Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0432 (05:50 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0418 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 136,13. In der Folge notiert EUR-JPY bei 142,06. EUR-CHF oszilliert bei 1,0023.
Die Finanzmärkte bewegen sich im Seitwärtsmodus
An den Aktienmärkten ergibt sich auf den aktuellen Niveaus überschaubare Volatilität. An den Zinsmärkten stellt sich bei diversen Zentralbanken Bewegung ein. In den letzten 24 Stunden haben die Zentralbanken Israels und Australiens jeweils die Leitzinsen um 0,50 % angehoben. An den dominierenden Kapitalmärkten des Westens kam es zu leichten Zinsversteifungen (10 Jahres Bundesanleihe aktuell 1,31 %, 10 Jahres US-Treasury 2,94 %).
Der USD war gegenüber dem JPY fester. Der Euro konnte in den letzten 24 Stunden gegenüber dem USD Niveaus über 1,04 halten. Hinsichtlich der absehbaren Divergenz der Zentralbankpolitiken als auch der Folgen der Sanktionen auf die jeweiligen Wirtschaftslagen spricht einiges dafür, dass der Euro diese Niveaus nur vorübergehend halten kann. Zudem macht ein Blick auf die weitreichenden Proteste in den Niederlanden Sinn.
Die Agrarwirtschaft legte das Land lahm. Das mögen die Anfänge des zivilen Ungehorsams sein, da europäische Politik offenbar Nähe zu den in Teilen existentiellen Nöten der Menschen innerhalb unseres politischen Raumes vermissen lässt. Das ist zumindest eine Interpretationsvariante. Das Bild des gesellschaftspolitischen Zerfalls gilt auch für die USA (aktuell 4. Juli). Gold und Silber bleiben angeschlagen und können aus dem globalen Dilemma heraus (noch) nicht profitieren.
Globales Dilemma: Machtauseinandersetzung
Es mehren sich Zeichen, dass die Länder, die nicht der westlichen Hemisphäre zugerechnet werden, zeitlich nahe Strukturveränderungen in ihrer Welt vornehmen, um die Emanzipationsprozesse voran zu treiben. BRICS wird wachsen. Indonesien, Iran, Argentinien stehen auf der Aspirantenliste. Es gibt Medienberichte, dass auch Saudi-Arabien Interesse hat. Das wäre ein fulminanter „Game-Changer“, denn das unterminierte die Rolle des USD in der internationalen Arena (Link). Es wird deutlich, dass ein „zurück“ zur alten Ordnung nicht mehr realistisch ist.
Machtachsenveränderungen finden unter zumeist großen Schmerzen statt (1648, 1871, 1918, 1945). Die Frage ist, wer dieses Mal die höchsten Schmerzen und Schäden davonträgt, Europa?
EZB/Bundesbank: Nagel mit kritischer Haltung
Hintergrund: Die Renditen für Staatsanleihen der Länder der Eurozone waren kräftig gestiegen. Das galt und gilt insbesondere für die Renditen der stark verschuldeten Staaten der Eurozone. Der Abstand der Renditen zwischen italienischen Staatstiteln und deutschen Bundesanleihen hat zeitweise auf über 2,50 % zugenommen. Der EZB-Rat war im Juni in diesem Kontext zu einer Sondersitzung zusammengekommen. Dort beschloss der EZB-Rat die Entwicklung eines neuen Instruments.
Damit will die EZB gegen unerwünschte Ausweitungen der Renditeabstände vorgehen. Diese unterschiedlichen Niveaus der Staatsanleihezinsen bezeichnet die EZB als Fragmentierung des Staatsanleihenmarktes. Die EZB argumentiert, dass ihre Zins- und Geldpolitik durch eine zu starke Fragmentierung unterlaufen würde.
Bundesbank-Präsident Nagel nimmt eine kritische Haltung bezüglich des in Aussicht gestellten neuen Instruments der EZB zur Stützung stark verschuldeter Länder der Eurozone ein. Er sagte, es wäre fatal, wenn Regierungen davon ausgingen, am Ende stünde die EZB bereit, um günstige Finanzierungsbedingungen zu sichern. Er mahnte zur Vorsicht, mit diesen Instrumenten Risikoprämien begrenzen zu wollen. Es sei nahezu unmöglich, festzustellen, ob eine Ausweitung der Renditeabstände fundamental gerechtfertigt sei. Die EZB laufe Gefahr, in gefährliche Fahrwasser zu kommen.
