Aktien, Renten, Fonds, Zertifikate, Beteiligungen, Rohstoffe …

Die Anzahl an Anlagemöglichkeiten im Wertpapierbereich sind sehr umfangreich und unterscheiden sich nicht nur in ihrer Funktionsweise und im Chancen-Risiko-Profil, sondern auch in den Kosten. Welche Anlagen für Ihre Bedürfnisse geeignet sind, hängt von vielen Faktoren ab.

Ich möchte Sie vorsorglich darauf hinweisen, dass es sich bei den Ausführungen um meine Meinung und Ansicht zu diesem Thema handelt. Die Inhalte meiner Reihe soll Sie in die Lage versetzen, sich eine eigene Meinung zu bilden und Ihnen Anregungen zum Nachdenken geben.

Kritik, Anregungen und Diskussionen sind ausdrücklich gewünscht.

Grundsätzliche Betrachtung

Überschüssiges Geldvermögen können im Wesentliche in zwei grundlegende Anlageformen investiert und der Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden. Entweder leihen Sie jemandem (einer Bank, einer Person, einem Unternehmen) Geld – dann sind Sie Gläubiger oder Sie beteiligen sich an einem Unternehmen – dann sind Sie Teilhaber.

1. Gläubigerposition

Selbst als konventioneller Festgeldanleger einer Bank gehen Sie die Position eines Gläubigers ein. Sie überlassen der Bank überschüssiges Geld mit der Maßgabe, für Sie einen geeigneten Schuldner zu finden. Im Sparvertrag (eigentlich Kreditvertrag) legen Sie mit der Bank die Laufzeit, den Zinssatz und die Termine der Zinszahlung fest. Die Bank wiederum versucht nun, Ihr Geld – zusammen mit den Einlagen anderer Kunden - gestreut und möglichst ertragreich als Darlehen (Konsumentenkredit, Baufinanzierung, Unternehmerkredit oder Dispo) bei ihren Kunden zu platzieren. Gelder, die sie aus strategischen oder Risikogründen nicht direkt an Kunden weiterleitet, legt die Bank im Rahmen ihrer Liquiditätssteuerung und ihres Risikobudgets bei anderen Banken oder in Wertpapieren im Depot-A als Eigengeschäft an.  In der Hoffnung, hiermit höhere Erträge zu erzielen, als sie nach Abzug der Verwaltungs- und Risikokosten an Sie zahlen muss.

Alternativ können Sie die Bank als Vermittler ausschalten, indem Sie sich selber einen Kreditnehmer suchen. Entweder über den Kauf einer Bankanleihe, Staats- oder Unternehmensanleihe, die Sie als Wertpapier an der Börse erwerben. Oder Sie suchen sich einen Schuldner bei einer der vielen Onlineplattformen für Privatkredite, die in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden wuchsen.

All diese Anlagen haben eines gemeinsam. Sie sind Gläubiger und erhalten eine klar definierte und begrenzte Rendite, wenn die Anlage nebst Zinsen pünktlich und vollumfänglich vom Schuldner an Sie zurückgezahlt wird. Während der Laufzeit – speziell bei den Anleihen – können bei vorzeitigem Verkauf natürlich Mehr- oder auch Minderrenditen (Kursgewinne/-verluste) erzielt werden.

Die Höhe der Rendite ist abhängig von der Laufzeit, der Verfügbarkeit und dem implizierten Ausfallrisiko der Anlage.

2. Aktien – Teilhaber am Unternehmen

Wenn Sie hingegen Ihr Geld in Aktien investieren, dann sind Sie Miteigentümer am Stammkapital des Unternehmens. Sie erhalten je nach Aktienart Stimmrechte und werden am Erfolg des Unternehmens über eine Dividende direkt und über den Aktienkurs indirekt beteiligt. Als Aktionär können Sie darüber hinaus im Rahmen Ihrer Stimmrechte Einfluss auf Entscheidungen, wie die Entlastung des Vorstandes, die Verwendung von Bilanzgewinnen (Bsp. Dividenden), und geplante Kapitalmaßnahmen nehmen. Sie können Ihr Stimmrecht auch an eine Person Ihres Vertrauens oder einer Aktionärsvereinigung (Bsp. DSW) übertragen, wo sie mit anderen Stimmrechten gebündelt ein höheres Gewicht bei der Hauptversammlung erlangt.

Die Kursentwicklung der Aktie (als Teil der Rendite) können Sie jedoch nicht beeinflussen.

