Innerhalb der Kommentarfunktion meines letzten Artikels <link>Sparflut als Ursache der Staatsverschuldungen vom 05.02.2013 gab es eine spannende Diskussion um die Frage, ob ein Goldstandard mit begrenzter Goldgeldmenge dauerhaft problemfrei funktionieren kann und eine attraktive Alternative zum bestehenden FIAT-Money-System wäre. Die These beinhaltet hierbei, dass es unproblematisch sei, wenn bei einer gesamtwirtschaftlichen Erhöhung der Produktion die Preise für Waren aufgrund der konstanten Geldmenge sinken.
Dazu sei zunächst gesagt, dass in einem inflationären System diejenigen den Vorteil haben, die das Geld zuerst ausgeben und noch zu günstigen Preisen einkaufen können, bevor diese durch die höhere Geldmenge zu steigen beginnen. In aller Regel ist es der Staat, der durch massive Ausweitung seiner Schulden neues Geld schöpft und gleichfalls mit dieser Maßnahme dieselben weginflationiert.
In einem System mit konstanter Ge(o)ldmenge kehrt sich der Vorteil der ersten Geldausgabe hingegen um. Derjenige der spät sein Geld verkonsumiert, also die Goldgeldhorter genießen den Vorteil günstiger Preise. Dieser Effekt verstärkt sich, je länger sie ihre Goldgeldguthaben nicht verkonsumieren und durch Zins- und Zinseszinserträge gar noch vermehren.
Allerdings stellt sich ein solches System für Schuldner als sehr problematisch dar. Diese müssen natürlich ihre Kredite plus Zins erwirtschaften, um sie tilgen zu können. Bei fallenden Preisen – bedingt durch Ausweitung der Produktion – wird es für sie mehr und mehr unmöglich, ihre Schuld abzutragen, da die dafür benötigten Zahlungsmittel fehlen und/oder durch Hortung immer weniger werden. Am Ende passiert dann genau das, was wir auch im derzeitigen System beobachten können: Guthaben- und Schuldenpaare wachsen an und müssen irgendwann bereinigt werden. Bei beiden Systemen handelt es sich um die zwei Seiten ein und derselben Medaille! Das eine setzt auf Inflationierung der Geldmenge, das andere auf Inflationierung der Kaufkraft!
Ebenfalls führt die reziproke – also eine kaufkrafterhöhende Geldschöpfung in einem Goldstandard sehr wohl auch bei Marktteilnehmer zu Problemen, die einen Kredit für Investitionszwecke aufgenommen haben. Denn sie werden im Nachhinein – wenn sich gesamtwirtschaftlich der Ausstoß von günstigen Konsumgütern erhöht hat - nicht die Einnahmen für ihre Waren erzielen können, um den ehemals überteuert aufgenommen Kredit tilgen zu können. Denn bei gleichbleibender Geldmenge und gesamtwirtschaftlich erhöhtem Ausstoß von Gütern + Dienstleistungen sinken die Preise (gemäß Angebot und Nachfrage) allgemein, was natürlich auch die Preise für Maschinen und Investitionsgüter betrifft, die ursprünglich angeschafft wurden, um den Ausstoß von Produktionsgütern zu ermöglichen oder zu erhöhen.
Genau an dieser Stelle beißt sich die Katze in den Schwanz. Denn nachfolgende Neu-Unternehmen werden immer in der Lage sein, durch geringere Vorfinanzierungskosten billiger zu produzieren, als der am Markt schon etablierte Anbieter. Zu bedenken ist auch, dass in einem solchen reziproken Goldgeldsystem Löhne und Gehälter der sinkenden Goldgeldmenge angepasst werden müssen, damit Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit behalten.
Zudem kommt es in einem Goldgeldsystem bei der langfristigen Verleihung von Gold zum Zinseszinseffekt, falls die vereinnahmten Goldzinsen nicht vom Verleiher verkonsumiert werden. Auch an dieser Stelle müsste der ursprünglich vereinbarte Kreditzins während der Laufzeit ständig gesenkt werden, um die Schuldner in diesem System nicht zu übervorteilen.
Die Probleme – egal ob beim FIAT- oder Goldgeld – entstehen grundsätzlich und zwangsläufig immer dann, wenn Zahlungsmittel dem Realwirtschaftskreislauf entzogen werden. Dabei ist es unerheblich aus welchem Material (Gold, Silber, Papier, Bits & Bytes, etc.) zur Informationsspeicherung sie bestehen. Die sich diametral widersprechenden Geldfunktionen Zahlungsmittel und Wertaufbewahrungsmittel können nicht langfristig gleichzeitig und parallel funktionieren, wenn Zahlungsmittel dauerhaft gehortet oder mit Zinseszinseffekt langfristig angelegt bzw. verliehen werden.
