Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 0,9831 (05:52 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 0,9722 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 148,92. In der Folge notiert EUR-JPY bei 146,42. EUR-CHF oszilliert bei 0,9785.

Finanzmärkte in guter Laune

Die Aktienmärkte legten in den letzten 24 Stunden zu. Der Markt feierte zunächst die Rolle rückwärts im UK (siehe unten). Es gab weitere ermutigende Nachrichten. Die Gasfüllstände sind in Europa hoch. In Deutschland sinkt die Zahl der Insolvenzen. Die deutsche Industrie baut Beschäftigung auf. EZB-Vize de Guindos erwartet eine Stabilisierung des Euros und Kanzler Scholz kann „Machtwort“ (Weiterbetrieb von drei AKWs). An den Kapitalmärkten ergab sich milde Entspannung (10-jährige Bundesanleihe 2,28 %, 10-jährige US-Staatsanleihe 3,98 %). Der USD verlor gegenüber dem EUR an Boden. Gold und Silber konnten leichte Zugewinne verbuchen.

Truss mit Verfallsdatum?

Die britische Regierung kassiert sechs Wochen nach Amtsantritt von Premierministerin Truss ihre Steuerpläne ein. Der neue Finanzminister Hunt erklärte gestern, nahezu alle angekündigten Maßnahmen würden rückgängig gemacht. Damit würde darauf verzichtet, neue Schulden aufzunehmen, um Steuersenkungen zu finanzieren. Stabilität sei oberstes Gebot. Die Bank of England stellte am Freitag das Ankaufprogramm ein, das darauf abzielte die Verwerfungen an den britischen Anleihemärkten zu konterkarieren. Folgende Maßnahmen werden beschlossen:

  • Der Grundsteuersatz von 20 % bleibt bestehen.
  • Steueränderungen, um zusätzlich 32 Mrd. GBP pro Jahr einzunehmen, sind geplant.
  • Deckelung der Energiepreise für Verbraucher nur bis April 2023.

Kommentar: Als Quintessenz dieses in Großbritannien einmaligen Politdebakels muss man sich fragen, wer das UK regiert. Ist es Frau Truss, ist es Herr Hunt oder ist es der Finanzmarkt? Die sinnstiftende Antwort ist, dass es alle drei sind. Frau Truss ist es (noch) offiziell. Der Finanzmarkt hat der Regierung ihre Grenzen aufgezeigt und damit politischer Selbstüberschätzung die rote Karte gezeigt. Hunt liefert mit seinen Maßnahmen eine politische Offensive, die die Chance eröffnet, dass die Regierung Teile des verlorenen Vertrauens an Finanzmärkten und auf der internationalen Bühne wieder zurückgewinnen kann.

Der Markt feierte Hunt mit seinem Programm ab. Das mag kurzsichtig sein, denn die Folgen dieser Politik werden voll in der Konjunktur ankommen und die Konjunkturlage, die Wohlstandslage, unter Umständen die gesellschaftspolitische und politische Stabilitätslage belasten. Dennoch ist es die richtige strukturelle Entscheidung.

Eine Analogie zu der Eurodefizitkrise und den notwendigen zunächst schmerzhaften Reformen besteht. Nur sind die Bedingungen vollständig anders. Die Reformländer konnten sich auf europäische Solidarität in der Finanzierung und in der Politik verlassen, das UK nicht.

Es gibt einen weiteren elementaren Unterschied. Welche Chancen hat das UK international, um sich zu stabilisieren? Das Verhältnis mit der EU ist ultimativ zerrüttet. Die Verhältnisse zu Russland und China sind weitgehend zerstört. Mit den USA gibt es kein Freihandelsabkommen. Indien zeigte dem UK zuletzt sehr viel „kalte Schulter“. Die UK-Abschiebungspolitik lastet auf den Verhältnissen zu aufstrebenden Ländern. Die damit erkennbare außenpolitische Isolierung des UK stellt eine massive Bürde für den Wirtschaftsstandort UK dar. Diese Belastungen waren den Reformländer der Eurozone fremd.

Frau Truss gestand gestern Fehler ein, sie will aber weiter regieren. Nun, sie wollte auch ein Programm voller politischer Hybris. Es kommt wohl weniger darauf an, was sie will. Frau Truss hat in ihrer Funktion mit höchster Wahrscheinlichkeit ein zeitnahes Verfallsdatum.

Ifo-Umfrage: Inflation bleibt länger hoch

Ökonomen rechnen laut der vierteljährlichen Umfrage (1687 Teilnehmer aus 100 Ländern) des Ifo-Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik weltweit mit hohen Inflationsraten bis ins nächste Jahr hinein. Die für dieses Jahr erwartete Teuerungsrate liege bei 9,5 %. Die Inflationserwartungen für 2022 sind im Vergleich zum zweiten Quartal deutlich um 1,8 % gestiegen. Auch danach sehen die Volkswirte höhere Inflationsraten: Für die abgefragten Jahre 2023 und 2026 erwarten sie weltweit 7,5 % und 5,0 %.

Kommentar: Erkennbar ist eine mentale Neuausrichtung bei Ökonomen und Analysten. Die Anomalie der niedrigen Inflation, die maßgeblich den Effekten der Globalisierung (Ursprung, u.a. Lohnarbitrage) als auch aktiver Zentralbankpolitik geschuldet war, verliert in der Entglobalisierung ihre Wirkungskanäle.

China spielt mit gutem Ruf bei Statistik

China verschob ohne Erklärung die Veröffentlichung wichtiger Daten zur Konjunkturentwicklung (Bruttoinlandsprodukt drittes Quartal 2022, Industrieproduktion, Einzelhandelsumsätze, Arbeitslosenquote). Bereits letzten Freitag wurde die Statistik zum Außenhandel im September nicht wie geplant veröffentlicht.

Kommentar: China hatte sich einen guten Namen hinsichtlich der Verlässlichkeit der Statistik aufgebaut. Es gab eine im internationalen Vergleich geringe Revisionsanfälligkeit der Datensätze. Ergo war eine hohe qualitative Basis gegeben. Es gab aber eben auch eine pünktliche Lieferung der Daten. Dass es jetzt an dieser Stelle mangelt, irritiert nicht unerheblich. Für Märkte ist Transparenz wichtig. Dazu gehört auch die Einhaltung dieser Liefertermine für Daten. Bei Nichtlieferung sollte es gute Gründe geben, die offen kommuniziert werden. Das aktuelle Verhalten aus China untergräbt Vertrauen.

Das Thema UK zeigt, dass man Vertrauen zügig verspielen kann. Es wieder aufzubauen, ist mühsam und langwierig. Wir sind gespannt, wann die Daten geliefert werden und welche Qualität sie haben werden.

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Italiens CPI erwartungsgemäß bei 8,9 % (J)

Italien: Gemäß finaler Berechnung nahmen die Verbraucherpreise per September im Monatsvergleich um 0,3 % (Prognose und vorläufiger Wert 0,3 %) zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 8,9 % (Prognose und vorläufiger Wert 8,9 %).

USA: New Yorks verarbeitendes Gewerbe schwächer

Der New York Fed Manufacturing Index sank per Oktober von zuvor -1,50 auf -9,10 Punkte. Die Prognose lag bei -4,00 Zählern.

Neuseeland: CPI höher als erwartet

Die Verbraucherpreise nahmen per drittem Quartal 2022 im Quartalsvergleich um 2,2 % (Prognose 1,6 %) nach zuvor 1,7 % zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 7,2 % (Prognose 6,6 %) nach zuvor 7,3 %.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0300 – 1.0330 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg

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