Zu Beginn dieser Woche wurde eine drohende Pleitewelle unter britischen Energie- und Stromanbietern thematisiert, woran im heutigen Bericht nochmals angeschlossen werden soll. Denn es tut sich bereits etwas, da im Zuge der weiter steigenden Gas- und Großhandelspreise in Großbritannien inzwischen zwei weitere Kleinanbieter das Zeitliche gesegnet haben.

Die nächsten zwei Unternehmen schlittern in die Pleite

Seit Ausbruch dieser Krise im August hat nun auch das Unternehmen Green Energy bekannt gegeben, Insolvenz angemeldet zu haben, um aus dem Wettbewerb auszuscheiden. Im Fall von Green Energy handelt es sich um einen vergleichsweise kleinen Akteur an den britischen Energiemärkten mit etwa einer Viertelmillion Kunden.

Bislang sei noch nicht bekannt, ob und welcher Wettbewerber die Kunden des insolventen Unternehmens übernehmen wird. Handelte es sich bei Green Energy mittlerweile um den sechsten Bankrott an den britischen Energiemärkten innerhalb von zwei Monaten, so folgte Nummer sieben sogleich auf dem Fuße.

Laut Berichten handele es sich hierbei um das Unternehmen Avro Energy, das über knapp 600.000 Kunden verfüge. Bei Bloomberg hieß es hierzu, dass eine Anzahl von ungefähr 1,5 Millionen Privathaushalten in Großbritannien durch die Pleite des Energieanbieters betroffen seien.

Wie bereits zu Wochenbeginn berichtet, könnten von den 55 Energieanbietern in U.K. gegen Ende dieser Krise nur noch fünf bis zehn übriggeblieben sein. Hauptgrund für die Zunahme der Insolvenzen im gesamten Sektor ist die Tatsache, dass sich die meisten Firmen nicht adäquat oder gar nicht gegen steigende Gaspreise an den Optionsmärkten abgesichert hatten.

Der böse Russe soll wieder der Schuldige sein

Dass der heimische Wettbewerb an den Energiemärkten ausgerechnet vor den Wintermonaten auf eine recht deutliche Weise dezimiert zu werden droht, hat zu Wochenbeginn dazu geführt, dass Wirtschafts- und Energieminister Kwasi Kwarteng seine Landsleute auf die Möglichkeit von noch stärker zulegenden Energiepreisen gewarnt hat.

Nicht nur in Großbritannien, sondern auch in einer Reihe von anderen Ländern auf dem europäischen Kontinent sind die Gas- und Strompreise über die vergangenen Wochen auf nie zuvor gesehene Niveaus geklettert, was in vielen angeschlossenen Sektoren zum Erklimmen von neuen Rekordpreisen geführt hat.

Die Angebotsengpässe an den europäischen Energiemärkten scheinen vor den einsetzenden Wintermonaten ziemlich weitreichend zu sein, was die Internationale Energieagentur jüngst dazu bewogen hatte, die Russische Föderation dazu aufzurufen, mehr eigenes Erdgas an die europäischen Nachbarn zu pumpen.

Nun, egal ob es regnet, ob es schneit, es zu heiß ist oder die Ernte nicht eingefahren werden kann, so scheint aus Sicht von westlich dominierten Institutionen stets ein Sündenbock auf der Welt ausgemacht zu werden: Der böse Russe. Dass es sich nicht vielleicht auch um eigenes Unvermögen handeln könnte, möchte diesen Akteuren partout nicht in den Sinn kommen.

Gazprom hält Verträge ein – Warten auf North Stream 2

Wie werden die Dinge aus Perspektive Russlands gesehen? In einem jüngsten Bericht auf der Seite von Russia Today hieß es zu diesem Thema, Gazprom habe in der vergangenen Woche offiziell mitgeteilt, dass die eigenen Gaslieferungen an Europa sich voll und ganz im Einklang mit den aktuell bestehenden Verträgen befänden.

Aufmerksam wurde allerdings darauf gemacht, dass Gazprom seine Gaslieferungen der durch die Ukraine laufenden Pipelines aufgrund einer dortigen Erhebung von zu hohen Gastransitgebühren nicht erhöhen wolle.

Des Weiteren blicke Gazprom einer Inbetriebnahme der jüngst fertiggestellten Gaspipeline North Stream 2 entgegen, über welche in der Zukunft bis zu 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr transportiert werden sollen.

Bis es soweit sein wird, könnten jedoch noch bis zu vier Monate ins Land streichen, weil die Europäische Union nun mit der abschließenden Zertifizierung der neuen Transportlinie beschäftigt sein wird.

Die Vereinigten Staaten haben ihren Widerstand gegen das Projekt laut offizieller Aussage zwar aufgegeben, doch trotz allem erkennen die Vereinigten Staaten und einige Nationen in Osteuropa in wachsenden Energieimporten Europas aus der Russischen Föderation eine Gefahr für die Nationale Sicherheit des Kontinents.

Ach so, und weil es sich um eine Gefahr für die Nationale Sicherheit handelt, fordert die IEA die Russische Föderation gerade eben zu einer Ausweitung der europäischen Gasversorgung auf?! Das macht wirklich Sinn!

