Verifizierung der wirtschaftlichen Schäden ist angelaufen

Da sich nahezu die gesamte Inselrepublik von den Auswirkungen des Erdbebens betroffen sieht, hat der weltweit wichtigste Halbleiterhersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) eine temporäre Schließung seiner Hauptproduktionsfabrik bekannt gegeben.

Wie es momentan aussieht, ist dieses Werk durch das Erdbeben ebenfalls beschädigt worden, so dass die Chip-Produktion erst einmal unterbrochen werden muss. Lokale Medien sprechen von dem schlimmsten Erdbeben seit rund 25 Jahren.

In diesem Zuge wurden nicht nur viele Gebäude auf der Insel zerstört, sondern es sind auch zahlreiche Einwohner zu Tode gekommen. Wie sich die aktuelle Situation auf die Mega-Technologiekonzerne in den Vereinigten Staaten auswirken wird, bleibt vorerst abzuwarten.

Tatsache ist, dass TSMC Hauptlieferant von sowohl Apple, Qualcomm als auch Nvidia ist. Zumindest scheint nach einer Begutachtung der entstandenen Schäden festzustehen, dass die wichtigsten Produktionsinstrumente – darunter ultraviolette Lithographiemaschinen – keiner Zerstörung anheimgefallen sind.

Mitarbeiterevakuierungen und temporäre Werksschließungen

Nichtsdestotrotz sah sich TSMC dazu genötigt, seine Mitarbeiter aufgrund von nach wie vor bestehenden Gefahren zu evakuieren und in andere Regionen zu verbringen. Zuvor hatte das Management von TSMC verlautbart, dass es aufgrund des Erdbebens zu einer Zerstörung von Produktionskapazitäten an verschiedenen Standorten gekommen sei, weshalb mit Nachdruck an Reparaturen gearbeitet werde.

Ähnlich sieht die aktuelle Lage unter einer Reihe von kleineren Halbleiterherstellern in Taiwan aus. So gab beispielsweise United Microelectronic Corporation bekannt, ihre Maschinen und andere Produktionsinstrumente in mehreren Werken heruntergefahren zu haben.

Ähnlich wie im Fall von TSMC mussten ebenfalls Mitarbeiter evakuiert und an andere Standorte verbracht werden, sodass ein großer Teil der Produktion momentan stillsteht. Hiervon sind insbesondere Werke in Tainan und Hsinchu betroffen.

Auch der lokale Chip-Produzent ASE Technology Holding, ein wichtiger Hersteller von Vorprodukten von sowie in iPhones, Smartphones und anderen Elektronikgütern verbauten Halbleitern leidet aktuell unter ähnlichen Problemen.

Die Kritiker sollen Recht behalten

Was aus Sicht aller Produktionsfazilitäten im Halbleitersektor in Taiwan gilt, ist die Tatsache, dass alle bestehenden Werke auf der Insel äußerst anfällig für auch nur die geringsten Erderschütterungen sind.

Kritiker hatten vor den hiermit verbundenen Risiken und Gefahren bereits seit geraumer Zeit gewarnt. Immerhin ist die Inselrepublik geografisch betrachtet Teil des sogenannten Ring of Fire in der Pazifikregion, der sich potenziell durch schwere Erdbeben oder Vulkanausbrüche bedroht sieht.

Kritiker hatten beispielsweise auch davor gewarnt, dass schon nur geringfügige Erdstöße zu einer Zerstörung von ganzen Paletten präzisionsgefertigter Chips und Halbleiter führen können.

Bislang hat sich die aktuelle Situation allerdings nur geringfügig auf die Aktienkurse der taiwanesischen Halbleiterhersteller ausgewirkt. Erst einmal bleibe laut Analysten abzuwarten, wie schwerwiegend die entstandenen Schäden nach dem Erdbeben tatsächlich seien.

Zahlreiche Technologieunternehmen in Taiwan sind zurzeit immer noch damit beschäftigt, eben jene entstandenen Schäden zu verifizieren und entsprechend zu beziffern. Insbesondere an der Ostküste der Inselrepublik sind die schwersten Schäden – beispielsweise komplett eingestürzte Häuser und Gebäude – durch das Beben entstanden.

Barclays blickt mit großer Skepsis auf die Geschehnisse

Mit am kritischsten unter den globalen Analysehäusern zeigt sich momentan die britische Barclays Bank. Denn laut Barclays-Analysten werde sich selbst ein nur temporärer Produktionsstopp in Taiwan im wahrscheinlichsten Fall sehr negativ auf einen komplizierten und ineinander verzahnten Produktionsprozess samt der sich daran anschließenden Liefer- und Wertschöpfungsketten auswirken.

