Der einstige Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter, Zbigniew Brzezinski, machte kurz vor seinem Ableben nochmals von sich reden, da der bis heute als Ikone der Außen- und Geopolitik gepriesene “Zbig” einen großen Teil seiner bis dahin aufgestellten Theorien und Ansichten über den Haufen warf und ausdrücklich davor warnte, dass das Ziel einer Eindämmung Russlands und Chinas aus US-Sicht verpasst worden sei.
Zbig erkannte, dass eine multipolare Weltordnung nicht mehr zu verhindern ist
Und hierin spiegelte sich nun einmal das über ein halbes Jahrhundert verfolgte Ziel der Strategen der US-Außenpolitik, zu deren Hohen Priestern Zbigniew Brzezinski zählte.
Folge dieses Ereignisses ist, dass sich das System sukzessive weg von einer unipolaren hin zu einer multipolaren Welt entwickelt hat.
Laut Brezinskis letzten Worten müssten die Vereinigten Staaten ihre Außenpolitik aus diesem Grund überdenken, nachdem sich die heutige Weltordnung im Vergleich mit jener nach dem Fall der Berliner Mauer fundamental verändert habe. Andere Nationen wie Russland, China oder Indien forderten konsequenterweise einen größeren Stuhl am internationalen Verhandlungstisch, wie Brzezinski befand.
Kurz vor seinem Ableben empfahl der Stratege Kooperationsbereitschaft zu zeigen
Was die meisten Beobachter im Hinblick auf Brzezinski nicht zu verstehen scheinen, ist, dass sich die Ansichten des Hohen Priesters der amerikanischen Außen- und Geopolitik vor dessen Ableben teils dramatisch verändert hatten. Dies gilt insbesondere für die Zeit nach der Veröffentlichung von Brzezinskis literarischem Meisterwerk The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperative, das im Jahr 1997 erschienen war.
Im Jahr 2012 folgte hierauf Brzezinskis Buch Strategic Vision, in dem Brzezinski die Empfehlung abgab, dass die USA in der Zukunft eine bedachtere und kooperativere Herangehensweise verfolgen sollten, was einen Beitrag dazu leisten werde, Amerikas unvermeidbare Transitionsphase zu erleichtern.
Machtvakuum führt in globales Chaos
Vielleicht mochte Brzezinski den Begriff Niedergang nicht in den Mund nehmen, doch eigentlich deutet alles darauf hin, dass es Brzezinski wichtig gewesen zu sein scheint, kein Machtvakuum in der Welt entstehen zu lassen, das zum Ausbruch von globalem Chaos führen würde. Es folgt ein Exzerpt aus einem Bericht mit dem Titel Toward a Global Realignment, den Brzezinski im Jahr 2016 in American Interest veröffentlichte.
Tatsache ist, dass es bis zum Emporkommen Amerikas niemals eine wirklich global dominierende Macht gegeben hat… Diese Epoche endet nun… Und da die Epoche der amerikanischen Dominanz in der Welt beendet ist, müssen die Vereinigten Staaten die Führung im Hinblick auf eine Neuordnung der globalen Machtarchitektur übernehmen...
Die Vereinigten Staaten sind politisch, ökonomisch und militärisch noch immer die mächtigste Nation der Welt, doch unter Berücksichtigung der komplexen geopolitischen Verschiebungen – insbesondere bezüglich regionaler Gleichgewichte – handelt es sich im Fall der USA nicht mehr länger um die globale Imperialmacht.
Amerika kann nur dann effizient mit dem aktuellen Gewaltausbruch im Mittleren Osten umgehen, wenn es eine Koalition eingeht, die auf bestimmten Ebenen auch Russland und China mit einbezieht. Eine konstruktive US-Außenpolitik muss in eine geduldige Langfristvision eingebettet werden. Diese Langfristvision muss darauf abzielen, in Russland sukzessive die Wahrnehmung zu fördern, dass der einzige Platz Russlands als einflussreiche Weltmacht letztendlich auf dem europäischen Kontinent angesiedelt ist.
Chinas wachsender Einfluss im Mittleren Osten sollte zu der reziproken Einsicht in den USA und in China führen, dass eine wachsende Partnerschaft zwischen den USA und der Volksrepublik China vonnöten ist, um die Krise im Mittleren Osten in den Griff zu bekommen. Es handelt sich hierbei um einen aus historischer Sicht wichtigen Test, ob sich die USA und China dazu in der Lage sehen werden, gemeinsam für eine größere Stabilität in der Welt zu sorgen.
