Eines vorweg!

Ich bin kein Versicherungsspezialist! Aussagen zu konkreten Versicherungsverträgen (Vertragsrecht), Empfehlungen - geschweige Versicherungsvermittlungen – sind nicht mein Metier. Ich betrachte und berate in diesem Bereich emotionslos, finanzmathematisch begründet und ohne steuerliche Würdigung.

Die deutsche Altersvorsorge basiert auf drei Säulen:

  • das öffentlich-rechtliche Pflichtsystem - gesetzliche Rentenversicherung
  • die betriebliche Altersversorgung (BAV)
  • die private Altersvorsorge (PRV)

Auf die einzelnen Durchführungswege sowie deren steuerlichen Besonderheiten soll in diesem Beitrag bewusst nicht eingegangen werden, um den Umfang des Beitrages nicht explosionsartig zu vergrößert.

Eine Funktion haben jedoch alle Durchführungswege gemeinsam!

Das Bundesfinanzministerium definiert es wie folgt: „Der Begriff Altersvorsorge umfasst die Gesamtheit aller Maßnahmen, um nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben von angespartem Vermögen oder erworbenen Anwartschaften den weiteren Lebensunterhalt angemessen bestreiten zu können.“

Die Bundeszentrale für politische Bildung erklärt es so: „Altersvorsorge … die finanzielle Absicherung für das Alter auf verschiedensten Wegen durch die gesetzliche Rentenversicherung, betriebliche Altersvorsorge oder die private Altersvorsorge, z. B. durch Sparen, Geldanlage, Leibrenten, Kauf und Bereitstellung von Sachwerten (Immobilien) oder durch private Renten- oder Kapitalversicherungen.

Einfacher gesagt: „Altersvorsorge ist die Gesamtheit aller finanziellen Maßnahmen, die dazu dienen, das Langlebigkeitsrisiko des Betroffenen abzusichern.“

Sie lesen richtig! Auch ein langes Leben kann durchaus ein Risiko darstellen. Nämlich ein finanzielles!

Dass die Alterspyramide in Deutschland schon länger keine Pyramide, sondern heute eher ein Strauch und bald nur noch eine Säule ist, brauchen wir hier nicht zu diskutieren. Die Statistik zeigte die Gefahren dieser Entwicklung schon zu Zeiten meiner Ausbildung zum Bankkaufmann auf.

Und der Staat reagierte prompt. OK zeitnah! Mmhhh angemessen! Einigen wir uns darauf – er reagierte!

Altersvorsorge = Absicherung Langlebigkeitsrisiko

Als echte Altersvorsorge erachte ich nur die Finanzentscheidungen, aus denen ich mit Beginn meines Renteneintritts und bis zu meinem Tod regelmäßig eine gleichbleibende oder steigende Zahlung erhalte!

Das klingt einfach – bedeutet jedoch im Gegenzug, dass viele Geldanlagen durch dieses Raster fallen.

Alle Geldanlagen wie Sparbuch, Tages-/Festgeld, Wertpapiere und selbstgenutzte Immobilien erfüllen dieses einfache Kriterium nicht!

Ich höre schon die Skeptiker einwenden, dass man sich doch aus diesen Anlagen sehr wohl eine Rente zahlen kann.

Das stimmt! Jedoch nicht nach der Definition dauerhaft, gleichbleibend oder steigend bis zu Tod.

Dazu müssten Sie wissen, welchen Betrag Sie nominell ab Renteneintritt benötigen, wie hoch der Kapitalstock zum Rentenbeginn und die garantierte Rendite auf den Kapitalstock sein werden?

Und noch eine Angabe benötigen Sie. Wann werden Sie sterben? Und das möglichst auf das Jahr genau!

So kalkuliert eine Versicherung

Das größte Risiko einer Rentenversicherung ist die Langlebigkeit der Versicherten. Anders als bei einer Lebensversicherung, bei der das Risiko der Versicherungsgesellschaft darin besteht, dass Sie früher als kalkuliert versterben, besteht das Risiko einer Rentenversicherung darin, dass Sie älter werden als Sie „statistisch sollten“.