Dies gilt insbesondere für die Herstellung von hochwertigen Chips und Halbleitern, deren mehrwöchiger Produktionsprozess im besten Fall nicht unterbrochen werden darf, und der in dem bestimmten Zeitintervall aus diesem Grund 24 Stunden am Tag sowie sieben Tage die Woche anhält.

Bei Barclays scheinen Befürchtungen umzugehen, wonach sich die Produktionsschließungen ebenfalls auf den Norden der Insel auswirken könnten. Hiervon wären im schlimmsten Fall dann auch die hier angesiedelten Industriezonen betroffen, was sich wiederum negativ auf die Herstellung von hochwertigen Chips und Halbleitern auswirken würde.

Ferner bleibe abzuwarten, wie hoch die Anzahl der fertiggestellten Halbleiter sei, die im Zuge des Erdbebens unwiederbringlich zerstört worden sind. Nach aktuellen Bestandsaufnahmen erweckt es den Eindruck, als hätte das Erdbeben der Stärke 7,4 weite Teile Taiwans zu einem gewissen Grad erschüttert.

Auch die Hauptstadt Taipeh ist hiervon nicht verschont geblieben. Dass hochwertige und weltweit dringend benötigte Halbleiter ausgerechnet in Taiwan produziert werden, scheint den Kritikern und deren Warnungen angesichts der aktuellen Geschehnisse Recht zu geben.

Denn immerhin liegt die Inselrepublik geografisch betrachtet oberhalb der Nahtstelle von zwei tektonischen Platten.

Der Grad der globalen Abhängigkeit von Taiwan ist nach wie vor viel zu hoch

Dass ausgerechnet an diesem Ort rund neunzig Prozent aller global benötigten und hoch qualitativen Halbleiter produziert werden, die nicht nur in Smartphones, iPhones sowie Anwendungen der Künstlichen Intelligenz Verwendung finden, spricht dafür, dass in diesem Bereich zukünftige weitere Produktionskapazitäten auch anderswo auf der Welt aufgebaut werden müssen.

Unter den Kritikern befindet sich neben Industriemanagern übrigens auch eine Reihe von Regierungsoffiziellen, welche die mit der taiwanesischen Chip-Herstellung verbundenen Risiken und Gefahren wiederholt öffentlich angeprangert hatten.

Denn neben Naturgefahren schwebt nach wie vor auch eine potenzielle „Heimholung“ Taiwans durch Festlandchina wie ein Damoklesschwert über der Inselrepublik. Der Ausbruch eines weiteren militärischen Konfliktes im Fernen Osten, der mit gigantischen Gefahren aus Sicht der Weltwirtschaft einhergehen würde, lässt sich keineswegs ausschließen.

Spätestens seit einer Intensivierung der politischen Spannungen zwischen Peking und Taipeh blicken Industrieexperten mit wachsender Sorge in die Zukunft. Denn jedwede Unterbrechung der taiwanesischen Halbleiterproduktion würde die weltweite Versorgung mit hochwertigen Chips zur Folge haben.

Alle anderen Industriebereiche wären weltweit betroffen

Eine solche Situation würde dann wiederum zu schwerwiegenden Konsequenzen in anderen Industriebereichen führen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang nur an die durch die Covid-Lockdowns bedingten Lieferunterbrechungen, die insbesondere in der globalen Automobil- und Fahrzeugindustrie zu einer extremen Chip-Knappheit und temporären Werksschließungen führten.

Laut Analysten werde sich ein möglicher Krieg zwischen Festlandchina und Taiwan auf eine katastrophale Weise auf alle Industrieproduktionsbereiche im Rest der Welt auswirken. Ganze Werke und Fabriken müssten in einem solchen Fall höchst wahrscheinlich ihre Produktion einstellen, was weltweit wiederum eine eklatante Unterversorgung mit Produkten jedweder Couleur zur Folge haben würde.

Nicht von ungefähr verfolgt der in den Vereinigten Staaten verabschiedete Chip Production Act eine Wiederansiedlung von Halbleiter- und Chipproduktionskapazitäten im eigenen Land, um solchen Gefahren auf eine bessere Weise entgegenzuwirken.

