Vor wenigen Wochen wurde an dieser Stelle auf Bemühungen im Washingtoner Kongress aufmerksam gemacht, die mit einer potenziellen Gesetzesverabschiedung bezüglich eines Importverbots für angereichertes Uran aus der Russischen Föderation einhergingen.

Ein Präsidentendekret scheint jederzeit möglich

Diese Bemühungen haben im Verlauf der letzten Wochen allerdings keine wesentlichen Fortschritte erzielt. Und so berichtete der Finanzdienstleister Bloomberg gestern unter Bezugnahme auf mit der Materie vertraute Personen, dass die Biden-Administration die Dinge zur Prozessbeschleunigung notfalls selbst in ihre Hände nehmen wolle.  

So könnte Joe Biden alsbald ein Präsidentendekret unterzeichnen, dass die amerikanische Einfuhr von angereichertem Uran aus der Russischen Föderation fortan verbieten wird. Aus einem politischen Blickwinkel heraus betrachtet, würde eine solche Entwicklung gewiss nicht überraschend erfolgen.  

Denn hochrangige Washingtoner Regierungsrepräsentanten, darunter sowohl Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates wie auch des Energieministeriums, beraten mit dem Ziel einer Verringerung der russischen Uranabhängigkeit bereits seit einiger Zeit über diese Frage, so dass die Umsetzung eines solchen Verbotes per Präsidentendekret eine logische Folge wäre.

Die potenzielle Unterzeichnung eines entsprechenden Präsidentendekrets durch Joe Biden wird jedoch unter aller Voraussicht mit einer Reihe von Ausnahmegenehmigungen gespickt sein, weil es schwer fällt sich vorzustellen, aus welchen Alternativquellen die USA auf die Schnelle solch hohe Mengen an angereichertem Uran zu beziehen gedenken.

Regierung und Nuklearindustrie angeblich einig über Importverbot

Noch seien keine endgültigen Entscheidungen in dieser Angelegenheit getroffen worden, doch unter Bezugnahme auf Insider scheinen sich die Washingtoner Regierung und die heimische Nuklearindustrie einig über ein baldiges Importverbot für angereichertes Uran aus der Russischen Föderation zu sein, wenn die Verabschiedung eines solchen Verbotes dann jedoch eher über den legislativen Gesetzesweg favorisiert werde.

Sollte es im Washingtoner Kongress über diese Frage zu keiner Einigung und entsprechenden Gesetzesverabschiedung kommen, so würde die Unterzeichnung eines Präsidentendekrets durch Joe Biden alternativ ins Auge gefasst.  

Nach dem Einmarsch von russischen Truppen in die Ukraine sieht sich die russische Erdöl- und Gasindustrie mit weitreichenden Sanktionen durch die G7-Staaten und die Europäische Union belegt.

Russische Exporte von angereichertem Uran in Richtung der Vereinigten Staaten sahen sich von diesen Sanktionen bis zu diesem Zeitpunkt ausgenommen. Dass die Aktien von Firmen im Uransektor gestern abermals teils deutlich in ihren Kursen zuzulegen wussten, lässt sich auf die aktuellen Überlegungen in Washington zurückführen. Aus einem Teilausschnitt aus einer durch Visual Capitalist erstellten Grafik geht hervor, wie importabhängig die USA nach wie von der Einfuhr angereicherten Urans aus der Russischen Föderation sind.

Aus welchen Quellen soll der potenzielle Wegfall bezogen werden?

Immerhin ein gutes Viertel des durch Nuklearreaktorbetreiber in den Vereinigten Staaten benötigten (angereicherten) Urans resultiert aus russischen Exporten. Es sind momentan in etwa neunzig Atomkraftwerke in den Vereinigten Staaten, die unter Bezugnahme auf die U.S. Energy Information Administration (EIA) mit angereichertem Uran aus Russland beliefert werden.  

Ein Anteil von knapp 27,5 Prozent des jährlich benötigten Urans wird in den Vereinigten Staaten selbst abgebaut. Ein Anteil von weiteren knapp 12,5 Prozent stammt aus Deutschland, gefolgt von Großbritannien (11,25 Prozent) und den Niederlanden (9,2 Prozent). Der Anteil der verbleibenden gut fünfzehn Prozent wird durch andere Lieferanten beigesteuert.

Seit einiger Zeit wird in den USA auf politischer Bühne nun schon darüber diskutiert, dass die Importabhängigkeit von angereichertem Uran aus der Russischen Föderation mit Risiken und Gefahren im Bereich der nationalen Sicherheit des Landes wie auch aus Sicht der heimischen Wirtschaft als solcher einhergehe.

So belaufen sich die amerikanischen Einfuhren von angereichertem Uran aus der Russischen Föderation unter Bezugnahme auf Bloomberg-Schätzungen auf gut eine Milliarde US-Dollar pro Jahr. 

