Die Bankrottwelle im amerikanischen Einzelhandel scheint einfach nicht abreißen zu wollen. Ganz im Gegenteil erweckt es den Eindruck, als ob im laufenden Jahr auch große Player wie Sears das Zeitliche segnen könnten.

Dass ein solch mögliches Ereignis zu einem Problem für US-Finanzminister Steven Mnuchin werden könnte, hatte ich Ihnen vor einiger Zeit berichtet. Die leer stehenden Verkaufsflächen in regionalen Einzelhandelszentren und Shopping Malls sind in den USA im ersten Quartal mittlerweile auf ein 6-Jahres-Hoch geklettert.

„Einzelhandelsapokalypse“ nimmt weiter Fahrt auf

Es erweckt den Eindruck, als ob die Einzelhandelsapokalypse nach den letzten beiden Jahren, in denen neue Insolvenzrekordhochs im stationären Einzelhandel verzeichnet wurden, nicht abebben, sondern vielmehr zusätzlich an Fahrt aufnehmen würde.

Die Leerstandsquote unter den großen Shopping Malls ist in den Vereinigten Staaten im ersten Quartal auf 8,4% geklettert – ein Anstieg von 0,1% gegenüber dem Vorquartal bei der gleichzeitig höchster Leerstandsquote seit dem Jahr 2012.

Das Wall Street Journal nimmt in einem Bericht Bezug auf die Immobilienanalysefirma Reis, die die Entwicklung in knapp 80 Metropolen im ganzen Land beobachtet und auswertet. Der Begriff „Einzelhandelsapokalypse“ steht als Synonym für die Welle an Filialschließungen in den Vereinigten Staaten, die seit nunmehr 2015 anhält.

„Overstored“ – Fed-Geldflut schwappte unter Greenspan in Malls und sonstige Gewerbeimmos

Mehr als 8.000 weitere Stationäreinzelhandelsgeschäfte schlossen in den USA im Jahr 2017 ihre Pforten, was nahezu der doppelten Anzahl im Vergleich mit dem jährlichen Durchschnitt der vergangenen Dekade entspricht. Warum dies so ist, hatte ich Ihnen in einer ganzen Reihe von Berichten zum amerikanischen Einzelhandel seit Ausbruch der Finanzkrise ausgeführt.

Amerika bekommt seine enormen Bausünden im Angesicht der zuvor durch die Federal Reserve ausgelösten Liquiditätsflut nach dem Technologieabsturz beziehungsweise dem Platzen der dot.com-Blase in den Jahren 1999 und 2000 nun richtig zu spüren.

Um die heimische Wirtschaft zu reflationieren flutete der damalige Fed-Chef Alan Greenspan die globalen Finanzmärkte mit US-Dollar-Liquidität, die in den USA größtenteils in den Bau von Shopping Malls, Einzelhandelszentren, Kino-Komplexen und Gewerbeimmobilien floss.

Als diese Blase im Jahr 2006 platzte, klappten nicht nur die gewerblichen, sondern auch die privaten Immobilienmärkte in den Vereinigten Staaten in sich zusammen. Amerika war zu diesem wie auch zum heutigen Zeitpunkt absolut „overstored“ – und dies noch immer trotz der zu erwartenden und sich nun abspielenden Insolvenzwelle im stationären Einzelhandel.

Es gilt enorme Fehlallokationen zu begradigen – das kann noch eine Weile dauern

In diesem Sektor gilt es, in der Vergangenheit begangene Kapitalfehlallokationen enormen Ausmaßes zu begradigen, was durchaus noch einige weitere Jahre anhalten und in Anspruch nehmen könnte. Hinzu gesellt sich die Tatsache, dass Amerikas Verbraucher im Hinblick auf ihr Einkaufsverhalten zudem immer öfter auf das Internet zurückgreifen.

Dies geht unter anderem auch aus einer Studie des International Council of Shopping Centers hervor. Es verwundert im Angesicht der aktuellen Ereignisse kaum, dass Nachbarzentren und kommunal betriebene Shopping Malls in 41 von 77 durch Reis untersuchten Metropolen in den vergangenen zwölf Monaten über einen Anstieg der jeweiligen Leerstandsquoten klagten.

