Langsam aber sicher scheint sich nun auch im Mainstream eine Sichtweise zu erhärten, die zahllose Kritiker der Federal Reserve Bank den Verantwortlichen im Eccles Building nun seit vielen Jahren schon vorgeworfen haben.

Was haben die massiven Interventionen der Fed gebracht?

Ohne an dieser Stelle ein weiteres Mal inhaltlich auf diese Kritik eingehen zu wollen, scheint sich an den Finanzmärkten in einem verstärkten Ausmaß die Frage zu stellen, welche Erfolge die massiven Interventionen der Federal Reserve Bank seit dem Kollaps der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers eigentlich gezeitigt haben.

Stets darauf hinweisend, mittels eigener Interventionsmaßnahmen die Volatilität sowie die Stabilität an den Häuser- und Hypothekenmärkten, Risiken an den Finanzmärkten, die Liquiditätslage und die Entwicklung der Anleihezinsen unter Kontrolle behalten zu wollen, beginnt sich mit ein wenig zeitlicher Verzögerung abzuzeichnen, in welche Sackgasse sich die Federal Reserve Bank seit damals hinein manövriert hat.

Letzten Endes hat die Fed rückblickend nichts anderes getan, als die auf einer Hinterlegung von bestimmten Sicherheiten und beständigen Zinseinkommensströmen basierenden Geld- und Kreditmärkte in eine selbst erwünschte beziehungsweise selbst anvisierte Richtung zu manipulieren.

Indem die Kapitalkosten nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise auf künstliche Weise unter die offiziell gemessene Inflationsrate gedrückt wurden, hat die Federal Reserve Bank die organische Funktionsweise der amerikanischen Wirtschaft nicht nur enorm verzerrt.

Auch die oberen zehn Prozent an der Spitze der Gesellschaftspyramide haben ihren Reichtum auf Kosten der restlichen neunzig Prozent der Bevölkerung hemmungslos vergrößert. In diesem Kontext wurde in der Vergangenheit beispielsweise wiederholt auf den Erstzugang dieser gesellschaftlichen Klasse zu dem durch die Fed elektronisch erzeugten – und durch nichts gedeckten – Geldes aufmerksam gemacht.

Im Zuge dieser finanziellen Spaltung ist insbesondere der Mittelstand auf eine enorme Weise unter die Räder geraten. Neueste Daten zeigen, dass die Unternehmensinsolvenzen in den Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr um achtzehn Prozent im Vergleich mit dem Vorjahr gestiegen sind.

Unter diesen landesweit deutlich steigenden Insolvenzen befinden sich nicht nur sogenannte Zombieunternehmen, die sich die länger als vielerorts zuvor erwartete Hochzinsphase nicht mehr leisten können.

Ein neues Schuldsklaventum

Auch immer mehr kleine und mittelgroße Firmen können unter den aktuellen Bedingungen im globalen Wettbewerb nicht mehr bestehen, wodurch der Motor der amerikanischen Wirtschaft auf Sicht auszufallen droht.

Die Reste des noch bestehenden Mittelstands könnten im Zeitablauf also sang- und klanglos verschwinden, was wiederum zu noch höheren Schuldenausfällen führen würde. Vielerorts ist mit Blick auf die private Verschuldung in den Vereinigten Staaten schon seit langer Zeit von einem „neuen Schuldsklaventum“ die Rede.

Wer die aktuellen Daten und Zahlen aus den verschiedensten Kreditmarktsegmenten, allen voran dem Kreditkartensektor analysiert, nimmt wahr, dass vielen Amerikanern angesichts der deutlich gestiegenen Inflation schon lange kaum mehr etwas anderes übrig zu bleiben schien, als den gewohnten Lebensstandard weiter auf Pump zu finanzieren.

Sich finanziell zurück zu nehmen und real zur Verfügung stehende Finanzmittel zur Basis der eigenen Lebensentscheidungen zu machen, haben viele Amerikaner hingegen wohl nie in ihrem Leben gelernt.

Die landesweite Sparquote ist nach dem durch die Regierung über den Köpfen von Firmen und Privathaushalten abgeworfenen Helikopter-Geld zu Zeiten der Covid-Krise wieder auf ihre zuvor erreichten Tiefststände gesunken.

