Aus reinem Interesse habe ich über die letzten Jahre sowohl den massiven Anstieg als auch den hierauf einsetzenden dramatischen Absturz des Palladium-Preises, der sich im gestrigen Handel fortsetzte, beobachtet.

Anhand von Beobachtungen lässt sich viel über Behavioral Finance, Moral Hazard und die zugrundeliegende Marktpsychologie lernen

Man muss nicht unbedingt in einem Wert X, Y, Z oder einem Rohstoff investiert sein, um anhand der sich verändernden Bedingungen in einem bestimmten Anlagesegment viel, viel über die zugrundeliegende Marktpsychologie und die sich – daraus ableitend – entwickelnden Strukturumwälzungen zu lernen.

Wer das einmal über einen längeren Zeitraum macht, wird sich, wie ich, einfach nur einmal mehr in der eigenen Ansicht bestätigt sehen, auf welch eine desaströse Weise die Geldpolitik der Zentralbanken sich auf die Börsen – oder besser in Spekulationscasinos umgewandelte Tempel der Hoffnungen auf schnellen Reichtum – auswirkt.

Zyklen des Boom & Bust – bis zum bitteren Ende

Die in den vergangenen Jahrzehnten durch die Geldpolitik der Notenbanken hervorgerufenen Wirtschaftszyklen des „Boom & Bust“ spiegeln sich anhand von aktuellen Beobachtungen im Palladium-Sektor in Form eines Mikrokosmos´, der diesem sich permanent wiederholenden Kreislauf zu aller Ehre gereicht.

Es stellt sich automatisch die Frage danach, was solche Entwicklungen mit dem traditionellen Begriff des Wirtschaftens per se überhaupt noch zu tun haben?! Vielmehr spiegelt sich in dem nachfolgend abgebildeten Chart des Palladium-Preises eigentlich nur all das, was in unserem Wirtschaftssystem falsch und schiefläuft.

Wenn der Keynesianismus vielerorts auch noch immer als Heilsbringer oder in Form eines Verhinderers von dringend notwendigen Wirtschafts(bereinigungs)korrekturen angesehen wird, so legt der Verlauf des Palladium-Preises lediglich Zeugnis darüber ab, wie permanent elektronisch erzeugtes Geld der Notenbanken sich seine Wege in Nischensegmente sucht, um die jeweiligen Basiswerte wie einen Ballon aufzupumpen und nach einem Platzen der damit verbundenen Blasen wieder völlig in sich zusammenfallen lässt.

 

Aus dem oben abgebildeten Chart geht nur einmal die Performance im Verlauf der letzten zwölf Monate hervor. Wer bedenkt, dass Palladium sein Preishoch im Juli 2022 bei 3.445 US-Dollar pro Unze ausbildete, wird sich angesichts der seitdem anhaltenden Talfahrt vielleicht einfach nur noch verdutzt die Augen reiben.

Effekte, die mit der Finanzialisierung der Wirtschaft einhergehen

Doch nein, es handelt sich nicht um einen schlechten Traum, sondern einfach nur um einen weiteren Hinweis darauf, auf welche Weise der Prozess der Finanzialisierung eine ehedem solide Wirtschaft einem hochgiftigen Spekulationsfieber ausgesetzt hat.

Und dieses Spekulationsfieber wird durch geldpolitische Entscheidungen der Zentralbanken befeuert, bis dann irgendwann der Ausbruch der nächsten Finanzkrise ins Haus stehen wird. Eine vor sich hin köchelnde Bankenkrise haben wir bereits, während viele Rohstoffsegmente – blicken Sie einfach nur auf den oben abgebildeten Palladium-Chart – zusammen gefaltet wurden.

Natürlich sind es die deutlich gestiegenen Zinsen und die sich erschwerenden Darlehens- und Finanzierungsbedingungen an den internationalen Kapitalmärkten, die, wie in allen historisch vergleichbaren Perioden zuvor zu beobachten, dazu beitragen, aus jenen durch billiges Geld (QE) und Nullzinsen inflationierten Vermögenswerten die Luft entweichen zu lassen.

Es fällt schwer zu glauben, dass es nach wie vor „Experten“ und andere Marktakteure gibt, die sich und ihren Anlegern das nun unter anderem auch an den Palladium-Märkten abermals zu beobachtende Phänomen anhand von „fundamentalen Marktgegebenheiten“ zu erklären verursachen.

Bezahlte Vortänzer, die sich allein profitorientierten Partikularinteressen verschrieben haben

So viel Berufsblindheit geht eigentlich schon gar nicht mehr. Unter einer wachsenden Anzahl von Beobachtern (hört, hört) ist inzwischen die Frage aufgekommen, ob es sich bei diesen Protagonisten womöglich nicht einfach nur um bezahlte Vortänzer handeln könnte, die sich allein der Maxime des Talking my own textbook verschrieben – und sich jenen auf eine Erzielung von Maximalprofiten ausgerichteten Partikularinteressen – verpflichtet sehen.

