Der EUR eröffnet gegenüber dem USD bei 1,0655 (05:20 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0624 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 154,75. In der Folge notiert EUR-JPY bei 164,89. EUR-CHF oszilliert bei 0,9717.

Märkte: Schnäppchenjagd nach Abverkauf

An den Finanzmärkten kam nach dem vorherigen Abverkauf an Aktien- und Rentenmärkten Bereitschaft zur Schnäppchenjagd auf. Klassifizieren wir es zunächst als eine Korrektur in der Korrektur des Aufwärtstrends.

Ein möglicher Hintergrund für erhöhte Risikobereitschaft mag in der in dieser Woche anstehenden Veröffentlichung der Erstschätzungen der Einkaufsmanagerindices liegen, die alle etwas besser erwartet werden. Japan setzt heute früh bei den PMIs die ersten positiven Akzente. Dort läuft es rund. Der Index für die Gesamtwirtschaft (Composite Index) signalisiert mit 52,6 nach zuvor 51,7 Punkten dynamischeres Wachstum. Selbstredend liegt der Fokus der Aktienmärkte aber auch auf der aktuellen Berichtssaison. Dort sollten positive Überraschungen stärker ausfallen als negative Überraschungen (quantitative Betrachtung).

Hinsichtlich systemischer Betrachtungen erreichten uns in den letzten 24 Stunden Nachrichten, die nachdenklich stimmen. Italien hat den öffentlichen Haushalt nicht im Griff und wandelt mit einem Defizit per 2023 bei 7,4% der Wirtschaftsleistung auf den Spuren der USA. Noch kritischer ist, dass der US-Kongress mit dem REPO Act H.R 4175 parlamentarisch die Grundlage für den Transfer russischen Staatseigentums an die Ukraine setzte. Eigentumsschutz ist die Ingredienz des westlichen Systems und für Ratingagenturen von höchster Bedeutung.

Konterkariert sich der Wertewesten nicht selbst mit dieser Politik? Wie gehen wir mit den massiven westlichen Völkerrechtsverletzungen um? Untergräbt diese offensichtliche Asymmetrie den Status des noch dominanten westlichen Finanzsystems und der Rolle des USD als Leitwährung? Die Antwort lautet "ja". Man mag hier eine "Schlacht" gewinnen, ob man damit den "Krieg" gewinnt, sei dahingestellt. Aktienmärkte legten überwiegend zu. So gewann der Late Dax 1,25%, der EuroStoxx 50 0,91%, der S&P 500 1,13% und der zuletzt geschundene Citi US Tech 100 1,21%.

An den Rentenmärkten ergab sich eine etwas entspanntere Situation. 10-jährige Bundesanleihen rentieren mit 2,48% (Vortag 2,50% ) und 10-jährige US-Staatsanleihen mit 4,61% (Vortag 4,67%).

Gold und Silber waren gestern die Verlierer. Der EUR ist gegenüber dem USD kaum verändert.

Deutschland: BDI mit nüchternen Prognosen

Die deutsche Industrie rechnet mit einem schwierigen Jahr. Die Produktion dürfte 2024 im Jahresvergleich um 1,5% zurückgehen, teilte der BDI zum Auftakt der Hannover-Messe mit. Bei den Warenexporten erwartet der BDI 2024 eine Stagnation (Vorjahr -1,5%).

Kommentar: Die Weltproduktion steigt, bei uns nimmt sie ab! Das belegt, dass es sich nicht um ein Konjunktur-, sondern um ein Strukturproblem handelt. Wird dieses Strukturproblem durch diese Regierung angemessen strukturell adressiert?

Ich gebe Ihnen drei Antworten zur Auswahl:

1. Nein! 2. Nein, nicht ansatzweise ! 3. Nein, auf keinen Fall! Die Kappung des Wachstumschancengesetzes von 7 auf 3,2 Mrd. EUR ist auch nicht hilfreich.

O-Ton BDI Chef Russwurm: "Die Industrie in Deutschland hat sich von den Kosten- und Nachfrageschocks, von zeitweise extrem hohen Energiepreisen und von der Inflation noch nicht erholt". Er nannte die Produktionsprognose besorgniserregend.

Kommentar: Der BDI, aber auch der DIHK und andere Verbände waren unter Kanzlerin Merkel und bis Frühjahr 2023 gegenüber der Regierung mindestens "handzahm", wenn nicht sogar opportunistisch unterwegs. Wurden seinerzeit kritische Stimmen in den Verbänden ernst genommen (eigene Erfahrungen)? Die Antwort lautet: "Nein!" Ich begrüße den Sinneswandel, Klartext zu reden, denn es geht um die wegbrechenden Grundlagen für unseren Wirtschaftsstandort. Es ist spät, es ist sehr spät!