Keine Absicherung, geringe Vorräte: Nicht nur in im UK sehen wir Rekordpreise

Kehren wir zurück zur aktuellen Lage in Großbritannien. Analysten warnen davor, dass die sich abzeichnende Bankrottwelle unter Energie- und Stromanbietern im Land dazu führen könnte, dass kleine und mittelgroße Anbieter keine neuen Kunden mehr akquirieren werden.

In der laufenden Woche hatten Anbieter wie Green Energy, Utilita Energy, NEO, Igloo oder Ampower bereits entsprechende Ankündigungen auf ihren Webseiten gemacht. Grund hierfür könnte sein, dass die auf neue Allzeit- und Rekordhochs gestiegenen Gas- und Strompreise all jene Lieferanten in der Existenz bedrohen, die sich an den Futures-Märkten nicht gegen eine solche Entwicklung entsprechend abgesichert und Hedging betrieben haben.

Im Umkehrschluss heißt das, dass viele Anbieter in Großbritannien ihren Kunden Energie zu Preisen verkaufen müssen, die teils weit unterhalb der aktuellen Marktpreise liegen. Firmen, deren Kalkulationen auf einem Einkauf von Gas zu durchschnittlichen Preisen in Höhe von fünfzig bis siebzig Pence basierten, und die nun Einkaufspreisen in Höhe von eineinhalb Pfund entgegenblickten, entstünden auf diese Weise massive Verluste, die eine Insolvenz zur Folge haben könnten.

Insbesondere kleine Anbieter sähen sich nicht dazu in der Lage, Fehlkalkulationen und eine Fehleinschätzung der Lage von solch enormer Tragweite finanziell über einen längeren Zeitraum zu überstehen.

Nicht nur in Großbritannien, sondern auch an der niederländischen Börse TTF sind Oktober-Futures-Kontrakte im Gasbereich zuletzt auf neue Allzeithochs von knapp 964 US-Dollar pro eintausend Kubikmeter geklettert.

Seitens Gazprom hieß es hierzu, einer der Gründe für diese Entwicklung sei, dass die Gasvorräte in der Europäischen Union für diese Jahreszeit auf zu geringen Niveaus liegen würden. Mitte September sollen diese Gasvorräte bei gerade einmal 72 Prozent in Relation zu den möglichen Kapazitäten gelegen haben.

Bis Jahresende könnte sich die Situation durch eine Erhöhung von norwegischen Gasimporten und einer potenziellen Inbetriebnahme von North Stream 2 entspannen. Trotz allem sollte im Angesicht der allgemein angespannten Situation auf einen milden Winter in Europa gehofft werden, wie es seitens einiger Analysten heißt.

Im UK ist keine Entspannung in Sicht – Politische Reaktion fraglich

Anders als in Kontinentaleuropa wird mit Blick auf Großbritannien damit gerechnet, dass sich die Lage dort über den Winter nicht entspannen wird, weshalb die Gaspreise auf der Insel auf hohen Niveaus verharren dürften.

Die explodierenden Gas- und Strompreise drohen sich inzwischen auch auf eine ganze Reihe von anderen Wirtschaftszweigen in Großbritannien negativ auszuwirken, allen voran die Fleischindustrie.

Zunehmende Insolvenzen in den hiervon am stärksten betroffenen Branchen seien deshalb keineswegs auszuschließen. In dem weiter oben verlinkten Bericht von Bloomberg heißt es zudem, dass die Entscheidung der britischen Regierung im Hinblick auf eine Einführung von Preisobergrenzen im Strombereich private Verbraucher zwar für den Moment schütze, es auf diese Weise jedoch größeren Anbietern weder attraktiv noch lukrativ erscheine, kleinere Wettbewerber und deren Kundenbasis nach deren Insolvenz zu übernehmen.

Zu Wochenbeginn hatte Wirtschafts- und Energieminister Kwasi Kwarteng gegenüber den Londoner Parlamentariern angekündigt, dass die Regierung Gas- und Stromanbietern in der Heimat keinen Bailout liefern werde.

Inwieweit sich diese Verkündung mit parallel durch Premierminister Boris Johnson getätigten Aussagen, wonach die britische Regierung alles Erdenkliche unternehmen werde, um eine Pleitewelle in der heimischen Energieindustrie zu verhindern, deckt, steht auf einem anderen Blatt.

Mangel an LkW-Fahrern: Tankstellen teilweise geschlossen, BP drosselt die Versorgung

Inzwischen wird die sich intensivierende Energiekrise in Großbritannien auch anhand von noch ganz anderen Entwicklungen ersichtlich. Zur Wochenmitte kündigte nämlich British Petroleum (BP) an, die Belieferung des firmeneigenen Tankstellennetzwerkes mit Benzin- und Dieselprodukten zu minimieren.

Bei ITV heißt es, dass es an britischen Tankstellen zu Benzin- und Dieselrationierungen kommen werde. Hauptgrund für diese Entwicklung sei laut offiziellen Aussagen ein Mangel an LkW-Fahrern.