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Grundsätzlich gibt es nichts am Horten und Sparen für die Zukunft auszusetzen, solange diese Vorsorge nicht in Zahlungsmitteln erfolgt. Sachwertsparen wie z.B. in Aktien oder Gold + Silber ist durchaus sinnvoll und keineswegs abzulehnen. Zum erwähnten Eichhörnchen im Kommentar des Lesers Wilfried Hein möchte ich anmerken, das ein jedes Eichhörnchen schließlich auch wahrhaftige, echte Nüsse sammelt und keineswegs bunte Baumwollzettel oder andere Informationsspeicher mit denen es irgendwann einmal besagte Nüsse kaufen könnte. ;-)
Es hilft alles nichts. Die Guthaben- und Schuldenblase, die sich in den letzten Jahrzehnten aufgebaut hat wird – eher früher als später – platzen müssen. Entweder durch Krieg, einen Schuldenschnitt oder Inflation. Der von mir beschriebenen vierten Möglichkeit steht nichts im Weg und die Durchführung könnte jederzeit nach internationaler Absprache erfolgen. Nämlich die besonnene und kluge Rückführung der am Kapitalmarkt gehorteten Zahlungsmittel in den Realwirtschaftskreislauf, um die privaten Guthaben und gegensätzlichen staatlichen Schulden wieder langsam auf ein gesundes Maß zurückzuführen.
Kommentare
Zunächst vielleicht einmal ein paar Punkte "drumherum", die Sie mit, bzw. indirekt angesprochen haben. Es geht dabei imho vielfach einfach nur um die menschliche Psyche und "(Denk-)Gewohnheiten", die einfach mal zu hinterfragen sind.
Zunächst: Gewinn durch "Hortung"
Gewerkschaften sind über Jahrzehnte gewohnt Lohnerhöhungen als Inflationsausgleich (und manchmal noch auf Grund von "Produktivitätssteigerungen") zu fordern
Im "reziproken System", in dem die Kaufkraft des Geldes steigt, werden sie vom Arbeitgeber angesprochen, auf Lohn zu verzichten (bzw. das sie weniger arbeiten sollen, müssen - oder können(!)). Die Kaufkraft des (Lohn-)Geldes steigt ja, ohne das sie mehr zur Produktion beisteuern. - Wohlgemerkt die Kaufkraft des Geldes, das der Arbeiter schon dann als Lohn bekommt, bevor der Unternehmer weis, ob er überhaupt Gewinn machen wird! (Unter diesem Kontext ist vlt. auch mal der "Manchesterkapitalismus" zu betrachten, der wegen seiner "Hungerlöhne" immer noch als Paradebeispiel der "Ausbeutung durch die Kapitalisten" gilt. Was wäre mit den Arbeitern passiert, wenn sie keine Hungerlöhne, von keinem Unternehmen (im Voraus) bekommen hätten? Dazu Frederic Bastiat: Was man sieht (die niedrigen Löhne) - und was man nicht sieht: (Die Verhungernden)
---> In einem System mit Geldwertsteigerung in Folge Produktivität gewinnen mitnichten nur die "Horter", sondern diejenigen, die ihren Lohn im Voraus empfangen (also der normale Arbeitnehmer). Das Risiko in Folge der durch Investitionen initierten Umverteilung von oben nach unten trägt der Unternehmer, der vormals das Geld "gehortet", bzw. von einem "hortenden Sparer" geliehen hat.
Die "(Gold-)Horter" tragen zudem durchweg das Risiko, das ihr gehortetes Gold nahezu wertlos werden kann, weil sich z.B. am Markt wegen Goldmangels ein anderes Tauschmittel durchsetzt. Sie dürfen also nie überreizen - auf einem freien Markt
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- "Goldstandard" ist NICHT "Gold-Geld" (das sich in einem freien Markt bilden KANN)
Hier gebe ich Ihnen völlig Recht: In einem Goldstandard kann es durchaus passieren, das "Geld zum Tausch fehlt" und es zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch kommt. Aber warum denn? Es liegt doch nicht daran, das man sich in einem Markt mit freiem Vertragswesen, nicht auf ein Tauschmittel einigen kann, - das NICHT Gold sein MUSS!? Wenn es bei einem Goldstandard zum Zusammenbruch kommt, dann liegt das daran, das Gold als alleiniges 'gesetzliches Zahlugnsmittel' gilt (mit dem ich z.B. meine Steuern zu zahlen habe). Und dann ist es natürlich "blöd", wenn kein Gold aufzutreiben ist, ich den Vertrag aber per staatlicher Anordnung in Gold erfüllen MUSS. (Daher hat das ja Anfangs auch in Wörgl mit dem "Freigeld" funktioniert: Man scherte sich nicht um das fehlende staatliche Geld)
Und ich glaube dass das dann auch ein großes Mißverständnis ist: Wenn "Österreicher" vom "Gold als Geld träumen", dann meinen sie damit nicht den "Goldstandard" (der zudem regelmäßig ein Teilreservesystem meint), sondern die schlichte Überzeugung, das sich auf einem freien Markt , 'immer wieder' das "praktikabelste, werthaltigste Tausch und Wertaufbewahrungsmittel durchsetzt. (Entsprechend dem Greshamschen Gesetz) Das 'kann' Gold sein (aus verschiedenen Gründen, die je nach Kontext wechseln können) - MUSS aber NICHT!