Amerika schiebt mittlerweile nicht nur einen offiziellen Privatschuldenberg in Höhe von mehr als 34 Billionen US-Dollar vor sich her, sondern vielmehr gehen auch die Kosten zur Aufrechterhaltung von Sozialprogrammen wie Social Security, Medicare oder Medicaid sprichwörtlich durch die Decke.

Viele Rentenanspar- und Pensionspläne sind unterfinanziert und leiden unter teils enormen Unterdeckungen. Im Lauf der vergangenen Dekade wiederholt darauf hinweisend, dass die QE-Programme der Federal Reserve Bank die Inflation im Land langfristig betrachtet nicht befeuern würden, sind diese einstigen Versprechungen angesichts der aktuellen Ereignisse inzwischen zur Makulatur geworden.

Die zwischen den Jahren 2009 und 2020 – mit einer kurzen zeitlichen Ausnahme – anhaltende Nullzinspolitik der Federal Reserve Bank hatte allein in diesem Zeitraum zu einem zusätzlichen Kaufkraftverlust des US-Dollars um 22 Prozentpunkte geführt.

Manipulation und Spekulation – Das neue Fundament der US-Wirtschaft

Da die offiziell ausgewiesene Inflationsrate in dem erwähnten Zeitraum niemals bei null Prozent lag, konnten sich Konzerne, Unternehmen und Finanziers frisches Geld de facto zu Null- oder sogar Negativkosten beschaffen.

Die Kapitalkosten auf eine solche Weise zu manipulieren, hat in der breiten US-Wirtschaft zu einer immensen Anzahl an Kapitalfehlallokationen beigetragen. Folge war, dass selbst Firmen und Privatleute, die nichts von Risikomanagement verstehen, am Markt zu überleben wussten oder sich einem Reigen der Spekulationsaktivitäten an den Finanzmärkten hingaben.

Schließlich hieß es damals immer wieder, dass der sogenannte Fed Put schon dafür sorgen würde, dass bei diesen Aktivitäten nichts schief gehen wird. Doch wenn selbst Personen, die keinerlei Ahnung von der Funktionsweise der Finanzmärkte haben/hatten, dank Fed wie in einem Einbahnstraßencasino risikolos satte Gewinne einzufahren wussten, so sagt dies eine ganze Menge über die Beschaffenheit und den Zustand einer bis in den letzten Winkel finanzialisierten Ökonomie.

Die hierdurch verursachten Schäden werden angesichts der anhaltenden Hochzinsphase jeden Tag ein Stückchen mehr sichtbar.

Viele börsengelistete Unternehmen und Finanziers wussten mit dem durch die Fed in die Finanzmärkte gepumpten Geld zu Nullzinsen nichts Besseres anzufangen, als wahllos irgendwelche Wettbewerber und Konkurrenten aufzukaufen, Aktienrückkäufe im Billionen-Dollar-Bereich zu starten oder sich Spekulationen an den Finanzmärkten wie dem inzwischen in den Keller gerauschten SPAC-Sektor hinzugeben.

Dass die Oligopolisierung oder gar Monopolisierung der amerikanischen Wirtschaft so auf eine sehr unschöne und gefährliche Weise ausartete und sich die finanziell wohlhabende Gesellschaftsschicht auf Kosten aller anderen Bevölkerungsteile hemmungslos bereicherte, wird heute im allgemeinen Sprachjargon als „unerwünschter Nebeneffekt“ bezeichnet.

Hingewiesen sei auf die Tatsache, dass Aktienrückkäufe in den Vereinigten Staaten einst einmal aus gutem Grund gesetzlich verboten waren. Selbst Finanzanalysten lassen sich heute zu der Aussage hinreißen, dass Billionen an neu durch die Fed erzeugten Geldeinheiten in Manipulationen, Spekulationen und eine Reduzierung des Wettbewerbs in der amerikanischen Wirtschaft geflossen sind.

Selbstverständlich wirkt sich die Tendenz in Richtung einer anhaltenden Oligopolisierung oder sogar Monopolisierung von ganzen amerikanischen Wirtschaftsbereichen wiederum preissteigernd aus.