Nur in Ausnahmesituationen und unter eng gesteckten Voraussetzungen ließen sich außerordentliche geldpolitische Maßnahmen gegen Fragmentierung rechtfertigen. Bei einem neuen Werkzeug müsse sichergestellt werden, dass dessen Einsatz den geldpolitischen Kurs nicht verändere. Wäre dies der Fall, müssten gleichzeitig Maßnahmen ergriffen werden, die die Auswirkungen auf den geldpolitischen Kurs neutralisierten. Es müsse auch rein geldpolitisch begründet und verhältnismäßig sein. Es seien Garantien notwendig, damit das Instrument nicht in Konflikt mit dem Verbot der monetären Staatsfinanzierung käme. Mitgliedstaaten müssten genügend Anreize für eine solide Haushaltspolitik haben.
Kommentar: Joachim Nagel nimmt eine konservative Haltung bezüglich des neuen Instruments ein. Nagel steht nicht für eine opportunistische Zentralbankpolitik, die den vermeintlichen Notwendigkeiten des Moments Folge leistet, sondern den mittel- und langfristigen Zielen seriöser und verantwortlicher Zentralbankpolitik (Rahmenbedingungen, nur kurzfristige Interventionen). Nagel konstatiert mit dieser Position, dass es im Bereich der Real- als auch der Finanzwirtschaft um das Thema „Marathon“ geht (u.a. Generationenvertrag, Strukturen). Die Hinwendung zur Kurzfristigkeit in Bilanzierung, Wirtschaftspolitik und auch Politik in europäischen Ländern Anfang der 90er (u.a. IFRS anstatt HGB in Deutschland) in Adaption des US-Modells (Wirtschaft) ist einer der Gründe für das nachfolgende Krisenpotpourri, das uns bis heute in Atem hält (Ursache). Der Blick auf die Historie der Menschheit steht für „Marathon“, nicht für „Sprint“, denn die Fokussierung auf kurzfristige Ziele unterminiert den bitter erforderlichen Fokus auf die mittel- und langfristigen Notwendigkeiten (Nachhaltigkeit der Geschäfts- und Gesellschaftsmodelle).
Ich wünsche Joachim Nagel viel Erfolg. Der Widerstand, dem er entgegen sieht, ist erkennbar erheblich.
Kanzler Scholz verkauft den „zerbrochenen Krug“
Kanzler Scholz sagte, man müsse sich auf eine anhaltende Inflation einstellen. Die Krise würde nicht in wenigen Monaten vorbeigehen. Scholz machte Russland, die Corona-Pandemie und Lieferkettenprobleme verantwortlich. Wichtig sei die Botschaft, dass wir zusammenstehen.
Kommentar: Scholz sagt faktisch, dass der Westen die eigene Position nicht überdenken werde. Er gibt wesentlich Russland die Schuld. Aber wer hat sich durch die Sanktionen verabschiedet. Nicht Russland hat uns sanktioniert, sondern wir haben mit unseren Sanktionen diese Situation kreiert. Die Fehleinschätzung der Wirkungen der Sanktionen, die zu Lasten der Sanktionierenden gehen, thematisiert er nicht. Der Bürger wurde bei den Sanktionen nicht gefragt, die für viele existentielle Bedrohungen darstellen (gestern ein Bäcker in Worpswede), aber der Bürger zahlt die Zeche, deren Umfang völlig unklar ist. Deutschland ist noch relativ stark, aber wie lange noch? Wenn die Wirtschaft fällt, was bleibt dann?
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:
Eurozone: Deutschland/Westeuropa „Quo vadis?“
Deutschland: Erstmalig seit 2008 wies die deutsche Handelsbilanz ein Defizit aus. Es stellte sich auf -1,0 Mrd. EUR (Prognose +2,7 Mrd. EUR) nach zuvor +3,0 Mrd. EUR (revidiert von 3,5 Mrd.). Exporte sanken im Monatsvergleich um 0,5 % (Prognose +0,9 %), während Importe um 2,7 % (Prognose 0,9 %) zulegten.