Vlt. lässt sich hier an diesem Punkt was "basteln", worauf sich konstruktiv aufbauen lässt, um das "fehlende-Ge(o)ld-Problem" zusammen mit dem "richtigen Tauschmitelproblem" zu lösen. (und andere Fragen, die Sie aufgeworfen haben)
Dirk Müller bringt ja gern das Beispiel wonach eine Unze Gold über die Jahrtausende "kaufkraftkonstant" für einen "fein geschneiderten Herrenanzug" steht. Das liese sich ja leicht erweitern (und ist in der heutigen Zeit weniger ein Problem als früher), indem man eine Unze nicht nur mit einem "Herrenanzug" korreliert, sondern mit z.B.
- 1/2 Herrenanzug + 100 Kubikmeter Trinkwasser
oder
- dem "statitischen Warenkorb" , den eine 5-Köpfige Familie für einen Monat zum Lebensunterhalt braucht
oder
- dem (materiellen) Ressourcenverbrauch (an Rohsoffen, Energie) einer Familie in einem Monat
oder.....
WICHTIG (..für das "Eichhörnchen" ;-)) )
- Die Unze steht immer für 'bereits erarbeitete', also real vorhandene Güter (also "Nüsse"), die sie 'jetzt' kaufen können - und NICHT für "noch zu erarbeitende" Güter, wobei in der Anfangsphase folgende Korrelation festgestellt wurde 1 Unze = 1 Herrenanzug = 200 cm³ Wasser = 1 Warenkorb = 15 Silber = 100 Kupfer = 1 Ressourcenkorb = ....
- einfach mal angenommen: Gold hat sich derzeit in dem existierenden freien Markt als praktikables Tauschmittel durchgesetzt und bewährt
... Was dann in der Praxis so ablaufen könnte:
- Sparer bringt von den 20 Unzen, die er besitzt, 10 Unzen Gold zur Bank (die er sich erarbeitet, bzw. vom "Mund abgespart" hat, um für sein Alter vorzusorgen. Es wird genau ausgehandelt, wie lange z.B. die Unze fest angelegt wird.
- Bank (die KEIN Kreditinstitut ist) 'verleiht' 5 Unzen gegen 10% Zins an Investor unter genau bestimmten Vertragsbedingungen.
Szenario 1: Zins und Tilgung aus einer gegeben Geldmenge
Investor kauft sich für die 4 Unze Gold 400 Kupfer (Rest braucht er für Nahrung und sonstiges an den Bauern) und erfindet "Heizungsrohre" Und ein Hackgerät für die Landwirtschaft. Für ein Heizungsrohr und ein Hackgerät benötigt er 1 Einheit Kupfer, kann das Ergebnis jedoch umgerechnet für 2 Einheiten Kupfer verkaufen.
- Durch das Hackgerät kann der Bauer mehr Kartoffeln und Nahrungsmittel produzieren
- Nahrungsmittelpreise sinken im Verhältnis zur Geldmenge (= Geldwert steigt)
- Investor, Bänker und Sparer müssen weniger für Nahrungsmittel ausgeben (10/100 statt 50/100 Gold)
- 40/100 Gold sind mehr im Geldbeutel der Marktteilnehmer und es kann eine Heizung in Angriff genommen werden. Heizung kauft man beim Klempner (Investor)
- Klempner erwirtschaftet 800 Kupfer (= ingesamt 8 Unzen vom Goldbesitzer, der dann eine Heizung hat und von den Bauern, die Produktive Hackgeräte haben)
- Klempner zahlt Kredit (5 Unzen) und Zins (50/100 Unze) zurück
- eine neue Investitionsrunde kann beginnen
---> also von wegen, - es könne bei fixer Geldmenge "die Wirtschaft nicht wachsen oder keine Zinsen gezahlt" werden!
---> Wo ist hier eine Schuldenblase?
(bzw. wo sehen Sie Denkfehler?)
Szenario 2: Ge(o)ld fehlt
- wie oben, aber wenn der Klempner seine Produkte verkaufen will, ist seltsamerweise alles Gold verschwunden (hat es der Staat geraubt?) Was macht er?
