Das jetzige Wiederaufflackern der Regionalbankenkrise in den Vereinigten Staaten erweist sich nicht als eine große Überraschung. Anstelle dessen was vielmehr davon auszugehen, dass die unterhalb der Oberfläche weiter vor sich hin köchelnde Bankenkrise schon bald neue Opfer fordern wird.

Die neuen Probleme sind die alten

Einerseits ist das neue Jahr, in dem sich eine zuvor beschriebene Kreditrefinanzierungswelle an den amerikanischen Gewerbeimmobilienmärkten (Commercial Real Estate / CRE) in einem zunehmend größer werdenden Ausaß fortsetzt, bereits einen Monat alt.

Es überrascht deshalb nicht, dass sich die Meldungen über Notverkäufe und Zahlungsausfälle an den amerikanischen CRE-Märkten häufen. Andererseits läuft das auf dem letztjährigen Höhepunkt der Bankenkrise durch die Federal Reserve Bank initiierte Bank Term Funding Program (BTFP) im März aus (solange keine Meldung zu einer Verlängerung erfolgt).

In den vergangenen Wochen wurde in Antizipation auf das bevorstehende Auslaufen von BTFP hingewiesen. Denn vor fast einem Jahr wurden kommerzielle Geschäftsbanken in den Vereinigten Staaten dazu in die Lage versetzt, sich über das durch die Federal Reserve Bank eingerichtete BTFP frische Liquidität gegen eine Hinterlegung von stark im Wert gesunkenen Anleihepapieren zu beschaffen – und das zum Nennwert dieser Anleihen.

Gleichzeitig halten die Rückgänge in der Nutzung der durch die Federal Reserve Bank einst initiierten Repo-Fazilität an. Zuletzt sind die Einlagen unter amerikanischen Geschäftsbanken auf direkten Konten bei der Federal Reserve Bank wieder gestiegen, während die Nutzung und Liquiditätsversorgung über BTFP Woche um Woche auf neue Rekordhochs steigt.

Und da BTFP im März ja nun einmal auslaufen soll, verwundert es nicht, dass die Kurse der Regionalbanken in Antizipation dieses Ereignisses erneut einzubrechen beginnen. Natürlich sucht die Federal Reserve händeringend nach Wegen, um die sich verschärfenden Probleme an den heimischen Bankenmärkten zu adressieren.

Zuletzt war unter amerikanischen Regulierern und Aufsichtsbehörden die Rede davon, die heimischen Banken zukünftig zu einer intensiveren Nutzung des Discount Windows der Fed zu animieren.

Dass eine solche Idee unter den Instituten, die das Discount Window der Federal Reserve Bank in der Vergangenheit nur in höchster Not genutzt und angezapft haben – so wie der Teufel das Weihwasser scheut – ist ebenfalls bekannt.

Denn Banken und Kreditgeber, die das in der Vergangenheit getan haben, weil ihnen keine andere Möglichkeit mehr offen stand, gerieten auf diese Weise ins Fadenkreuz und unter Beobachtung der Konkurrenz, um daraufhin in den meisten Fällen von der Kreditvergabe an den Interbankenmärkten abgeschnitten zu werden.

Zu groß war die Furcht unter anderen Instituten, dass bei einem bestimmten Konkurrenten Feuer unter dem Dach ausgebrochen zu sein schien. Und wenn sich solch eine Befürchtung wie ein Lauffeuer ausbreitet, lässt es sich nachvollziehen, dass diesem Konkurrenten in der Folge keine Kredite mehr eingeräumt oder ihm bis dahin bestehende Kreditlinien gekündigt werden.

Amerikanische Regionalbankenkrise meldet sich zurück

Nachdem es am Mittwoch zu einer Gewinnwarnung des Instituts New York Community Bancorp kam, meldete sich die Bankenkrise zurück. Denn einen großen Anteil an dieser Gewinnwarnung hatte laut des Instituts eine sich deutlich verschlechternde Situation an den CRE-Märkten.

Wie es seitens New York Community Bancorp weiter hieß, bleibe dem Institut angesichts der aktuellen Lage nichts anderes übrig, als die eigene Dividende zu kürzen und Rückstellungen in einem erhöhten Ausmaß zu bilden.

Diese Ankündigungen fielen an den Finanz- und Bankenmärkten selbstverständlich alles andere als auf einen fruchtbaren Boden. Im Gegenteil brach der Kurs der Aktie von New York Community Bancorp nach dieser Ankündigung in der Spitze um fast vierzig Prozent (!) ein.

Parallel hierzu erfolgte auch der stärkste Rückgang des KBW Regional Bank Index seit dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und der Signature Bank im März des vergangenen Jahres.