Um diese Risiko Lebensalter zu kalkulieren, bedient sich die Versicherungsgesellschaft der offiziellen Sterbetafel. Statistisches Bundesamt Deutschland - GENESIS-Online: Ergebnis 12621-0002 (destatis.de)

Hier finden Sie die statistische durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland, sortiert nach Geschlecht und vollendetes Alter.

Aus dieser Übersicht greifen wir uns als zukünftigen Modellrentner einen 40 Jahre alten Mann, der laut dieser Statistik noch 39,37 Jahre lebt. Also 79,37 Jahre alt wird. Jetzt haben wir die entscheidende Basis für unsere Rechnung.

Da die Versicherung vorsichtig kalkuliert, erhöht sie für Ihre Berechnungen Ihre Lebenserwartung.

Das nennt man Risikoaufschlag – vergleichbar mit dem Risikoabschlag bei der Bewertung Ihrer Immobilie als Sicherheit für die Bank bei einer Baufinanzierung.

Wir rechnen

Wir nutzen ein Angebot eines bekannten Versicherers, der im Telefonbuch ganz vorne zu finden ist.

  • Beitrag: 200 EUR monatlich
  • Rentenzahlung ab 67. Lebensjahr = 27 Jahre Beitragszahlungsdauer
  • Gesamtsparbetrag zum Rentenbeginn = 64.800 EUR

Aufgrund der letzten ausgeprägten Niedrigzinsphase findet man derzeit kaum klassische Rentenversicherungsangebote. Aktuell werden fondsbasierte Rentenversicherungen von den Gesellschaften bevorzugt.

Für die finanzmathematische Auswertung spielt das jedoch keine Rolle.

Wir entscheiden uns für ein Angebot mit 60% Beitragsgarantie. Das heißt, dass 60% der eingezahlten Beiträge zum Rentenbeginn garantiert werden. Der Rest wird in chancenorientierte Anlagen wie z.B. Aktien/-fonds investiert. Dabei wurde in der Berechnung eine Wertentwicklung von 4% p.a. angenommen.

Beachtet werden muss, dass nicht der gesamte Sparbeitrag in den chancenorientierten Kapitalstock fließt. Je nach Laufzeit und Garantieniveau kann dieser Anteil stark variieren.

Die Leistungen werden wie folgt angegeben:

  • voraussichtliche Gesamtleistung bei Kapitalauszahlung zum Rentenbeginn = 95.030 EUR
  • garantierte Leistung bei Rentenbeginn 38.880 EUR
  • lebenslange Rente voraussichtlich = 357 EUR pro Monat
  • lebenslange Rente garantiert = 102 EUR pro Monat

Wie hoch ist die Beitragsrendite?

Dazu nutzen wir den frei verfügbaren Finanzrechner www.zinsen-berechnen.de/sparrechner.php 

Für die garantierte Kapitalabfindung errechnet sich eine Rendite von – 4,07% pro Jahr (Negativrendite), für die voraussichtliche Ablaufleistung eine Rendite von 2,70% pro Jahr.

Die Abweichungen von der angenommen Wertentwicklung von 4% p.a. ergeben sich aus der Kostenstruktur des Vertrages. Dazu gehören neben den Abschlusskosten (Provision für den Vermittler) und den allgemeinen Verwaltungskosten auch Kosten in Zusammenhang mit den Kapitalanlagen.

Wie alt müssten Sie werden, um Ihre eingezahlten Beträge wieder ausgezahlt zu bekommen?

Für diese Berechnung nutzen wir den Finanzrechner  www.zinsen-berechnen.de/entnahmeplan.php

Bei der garantierten Rente kommen wir auf knapp 120 Jahre und bei der voraussichtlichen Rente auf 82 Jahre.

Gehen wir davon aus, dass der Eintritt der Garantiewerte das Worst-Case-Szenario ist und so nicht eintreten dürfte/sollte, rechnen wir nur mit den voraussichtlichen Werten weiter.

Was heißt das?

Erst wenn Sie älter als 82 Jahre werden, erhalten Sie im unterstellten Angebot eine tatsächliche Rendite auf Ihre eingezahlten Beiträge!

Um mit dieser Rentenzahlung eine Rendite von 2% p.a. auf Ihr eingezahltes Kapital zu erhalten, müssten Sie mindestens 92 Jahre alt werden. Bei 3% immerhin schon 106 Jahre.