Insbesondere aus Sicht der westlichen Industrieländer handelt es sich somit um eine Art Wettlauf gegen die Zeit. Die in der Covid-Zeit verhängten Lockdowns hatten im Auto- und Fahrzeugsektor beispielsweise zur Folge gehabt, dass Kunden aufgrund des damaligen Chip- und Halbleitermangels bis zu sechs Monate auf eine Auslieferung ihrer bestellten Fahrzeuge warten mussten.

Sollte die Halbleiter- und Chipproduktion in Taiwan irgendwann einmal – aus welchem Grund auch immer – stillstehen, müsse aus Sicht der heutzutage bestehenden Gegebenheiten damit gerechnet werden, dass Kunden weltweit mehr als zwölf Monate auf die Verfügbarkeit von neuen Smartphones und / oder Lap Tops werden warten müssen.

TSMC – Ein Monopolriese

Da TSMC einen Anteil von gut neunzig Prozent an der globalen Produktion von qualitativ hochwertigen Chips und Halbleitern auf sich vereint, verwundert es kaum, dass sich die Börsenbewertung des Konzerns auf mehr als eine halbe Billion US-Dollar beläuft.

TSMC wird in Taiwan umgangssprachlich als „heiliger Berg“ bezeichnet. Aus strategischer Sicht ist der Konzern so wichtig, dass sich die Mitarbeiter des Unternehmens nach einer entsprechenden Antragstellung vom militärischen Reservedienst befreien lassen können.

Laut Angaben des taiwanesischen Verteidigungsministeriums gelte dies selbst für den Fall, wenn es zuvor zu offiziellen Einberufungen von TSMC-Mitarbeitern gekommen sei. Die Produktion von qualitativ hochwertigen Chips und Halbleitern lässt sich nicht so leicht durch Konkurrenten kopieren.

Denn in deren Herstellung sind zuvor teils extrem hohe Forschungskosten geflossen, die sich vor allem durch kleinere Konkurrenten nicht stemmen lassen. Das hiermit verbundene Know-how liegt folglich in Händen von nur einigen wenigen Akteuren auf der Welt, sodass ein möglicher Ausfall unter einem dieser Hersteller zu schwerwiegenden Folgen an den globalen Märkten zu führen droht.

Hinzu gesellt sich der zwischen den Vereinigten Staaten und China intensivierende Technologie- und Handelskrieg. In diesem Disput geht es um nichts anderes als die Frage, wer von beiden Nationen in der Zukunft die Oberhoheit über fortschrittliche Technologien wie 5G oder auch im Bereich der Künstlichen Intelligenz inne haben wird.

Aus eben jenem Grund werden die sich intensivierenden Spannungen zwischen Peking und Washington mit großer Sorge beobachtet. Denn die Pekinger Regierung könnte ab einem gewissen Zeitpunkt allein schon deshalb eine militärische Invasion Taiwans ins Kalkül ziehen, um sich in den Besitz der dortigen Chipproduktionsfazilitäten zu bringen.

Ab diesem Zeitpunkt würde der Westen höchst wahrscheinlich über keinen Zugang mehr zu den in Taiwan gefertigten Halbleitern verfügen. In den vergangenen Jahren hatte Chinas Staatspräsident Xi Jinping wiederholt öffentlich kundgetan, Taiwan notfalls auch unter der Anwendung von militärischer Gewalt „heimholen“ zu wollen.

Fatal auf den Rest der Welt würde sich allein schon eine potenzielle Abriegelung Taiwans und dessen Wirtschaft durch Chinas Militär auswirken. Da es im Zuge der zunehmenden Spannungen zwischen den USA und Taiwan auf der einen sowie der Volksrepublik China auf der anderen Seite zur Androhung eines solchen Szenarios gekommen ist, halten immer mehr Experten und Kommentatoren es für möglich, dass es tatsächlich dazu kommen könnte.

Diese Situation herrscht ausgerechnet zu einer Zeit vor, in der sowohl die Vereinigten Staaten, die Europäische Union wie auch die Volksrepublik China um die wirtschaftliche Oberhoheit in der Herstellung von unverzichtbaren Halbleitern der neuesten Generation ringen.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht von Axios auf der Seite msn.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Die aktuelle Situation in Taiwan sollte der Welt einmal mehr eine Warnung sein, um beim Aufbau von hochwertigen Halbleiter- und Chipkapazitäten andernorts auf der Welt lieber aufs Gaspedal zu treten.

Schwerwiegende Schäden in der Produktion werden sich schnell am Aktienkurs der Halbleiterhersteller ablesen lassen.

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