- In einem "Goldstandard" hat er verloren (eisnchließlich der Bank und dem Sparer, der sein Gold nie wieder sieht)
- in einem 'freien Markt' hingegen kann er die Rückzahlung auch in Form von Silber , Kupfer oder einem zuvor vereinbarten Warenkorb leisten!
- und alles ist wie gehabt!
- Gold würde gar nicht vermisst werden ... wenn sich die Vertragsparteien vorher darin einig waren, das wenn sie Gold aus der Hand geben, mit einem real existierenden (!) Äquivalent bei der Rückzahlung einverstanden sein müssen, das genau bestimmt werden kann (siehe oben)!
Das Ganze hat noch einen interessanten Nebeneffekt: Da Vertragsfreiheit herrscht, stehen verschiedene Banken im Wettbewerb zueinander, was sie für eine Warenkorb für die Unze (oder das Kupfer, etc.) "bieten". Wenn bei der einen Bank "Trinkwasser" als Äquivalent im Vertrag mit fixiert ist, ist vlt. bei der anderen Bank 'sauberes Trinkwasser' im Korb. D.h. die Vertragspartner haben ein originäres Interesse und zeigen unmittelbar Verantwortlichkeit für die Ressourcen, die sie 'als Geld' nutzen (... haben unmittelbares Interesse, das genügend sauberes Trinkwasser zur Verfügung steht)
Erst mal genug und ein schönes Wochenende
Wer denkt denn da noch an Stabilität und Sicherheit, wenn Gold Standard ist?
Das Spiel gab's schon 2x in den letzten 100 Jahren, und nun wird der Ruf nach dem Goldstandard und Sicherheit + Stabiltität wieder laut. Macht ja auch Sinn, so auf den ersten Blick, v.a für die FED - und diejenigen, denen diese Privatbank gehört. Man munkelt, es handele sich um die Brit. Nationalbank, die zusammen mit den meisten anderen von Rothschilds kontrolliert werde.
Wie auch immer es sei in dieser Sache, die Zinsen sind niedrig, die Geldschwemme hält an, bis irgendwann vermehrt in den Medien die Alternative einer starken Währung backed up by gold diskutiert wird. Die wird dann wieder eingeführt, Gold eingesammelt und für Private illegal erklärt, das private Gold zu einem Preis deutlich unter Marktwert eingesammelt, der Goldpreis steigt derweilen dank steigender staatlicher Nachfrage weiter, die Währung ist stabil, und das Gold wird flugs aus den Tresoren rausverkauft. Dann merkt wieder einer, dass da nichts ist, was aber nichts macht, weil es muss Marktwirtschaft her, kann doch nicht ein solche From der altmodischen Reglementierung geben in so modernen Zeiten, etc... Dann druckt man wieder Scheine, kassiert eine Leihgebühr pro Schein und Zinsen pro Einheit begebener Schuld, nebenbei eine Lagergebühr für noch vorhandenes Gold, dann ist der Schein wieder wertlos - und der Ruf nach dem Goldstandard wird laut (die Medien kontrolliert man ja auch...)..wie oft noch?
Dieses Mal wären wir kleine Private aber besser dran als ehedem, da es genügend Derivate gibt, um vom Geschehen zu profitieren.
werde später auf auf jeden Fall Ihre Antwort eingehen, da ich es heute aus zeitlichen Gründen nicht schaffe.
Ich hoffe, Sie haben Verständnis.
Beste Grüße
Helmut Reinhardt
die Kaufkraftsteigerung bei einer Goldwährung würde Lohnkürzungen nach sich ziehen, was auch nicht weiter problematisch wäre, wenn die Kaufkraft des Zahlungsmittels zwischenzeitlich gestiegen ist. So weit, so gut, aber ob das mit großen Vorteilen für Arbeitnehmer einhergeht, bezweifele ich. Genauso wie Ihre These, dass Gold durch übermäßige Hortung wertlos werden würde und leicht durch ein neues Zahlungsmittel ersetzt werden könnte. Selbst wenn man sich auf ein neues Zahlungsmittel einigen würde, wäre der Wertmaßstab das ursprüngliche Zahlungsmittel (i. d. F. Gold) und ein Umrechnungskurs entstünde. Würden Sie als Gläubiger eines Gold-Schuld-Kontraktes eine Ersatzwährung als Tilgungsmittel akzeptieren, die eine geringere Kaufkraft hat, als das von Ihnen ursprünglich verliehene Gold? Ich bleibe dabei: Zahlungsmittel sollten Zahlungsmittel sein. Übermässiges Sparen und Horten von Zahlungsmitteln führt langfristig immer zu Ungleichgewichten, die nur durch einen Schuldenschnitt (der auch durch Krieg oder Inflationierung) gelöst werden können. Beste Lösung wäre das unschädliche Sachwertsparen.
Beste Grüße