Kommentar: Diese Entwicklung zahlt auf die Folgen der Ukraine-Krise ein. Sollte sie sich fortsetzen, werden die dauerhaft verteuerten Importe bei gleichzeitiger Erosion der Attraktivität als Investitionsstandort neben den Folgen reduzierter Exportmärkte als Konsequenz der Teilung der Welt Flurschäden bisher ungekannten Ausmaßes hinsichtlich der Historie seit 1949 mit sich bringen. Das gilt nicht nur für Deutschland, es gilt für das westliche Europa. „Quo vadis?“ Ist den Verantwortlichen ihre Verantwortung bewusst? Sind ihnen die gesellschaftspolitischen und politischen Folgen bewusst?
Der Sentix-Index für die Eurozone sank per Berichtsmonat Juli von zuvor -15,8 auf -26,4 Punkte (Prognose -19,9) und markierte den tiefsten Indexwert seit Mai 2020.
Die Erzeugerpreise nahmen per Mai im Monatsvergleich um 0,7 % (Prognose 1,0 %) nach zuvor 1,2 % zu. Im Jahresvergleich stellte sich ein Anstieg um 36,3 % (Prognose 36,7 %) nach zuvor 37,2 % ein.
China: Dienstleistungs-PMI auf höchstem Stand seit Juli 2021
Der von Caixin ermittelte Einkaufsmanagerindex des Dienstleistungsgewerbes schoss per Berichtsmonat Juni von zuvor 41,4 auf 54,5 Punkte und markierte den höchsten Indexwert seit Juli 2021. Hintergrund ist die Öffnung der Wirtschaft nach den Lockdowns. Die Divergenz zu westlichen Ländern ist markant.
Japan: Stimmung etwas schwächer als erwartet
Der von der Jibun Bank ermittelte Einkaufsmanagerindex des Dienstleistungssektors stellte sich per Juni final auf 54,0 (vorläufiger Wert 54,2) Punkte. In der Folge lag der Composite Index bei 53,0 Zählern.
Schweiz: Stärkster CPI-Anstieg seit 1993
Die Verbraucherpreise stiegen per Berichtsmonat Juni im Jahresvergleich um 3,4 % (Prognose 3,2 %) nach zuvor 2,9 %. Das war die größte Zunahme seit August 1993.
Türkei: CPI nähert sich der 80 %-Marke
Die Verbraucherpreise der Türkei nahmen im Jahresvergleich per Berichtsmonat Juni um 78,62 % (Prognose 78,35 %) nach zuvor 73,50 % zu. Die Kernrate stellte sich auf 57,3 % nach zuvor 56,0 %.
Australien: Zinserhöhung um 0,50 % auf 1,35 %
Die Reserve Bank erhöhte den Leitzins erwartungsgemäß von 0,85 % auf 1,35 % (höchster Zins seit 05/19).
Israel: Leitzins auf höchstem Niveau seit 09/2013
Die Notenbank erhöhte den Leitzins per Juni von zuvor 0,75 % auf 1,25 % (Prognose 1,25 %). Das ist der höchste Leitzinsstand seit 09/2013.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0870 – 1.0900 neutralisiert den positiven Bias des USD.
Viel Erfolg!
Kommentare
vielen Dank für die Übersicht zu den heutigen Wirtschaftsdaten.
Zum Kanzler Olaf Scholz: Jedes Wort ist zuviel (und wenn wir es dann noch dürfen: auch jedes Wahlkreuzle).
Beste Grüße
AndyS
Vom Titelbild inspiriert: … bis alles in Scherben fällt …?
es kursiert ein Gerücht:
Herrn Nagel wurde sein Hut schon gereicht.
LG Lisa
Vielen Dank Herr Hellmeyer für den tollen Beitrag den Sie leisten.
Das sind nur die kleinen Meldungen ! Im Kreml lacht an sich derweilen schlapp.
