Die Abwanderung von Unternehmen in andere Länder ist immer eine Bedrohung für Industrieländer. In Deutschland haben viele große Konzerne bisher trotz der Verlagerung nennenswerter Teile der Produktion ins Ausland vor der finalen Trennung zurückgeschreckt. Viele Gründe zum Verbleib gibt es jedoch nicht mehr, sodass die Bewegung, die in den letzten Jahren Fahrt aufgenommen hat, noch lange nicht den Höhepunkt erreicht haben dürfte.

Ein Beispiel für die zunehmend anstrengenden Bedingungen findet sich in der überbordenden Regulierung. Unabhängig davon, wie groß der Anteil der Einflussnahme aus Brüssel mittlerweile ist, die für die Regulierung in Deutschland Verantwortlichen schaffen es stets, noch eine Schippe draufzulegen.

Ein aktuelles Beispiel ist die ESG-Regulierung, bei der der Begriff Nachhaltigkeit missbraucht wird, um eine in vielen Teilen fragwürdige Lenkungswirkung bei allerlei Randthemen herbeizuführen. Die dritte Säule der Nachhaltigkeit im ursprünglichen Sinne, die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit und Machbarkeit hingegen, blendet man konsequent aus. Das ist nicht nur nervtötend, sondern bindet auch eine wachsende Menge an Ressourcen in den Betrieben. Irgendjemand muss all die Reports und Präsentationen erstellen, selbst wenn sie niemand liest.

Ungezählte Mitarbeiter dürfen Woche für Woche teils emotional aufgeladene Präsentationen über sich ergehen lassen, bei denen es selbst langjährigen Mitarbeitern schwerfällt, sich zwischen Mitleid gegenüber den ebenso übermotiviert wie verspannt wirkenden Vortragenden und dem Ärger über die Zeitverschwendung zu entscheiden.

Auch die Wirtschaftsprüfer müssen sich mit diesen Themen beschäftigen, wissen aber angesichts der schwammigen Regulierung auch nicht immer, was genau eigentlich vom wem berichtet werden muss. Dies alles führt zu weiteren Gesprächszirkeln, die Zeit und eine Menge Geld kosten, mit dem Kernprozess der Herstellung von Gütern und der Bereitstellung von Dienstleistungen jedoch nichts zu tun haben. Bezeichnungen wie „Die Ritter der Schwafelrunde“ für die Teilnehmer an solch nutzlosen Besprechungen bürgern sich in den Unternehmen nicht ohne Grund ein.

Neben der Regulierungswut sind auch die Kosten der Arbeit ein Dauerthema. Bei diesen geht es nicht nur um etwaige Stundenlöhne, sondern auch um die Entwicklung der Arbeitsauffassung der Mitarbeiter im Zeitverlauf. Ähnlich wie bei der Inflation, sagt die Quantität eines Gutes nicht alles über dessen Wert aus. Auch die Qualität muss in die Bewertung einbezogen werden. Das gleiche gilt natürlich auch für die Arbeitsleistung von Mitarbeitern.

Besondere Würze erhält diese Melange durch die Beimischung ideologisch geprägter Ansätze mit hoher Lenkungswirkung wie den leistungslosen Bezug von Geld, der die Menschen nicht unbedingt dazu verlockt, eine Stelle anzunehmen. Abseits dieser Themen, die ihrerseits jeweils ein Buch füllen könnten, spielen nicht zuletzt die oben genannten Energiekosten eine große Rolle. Dies gilt insbesondere aber nicht nur in den energieintensiven Branchen.

Die untenstehende Grafik zeigt beispielhaft die Industriestrompreisniveaus einiger Regionen inklusive der spezifischen Subventionen in einigen energieintensiven Branchen.

 

Wenig überraschend vermittelt das Strompreisniveau in Deutschland nicht den Eindruck überbordender Konkurrenzfähigkeit. Die im Vergleich höheren Kosten müssen an anderer Stelle kompensiert werden, wenn die Produkte für Abnehmer attraktiv sein sollen. Wenn nur einzelne zusätzliche Kosten ausgeglichen werden müssen und diese keinen allzu großen Einfluss haben, kann dies durch eine verbesserte Produktivität zumindest temporär gelingen.

Wenn allerdings simultan die dazu notwendige Möglichkeit, effizienter zu produzieren, durch eine wirre und ausufernde Regulierung konterkariert wird, nehmen die Möglichkeiten der Unternehmen zum Erhalt der Konkurrenzfähigkeit dauerhaft ab.

Allein im Hinblick auf die Entwicklungen in den Bereichen Bildung, Steuern, Regulierung und Energiekosten stellt sich mittlerweile die Frage, wo genau sich der Wettbewerbsvorteil Deutschlands als Wirtschaftsstandort eigentlich befinden soll, vom dem mancher aus Gewohnheit noch auszugehen scheint.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Wettbewerbsvorteile und Konkurrenzfähigkeit sind wie Wohlstand. Sie fallen nicht vom Himmel, sondern müssen erarbeitet werden. Dies fällt umso leichter, je größer die noch vorhandene Substanz ist. Der Verlust von Unternehmen, die ja nicht nur Produktions- sondern auch Ausbildungsstätten sind, verursacht dauerhaft einen gewaltigen Schaden an dieser Basis.

Aus Sicht der Unternehmen ist der Exodus leider nachvollziehbar. Ärgerlich ist es jedoch, wie viele Unternehmenslenker, die sich heute beklagen, noch vor wenigen Jahren die zum heutigen Zustand führenden politischen Entwicklungen unterstützt haben.

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