Zum Vergleich hier noch die Werte bei 60% Beitragsgarantie und einer angenommenen Wertentwicklung von 6% p.a..

  • voraussichtliche Gesamtleistung bei Kapitalauszahlung zum Rentenbeginn = 128.307 EUR

Das entspricht einer Rendite von ca. 4,68% p.a..

  • garantierte Leistung bei Rentenbeginn 38.880 EUR
  • lebenslange Rente voraussichtlich = 482 EUR pro Monat
  • lebenslange Rente garantiert = 102 EUR pro Monat
  • Rückerhalt aller Beiträge bei voraussichtlicher Rentenhöhe nach 11 Jahren (Lebensalter 78 Jahre)
  • zu erreichendes Mindestalter für 2% Rendite p.a. = 84 Jahre
  • zu erreichendes Mindestalter für 3% Rendite p.a. = 91 Jahre

Diese Berechnungen kann man so mit nahezu allen Rentenversicherungsangeboten vornehmen.

Sie können damit auch Angebote verschiedener Gesellschaften miteinander vergleichen.

Das von mir ausgewählte Beispiele ist rein exemplarisch und soll die Herangehensweise an eine rein finanzmathematische Betrachtung demonstrieren. Je nach Anbieter und Vertragsgestaltung können die Ergebnisse besser oder auch schlechter ausfallen und die damit verbundenen Schlüsse für Sie vom gewählten Beispiel abweichen. Auf eine steuerliche Betrachtung habe ich hier bewusst verzichtet!

„Was heißt das für mich konkret!?“

Wer eine private Rentenversicherung abschließt mit dem Ziel, sich diese zum Rentenbeginn auszahlen zu lassen, muss die „Versicherung“ wie eine reine Kapitalanlage betrachten. Eine Altersvorsorge laut Definition erhält er damit nicht!

Deshalb fördert der Staat primär auch nur Rentenversicherungen, die als Verträge mit lebenslanger Rentenzahlung abgeschlossen werden. Eine vorzeitige Verfügung ist i.d.R. nicht oder nur als schädliche Verfügung bei Rückzahlung aller Zulagen und steuerlichen Vergünstigungen möglich.

Die Rendite einer echten Rentenversicherung lässt sich nur nach Ihrem Tod berechnen. Wenn Sie länger leben als vom Versicherer kalkuliert, machen Sie das Geschäft. Versterben Sie früher, macht die Versicherungsgesellschaft das Geschäft.

Die Wette mit dem eigenen Tod

So makaber es klingen mag. Die Rentenversicherung ist eine Wette auf den eigenen Tod.

Je höher die erwartete Rendite des Kapitalstocks ist, desto schneller erfolgt der Rückfluss der Beiträge an Sie. Das hieße im Umkehrschluss, dass Sie bei einer geringen Lebenserwartung eine chancen- aber damit auch risikoreichere Vertragsvariante wählen sollten, wenn für Sie der Rückfluss Ihrer eingezahlten Beiträge wichtig ist.

Je länger Sie leben, desto wichtiger und rentabler ist eine Rentenversicherung für Sie. Menschen mit einem ungesunden Lebensstil oder ernsthaften Vorerkrankungen sollten sich überlegen, wie hoch die Chancen sind, dass diese Wette zu ihren Gunsten ausfallen kann?

Wenn Sie jedoch davon ausgehen, einmal in den Club der Ü100 aufgenommen zu werden, könnte der Abschluss einer Rentenversicherung das Geschäft Ihres Lebens sein. Aber verraten Sie es dann nicht Ihrem Versicherer!

Sollten Sie sich für eine Rentenversicherung entscheiden, wäre der Abschluss einer betrieblichen Altersvorsorge (BAV) mit hohem Arbeitgeberanteil zu prüfen.

Vermeiden Sie jedoch den Einschluss von Zusatzversicherungen wie Berufsunfähigkeits- Pflege oder Hinterbliebenenversicherung. Dadurch wird der Vertrag unrentabel.

Beachten Sie bei einer BAV, dass dadurch Ihre Steuern und Sozialabgaben und damit auch die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung sinken. Dieser Nachteil muss bei der Entscheidung mitberücksichtigt werden!

 

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