Die Rendite ist also unbestimmt und stark von der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens, der allgemeinen Konjunktur sowie der Einschätzung anderer Marktteilnehmer abhängig, die den Kurs der Aktie an der Börse aufgrund von fundierten, rationellen aber auch aus rein spekulativen Gründen stark durch Käufe und Verkäufe bewegen. Im aktuellen Kurs der Aktien spiegelt sich also die Gesamtheit aller Marktmeinungen wider.

3. Mischform Genussschein

Genussscheine sind eine Mischform aus Aktie und Anleihe. Es handelt sich um ein gesetzlich nicht geregeltes Wertpapier, welches je nach individueller Ausgestaltung der verbrieften Rechte eher einer Aktie und damit Eigenkapital oder aber einer Anleihe und damit Fremdkapital ähnelt.

Genussscheine werden in der Regel nachrangig ausgestaltet. Im Falle einer Insolvenz wird der Eigentümer also erst nach den Forderungen der anderen Fremdkapitalgläubiger bedient. Wie eine Anleihe auch, gewähren die „Genüsse“ in der Regel die Rückzahlung des Anlagebetrages zum Nennwert am Laufzeitende sowie einen jährlichen Zinsanspruch. Die Höhe dieser nicht garantierten Verzinsung hängt aber – wie die Dividende bei der Aktie – vom Jahresgewinn des emittierenden Unternehmens ab. Oftmals wird bei Genussscheinen eine Verlustbeteiligung bis zur Höhe des Kapitaleinsatzes vereinbart.

4. Was ist das? – Zertifikate

Zertifikate gehören zu den Kombinationsprodukten, deren prinzipieller Gegner ich bin, und sind eine Anlageform, die m.E. der Markt nicht braucht. Dennoch gehört der deutsche zum größten Zertifikatemarkt weltweit.

Befürworter argumentieren gerne mit den fast unbegrenzten Gestaltungsmöglichkeiten und dass dadurch jeder Anleger für seine Markteinschätzung das richtige Anlageprodukt erwerben kann.

Gegner hingegen heben neben der Intransparenz das Emittentenrisiko hervor und verweisen dabei auf die Pleite von Lehman Brothers, bei der viele Anleger einen Totalverlust erlitten haben.

Bei Zertifikaten handelt es sich um Schuldverschreibungen eines Emittenten (meist eine Bank). Im Gegensatz zu Anleihen oder Festgeldern erhält der Anleger bei Zertifikaten i.d.R. keinen festen Zinssatz. Vielmehr richtet sich die Rückzahlung nach der Wertentwicklung bestimmter Basiswerte wie Aktien, Indizes oder anderer Vermögenswerte.

Widersprüche

-        Anleger partizipieren an der Entwicklung von Aktien, Aktienkörben, Rohstoffen oder ganzer Märkte, ohne diese jemals zu besitzen oder besitzen zu wollen.

-        Ein Zertifikat ist eine Anleihe, bei der der Besitzer i.d.R. keine laufenden Zinsen und keinen garantierten Rückzahlungsbetrag erhält.

-        Der Anleger partizipiert an der Entwicklung des Basiswertes, ohne dass er Verluste aussitzen oder Gewinne laufen lassen kann.

-        Zertifikate beinhalten Derivate, obwohl der klassische Anleger i.d.R. kein Spekulant ist.

Doch alle haben eines gemeinsam. Die zu erhaltenden Leistungen der Zertifikate sind selbst für professionelle Anleger schwer zu durchschauen, da sie aus hochkomplexen mathematischen Formeln bestehen. Ein weiteres Problem: Die Preisfeststellung - z.B. beim Ausgabepreis eines Zertifikats -erfolgt durch die Emittenten selbst und wird nicht mehr von unabhängigen Dritten untersucht. Die Preisfeststellung ist also im Gegensatz zum Börsenpreis von Wertpapieren, welche der tatsächlichen Marktlage entsprechen, von den Emittenten stark beeinflusst. In extremen Marktlagen haben sie in der Vergangenheit sogar wiederholt die Preisstellung zeitweise eingestellt.

Zertifikate sind letztendlich nur in Bankanleihen verpackte Spekulationsgeschäfte. Würde der Anleger das Produkt selber gestalten wollen, bedürfte das der Herbeiführung der Termingeschäftsfähigkeit. Also der Einstufung in die absolut höchste Risikoklasse mit der Akzeptanz eines Totalverlustes und der Nachschusspflicht.