Wie kaum anders zu erwarten, beginnen sich die gesunkenen Preise an Amerikas CRE-Märkten sowie die mit den CRE-Märkten in Verbindung stehenden Anleihekonstruktionen mit ein wenig Zeitverzug nun auch negativ auf die internationalen Kreditmärkte auszuwirken.

Schock-Meldung aus Japan

So hat die japanische Aozora Bank bekannt gegeben, einen Teil ihrer in den Vereinigten Staaten vergebenen Kredite an den CRE-Märkten um mehr als die Hälfte abgeschrieben zu haben.

Dass diese Meldung einen Kurssturz in der Aktie des Instituts auslöste, erweist sich nicht als eine große Überraschung. Vielmehr beginnt sich spätestens jetzt die Tragweite der Krise an den CRE-Märkten in den Vereinigten Staaten abzuzeichnen.

Immerhin befindet sich die japanische Aozora Bank, deren Aktie an nur einem Handelstag um rund ein Viertel einbrach, unter den zwanzig größten Instituten des Landes. Was Anlegern überhaupt nicht zu schmecken schien, war die gleichzeitige Verkündung eines Nettoverlustes in Höhe von umgerechnet fast zweihundert Millionen US-Dollar.

Bis vor Kurzem hatte das japanische Institut den eigenen Anlegern noch einen Nettogewinn in fast derselben Höhe in Aussicht gestellt. Trotz der in den letzten Monaten zu beobachtenden Kurserholung im Bankensektor scheint es sich als vorausblickend erwiesen zu haben, die Finger von diesem Bereich zu lassen.

Denn wo Rauch aufsteigt ist bekanntlich auch Feuer. So schrieb das Institut seine in den USA im Gewerbeimmobilienbereich vergebenen Kredite um knapp sechzig Prozent (!) ab. Mit am stärksten hiervon betroffen waren die Lokalmärkte in Chicago, New York City, Los Angeles, San Francisco und in der US-Hauptstadt Washington, D.C.

Wahrscheinlich nicht von ungefähr handelt es sich im Fall all dieser Lokalmärkte um Städte, die durch die Partei der Demokraten regiert werden. Der Anteil der in den Vereinigten Staaten durch Aozora Bank vergebenen CRE-Darlehen beläuft sich auf knapp 7 Prozent in Relation zum Gesamtkreditportfolio des Instituts.

Insgesamt 21 dieser einst vergebenen Kredite in einem Umfang von 719 Millionen US-Dollar werden durch die Darlehensnehmer zum aktuellen Zeitpunkt nicht mehr bedient. In direkter Verbindung zu dieser Entwicklung ist die Ankündigung des Instituts zu betrachten, die eigens gebildeten Kreditausfallrückstellungen im amerikanischen CRE-Bereich von zuvor neun auf jetzt 18,8 Prozent mehr als verdoppelt zu haben.

Was machen diese Leute den ganzen Tag?

In Japan war diese Meldung zur Wochenmitte wie eine Bombe eingeschlagen. Denn unter japanischen Finanz- und Bankanalysten ging bis dahin die Erwartung um, dass das Gröbste vorüber sei und Japans Banken in einem ausreichenden Ausmaß Kreditausfallrückstellungen gebildet haben, um adäquat auf alle Eventualitäten gewappnet zu sein.

Hiervon kann nach den jüngsten Ankündigungen der Aozora Bank indes keine Rede mehr sein. Vielmehr stellt sich seit Wochenmitte die Frage, ob und wie viele tickende Bomben dieser Art es noch im japanischen – und internationalen – Bankenbereich geben könnte.

Manchmal fragt man sich, was diese hoch bezahlten Leute eigentlich den ganzen Tag machen. Denn es war doch nun seit vielen Monaten bekannt, dass speziell an den CRE-Märkten in den Vereinigten Staaten von Amerika ab Beginn dieses Jahres eine Monsterrefinanzierungswelle einsetzen würde.

Die sich mehrenden Notverkäufe an Amerikas CRE-Märkten hätten jedem aufmerksamen Beobachter Warnung genug sein sollen, dass die Probleme in diesem wichtigen Sektor nicht beendet, sondern vielmehr erst an ihrem Beginn stehen dürften.

Die zur Refinanzierung anstehenden CRE-Kredite belaufen sich in ihrer Gesamtheit in den nächsten zwei bis drei Jahren auf mehrere Billionen von US-Dollars. Angesichts der nach wie vor sinkenden Preise in diesem Segment, dem sich intensivierenden Modernisierungsdruck und der sich intensivierenden Kaufzurückhaltung musste man gewiss kein Prophet sein, um dunkle Wolken an Amerikas Bank- und Gewerbeimmobilienmärkten aufziehen zu sehen.