Auch für die Gesamtwirtschaft ist der Verband, der zuletzt zu den schärfsten Kritikern von Kanzler Scholz gehörte, pessimistisch. Hierzulande rechnet der BDI 2024 mit einem Wachstum von 0,3%, während die Weltwirtschaft um 3% zulegen dürfte. Damit würde Deutschland erneut abgeschlagen sein unter den großen Industrieländern. O-Ton Russwurm: "Für den Industriestandort bleiben die Herausforderungen groß. Stärkeres Wachstum und erfreulich guten Profit erzielen deutsche Unternehmen derzeit vor allem an ihren Produktionsstandorten im Ausland."

Kommentar: Was werden die dominanten Blackrocks & Co. als Aufsichtsräte von den Vorständen fordern? Investitionen zur Stärkung des Kapitalstocks vor Ort, der alle Einkommen für Staat und Haushalte ultimativ generiert, oder Investitionen dort, wo sie sich rechnen? Das Eis für diesen Standort war nie zuvor dünner als heute, da hilft keine Verbalakrobatik Herr Scholz! Kein esoterisches Narrativ wird die Kraft des normativ Faktischen korrigieren. Es kann nur durch eine fulminante Kehrtwende in den Feldern Außenpolitik, Innenpolitik, Wirtschafts- und Finanzpolitik gelingen, um überhaupt das massiv erodierte Vertrauen der Wirtschaft (!) wiederzugewinnen.

Russwurm forderte, Deutschland brauche wettbewerbsfähige und langfristig planbare Energiepreise. O-Ton: "Die Stromnetzentgelte müssen deutlich gesenkt werden und die Regierung muss die angekündigte Kraftwerksstrategie und die Wasserstoffstrategie schnell konkretisieren und mit Priorität umsetzen. Die Unternehmen benötigen außerdem dringend weniger Bürokratie". Das vierte Bürokratieentlastungsgesetz sei kein Befreiungsschlag. Zusätzlich müssten die Unternehmenssteuern auf ein wettbewerbsfähiges Niveau von 25% gesenkt werden. Derzeit sind es knapp 30%.

Kommentar: Grundsätzlich gehen die Forderungen in die richtige Richtung. Es bedarf einer Regierungspolitik der Solidarität mit der Wirtschaft, unserem Kapitalstock, der ultimativ die Grundlagen für gesellschaftspolitische als auch politische Stabilität legt.

Eine Adressierung der "Heißen Eisen" der Außenwirtschaftspolitik, die Offenheit für Importe und Exporte in einer gesetzesbasierten Ordnung zur Grundlage haben muss (Wer greift an China oder USA?), scheint der Notwendigkeit der "politischen Korrektheit" geopfert zu werden.

Gaspreise: Keine Konkurrenzfähigkeit

Derzeit stellen einige Vertreter der Regierung stolz darauf ab, dass die Gaspreise wieder auf dem Niveau vor der Ukraine-Krise seien. Das ist richtig. Es ist dennoch nur die halbe Wahrheit, denn damit sind die Probleme der Konkurrenzfähigkeit bei Energiepreisen nicht gelöst.

Im aussagefähigen Dreijahresvergleich ergibt sich zwischen den Gaspreisen in Europa und den USA ein massives Delta zu unseren Lasten in Höhe von circa 80% (Europa +43,5%, USA - 36,4%). Ergo, wir sind preislich nicht konkurrenzfähig (Charts © Finanzen.net).

 

Wir leben seit circa 300 Jahren in einem dynamischen energetischen Zeitalter. Jede Form des heutigen Wohlstands ist korreliert mit dem intensivierten und optimierten Einsatz von Energie. Das ist so und das bleibt so. Wir brauchen pragmatische Lösungen, definitiv keine ideologisierte Energiepolitik. Ohne Energie geht nichts! Norwegen bietet Lösungen (es gibt noch mehr Ansätze). Norwegen kann laut Ministerpräsident Store (Auftritt auf Hannover-Messe) den gesamten europäischen Kohlendioxid-Ausstoß für Jahrzehnte speichern.

Datenpotpourri der letzten 48 Handelsstunden

Eurozone: Verbraucherstimmung auf höchstem Stand seit März 2022

Der Index des Verbrauchervertrauens der Eurozone ist per Berichtsmonat April laut Erstschätzung von zuvor -14,9 auf -14,7 Punkte gestiegen (Prognose -14,4).

Niederlande: Der Index des Verbrauchervertrauens stieg per April von -22 auf -21 Punkte. Es istder höchste Indexstand seit Oktober 2021.

USA: Sammelindex etwas höher

Der Chicago Fed National Activity Index (Sammelindex aus 85 US-Einzelindikatoren) stellte sich per Berichtsmonat März auf 0,15 nach zuvor 0,09 Punkten (revidiert von 0,05).

 

Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine negative Tendenz. Ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1,0950 – 1,0980 negiert das für den EUR negative Szenario.

Viel Erfolg!

 

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