Verharren wir zum Abschluss dieser Woche im Nahen Osten. Die Bankenkrise im Libanon intensiviert sich – und damit auch die Gewalt, die von immer zahlreicheren Protestlern in den Straßen der Städte des Landes und insbesondere in der Metropole Beirut ausgeht.

Abhebungsbeschränkungen – Bankenkrise kommt zu Unzeiten

Nachdem die libanesischen Banken ihren Konteninhabern nur noch Abhebungen in Höhe von umgerechnet einmalig 100 US-Dollar oder maximal 200 US-Dollar pro Woche gestatten, erinnern die aktuellen Vorgänge im Libanon inzwischen doch recht stark an die Geschehnisse in Zypern oder Griechenland auf dem Höhepunkt der Euro-Krise.

Der Libanon steckt im Angesicht einer erodierenden Liquidität und einem möglichen Bankrott der libanesischen Zentralbank in einer massiven Bankenkrise, die mit Blick auf die allgemeinen Ereignisse im Nahen und Mittleren Osten zur undenkbar schlechtesten Zeit kommt.

Krawalle flammen neu auf – Straßen gepflastert von Glascherben der Bankfilialen

Seit Jahresbeginn sind die Straßenproteste und Krawalle, die im Oktober vergangenen Jahres begonnen haben, erneut aufgeflammt. Im Angesicht der sich intensivierenden Proteste sehen sich insbesondere Banken und Bargeldautomaten im Fokus eines landesweit zunehmenden Vandalismus.

In den großen Städten des Libanon, allen voran in Beirut, haben die Protestler eine „Woche des Zorns“ angekündigt. Es ist nun bereits mehr als zwei Monate her, seitdem kommerzielle Geschäftsbanken massive Abhebebeschränkungen eingeführt haben, in deren Zuge Sparer und Konteninhaber nicht mehr an ihr Geld kommen.

Zudem werden Überweisungen von größeren Geldbeträgen nur noch in Ausnahmefällen ausgeführt. Libanesische Zeitungen berichten darüber, dass sich Abhebebeschränkungen nun noch einmal auf unter 200 US-Dollar pro Woche gesenkt werden sollen. In den letzten beiden Nächten ist es zu teils krawallartigen Zusammenstößen zwischen Protestlern und der Polizei in Beirut gekommen.

Örtliche Medien führen aus, dass die Orte der Zusammenstöße einem Schlachtfeld ähnelten. Insbesondere Glasscherben sähen sich inzwischen über die gesamte Stadt verteilt, die in den meisten Fällen von gewaltsam eingeschlagenen Fensterscheiben gläserner Bankfilialen herrührten.

Protestler versuchen die Zentralbank zu stürmen

In diesem Zuge ist es auch zu dem Versuch einer Erstürmung des Zentralbankgebäudes in Beirut gekommen. Vor dem Zentralbankgebäude sei es dann zu Ausschreitungen zwischen Protestlern und der Polizei gekommen, in deren Zuge sieben Personen verletzt worden seien. Während dem Versuch der Erstürmung des Gebäudes sei es zudem immer wieder zu Rufen gekommen, die Herrschaft der Zentralbank zu beenden. 

Die führenden Köpfe der Protestbewegung haben die heimischen Geschäftsbanken zuletzt wiederholt des „Diebstahls“ bezichtigt, während den Banken im Kampf um eine Aufrechterhaltung des Systems nichts mehr einzufallen scheint. Ihre Maßnahmen zielen darauf ab, einen massiven Run auf die bei ihnen unterhaltenen Einlagen mit allen Mitteln zu verhindern.

Im Fall eines solchen Runs würde es sehr wahrscheinlich in erster Linie zu Abhebungen von ausländischen Währungen wie dem US-Dollar von denen durch Firmen und Konteninhaber eigens unterhaltenen ausländischen Währungskonten bei libanesischen Geschäftsbanken kommen.  

Was gestern geschehen sei, müsse als Reaktion von Menschen gesehen werden, die Hunger hätten und deren Kontengelder gestohlen würden. Auch wirtschaftliche Leitlinien und Strategien hätten einen großen Beitrag dazu geliefert, den Libanon schnurstracks in die sich nun voll entfaltende Krise zu stürzen, wie es seitens Demonstranten hieß.

Seit Ende Oktober regierungslos – Polizei greift nicht ein

Hinzu gesellt sich die Tatsache, dass der Libanon nun schon seit dem erklärten Rücktritt von Premierminister Saad Hariri am 29. Oktober letzten Jahres über keine Regierung mehr verfügt. Aus Sicht des hoch verschuldeten Libanons sei dies eine gefährliche Situation. 

In manchen Teilen des Landes habe es zuletzt den Eindruck erweckt, als ob sich die Polizei in ihrem Kampf gegen die Demonstranten merklich zurückgehalten habe. Hin und wieder hätten die Einsatzkräfte den die Fensterfronten von Bankfilialen einschlagenden Mob schlichtweg ignoriert.

Zahlungsausfall möglich – Zypern läßt grüßen

Bei der Nachrichtenagentur Reuters wird inzwischen davor gewarnt, dass der Libanon zu jeder Zeit einen Zahlungsausfall erklären könnte: In diesem Zuge wird darauf aufmerksam gemacht, dass der libanesische Staat eine solche Entwicklung durch die partielle Enteignung von auf Bankkonten gehaltenen Einlagen der Kunden verhindern könnte.

In Zypern ist es einst zu einem solchen Unterfangen gekommen, um die zypriotische Republik und deren Bankensystem „zu retten“. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Dinge im Libanon entwickeln werden. Fakt ist, dass das Land zu einem der am höchsten verschuldeten in der ganzen Welt gehört.

Was heißt das für mich konkret!?“

Abseits des die Mainstream-Nachrichten bestimmenden Konflikts zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran brodelt es an vielen anderen Ecken und Enden in der Welt. Nicht nur dem Nahen und Mittleren Osten droht im laufenden Jahr eine Eskalation der Spannungen.

Auch weite Teile Südamerikas und Asiens kommen nicht zu Ruhe. Wer in diesen Tagen nach Frankreich blickt, erkennt, wie der gesellschaftliche Kampf um Rentenreform und Co. erneut zu weitreichenden und lang anhaltenden Protesten auf den Straßen des Landes geführt hat.

Es gilt, diese Entwicklungen im Auge zu behalten, da diese Probleme ab einem bestimmten Zeitpunkt auf andere Wirtschaftsräume und Segmente des Finanzmarkts überzuspringen drohen. An dieser Stelle sei stellvertretend nur ein „unerwarteter“ Staatsbankrott des Libanons und die hieraus potenziell resultierenden Folgen erwähnt.

Gleichsam erweckt es den Eindruck, als ob der Libanon das nächste Land im Nahen und Mittleren Osten zu sein scheint, das sich der Sogkraft der sich in der gesamten Region entfaltenden Spannungen nicht mehr lange wird entziehen können…

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