In den USA ist der Verkauf von Zertifikaten an Privatanleger deshalb verboten. Sie werden nur besonders zertifizierten Investoren mit viel Erfahrung angeboten, welche auch hohe Risiken tragen können, da Zertifikate in den USA nämlich erst einer vollumgänglichen Prüfung durch die Wertpapieraufsicht SEC standhalten müssen.

Aus der Praxis

Zertifikate sind bei Banken in Deutschland sehr beliebt. Sie gelten dort als „D-D-Geschäft“. Will so viel heißen wie „dumm und dämlich verdienen“. Der Emittent und die verkaufende Bank haben ihren festen Ertrag und der Kunde trägt das Risiko. Im Gegensatz zum klassischen Fondsgeschäft, lassen sich Zertifikate immer noch gut verkaufen, da ich dem Kunden genau das anbieten kann, was er glaubt, haben zu müssen. Ist der Kunde mit den Bankzinsen unzufrieden und ängstlich, dann erhält er ein Garantie- oder Bonuszertifikat. Ist er sehr optimistisch, dann ein Hebelzertifikat. Hat er keine Meinung, ein Bandbreitenzertifikat. Ist er pessimistisch, dann erhält er ein Reverse Bonus oder Short Zertifikat. Entsprechend „diversifiziert“ sehen dann nach ein paar Jahren auch die Depots der Kunden aus.

Das Schöne daran ist, dass der Berater den Kunden nicht wie bei Fonds wegen einer Umschichtung ansprechen muss, um Provisionen zu verdienen. Der Kunde kommt von alleine. Denn die Laufzeit von Zertifikaten ist ja begrenzt. Und dann liegt das Geld wieder auf dem Konto.

Nach dem Boom der Zertifikate in 2007 mit einem Volumen von fast 140 Mrd. EUR hat sich der Zertifikatemarkt laut Deutsche Derivate Verband (DDV) per April 2015 auf ca. 75 Mrd. EUR fast halbiert. Ein Trend, den ich sehr begrüße.

5. ETF – Die neue preiswerte Fondsart ohne Fondsmanagement

Mit einem ETF (Exchange Traded Funds – sprich: börsengehandelter Fonds) können Sie die Abbildung eines ganzen Indexes wie den DAX, Dow Jones, EuroStoxx 50 etc. erwerben und wie Aktien an der Börse handeln. ETFs nennt man auch passiv gemanagte Fonds, weil Sie den Index in der Entwicklung 1:1 abbilden. Da hier kein aktives Management stattfindet, sind auch die Kosten entsprechend niedrig. So kostet bsw. der sehr indexnahe DAX-Fonds DWS Investa neben dem Ausgabeaufschlag von 5% zusätzliche 1,4% jährlich an Verwaltungskosten, wovon allein 0,5% Bestandsprovisionen für die Bank sind. Den aus dem gleichen Konzern stammenden db x-tracker DAX erhalten Sie ohne den Ausgabeaufschlag und mit nur 0,09% TER p.a..

Full Replication ETF

Hier werden die jeweiligen Wertpapiere des Basisindex physisch erworben, Die Wertpapiere sind Sondervermögen des Fonds. Das Risiko ist auf das Aktienrisiko und ggf. Währungsrisiko begrenzt. Der Nachteil besteht bei dieser ETF-Form jedoch darin, dass für die Abbildung eines großen Indizes (Bsp. S&P 500) die Kosten für die physischen Käufe und Verkäufe vergleichsweise hoch sind. Ein exotischer Markt (Bsp. Vietnam) kann aufgrund mangelnder Liquidität gar nicht abgebildet werden.

Synthetischer ETF (Swap-ETF)

Ein Swap-Geschäft ist einfach ausgedrückt ein Tauschgeschäft zwischen zwei Partnern. Beim Index-Swap hält die Fondsgesellschaft einen bestimmten Aktienkorb bzw. eine bestimmte Anzahl an Wertpapieren. Weder die Anzahl noch die Zusammensetzung der Papiere muss dabei der des Index entsprechen. Der Fonds tauscht nun die Entwicklung der eigenen Wertpapiere mit der Entwicklung des Index. Der Swap-Kontrakt nimmt somit an der Wertentwicklung des Index teil und kann dabei sowohl steigende wie auch fallende Kurse aufweisen. Demnach wird die Entwicklung des ETF nicht durch die vom Fonds verwalteten Wertpapiere, sondern allein durch den jeweiligen Swap bestimmt.

