Über Deutschland zieht ein Insolvenz-Tsunami hinweg. Kaum eine Branche scheint mehr gefeit vor Unternehmensschließungen, Arbeitsplatzabbau und einer an Fahrt aufnehmenden Verlagerung von Produktionskapazitäten ins Ausland.

Neben einer Zunahme der Großinsolvenzen wie der Benko-Gruppe, wird ganz besonders der Mittelstand, das Rückgrat der deutschen Wirtschaftskraft, von dieser Entwicklung getroffen. Und so kritisiert Marie-Christine Ostermann, Präsidentin der deutschen Familienunternehmer, dass „das Land mit diesem Wirtschaftsminister nicht aus der Krise herausfinden wird“.

Gefangen im Dickicht der eigenen Ideologie

Gemeint ist Robert Habeck, der sich laut eigener Aussage „von der Wirklichkeit umzingelt sieht“. Wer einmal Revue passieren lässt, welches Personal einst einmal an der Spitze des deutschen Wirtschaftsministeriums stand, stellt sich angesichts der gefährlichen Situation, in der Deutschland sich befindet, die Frage, wieso es überhaupt so lange dauern konnte, bis führende Institutionen der Wirtschaft lautstark nach einer anderen Politik rufen würden.

Vielmehr ließ sich doch schon seit geraumer Zeit absehen, in welche Richtung der deutsche Wirtschaftskahn angesichts einer derart ideologiegesteuerten Politik steuern würde: Nämlich direkt auf die Klippe eines Wasserfalls zu!

Egal ob Miele, Continental, Bosch, ZF Friedrichshafen, Traditionsbrauereien oder namhafte Einzelhändler wie Peter Hahn oder Hallhuber, wird die Liste der Hiobsbotschaften aus dem klassischen Mittelstand und unter wichtigen deutschen Zulieferern in diesen Tagen immer länger.

Während sich die deutsche Wirtschaft bereits in einer Rezession befindet, weisen andere klassische Industrienationen in Europa zumindest noch Wachstum auf. Nichtsdestotrotz nehmen auch im europäischen Ausland die ökonomischen Probleme zu.

Insolvenzen in Großbritannien auf 30-Jahres-Hoch

Ein gutes Beispiel hierfür ist Großbritannien. So geht aus einem neuen Bericht hervor, dass die Anzahl der durch eine Insolvenz gefährdeten Unternehmen im Vereinigten Königreich im letzten Quartal des Jahres 2023 um 25 Prozent in die Höhe geschossen ist.

Rund 47.000 Unternehmen stehen danach in Großbritannien am Rande eines Kollapses, während sich die ökonomischen Bedingungen auf der Insel verschlechterten. Die Londoner Regierung wies in den vergangenen Monaten zwar wiederholt öffentlichkeitswirksam darauf hin, dass die ökonomischen Bedingungen im Land zwar ein wenig gedämpft, jedoch stabil seien.

Diese Einschätzung wird unter einer zunehmenden Anzahl von Experten an den heimischen Finanzmärkten nicht geteilt. Unter anderem warnt die auf Insolvenzen spezialisierte Firma Begbies Traynor davor, dass der britische Unternehmenssektor in eine veritable Krise hinein geschlittert ist.

Angesichts der sich verschlechternden Wirtschaftsbedingungen wie auch der anhaltenden Hochzinsphase drohen die Insolvenzanträge auch in Großbritannien auf Sicht spürbar an Fahrt aufzunehmen. Dabei hat die Anzahl der registrierten Firmeninsolvenzen in Großbritannien im Jahr 2023 bereits ein 30-Jahres-Hoch erreicht.

Ausbruch einer Immobilienkrise möglich

In dem jüngst durch Begbies Traynor publizierten „Red Flag“ Bericht heißt es, dass eine gewaltige Wirtschaftskrise auf das Land zurolle. Denn rund ein Drittel aller britischen Firmen, die sich einem wachsenden Finanzdruck ausgesetzt sehen, ist in der Immobilien- und Baubranche aktiv.

Aus diesem Grund müsse mit dem Ausbruch einer neuen Immobilienkrise im Vereinigten Königreich gerechnet werden. Private Haushalte, die in den letzten Jahren bereits aufgrund einer deutlich gestiegenen Inflation finanziell in die Bredouille geraten sind, drohen jetzt in zunehmendem Ausmaß nicht mehr in der Lage dazu zu sein, laufende Hypothekenverträge zu bedienen.