Die Alternative zu dieser konstruktiven Vision kann einzig und allein in einer zeitlich lange anhaltenden und selbstzerstörerischen Entwicklung resultieren. Da sich die nächsten zwanzig Jahre durchaus als letzte Phase der eher traditionell gewachsenen Politbündnisse, in denen wir es uns über die vergangenen Jahrzehnte gemütlich eingerichtet haben, erweisen könnte, muss an einer Antwort auf die drängendsten Zukunftsfragen spätestens ab jetzt gefeilt werden.
Und diese Herausforderung muss auf einer strategischen Vision basieren, welche dem dringenden Bedürfnis nach einem neuen geopolitischen Rahmenwerk gerecht wird.
(Toward a Global Realignment, Zbigniew Brzezinski, The American Interest, 2016)
Brzezinski durchdachte Äußerungen werden weitgehend ignoriert
Auf mich wirken diese Ausführungen sehr bedacht, durchdacht und kenntnisreich. Sie zeigen, dass Brzezinski Verständnis für die dramatischen Veränderungen in der Welt aufzubringen vermochte. Gleichzeitig verstand Brzezinski, dass sich mehr und mehr Macht in Richtung Osten verlagerte. Aus diesem Grund stand für den geopolitischen Vordenker auch fest, dass der zukünftige Weg und die Außenpolitik Amerikas nur über Kooperationsbereitschaft, Integration und Partnerschaft führen könne.
Haben Sie nach Zbigniew Brzezinskis Ableben über dessen vor seinem Tod getätigte Ausführungen in den westlichen Mainstream-Medien etwas gelesen? Vielmehr ließen sich diese Ausführungen des ehemaligen Nationalen Sicherheitsberaters der USA als Legat an seine Nachwelt interpretieren. Mir kam es hingegen so vor, als ob selbst über Brzezinskis Ableben in einem nur unerheblichen Ausmaß berichtet worden ist.
Wie beurteilen Sie Brzezinskis Warnungen im Hinblick auf das, was sich momentan unter der Präsidentschaft von Donald Trump in den USA abspielt? Offensichtlich wird, dass Amerika den gänzlich gegensätzlichen Pfad eingeschlagen hat, und zwar jenen Pfad, den Brzezinski als zeitlich lange anhaltende Entwicklung der Selbstzerstörung bezeichnete.
Wie sich aus heutiger Perspektive tragischerweise zeigt, scheint es keine Unterstützung für Zbigniew Brzezinskis Sichtweisen auf Capitol Hill, im Weißen Haus oder Amerikas außenpolitischem Establishment zu geben.
US-Angriff auf Iran hätte weitreichende Folgen
Die Folgen in der Welt sind unübersehbar, denn selbst ein nur kleiner Fehler in der Handhabung der aktuellen “Iran-Krise” könnte leichterdings zum Ausbruch des Dritten Weltkriegs führen, wie der inzwischen ebenfalls verstorbene Peter Scholl-Latour zu seinen Lebzeiten wiederholt gemahnt hatte.
Und warum sollte es anders sein? Im Fall eines amerikanischen Angriffs auf den Iran dürfte es zu einem Flächenbrand in Nahen und Mittleren Osten kommen, der auf Israel, den Libanon, Saudi-Arabien, unter Umständen auch die VAE sowie Katar überspringen wird, ganz davon abgesehen, dass Russland und China hinter dem Iran stehen.
Nahezu die gesamte politische Klasse Amerikas samt den großen Medien des Landes unterstützt und befürwortet insgeheim oder ganz offen eine außenpolitische Strategie, die auf Gewalt, Konfrontation und das Führen von endlosen Kriegen setzt.
Konfrontationen werden den eigenen Niedergang beschleunigen…
Die Vereinigten Staaten werden im Fall einer direkten Konfrontation mit Russland und/oder China nicht ungeschoren davonkommen, noch werden sich die USA dazu in der Lage sehen, den Zeiger der Uhr wieder auf den Beginn des neuen Jahrtausends zurückzustellen, und somit in eine Zeit, in der Amerika die weltweit unangefochtene Supermacht gewesen ist.
Konfrontationen werden – wie Zbigniew Brzezinski warnte – dazu beitragen, den eigenen Niedergang der Vereinigten Staaten und den finalen Zusammenbruch der liberalen Weltordnung zu beschleunigen. Die Trump-Administration tut aus meiner Sicht alles Erdenkliche, um diesen Zeitpunkt so schnell wie möglich herbeizuführen, so traurig es auch anmutet.