Wer stört sich in dem Wild-West-Casino namens Börse angesichts einer unter vielen Akteuren in den Keller rauschenden Ethik und Moral schon daran, wenn solche Profite auf Kosten der Allgemeinheit oder einer nach wie vor vorhandenen Gutgläubigkeit oder einem Mangel an Know-how unter Privatanlegern generiert werden?

Schließlich herrscht an den Finanzmärkten das Faustrecht. Heißt also, dass der Starke die Schwachen frisst. Wie er das bewerkstelligt, ist angesichts einer mangelhaften Regulierung allein ihm überlassen. Zur Verantwortung wird der Starke für sein Verhalten in der Regel nicht gezogen. Er kann also machen, was er will.

Palladium – Ein silberweißes Edelmetall, das in der Industrie genutzt wird

Was Palladium anbetrifft, so handelt es sich einfach nur um ein silberweißes Edelmetall, das wie Osmium, Ruthenium, Iridium, Rhodium, und Platin zur Gruppe der Platinmetalle gehört. Palladium wurde in der Vergangenheit oftmals für seine vielfältige Verwendbarkeit in der Industrie bis über den grünen Klee gelobt.

Bis vor Kurzem galt dies noch insbesondere für dessen Nutzung in der Produktion von Katalysatoren beim Bau von Verbrennerfahrzeugen. Immerhin belaufe sich die Nachfrage nach Palladium aus der Automobilindustrie auf einen Anteil von fünfzig Prozent in Relation zu dessen jährlichen Gesamtnachfrage.

Das Attribut, der Gruppe der Edelmetalle anzugehören, verhilft Palladium zudem zu einer nicht zu unterschätzenden Nachfrage aus dem globalen Investitions- und Anlagesektor.

So werden beispielsweise durch staatliche Münzprägeastalten hergestellte Münzen wie der kanadische Palladium Maple Leaf oder der amerikanische Palladium Eagle in verschiedenen Stückelungen angeboten und weltweit vertrieben.

Umso kleiner das Marktsegment, desto größer die Marktmacht der großen Spekulanten

Der Palladium-Preis tanzt, wie auch viele andere Rohstoffe, nach der Pfeife von Banken, Investoren und Spekulanten an den Futures-Märkten. Im Fall des Palladium-Marktes handelt es sich im Vergleich mit den Gold- und Silbermärkten zudem um ein relativ kleines – und somit sehr überschaubares – Marktsegment.

Selbstverständlich erweist sich der Palladium-Preis allein schon aus diesem Grund als noch volatiler als Silber. Aus Perspektive von Spekulanten also praktisch wie gemacht, um sich ein kleines und überschaubares Marktsegment zu eigen zu machen, und solange die Musik spielt, die eigene Marktmacht auszunutzen, um den Preis eines Basiswerts wie Palladium in die Stratosphäre zu befördern.

„Solange die Musik spielt“ bedeutet in diesem Zusammenhang nichts anderes, als dass diese künstliche Aufblähung eines Vermögenswertes sich solange beobachten lässt und vollzieht, bis Notenbanken wie die Fed oder die EZB ihre Zinssätze (gezwungenermaßen) anheben, was sich in der Folge wiederum negativ auf die Darlehens- und Finanzierungsbedingungen an den Märkten auswirkt.

Zu spüren bekommen dies in der Regel zuerst die Spekulanten. Eben jene Spekulanten, die zuvor daran mitgewirkt haben, bestimmte Preise durch ihr aggressiv-egoistisches Verhalten durch die Decke zu befördern.

Dass Unternehmen aus der Automobilindustrie und deren Endkunden die aufgepumpten Preise an den Rohstoffmärkten über einen Anstieg der Kosten respektive höhere Absatz- und Verkaufspreise zu schultern haben, interessiert all jene Akteure, die der Kategorie The Roving Cavaliers of Credit zuzuordnen sind, herzlich wenig.

Ein längerfristiger Rückblick

Um den Verlauf des Palladium-Preises hier einmal ins Verhältnis zu rücken, möchte ich hier nachfolgend ein wenig länger in die Vergangenheit zurückblicken – und zwar auf die letzten zehn Jahre.

Erkennen lässt sich, dass der steile Anstieg des Palladium-Preises im Jahr 2016 seinen Ausgang nahm.

Wer stets darauf pocht, dass die Börse die zukünftigen Entwicklungen vorausnehmen würde, hätte zu diesem Zeitpunkt einkalkulieren müssen, dass ein Transformationsprozess – weg von Verbrennerfahrzeugen – hin zu Elektroautos bereits zum damaligen Zeitpunkt in vollem Gang gewesen ist.

