Dagegen ist es an der Börse (noch) recht gemütlich, auch wenn die Wirtschaftsdaten einen etwas frösteln lassen. Im letzten Jahr ist das deutsche Bruttoinlandsprodukt um 0,3 Prozent gesunken. Ich weiß nicht, wie viel das ist, aber es ist weniger. Doch damit kommen wir auch unseren Klimazielen näher. Wer nicht mehr wächst, braucht auch nicht mehr so viel Energie. Und in der Tat! Die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen schätzt fürs letzte Jahr einen Rückgang des Energieverbrauchs von 7,9 Prozent auf 368 Millionen Steinkohleeinheiten oder 10.791 Petajoule. Das ist ein Viertel weniger Primärenergie als beim Höchststand von 1990.

Wenn jetzt noch die Politik die Industrie und die Landwirtschaft loswird, brauchen wir noch weniger Energie, retten den Planeten und sparen uns künftig die Sonnencreme, während derweil die gemeine Grünpflanze im Garten fragt, ob sie dann mit weniger Kohlendioxid auskommen muss.

Keine Sorge! Was wir hier sparen, wird woanders verfeuert und damit das BIP angeheizt. Die von uns nicht verheizten „Steinkohleeinheiten“ wirken anderswo     preisdämpfend auf die Marktpreise und subventionieren den Aufstieg der anderen. Herrlich! Sind wir nicht nett? Ja, das sind wir, auch wenn es uns keiner danken wird. Wir schrumpfen leider, vielleicht sogar politisch gewollt, aber in moralischer Schönheit! Ich frage mich, ob das aus Unverstand oder Dummheit passiert. Aber wozu sich aufregen? Wenn man vorbereitet ist, ist das Kommende wahrscheinlich nicht nur die Pflicht, sondern teilweise auch die Kür.

Es geht ja auch mit weniger von dem ganzen Schnickschnack, der uns als Wohlstand verkauft wird. „Mehr“ von allem war vielleicht doch weniger gut? Ist der Irrsinn in der Sackgasse angekommen? Dabei ist fast alles aus der Zukunft geborgt, der Wohlstand auf Krediten gebaut in einem Geldsystem, wo alles wachsen muss und die Leute längst zu einem „mehr von allem“ erzogen wurden. Sie wählen das auch, wenn es ihnen versprochen wird. Bis zum Zahltag.

Das Dumme ist auch, dass, wenn die Wirtschaft nicht mehr wächst und der Steuerraub an seine Grenzen stößt, der zu verteilende Kuchen auch kleiner wird. Gleichzeitig wollen dann immer mehr Menschen davon etwas abhaben. Vielleicht erleben wir sogar DAX-Rekorde, während vor der Börse die Leute demonstrieren.

Künftig wird weniger die Frage gestellt, ob man dort aus viel noch mehr machen kann, sondern, ob man auch mit weniger über die Runden kommt. Wo kann man sparen? Was braucht man nicht und was kann weg? Kann weniger sogar für mehr Zufriedenheit sorgen? Sicher! Nur Mut!

Erst einmal werden wir die Gürtel enger schnallen müssen und laut nach Zinssenkungen rufen. Da es aber offenbar noch etwas dauert, gab es zwischendurch auch mal einen kleinen Börsenkater. Es kann dort nochmal billiger werden. Auch fein! Allerdings steht jetzt schon jeder bereit, sofort zu reagieren, wenn die Zinsen wegen der Wirtschaftsschwäche und/oder der ausufernden Staatsausgaben doch bald schon gesenkt werden. Das hält eine Wirtschaft davon ab, sich zu bereinigen.

Auch die Zombie-Unternehmen werden frohlocken, wenn Geld wieder nichts mehr kosten sollte. Ergo: Die Zinsen werden sinken, weil sie sinken müssen. Von daher ist unter den Kursen an der Börse immer auch eine Art von Hoffnungspuffer. Im rechten Moment muss man dabei sein. Geklingelt wird wieder nicht, wenn das kluge Geld das Bare gegen Wahres tauscht.

Und die Inflation? Die bleibt klebrig, was jeder beim Wochenendeinkauf spürt. Niemand denkt daran oder wird erinnert, dass es die Währungshüter waren, die die Währung vor dem Verfall nicht gehütet haben, als sie mit der Politik im Bett lagen. Die Gelddrucker haben dafür gesorgt, dass die Regierungen handlungsfähig blieben und den Zins als Preis für Geld ausgeschaltet haben. Und jetzt? Im neuen EZB-Protokoll steht, dass sich die Währungshüter für anhaltende Wachsamkeit und Geduld aussprechen. Echt jetzt?

Da verlassen wir uns doch besser auf Habecks Wirtschafts-Wunder-Ministerium. Schließlich weiß man dort, wie gerne nicht nur die Kinder all seine Märchen lieben. Nur die Märchen mit dem süßen Brei und dem Schlaraffenland werden gerade zu den Akten gelegt.

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