Die Vorteile gegenüber eines physischen ETF liegen auf der Hand. So können Indizes kostengünstiger abgebildet werden. Auch die Abbildung von exotischen Märkten, Rohstoffkörben und ganzer Anlagestrategien ist möglich.

Zum Kurs- und Emittentenrisiko gesellt sich hier noch das Kontrahentenrisiko des Swap-Geschäftes.

Kritische Würdigung

Ich bin für den Einsatz von ETF als kostengünstige Alternative beim Aufbau einer Anlagestruktur, da ich bei der Auswahl der ETFs nicht auf die Qualität des Fondsmanagements achten muss. Denn das gibt es ja nicht. Auch individuelle Anlagestrategien lassen sich mit ETFs gut aufbauen, da sie an der Börse wie Aktien handelbar sind.

Ich habe jedoch ein Problem mit Synthetischen ETFs. Hier gilt wie bei einem billigen Erdbeerjoghurt nicht mehr das Prinzip der Produktwahrheit. Neben Aromen und Geschmacksverstärker ist vieles drin – nur keine Erdbeeren.

Synthetische ETF sind für mich die Nachfolger von Zertifikaten. Ich investiere in Aktien eines Index, die gar nicht da sind und in Warenkörbe, die keine sind, weil diese Waren nirgendwo lagern (Thema Papiergold). Und das Kontrahentenrisiko kann zu guter Letzt nicht ausgeschlossen werden. Einer muss ja am Ende dann doch das Risiko tragen.

6. Unternehmerische Beteiligungen

Anlagen wie Immobilien-, Schiffs-, Windkraft-, Solar,- und sonstige Beteiligungen gehören nicht zu den must-have eines „Standardanlegers“. Insbesondere dann nicht, wenn mit steuerlichen Vergünstigungen geworben wird. Eine Geldanlage, die nur dann interessante Renditen verspricht, wenn Steuervorteile oder gar Subventionen fließen, gehören m.E. in kein Anlegerportfolio. Die meisten Beteiligungen sind sehr komplex, verfügen über verschachtelte Gesellschaftsstrukturen, haben zum Teil sehr hohe Vertriebsprovisionen und weiche Kosten, lange Laufzeiten und sind nicht oder nur eingeschränkt handelbar. Drum prüfe, wer sich lange bindet…

Wie auch bei einem Hauskauf, sollte vor einem Erwerb ein Sachverständiger hinzugezogen werden, der nicht vom Emittenten bzw. Verkäufer bezahlt wird und der die Prospekte nebst Prognosen auf Plausibilität und Seriosität prüfen kann. Selbständige sollten abwägen, ob es nicht sinnvoller wäre, überschüssige Privatgelder in ihr eigenes Unternehmen zu investieren, um sich von den Banken unabhängiger zu machen und zukunftsorientiert aufzustellen. Wer da kein Vertrauen in das eigene Unternehmen hat, sollte erst recht nicht in eine ihm unbekannte Unternehmung mit so langen Bindungszeiten investieren.

Zusammenfassung

Geeignete Wertpapieranlagen sind für mich also Anleihen, Aktien und Genussscheine und deren indirekte Form über entsprechende Fonds - und hier insbesondere physisch abbildende ETF-Angebote. Zertifikate sind für mich kein Teufelszeug, jedoch Anlageformen, die es lieber nicht geben sollte, da diese Anlegergelder nie in der realen Wirtschaft ankommen. Sie bringen den Märkten über die derivativen Anteile jedoch unkalkulierbare Spekulationen mit riesigen Börsenschwankungen. Sie sollten – wie auch Beteiligungen – nur von sehr erfahrenen und risikobewussten Anleger erworben werden.

Da ich Rohstoffe – außer Edelmetalle und Edelsteine – nicht in einem Depot oder Safe lagern kann, gehört auch diese Asset-Klasse m.E. in kein Depot. Sie können nur über innovative Finanzprodukte wie Zertifikate und synthetische ETFs indirekt „erworben“ werden. Das jedoch widerspricht meinem Verständnis von Geldanlage. Eine Alternative wäre eine Investition in die entsprechenden Förder- bzw. verarbeitenden Unternehmen über Aktien oder Fonds.


Vorschau

Mit der richtigen Anlagestrategie zum Erfolg

Teil 3:    Portfoliotheorie nach Markowitz – Innovation oder kalter Kaffee?

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"