Ich mache hierauf aufmerksam, da es nun dieselben „Experten“ und Marktakteure sind, die den oben abgebildeten „Christbaum-Chart“ anhand der Tatsache erklären möchten, dass es die Entwicklungen im weltweiten Elektrofahrzeugsektor seien, die momentan den letzten Atemtropfen aus dem silberweißen Metall herauspressten.

Danach leide der Palladium-Preis unter der Tatsache, dass das Metall in der Konstruktion von Elektrofahrzeugen – aufgrund von nicht benötigten Katalysatoren – keine Verwendung finde.

Hierbei wird gänzlich unter den Teppich gekehrt, dass der Absatz von Elektrofahrzeugen in vielen Wirtschaftsräumen im Vergleich zu herkömmlichen Autos mit Verbrennermotoren noch immer ein Nischendasein führt.

Neueste Prognosen von Rohstoffanalysten werden sodann ins Feld geführt und zitiert, wonach sich die weltweite Nachfrage nach Palladium im laufenden Jahr aufgrund der Transformation hin zu Elektroautos schlimmstenfalls um bis zu 2,25 Millionen Unzen zu verringern drohe.

Gewarnt wird zudem davor, dass der Palladium-Markt ohnehin nicht größer als 10 Millionen Unzen pro Jahr sei, weshalb, so sich diese Prognosen erfüllen sollten, mit einer sinkenden Gesamtnachfrage von bis zu 22,5 Prozent gerechnet werden müsse.

Mit ein wenig Erfahrung lassen sich Emotionen ausblenden

Wahrscheinlich nehmen Sie den ironischen Unterton in meinen Ausführungen zur Kenntnis. Diesem Unterton bediene ich mich nicht von ungefähr.

Denn noch am 15. Mai 2023 lautete die Schlagzeile eines durch die Nachrichtenagentur Reuters veröffentlichten Berichtes, dass die Palladium-Märkte trotz eines Nachfragewandels unter Kunden aus der Fahrzeugindustrie hin zu Platin im laufenden Jahr einem Angebotsdefizit ins Auge blicken werden.

Heißt also, dass die weltweite Nachfrage das momentan verfügbare Angebot übertrumpfe. Sie werden hieran erkennen, dass sich irgendetwas beißt und gegenseitig ausschließt. Ein Blick in die Zukunft und der Wandel der Automobilindustrie können es also nicht gewesen sein, die Palladium seinen „Christbaum-Chart“ beschert haben.

Lassen Sie abschließend darauf hinweisen, was diesen „Christbaum-Chart“ bedingt hat. Es war das billige und frei verfügbare Geld der Notenbanken, welches das kleine und relativ überschaubare Palladium-Marktsegment auf Kosten der Industrie- und deren Endkunden über mehrere Jahre wie einen Ballon aufgepumpt hat.

Irgendwann spielt die Musik nicht mehr und der Zeitpunkt des „Rette sich, wer kann“ ist da

Und es sind die inzwischen stark gestiegenen Zinsen und wahrscheinlich auch das anhaltende Quantitative Tightening (QT) der Fed, die der Palladium-Blase den Stecker gezogen und das Metall wieder in den Keller geschickt haben.

Mit Angebot und Nachfrage an den Weltmärkten beziehungsweise einer industriellen Nutzung von Rohstoffen oder der Investmentnachfrage unter Investoren hat all das nichts zu tun!

Es sind insbesondere die Spekulanten, die über Erstzugang zu dem billigen Notenbankgeld verfügen, um hiermit ausgewählte Marktsegmente solange in die Stratosphäre zu befördern, bis das billige Geld irgendwann nicht mehr zur Verfügung steht. Ab diesem Zeitpunkt heißt es dann nur noch rette sich, wer kann.

Vertrauen Sie im Fall eigener Spekulationsaktivitäten auf Ihre Beobachtungsgabe und Intuition. Das Anhören von Interviews, in denen Ihnen „Experten“ die fundamentalen Gründe für erfolgende Kursauf- und Kursabschwünge näher bringen und erklären möchten, können Sie sich sparen.

Blicken Sie einfach nur darauf, was Notenbanken in Sachen Geldpolitik kommunizieren und machen. Wer dies getan hat, dürfte sich bereits im Sommer vergangenen Jahres, somit zu dem Zeitpunkt, zu dem die Palladium-Blase vollends platzte, darüber bewusst gewesen sein, dass spätestens jetzt die Zeit für einen Ausstieg gekommen war.

Allen Lesern sei ein schönes Wochenende gewünscht!

- Dem heutigen Bericht liegen meine eigenen Marktbeobachtungen zugrunde. -

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