch ein zeitliches Auslaufen der eigenen Anleiheverkäufe verkündet hatte.

Es handelte sich sozusagen um die im Vorfeld zu erwartende Rolle rückwärts von Zielen und Planungen, das Bilanzbuch der Federal Reserve Bank wieder zu „normalisieren“. Was ist aus heutiger Sicht von diesen Absichten noch übriggeblieben? Die Antwort lautet: Überhaupt nichts!

Im Verlauf der Corona-Krise ist das Bilanzbuch der Federal Reserve Bank vielmehr auf neue Rekordstände geklettert. Hieran dürfte sich – ob Inflation hin oder her – in der Zukunft wohl auch nichts mehr ändern, da andernfalls nicht die Pest, sondern die Cholera (aka deflationärer Crash) drohen würde.

Auf die sich trotz des inflationären Umfelds hartnäckig haltenden Realzinsen blickend, hatte Jim Reid von der Deutsche Bank AG vor wenigen Tagen eigene Ansichten und Aspekte veröffentlicht und zur Diskussion gestellt.

Zuletzt habe sich die Differenz zwischen dem im Monat Mai registrierten Konsumpreisindex (CPI), der bei fünf Prozent lag, und den Zinsen auf die zehnjährige US-Staatsanleihe (bei knapp unter 1,5 Prozent handelnd) sogar noch ausgeweitet – und zwar auf 3,5 Prozentpunkte. Hierbei handele es sich um den höchsten Differenzwert seit dem Jahr 1980.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Es wird spannend sein zu beobachten, auf welche Weise die politisch Verantwortlichen und die Federal Reserve Bank weiten Teilen der Bevölkerung die Angst vor anhaltend steigenden Preisen in den Vereinigten Staaten zu nehmen versuchen werden.

Eine kurzzeitige Drosselung des eigenen Anleihekaufprogramms durch die Federal Reserve Bank könnte einen Beitrag hierzu leisten – so wie es die Bondmärkte zum aktuellen Zeitpunkt wohl auch vorauszusehen scheinen. Seien Sie hinsichtlich des potenziellen Eintretens eines solchen Szenarios auf einen womöglich stärkeren Einbruch an Amerikas Aktienmärkten und im Rest der Welt vorbereitet.

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