Analysten einmal beiseite schiebend, erweist sich die Ankündigung zu einer erheblichen Ausweitung der Kreditausfallrückstellungen durch die Aozora Bank ebenfalls als bemerkbar. Denn diese Ankündigung lässt darauf schließen, dass die in den USA aufziehende Situation selbst unter Auslandsbanken bislang nicht ernst genug genommen worden ist.

Noch schlimmer wäre es allerdings, wenn das Management von Aozora Bank den eigenen Anlegern über das letzte Jahr nur vorgegaukelt hätte, alle Dinge im Griff zu haben, um die Pflege des eigenen Aktienkurses zum Maß aller Dinge zu machen.

Unter den auf eine Refinanzierung von notleidenden Krediten spezialisierten Unternehmen in den Vereinigten Staaten werden die Banken hingegen dazu aufgerufen, sich der Größe dieser Krise bewusst zu werden.

Regulierer erkennen in Amerikas CRE-Sektor eines der größten Risiken im Jahr 2024

In vielen Bankbilanzen sei bislang keinerlei Eskomptierung der mit diesem speziellen Sektor in Verbindung stehenden Risiken und Gefahren erfolgt. Bislang scheint vielerorts darauf gehofft worden zu sein, dass sich die Lage im amerikanischen CRE-Sektor auf wundersame Weise wieder entspannen wird.

Doch es gibt dort draußen mehr und mehr ausstehende Kredite, die voraussichtlich nicht zum einst vereinbarten Rückzahlungsstichtag zurückbezahlt werden (können). Unter anderem die Deutsche Bank AG wies in ihrem Bericht zum vierten Quartal darauf hin, dass im aktuellen Zinsumfeld einer der Schlüsseltreiber im Bereich der Finanzierungsrisiken und der möglichen Kreditausfälle zu sehen sei.

Über den Erwartungen der Finanz-, Banken- und Kreditmärkte an eine möglicherweise im Monat März bevorstehende Zinssenkung der Federal Reserve Bank goss Jerome Powell in der laufenden Woche einen Kübel kaltes Wasser aus.

Anders als noch im Dezember teilte der Fed-Chef mit, dass es, solange es nicht zu neuen Schocks an den Finanzmärkten kommen sollte, im Monat März nicht zu einer Zinssenkung in den Vereinigten Staaten kommen wird.

Parallel hierzu wurde der Satz „Das amerikanische Bankensystem ist gesund und steht auf soliden Füßen“ aus der offiziellen Erklärung des Offenmarktausschusses der Fed gestrichen. In den sozialen Medien brachen hierauf erwartungsgemäß teils hitzig geführte Diskussionen aus.

Denn einerseits könnte diese Maßnahme darauf hindeuten, dass es auf Sicht wieder zu akuten Problemen im Bankensystem kommen könnte. Andererseits könnte es ebenso gut bedeuten, dass die Federal Reserve Bank und die Mitglieder des Offenmarktausschusses hinsichtlich der Intensität der Bankenkrise in den USA gelogen haben.

Jetzt, da die Dominos ein weiteres Mal zu fallen beginnen, bleibt abzuwarten, auf welche Weise die Institutionen in den Vereinigten Staaten ein Wiederaufflackern dieser Krise diesmal adressieren werden.

Mancherorts an den Finanzmärkten scheint hingegen nicht in Vergessenheit geraten zu sein, dass zwischen der Lage an den Gewerbeimmobilienmärkten und unter Regionalbanken in den USA auf der einen sowie der allgemeinen Aufrechterhaltung der Stabilität an den weltweiten Finanzmärkten eine Verbindung besteht.

Vielmehr droht von den Immobilienmärkten in den Vereinigten Staaten einmal mehr eine Krise auszugehen, die zu einer Gefahr für die Stabilität des Weltfinanzsystems – und damit des bestehenden Systems an sich – zu avancieren könnte.

Dass sich ein solches Buschfeuer ausgerechnet in einem Präsidentschaftswahljahr in den USA auszubreiten beginnt, verleiht den aktuellen Ereignissen zusätzlich eine brisante Würze.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite cfodive.com.

Konkret leitet sich anhand der aktuellen Ereignisse wieder einmal ab, dass es vorzuziehen ist, seinen eigenen Kopf zu benutzen anstatt das Denken anderen zu überlassen. Allen Lesern sei ein schönes und erholsames Wochenende gewünscht!

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