Kommentare
mit dem letzten Satz Ihrer Ausführung bin ich nicht einverstanden. Trump hat es bisher zu verhindern gesucht, während Bolton (der mit dem Schaum vorm Mund) und Pompeo schon eine »Koalition der Willigen« zusammentrommeln. Dass »old Zpigy« noch mal altersmilde wird war so auch nicht zu erwarten.
Im letzten Kapitel macht er darauf aufmerksam, dass Amerika nicht für ewig die einzige Supermacht bleiben kann sondern nur voraussichtlich die nächsten 25 Jahre, die mittlerweile vorbei sind. Nach dieser Phase würde auch die Hegemonie einer einzigen Supermacht generell vorbei sein und eine multipolare Welt diese ablösen. Insofern hat er bereits 1996/97 diese Weitsicht gehabt und hat dies 2016 wohl noch einmal ausdrücklich unterstrichen.
Ganz sicher hat es in den letzten 25 Jahren keines einzigen Krieges bedurft (Afganistan, Irak, Lybien, Syrien,...), um Amerikas Position als einzige Supermacht zu erhalten oder weiter auszubauen.
Man findet in dem Buch an keiner einzigen Stelle die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Kriege erwähnt, wohl nennt er diese Region bewusst den "Balkan Eurasiens", was das hohe Konfliktpotenzial dieser Region betonen soll.
Also warum wurden dann diese Kriege geführt?
Ich glaube, die Antwort hat wohl eher damit zu tun, dass die Kriege von starken Interessengruppen (Stichwort Militärisch-Industrieller Komplex) getriggert wurden, weil eben Absatzmärkte für Waffen ständig gebraucht werden und solche "Balkan-Regionen" sich dann geradezu anbieten.
Insofern wird auch ein potenzieller Iran-Krieg, wenn er denn tatsächlich kommen sollte, weniger mit Trump zu tun haben sondern damit, welche Interessen sich letztlich durchsetzen.
Nicht zuletzt könnte Europa jetzt Trump unter die Arme greifen und klar machen, dass es diesmal keine "Koalition der Willigen" geben wird sondern im Gegenteil die Beziehungen zu Iran aer auch China, Russland und Indien auf eine neue Grundlage gestellt werden und sogar intensiviert werden.
Aber wer soll das in Europa sein, der das glaubwürdig vertreten kann?
Leider sehe ich im zerstrittenen Europa mit dem derzeitigen Politiker-Personal (eitle Selbstdarsteller) keine Chance auf Besserung. Jeder ist sich selbst der Nächste, oder wie soll z.B. mit einem Katschinsky in Polen jemals ein einvernehmliches Verhältnis mit Russland entstehen und jetzt droht uns auch noch der Russenhasser Weber als EU-Präsident. Die US-gesteuerte NATO, dieses unselige Bündnis, tut ein Übriges. Denk ich an Europa in der Nacht …
Hat das noch keiner von den zuständigen Idioten kapiert,daß Kriege das sicherste Mittel sind die Staatskassen zu leeren ???
Mit all den „ üblichen Folgen“ !!!
Immer kommt es zu riesigen Problemen für die Bevölkerung aller am Krieg beteiligten Völker, aber auch immer zur Vermögensvermehrung der Kriegsgewinnler (oft auf allen Seiten).
Schön wäre es wenn Politiker aller Länder diese Alterserkenntnis von Brzezinski kennen und berücksichtigen würden (vor allem auch Clinton-USA-hörigen Politiker aus Deutschland und der EU).
Bei Trump glaube ich, dass er wie ein flexibler Geschäftsmann handelt, nach Versuch und Irrtum, und nicht wie ein ideologisch festgefahrener Politiker. Ich denke nicht, dass eine Strategie dahinter steckt, wenn er seine Meinung ständig ändert. Er ändert halt seine Meinung und sein Vorgehen, wenn sich die Situation (der Gegenpart) anders verhält, als Trump gedacht hat. So schlecht sollte es doch gar nicht sein, wenn man seine Meinung und sein Vorgehen ändert, wenn sich die Situation geändert hat.
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Bei uns dagegen verkündigen die Politiker nach jeder noch so großen Wahlschlappe, dass sie doch eigentlich gewonnen haben, und machen weiter wie zu vor (die SPD setzt auf Gleicheit -> Gleichmacherei, alle sagen dass die AfD schuld ist, und die Grünen können ohne Rücksicht nun ihre vorgefertigte Ideologie mit Wählerwillen zum Exzess treiben.
Aber ändern will sich weder der Verlierer (SPD, CDU, FDP) noch der Gewinner.