In den vergangenen zwanzig Jahren waren es insbesondere prosperierende Immobilien- und Häusermärkte, die sich als eines der wichtigsten Rückgrate der britischen Wirtschaft, wenn nicht gar als das wichtigste, erwiesen haben.

Laut neuesten Daten von Begbies Traynor sind bestimmte Branchen und Industriezweige in einem besonderen Maße von dem zuvor erwähnten Anstieg unter Unternehmen, die auf eine Insolvenz zusteuern, betroffen.

Mit einem Anteil von 41,3 Prozent trifft dies allen voran auf die Gesundheits- und Bildungsindustrie zu, gefolgt von einem Anstieg in Höhe von 32,6 Prozent in der Baubranche. Danach folgen die Häuser- und Immobilienbranche mit einem Anstieg von 25 Prozent sowie die Dienstleistungsindustrie mit einer Steigerung von 24 Prozent.

Keine große Überraschung

Zu wachsender Besorgnis trägt zudem der Umstand bei, dass ein Anteil von 82 Prozent aller britischen Firmen ein doppelstelliges prozentuales Wachstum aufweist, wenn sich die Dinge um einen spürbar zunehmenden Finanzdruck drehen.

Es sei die Frage erlaubt, ob angesichts einer jahrelangen Verschuldungsorgie mit irgendetwas anderem angesichts der nunmehr bereits deutlich länger anhaltenden Hochzinsphase (als je zuvor erwartet) zu rechnen gewesen ist?!!

Resultat ist, dass achtzehn von insgesamt 22 untersuchten Bereichen der Wirtschaft in Großbritannien im vierten Quartal 2023 über ein doppelstelliges Wachstum unter all jenen Unternehmen berichteten, die sich in einem finanziell kritischen Zustand befinden.

Mancherorts wurden diese Daten als desaströs bezeichnet. Schlimmstenfalls steuere die britische Wirtschaft auf eine finanzielle Katastrophe zu. Bei Begbies Traynor wird davor gewarnt, dass es sich um einen „perfekten Sturm“ handele, der sich im makroökonomischen Bereich über dem Land zusammengebraut habe.

Zombies rücken in den Fokus

Kaum ein bis überhaupt kein Wirtschaftssektor im Vereinigten Königreich sei von dieser Situation ausgenommen, wie es weiter heißt. Neben den hohen Zinsen sind es unter anderem auch eine nach wie vor zu hohe Inflation, kaum mehr einschätzbare Produktionskosten, zu hohe Energiekosten und ein schwaches Verbrauchervertrauen, die britischen Firmen in ihren Planungen immer mehr Knüppel zwischen die Beine werfen.

Ähnlich wie die Vereinigten Staaten, Frankreich, Deutschland und Italien hat die über ein Jahrzehnte anhaltende Nullzinspolitik der großen Notenbanken auch in Großbritannien dazu beigetragen, insbesondere hoch verschuldeten Unternehmen eine geldpolitische Rettungsleine zuzuwerfen.

Die sogenannten Zombies sahen sich unter diesen Bedingungen dazu in der Lage, sich weiter an den Finanzmärkten Kapital zu beschaffen oder sich anderweitig zu finanzieren, um die eigenen Aktivitäten aufrechtzuerhalten und Unternehmensmitarbeiter zu halten.

Jetzt, da die Zinsen sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks bei über fünf Prozent liegen, zieht sich die Schlinge um den Hals der Zombies als erstes zu. Viele dieser extrem hoch verschuldeten Unternehmen können sich im aktuellen Zinsumfeld nicht mehr adäquat refinanzieren.

Zusammen mit dem wackelnden Fundament unter mittelständisch geprägten Firmen ist das ein Cocktail, der nicht nur die Arbeitslosenzahlen in die Höhe treiben wird. Auch ein Teil der Produktion ist bedroht. Und sollten diese Produktionskapazitäten sukzessive ausfallen, wird die Inflation nicht sinken, sondern tendenziell eher steigen.

Der Insolvenzspezialist Begbies Traynor weist ebenfalls auf die damit verbundenen Gefahren hin. Denn auch Hunderttausende Firmen in Großbritannien haben jahrelange Nullzinsen dazu genutzt, um sich mit äußerst kostengünstigen Krediten vollzusaugen.

