Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. Mit Wertpapieranalyse und Anlagestrategien beschäftigt er sich seit Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums 1990. Robert Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernseh- und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie durch Fachpublikationen präsent.
Die Zutaten für weiter stabile Aktienmärkte sind vorhanden. Mit Impffortschritten verringern sich die Corona-Risiken und vergrößern sich die Wirtschaftschancen. Das dynamische Wachstum in Asien und Amerika kommt den Exportwerten Europas ohnehin zugute. Zwar wächst mit der Konjunktur auch die Inflation, der Angstgegner der Aktien. Und dennoch wird der Falke nicht die Taube als Wappentier der Notenbanken verdrängen.
Deutsche Aktien galten lange Zeit als wenig populär. Gegenüber den Rockstars der amerikanischen IT-Branche konnten sich die deutschen Industrie-Schlager kaum Gehör verschaffen. Und sicher setzt auch die deutsche Politik keine attraktiven Rahmenbedingungen für Hits am Aktienmarkt. Trotzdem, in den Börsen-Charts sind deutsche Aktien derzeit populärer als die transatlantische Konkurrenz. Ein Rekordhoch jagt das nächste. Woher kommt der Sinneswandel und wie geht es weiter?
Auf der letzten Sitzung verweist Fed-Chef Powell auf eine wieder stark wachsende US-Wirtschaft. Doch plant er keine absehbaren Leitzinserhöhungen bzw. ein Ende der Liquiditätsschwemme. Aus Angst, die Konjunktur frühzeitig abzuwürgen, bleibt er „täubisch“. Hinzu kommt die Sorge vor einem Zins-Blutbad, wenn man die künstlich gedrückten Anleiherenditen in die marktwirtschaftliche Freiheit entlässt. Der Aktienmarkt ist erleichtert, aber die Freude ist bei Value-Werten größer als bei Growth.
Auf ihrer letzten Sitzung hat die EZB zwar ihre Inflationsprognosen erhöht. Restriktionen bleiben aber aus. Denn das Wachstum der Eurozone fällt verhalten aus. Ohnehin wird die Inflation nach Auslaufen der konjunkturellen Nachholeffekte ab 2022 wieder nachgeben. Und schließlich sind der Notenbank wegen der Überschuldung Europas die Hände gebunden. Schon die zuletzt gestiegenen Anleiherenditen bereiten ihr Sorge. Das heißt, EZB und Aktien bleiben ziemlich beste Freunde.
Da Gold keine laufende Rendite abwirft, sind Zinsen grundsätzlich sein größter Feind. Doch wegen der Zins-Abrüstung wurde lange Jahre die Friedenspfeife geraucht. Zuletzt jedoch wurde das Kriegsbeil wieder ausgegraben. Da die Inflation ihre hässliche Fratze zeigt, rüstet der Zins-Feind erneut auf. Tatsächlich scheint die Zinswende stattzufinden. Doch neben Zinsanlagen suchen auch weitere Anlageklassen den Streit mit Gold. Erlebt Gold wie Napoleon sein Waterloo?
Wegen Konjunkturerholung und hohen Rohstoffpreisen steigen auch die Inflationserwartungen. Früher bedeuteten Preissteigerungen am Morgen Zinssteigerungen mittags und fallende Aktienkurse am Abend. Schalten die Notenbanken beginnend mit der Fed bald auf Schubumkehr und ist sogar die Liquiditätshausse als langjähriges Mega-Thema gefährdet? Hoch bewertete Aktien zeigen bereits Wirkung wie ein angeschlagener Boxer. Wiederholt sich also Börsengeschichte? Kommt der zinsseitige Kipppunkt für Aktien?
Es ist ein bisschen untergegangen. Aber in der Corona-Krise legt die EU ein gewaltiges Hilfspaket auf. Herzstück ist der Wiederaufbaufonds über 672,5 Mrd. Euro. Erstmals wird er über gemeinsame EU-Schulden gestemmt, die auch erstmals über kollektive EU-Anleihen finanziert werden. Die Politik spricht von Solidarität innerhalb der EU. Doch fallen auch die letzten europäischen Stabilitätshüllen mit allen nackten Folgeschäden.
Nach schneller Corona-Genesung hat China den Startschuss für eine Rohstoff-Rallye gegeben. Die globale Durchimpfung und die sich insofern etablierende Erholung der Weltwirtschaft haben die Dynamik noch verstärkt. Ohnehin helfen Amerika und Europa der Konjunktur mit Hilfe von Geld- und Fiskalpolitik weiter auf die Sprünge. Steht nach einem Jahrzehnt gedämpfter Preise nun ein neuer Rohstoff-Bullenmarkt bevor?
Nach 30 Jahren Dämmerlicht strahlt der japanische Leitindex Nikkei 225 wieder hell über der 30.000 Punkte-Marke. Ist die Sonne über Aktien-Japan endgültig aufgegangen? Oder gehen bald wieder die Lichter aus? Seit seinem Allzeithoch Ende 1989 mit 38.957,44 Punkten wäre es nicht das erste Mal, dass der Nikkei 225 erfolglos versuchte, an seine historischen Erfolge anzuknüpfen.
Die neue US-Regierung betreibt leidenschaftliche Konjunkturrettung und damit fundamentale Aktienförderung. Mit billionenschweren Corona-Hilfen steigt jedoch auch die Gefahr einer spürbaren Inflationsbeschleunigung. Wenn diese zu steigenden Zinsen führt, versiegt die Liquiditätshausse als langjährige Lebensader von Aktien.
Aktien in den USA, aber mittlerweile auch in Europa erklimmen immer neue Rekordstände oder sind nahe dran. Längst liegen manche Aktienbewertungen auf Himalaya-Niveau. Zugleich erinnert die wilde Zockerei mit Einzeltiteln, deren Geschäftsmodelle so stabil wie Sandburgen sind, fatal an die frühere Dotcom- und Immobilienblase. Wiederholt sich deren Schicksal heute wieder? Steht das Platzen der nächsten Aktien-Blase bevor?
Andauernde Lockdowns, Virusmutationen und Impfstoffknappheit bergen zwar konjunkturelle Risiken, dennoch hellen sich die Ausblicke weltweit insgesamt auf. Allerdings zeichnet sich eine ungleichmäßige Erholung ab. Während China erfolgreich Viruseindämmung betreibt und die USA großzügige Fiskalunterstützung mit Impfdynamik koppeln, lässt es Europa an Anstrengungen fehlen.