Anders als zuvor erhofft, hat sich an den Fronten der Produktivität, der Effizienz und der ökonomischen Innovation – mit Ausnahme der Künstlichen Intelligenz – im selben Zeitraum nicht allzu viel oder sogar überhaupt nichts getan.

Anders ausgedrückt kontrollieren Kartelle, die bereits zuvor über große ökonomische Macht ausübten, inzwischen ganze Wirtschaftsbereiche. Dass sich unter anderem die Qualität von hergestellten Produkten unter diesen vorherrschenden Bedingungen verschlechtert, wird ebenfalls nur allzu offensichtlich.

Die jüngsten Vorkommnisse und Geschehnisse um die durch Amerikas Flugzeugbauer Boeing produzierte Maschine 737 Max 9 stehen Pate für ähnliche Entwicklungen in anderen Branchen.

Falsche Anreize führen zu falschen Entscheidungen

Auf null oder gar in den Negativbereich sinkende Kapitalkosten setzen nicht nur aus Sicht des allgemeinen Unternehmens-, sondern vor allem auch aus Perspektive des Bankensektors völlig falsche Anreize.

Die Dinge rückblickend beobachtend zeigte sich, dass ein Löwenanteil der Gewinne nicht mehr aus dem Angebot von qualitativ hochwertigeren Produkten sowie Dienstleistungen herrührt, sondern dass vielmehr Marktmanipulationen wie auch teils hoch spekulative und gefährliche Finanzmarktspekulationen hierfür verantwortlich zeichneten.

Kurzfristige Gewinnaussichten wurden angesichts einer Überhand nehmenden Gier langfristigen – und gesellschaftlich oftmals förderlichen – Projekten vorgezogen. Deutlich wird dies in weiten Teilen der Vereinigten Staaten beispielsweise anhand einer maroden und in vielen Fällen stark veralteten Infrastruktur.

Summa summarum lässt sich beobachten, dass die Aktivitäten der Federal Reserve Bank zu einer Abschaffung fast aller Anreize geführt haben, welche die Gesellschaft und Wirtschaft des Landes einst einmal zu ihrer heutigen Größe führten.

Mittel- bis langfristig dürften sich diese Fehlentwicklungen verheerend auf die allgemeine Wirtschaftskraft samt der innenpolitischen Stabilität im Land auswirken. Dass Kapitaleigner sich dazu in der Lage sahen, ihre zu Null- oder Negativkosten geliehenen Kredite auch noch zu hebeln, hat im Vergleich zu abhängigen Einkommensverdienern zu einer bislang noch nicht gesehenen Wohlstandsschere beigetragen.

Hierbei handelt es sich um eben jene zuvor bereits erwähnte Konzentration von Reichtum und Vermögen, die auf Kosten des Mittelstands überhaupt erst möglich wurde. Es ist egal, welche Charts und Grafiken zur Begutachtung dieser wachsenden Wohlstandsschere herangezogen werden.

Deutlich wird dabei, wie der Anteil des amerikanischen Mittelstands an der Verteilung der Nettovermögen im Land Jahrzehnt um Jahrzehnt gesunken ist. Mittlerweile besteht in den USA eine Vermögenskonzentration an der Spitze der Gesellschaft, die in der Geschichte des Landes seines Gleichen sucht.

Klar ist jedoch auch, dass die künstliche Senkung oder Unterdrückung der Kapitalkosten zu einer Überaufnahme von billigen Darlehen und Krediten geführt hat. Die Schulden sind in Amerika parallel hierzu in allen gesellschaftlichen Bereichen sprichwörtlich durch die Decke geschossen.

Die hiermit in Verbindung stehenden „Carry Trades“ sind nicht nur brandgefährlich, sondern drohen im Fall einer Rückabwicklung zum Einsturz des kompletten Blasen-Kartenhauses an den Finanzmärkten zu führen.

Je länger die Zinsen in den Vereinigten Staaten und im Rest der Welt auf ihren aktuell hohen Niveaus verharren werden, desto wahrscheinlicher erweist sich eine Verschärfung der Insolvenzwelle in der breiten Wirtschaft.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite oftwominds.com.


Die Ausführungen werden in einem zweiten Teil fortgesetzt. Eine abschließende Einschätzung erfolgt entsprechend.

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