Es scheint, als würden die höheren Zinsen jetzt schon dem einen oder anderen Unternehmen ein Bein stellen. Am Dienstag gestand die US-Notenbank ein, ihr Tun oder Lassen habe nicht zu dem Erfolg im Kampf gegen die Inflation geführt, den sie sich wünschte. Man bekommt nur selten das, was man sich wünscht, sondern das, was man verdient.

Narren des Glücks

Zentralbanker sind auch nur arme Narren ihres Glücks, wie die Käufer von Lottoscheinen. Erst sahen sie die Inflation nicht kommen, die sie selbst erzeugen wollten. Als sie dann aber kam, sollte sie nur „vorübergehend“ sein, bis sie in ihrem Teppich eingetrocknet ist wie ein aus Versehen mit nach Hause verschlepptes Hundehäufchen. Der sogenannte Kampf gegen die Inflation geht weiter.

US-Notenbankchef Jerome Powell wurde so verstanden, als wären 5,5 Prozent Leitzins nicht das Ende. Die FED wäre von weiteren Daten abhängig. Vielleicht ist genau dies das Problem. Die Geschichte zeigt ja, dass zu hohe Zinsen immer für Ärger und Not unter den Schuldnern gesorgt haben.

Der Zusammenbruch der Krypto-Bank Silvergate Capital und SVB Financial, einem Startup-Finanzierer, sorgte für ein erstes Börsenbeben. Der US-Bankenindex (KBW) hat in zwei Tagen knapp zwölf Prozent eingebüßt. Die Rettungswagen kamen diesmal schnell. Glutnester wurden ausgetreten, doch das Grundproblem mit den gestiegenen Zinsen bleibt. Kommt da noch was Größeres? Wahrscheinlich. Wir wissen nur nicht wo und wann...

Und wer weiß, wen schon länger die Zinslast drückt, ohne dass das groß an die Glocke gehängt wird? Das Wall Street Journal berichtet, dass US-Banken mittlerweile 620 Milliarden Dollar nicht realisierte Verluste aus ihrem Anleihe-Portfolio vor sich herschieben. Das ist kein Problem, solange sie ihre Positionen, die sie endfällig halten, nicht verkaufen, und damit die Verluste realisieren müssen. Aber wehe, wenn sie verkaufen müssen wie die Silicon Valley Bank…

Arme Schuldner

Wie nach einem schlechten Abendessen rannten die Börsen in der letzten Woche erst einmal in die Kachelabteilung zu einer ersten Erleichterung. Den Gutgläubigen erzählte man, sie müssten sich keine Sorgen machen. Und eine Zinswende sei nicht schlimmer als ein Besuch der Schwiegermutter und endet in einer sanften Landung, also bei irgendwas zwischen Soft Cake und Soft Drink. Dabei wirkt der Zins auf zu refinanzierende Schulden schon länger wie ein Strick um den Hals eines Kreditnehmers. (und -nehmerinnen, Pardon!)

Für den Fall der Fälle

Was passiert, wenn es eine weitere Bankenkrise geben sollte? Sie wissen ja, dass man mit Geld auf der Bank dieser gegenüber nur eine Forderung hat. Auf den Einlagensicherungsfonds sollte man sich nicht umfänglich verlassen. Wer an seinem Girokonto ein Depot hängen hat, kann mit wenigen Mausklicks seine Forderungen gegenüber der Bank in Forderungen gegenüber einem Staat umtauschen. Für den Fall der Fälle tauscht man einen mehr oder weniger großen Teil seiner Guthaben in Staatspapiere. If panic, panic first…

Zweijährige US-Staatsanleihen werfen übrigens gerade 4,58 Prozent Rendite ab. Für zweijährige deutsche Staatsanleihen liegt sie bei 3,01 Prozent. Das ist mehr als ein Termin- oder Festgeld. Zudem hat man seine Forderung gegenüber der Bank in eine gegenüber einem Staat umgetauscht. Nein? Doch!

Dass kurze US-Staatsanleihen so hohe Renditen abwerfen, führt übrigens auch dazu, dass die Leute ihr Geld von den US-Banken abziehen und Staatspapiere kaufen. Clever? Oh ja! Aber sehr schlecht für die Banken, verlieren sie doch Einlagen, die ihnen Erträge bieten. Wer auf Gold gesetzt hat, schläft ohnehin gut.

Gewitter unterm Gewächshausdach

Wie geht es eigentlich den Zombies? Also denen, die noch laufen, obwohl sie schon liegen. Die schon tot sind, es aber noch nicht wissen. Die Zahl derer ist durch die künstlich niedrigen Zinsen gewachsen, wie Schimmel an Wänden in schlecht gelüfteten Zimmern. Jahrelange Nullzinsen wirken für sie wie künstlicher Dünger für Tomaten im Gewächshaus mit Braunfäule und haben eine echte Auslese der Starken verhindert. Jetzt aber, wo das Geld weit teurer geworden ist, besteht Nachtfrostgefahr.

Für Schuldner zählt bekanntlich jedes Prozent. Die USA haben vielleicht schon zu viele davon. Allein der Staat sitzt auf 31,4 Billionen US-Dollar. 2024 wird der Schuldenberg dann auf rund 34 Billionen US-Dollar anwachsen. Dazu kommen 16 Billionen Schulden von privaten Haushalten und 12,5 Billionen US-Dollar aus der Wirtschaft. Bei Lichte betrachtet sind die USA finanziell so etwas wie Griechenland, nur haben die Amerikaner (noch) ihre Weltleitwährung. Binnen eines Jahres sind die Zinsen dort um vier Prozent gestiegen und bald noch weiter. Der nächste Unfall kommt also mit Ansage und damit wahrscheinlich auch mal wieder tiefere Kurse. Wünschen sich das nicht so viele Anleger?

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