Und im Kanzleramt feilen Scholz und Habeck und Co. bei Kerzenschein bestimmt an einer genialen Strategie, wie man eine drohenden Stromausfall in D nutzen kann, um die Russen so richtig zu ärgern und ihnen eins reinzuwürgen.
Nach der Lehmann-Pleite 2008 sanken die Zinsen und es stiegen die Kaufpreise für Immobilien.
Die Banken sehen in Ihren Büchern wunderbar welcher Narr damals seinen Immobilienkauf nicht bis zum Ende durchfinanziert hat. Da paßt es doch hervorragend, wenn man trotz nach wie vor niedriger Leitzinsen die Hypothekenzinsen mal eben kräftig anhebt. Ein Schelm, wer Böses dabei vermutet. Diejenigen die nur eine 10 bis 15 jährige Zinsbindung vereinbart haben und nun vor der Anschlussfinanzierung stehen, sind binnen Wochen in einer Horrorwelt erwacht. Der ein oder andere kann sich neben den Kosten für den Ausgleich der irren Inflation zzgl. des zu erwartenden Energiepreisschocks, der mit der Abrechnung 2023 ins Haus flattert, auf eine Verdoppelung seiner monatlichen Kreditrate für das Traumhaus freuen. Und das wird erst der Anfang sein.
Hausbaufirmen und Immobilienentwickler erleben gerade eine Vollbremsung Ihres Geschäftes. Das hat Auswirkungen auf die gesamte Baubranche im kommenden Jahr, wenn alle Aufträge aus 2012 bis Anfang 2022 abgearbeitet sind. Folgeaufträge Pustekuchen.... 400.000 neue Wohnungen pro Jahr ? Die Regierung hat LSD eingeworfen und mit Koks nachgeschnüffelt.
Eines muss man Scholz, Habeck, Bearbock und Co. schon lassen. In so dermaßen kurzer Zeit, auf Grund eines Krieges der uns nichts angeht, Deutschland in ein völlig plan- und perspektivloses Land, mit der Aussicht auf schlimmste wirtschaftliche und gesellschaftliche Verwerfungen zu verwandeln, das muss man erstmal schaffen. Und Investoren sind sicher ganz begeistert von solchen Rahmenbedingungen.
Und das neue Instrument der EZB zur Rettung der südlichen EU Länder ??? Wie wird das wohl aussehen?
....da wir beschlossen haben ca. 750.000 Ukrainern den leistungslosen kompletten Zugang in unser Sozialsystem ohne jegliche Sanktionen (es muss also keiner eine Arbeit suchen) zu gestatten zzgl. Luxusausstattung (Stichwort unlimitierte Wohnungsgröße und Miethöhe) wird die EZB mit Zustimmung aus dem ROT-GRÜN-GELBen Berlin diese Lasten sicher auch noch übernehmen.
Tja und der Michel und die Micheline dürfen sich nach einem harten Arbeitsleben auf eine Rente auf Armutsniveau freuen. Damit die Altersarmut aber nicht sofort zuschlägt, haben sich besorgte Politiker, die zum Teil gerade erst die Windeln abgelegt haben, den Kopf zerbrochen ja zermartert, wie Sie den den deutschen Rentner davor bewahren können. Und siehe da, die Rente mit 70 wäre doch die Lösung. Nochmal 5 Jahre richtig fett Geld verdienen, wenn es der Chef-Dachdeckermeister denn auch mitmacht. Und wenn er es mitmacht und der angehende Rentner ein anständiger Bürger unserer Helfernation ist, dann verabschiedet Er oder Sie sich nach dem 70gisten Geburtstag in die ewigen .......was auch immer.......denn Jagd-Gründe sind bei uns leider verboten !!
Alles Gute!
Doch, der geht uns was an, weil wir Waffen liefern und alle Sanktionen und jeden Boykott mittragen, wir sind Kriegspartei, zumindest moralisch und wir sollten uns nicht schon wieder rein waschen, wie nach dem Jugoslawienkrieg und uns hinter der NATO verstecken, schliesslich sind wir ein bedeutendes Mitglied dieser Verteidigungs???-Organisation. In Zukunft werden wir unsere Sicherheit nicht am Hindukush sondern im Südchinesischen Meer verteidigen – viel Spaß dabei!