Dieser sich ausweitende Mangel hindere BP daran, Benzin- und Dieselprodukte von den Raffinerien zu den landesweit betriebenen Tankstellen zu transportieren. Schon bald werde es laut ITV unter Bezugnahme auf British Petroleum deswegen auch zu einer Einführung von „Benzinrestriktionen“ an den firmeneigenen Tankstellen des Konzerns kommen.

Heißt übersetzt: Tankstellenbetreiber werden wohl schon bald Schilder in ihre Schaufenster hängen, auf denen zu lesen steht, wie viel Liter Benzin oder Diesel am heutigen Tag getankt werden dürfen.

Übersetzung: BP teilt mit, eine Reihe von Tankstellen in Großbritannien aufgrund von Lieferschwierigkeiten im Benzin- und Dieselbereich temporär geschlossen zu haben. Grund hierfür sei eine landesweite Knappheit an LkW-Fahrern.

Link zum Video: https://twitter.com/i/status/1441024337247678470

Weiter heißt es bei ITV, dass eine Reihe von kleineren Tankstellen im Land den Betrieb eingestellt habe, weil es zurzeit schlichtweg einen Mangel an ausreichenden Benzin- und Diesellieferungen gäbe.

Bereits in der vergangenen Woche teilte eine hochrangige Vertreterin von BP gegenüber Kabinettsministern mit, dass die Benzin- und Dieselvorräte der Tankstellen mindestens auf einem Niveau von zwei Dritteln in Relation zur insgesamt verfügbaren Kapazität liegen müssten, um eine reibungslose Versorgungslage zu garantieren.

Bis es soweit sein werde, könne es im Lauf der nächsten Wochen bis in den Oktober hinein noch zu einigen Turbulenzen in diesem Bereich kommen. Verantwortlich für die aktuelle Situation wurde eine Verzögerung und teilweise Unterbrechung im Bereich der heimischen Lieferketten gemacht.

Kohle-Engpässe: Steigende Rohstoffpreise würden insbesondere US-Wirtschaft treffen

Werfen wir abschließend noch einen Blick auf den Rest der Welt. Unter Bezugnahme auf jüngst veröffentlichte Daten legten die Kohleexporte aufgrund eines Mangels an Alternativen zuletzt wieder zu.

Die Volksrepublik China hatte angesichts des sich intensivierenden Handelskriegs mit Australien kürzlich angekündigt, komplett auf Kohleeinfuhren aus Down Under verzichten zu wollen.

Aufgrund einer weltweit hohen Nachfrage komme es jedoch zu Angebotsengpässe, wie unter anderem auf der Seite von Argus berichtet wurde. Allein im Monat Juli seien der Kohleexport der Vereinigten Staaten auf Monatsbasis um bis zu 20,3 Prozent gesunken.

Kohleproduzenten hätten es mit sinkenden Ausstößen zu tun, weil viele Unternehmen zum einen über einen anhaltenden Arbeitskräftemangel und andererseits über einen Mangel an Finanzierungszusagen klagten.

Diese Situation scheint für weiter steigende Preise an den Rohstoffmärkten zu sprechen, was insbesondere die US-Wirtschaft empfindlich treffen könnte. In einem Bericht des Wall Street Journals heißt es hierzu, dass steigende Energiepreise sich über den bevorstehenden Winter auch als eine Gefahr für die wirtschaftlichen Aktivitäten in den USA erweisen könnten.

Aktuelle Benzinlagerdaten deuteten darauf hin, dass sich die gelagerten Vorräte unterhalb der für diese Jahreszeit üblichen Durchschnittswerte befänden. Anfang September hätten die registrierten Vorräte rund 7,5 Prozent unterhalb des Fünf-Jahres-Durchschnitts gelegen.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Mangelwirtschaft scheint der Wortbegriff der Stunde zu lauten. Ähnlich wie in der damaligen DDR, wo es zu vorherigen Ankündigungen und zu einer Bildung von langen Schlangen vor Geschäften gekommen war, wenn bestimmte und heiß begehrte Produkte erhältlich gewesen sind, sieht es in diesen Tagen bereits in einigen Supermärkten Englands aus.

Ob leer gefegte Regale eine Ausnahme oder lediglich „temporäre“ Erscheinungen bleiben werden, bleibt abzuwarten. Weltweit wird darüber hinaus vor einer abhebenden Inflation im Lebensmittelbereich gewarnt. Dazu reicht ein Blick auf die aktuelle Inflationsentwicklung in manchen Schwellenländern oder ein Blick an die Strom- und Gasbörsen.

Eine sich verewigende Gelderzeugung durch die Notenbanken, wodurch neben einer Aufrechterhaltung von unzähligen Ponzi-Systemen an den Finanzmärkten auch Zockereien jedweder Couleur erlaubt werden, schafft eben keine REALEN und greifbaren Produkte, die im realwirtschaftlichen Prozess und zu Konsumzwecken benötigt werden.

Irgendwann wird wahrscheinlich auch der Letzte begriffen haben, dass sich Geld und Aktien nicht essen lassen.

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