Nichtsdestotrotz zeichnet sich in Sachen einer potenziellen Substitution dieser Einfuhren durch Drittanbieter nach wie vor keine Lösung ab. Ferner würde ein Verzicht Amerikas auf russische Importe die Preise für angereichertes Uran laut Experten erneut um bis zu zwanzig Prozent in die Höhe treiben. 

Kurse von Uran-Produzenten steigen

An den Rohstoffmärkten reagierten Aktien von großen Uranproduzenten, darunter Cameco Corporation und Uranium Energy Corporation, mit Kursanstiegen auf die in Washington in Erwägung gezogenen Entscheidungen. Auch der Sprott Uranium Miners ETF wusste hiervon zu profitieren. 

In der Zwischenzeit hat das Budgetbüro des Kongress (CBO) eigene Berechnungen zu potenziellen Energiekostensteigerungen in den USA angestellt. Danach würden die Kosten in der Herstellung von Atomstrom in den Vereinigten Staaten nach Verhängung eines russischen Importbanns um mindestens dreizehn Prozent steigen.  

Nachdem Amerikas Strompreise bereits zum aktuellen Zeitpunkt um durchschnittlich dreißig Prozent höher liegen als im Vergleich mit Ende des Jahres 2021 würde auf Unternehmen und private Verbraucher also erneut eine Welle von Strompreiserhöhungen zurollen, zumal Uran-Experten davon ausgehen, dass die Preise in diesem Bereich weiter steigen werden.

Wie sich die aktuellen Meldungen mit einer in den USA angestrebten Renaissance im Atom- und Nuklearkraftwerkbereich vertragen, erschließt sich nicht. So sehen Pläne der Regierung in Washington vor, einstmals stillgelegte Atomreaktoren in den nächsten Jahren wieder ans Netz zu bringen.  

Da die Nuklearstromerzeugung inzwischen das Etikett einer „grünen Energieerzeugung“ umgehängt wurde, wird die weltweite Urannachfrage in den nächsten Jahren unter aller Voraussicht deutlich steigen. 

So machen mittlerweile Werbeslogans die Runde, wonach die Nuklearstromerzeugung nicht nur sauber, sondern auch beständig zuverlässig sei. Die Atom-Unfälle in Tschernobyl und Fukushima scheinen aufgrund der sich angesichts der grünen „Energiewende“ ergebenden Notwendigkeiten und Engpässe in Vergessenheit zu geraten.  

Ein historischer Wendepunkt

So hat beispielsweise die Holtec International Corporation eine Genehmigung erhalten, das Palisades Nuklearkraftwerk im Bundesstaat Michigan wieder zu eröffnen. Diese Entwicklung wurde in den Vereinigten Staaten zum gegebenen Zeitpunkt als ein historischer Wendepunkt bezeichnet.

Inzwischen wird mit Nachahmereffekten gerechnet, in deren Zuge eine ganze Reihe von ehedem still gelegten Nuklearkraftwerken wieder in Betrieb genommen werden könnten. Was Palisades anbelangt, so wird davon ausgegangen, dass das Atomkraftwerk bereits ab dem Jahr 2025 wieder Nuklearstrom ins amerikanische Stromnetz einspeisen wird. 

Gestern wurde berichtet, dass allen voran die Errichtung von neuen Datenzentren in den nächsten Jahren zu einer stark wachsenden Stromnachfrage in den Vereinigten Staaten beitragen wird.

Sich momentan abzeichnende Nachfragelücken und Stromengpässe zu Spitzenzeiten können eigentlich nur durch eine Wiederbelebung der Atomkraftindustrie in den USA gelöst werden. Es sind insbesondere neue Anwendungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI), die teils außerordentlich viel Strom konsumieren.  

Vielerorts wird damit gerechnet, dass eine zu schnelle Errichtung von neuen KI-Datenzentren das amerikanische Stromnetz überlasten könnte. So haben sich im Bundesstaat Virginia schon vor einiger Zeit an Einfluss gewinnende Bürgerinitiativen gebildet, die den Ausbau von KI-Datenzentren in ihren Heimatgefilden zu verhindern gedenken. e Erfolgsaussichten sind angesichts der bereits aktuell bestehenden Datenzentrum-Dichte in Virginia nicht einmal schlecht.

Angesichts der anhaltenden Stromnetz-Dekarbonisierungsanstrengungen wird kein Weg an einer Mehrnutzung von Uran in der Zukunft vorbeigehen. Mittlerweile wird auch im Pazifikstaat Kalifornien dazu aufgefordert, in der Zukunft wieder verstärkt auf die Erzeugung von Nuklearstrom zu setzen.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite des Finanzdienstleisters Bloomberg.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Ein Importbann ergibt aus aktueller Sicht keinen Sinn. Es wird Jahre benötigen, um auch nur einen Teil der ehedem stillgelegten Kernkraftwerke in den USA zu modernisieren und wieder ans Netz zu bringen.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"