Obwohl das 1. Quartal für gewöhnlich das schwächste im Gesamtjahr ist, wurde in den ersten drei Monaten des Jahres 2018 eine ungewöhnlich niedrige Aktivität in den Bereichen Leasing, Bau und Konstruktion verzeichnet, wie es im neuen Bericht von Reis heißt.

Offizielle Daten und Realität klaffen auseinander

Dabei fußten zur Jahresmitte 2017 noch große Hoffnungen auf der durch US-Präsident Trump und den Kongress zu verabschiedenden Steuerreform, die durch die Republikaner dann kurz vor Weihnachten 2017 durchgesetzt und durch den Kongress gewunken wurde.

Laut offizieller Arbeitsmarktstatistik des Bureau of Labor Service liegt die Arbeitslosigkeit in den USA auf einem 17-Jahres-Tief. Tja, sonderbar, nicht, dass amerikanische Einzelhändler trotz dieser rosigen Datenlage unter derart enormen Absatzschwierigkeiten leiden?!!

Sonderbar erscheint im Angesicht dieser offiziellen Daten auch, wie viele Einzelhändler in den vergangen Jahren weitläufig Personal abgebaut haben. Dies mag im Zuge von sinkenden Absätzen wohl auch eine ganze Menge mit dem unter den Demokraten erhöhten Mindestlohn zu tun haben, mit dessen Auswirkungen sich der Stationäreinzelhandel in den Vereinigten Staaten nun herumschlägt.

Trump vs. Amazon

Nach der durch amazon.com erfolgten Übernahme von Whole Foods geht im stationären Einzelhandel in den USA die Furcht um, dass der Online-Einzelhandelsriese nun auch in zusätzliche und traditionell angestammte Geschäftsfelder hinein expandieren könnte, wodurch Stationäreinzelhändlern weiteres Geschäft flöten ginge.

US-Präsident Trump hatte amazon.com vor kurzem öffentlich bezichtigt, nicht genügend Steuern in den USA abzuführen, Vorteile aus dem amerikanischen Post-System zu ziehen und kleine Stationäreinzelhändler in diesem Zuge aus dem Wettbewerb zu drängen. Schlagende Beweisführungen für seine kritischen Behauptungen ließ Trump indes offen.

Trump attackierte amazon.com und dessen Chef Jeff Bezos bereits zu verschiedenen Anlässen und Gelegenheiten. Trumps jüngste Kommentare erfolgten nur wenige Tage nachdem Medien berichteten, dass Trump eine Obsession gegenüber amazon.com hege, dem Plan folgend, den größten Online-Einzelhändler der Welt in dessen (Verkaufs-)Macht zu beschneiden.

Amazon-Debatte ändert nichts an den zugrundeliegenden Problemen

In Washington wird bereits gemunkelt, dass Trump und das Weiße Haus möglicherweise die Einleitung einer Antitrust-Klage gegen amazon.com vorbereiten könnten Diesen Plänen wurde seitens des Weiße Hauses nun jedoch (fürs Erste) eine offizielle Absage erteilt, was im gestrigen Handel für ein wenig Erholung unter Technologieaktien sorgte.

Vor einigen Tagen twitterte Trump, dass „nur Narren – oder Schlimmeres – behaupteten, dass unser geldverbrennendes und verlustträchtiges Post-System Geld mit dem Versand von Amazon-Produkten verdiene. SIE VERLIEREN EIN VERMÖGEN, und das wird geändert. Unsere Steuern abführenden Einzelhändler schließen Geschäfte und Filialen in rasantem Tempo im ganzen Land!“

Daran wird sich aus den in den vergangenen Jahren beschriebenen Gründen, und vor allem unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Amerika trotz dieser anhaltenden Schließungswelle noch immer „overstored“ ist, aus meiner Sicht in absehbarer Zeit nur wenig ändern. Amazon hin oder her…

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