Deshalb das Unverständnis unserer Politiker für Trump, der seine Meinung ändert, wenn sich die Situation ändert, oder wenn er neue Gedanken bekommt (z.B. Raketen nach Teheran vielleicht doch nicht so prima).
Trump sieht vielleicht schneller wenn er was nicht schafft oder wahrscheinlich nicht schafft, das ist eigentlich klug und nicht dumm. Und es mal zu Versuchen z.B. in Nordkorea, ist doch auch nicht so schlecht. Wenns halt nicht klappt macht man´s wieder anders, oder noch besser man versucht´s später noch einmal. Im Geschäftsleben ist sowas oft erfolgreicher, als sture Pläne durch zu ziehen (Putin ist böse, China will uns ... ja was eigentlich?)
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Unsere "Führer" schaffen nicht, zu erkennen, was sie nicht schaffen, oder wenn sie es wahrscheinlich nicht schaffen und machen immer gleich weiter: "wir schaffen das" so lange bis wir abgeschafft sind.
Alles selbstverständlich im Namen der Demokratie, Freiheit, Menschenrechte und westlichen Werte, also Maximalprofite des allmächtigen MIK.
Dass Trump noch keinen neuen Krieg angezettelt hat, verunsichert hierzulande auch schon einige Handpuppen. Da war es doch bei Clinton und Obama viel einfacher...
Sie sollten die Probleme dieser Welt zusammen lösen.
Man sollte den Russen für die Neutralität im Iran Konflikt die Sanktionen erlassen. Man sollte mit den Chinesen einen fairen Handelsdeal anbieten & auch Sie sollten den Iran im Gegenzug fallen lassen.
Das wäre eine WIN WIN WIN Situation & das verbrecherische Steinzeitregime der Mullahs wäre endlich Geschichte ...
Hoffentlich einigen sich die Großmächte. Wahrscheinlich wird aber irgendjemand kurz vorher vehement dazwischen funken. Die Weichen stehen dann sehr schnell auf 3. Weltkrieg, bei dem es vor allem Europa & den Nahen Osten in Schutt und Asche legen dürfte ...
ja, aber er schreibt ja auch nur "Die Trump-Administration tut ... ".
"Konfrontationen werden – wie Zbigniew Brzezinski warnte – dazu beitragen, den eigenen Niedergang der Vereinigten Staaten und den finalen Zusammenbruch der liberalen Weltordnung zu beschleunigen. Die Trump-Administration tut aus meiner Sicht alles Erdenkliche, um diesen Zeitpunkt so schnell wie möglich herbeizuführen, so traurig es auch anmutet."
Diese Sätze kann ich nur unterstreichen und dazu bemerken, das durch die Hauruck-Politik und das "Bestrafen" der Unwilligen diese genannten historischen Bewegungen des Niederganges erst richtig an Fahrt gewinnen.
Meinten Sie mit verbrecherischem Steinzeitregime wirklich nicht des vom Werte-Westen geliebtes Saudi-Arabien ???
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Der grandiose Aufstieg Chinas war bereits absehbar als das große Schachbrett erschien. Man findet bei Youtube noch Reportagen aus der Zeit, selbst von unserem Staatsfunk, die diese Entwicklung voraussagen. Damals hätte man bereits anfangen müssen umzusetzen, wofür Brzezinski in seinem 2016 erschienen Bericht wirbt, dann wäre man heute wirklich soweit das durchzuziehen. Heute damit zu starten? Führt nur zu Schadensbegrenzung - nichts was ein Ami akzeptiert. Der setzt lieber alles auf eine Karte. Nur wer riskiert, kann gewinnen.
Ob Bolton und Pompeo es schaffen können die USA in einen von Trump nicht gewollten Krieg gegen den Iran zu führen? Ich denke nicht. Trump ist kein "Politiker" und ich denke ebenso nicht, dass man ihn politisch irgendwie unter Druck setzten kann. Er ist eher "Herrscher" und "Geschäftsmann" (- wie bereits in anderen Kommentaren vortrefflich beschrieben) er brauchte nie irgendwas fürchten oder irgendeine andere Meinung akzeptieren. Ein Mann seines Alters ändert seinen Charakter nicht mehr. Sollte es zu einem Krieg mit dem Iran kommen, dann als Stellvertreterkrieg zwischen China und den USA, damit nicht die eigene Zivilbevölkerung leidet.
Ich wette aber nach wie vor, dass wir unter Trump keinen neuen Krieg der USA sehen werden.
und warum sollte Russland neutral sein, in einem Konflikt, in dem Iran beschuldigt wird,
ohne irgendwas getan zu haben, vielleicht mit Ausnahme, dass das Land existiert ?! oder warum China?