In diesem Zuge vollzog sich der Prozess einer permanenten Aufschuldung. Nachdem die Zinssause vorbei ist und sich in das exakte Gegenteil verwandelt hat, sind viele Akteure auf dem falschen Fuß erwischt worden.

Aufschulden bis der Arzt kommt

Augenscheinlich hat ein Großteil dieser Akteure tatsächlich daran geglaubt, dass die Zinsen auf immer und ewig bei null Prozent verharren würden, obwohl es sich bei diesem Zustand um eine absolute Anomalie handelte. Der darauffolgende Kater hat nun eingesetzt.

Andererseits blieb den meisten Akteuren wahrscheinlich auch nicht viel anderes übrig, als es genauso zu machen wie die Konkurrenz. Andernfalls hätte wahrscheinlich die individuelle Wettbewerbsfähigkeit gelitten, was schon zu einem früheren Zeitpunkt zu einer Insolvenz hätte führen können.

Wenn alle wie eine Herde in dieselbe Richtung laufen, ist es nicht einfach, gegen den Strom zu schwimmen. Dazu braucht es schon ein wenig Wirtschaftskraft und zuvor hart erarbeitete Finanzsolidität. Schulden machen ist einfacher, um im Wettbewerb zu bestehen – zumindest solange es gut geht, bis es dann irgendwann nicht mehr gut geht.

Der im aktuellen Zinsumfeld erwartbare Kollaps der Benko-Gruppe ist solch ein Fall. Ein Geschäftsmodell, das auf permanenter Aufschuldung samt einer Verzettelung in zahllose neue Projekte basierte.

Rasante Zinsanstiege haben Blasen platzen lassen

Die rapiden Zinsanstiege haben dieses Geschäftsmodell wie eine Seifenblase platzen lassen. Wie viele tickende Zeitbomben im Unternehmenssektor a la Benko-Gruppe dort draußen noch ticken, lässt sich kaum mit Gewissheit einschätzen.

Im Vergleich zum dritten Quartal ist die Anzahl der laut eigener Aussage stark finanziell notleidenden Unternehmen in Großbritannien im vierten Quartal 2023 um knapp dreizehn Prozent gestiegen.

Die Gesamtzahl der landesweit hiervon betroffenen Unternehmen belief sich im erwähnten Zeitraum auf knapp 540.000. Die meisten dieser Unternehmen sind mit ihrem Firmensitz in der Hauptstadt London und im Südosten des Landes ansässig.

Bereits im vergangenen Jahr war es zur Einreichung der meisten Insolvenzanträge seit dem Finanzkrisenjahr 2008 gekommen. Von vielen Firmen, die aktuell Warnsignale aussenden, wird erwartet, im laufenden Jahr oder spätestens im nächsten Jahr Insolvenz einreichen zu müssen.

Allein schon aus diesem Grund wird bei der Finanzmarktfirma Hargreaves Lansdown damit gerechnet, dass das Vereinigte Königreich in Kürze in eine Rezession abrutschen wird, um Deutschland zu folgen.

Wie hoch die Anzahl der Mitarbeiterentlassungen auszufallen drohen, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genau abschätzen. Letzten Endes wird diese Entwicklung mit davon abhängen, wie viele Unternehmen im Land tatsächlich das Zeitliche segnen werden.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite begbies-traynorgroup.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Nicht Neues unter dieser Sonne. Ähnlich wie in den 1920er Jahren, an deren Ende ein großer Zyklus zu Ende ging, wiederholt sich dieser Kreislauf in der heutigen Zeit. Begrüßenswert wäre es, wenn Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sich endlich ehrlich machen würden, um sich einzugestehen, dass an Schuldenschnitten und horrenden Abschreibungen kein Weg mehr vorbeigehen wird.

Diskussionen und Versuche, bestimmten Gesellschaftsgruppen Vermögen über die Erhebung von Vermögenssteuern, Sonderabgaben oder Enteignungen wegzunehmen, um Finanzlöcher zu stopfen oder staatliche Schulden zu bedienen, wird zu bösem Blut führen, die Gesellschaft zutiefst spalten und die Abwanderung (Flucht) ins Ausland nur noch befeuern.

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