Inzwischen erinnern die aus den Niederlanden eingehenden Bilder und Videos an die landesweiten Proteste in Kanada im Februar dieses Jahres, in deren Zuge damals auch Grenzübergänge zwischen dem Ahornland und den USA durch Hunderte LKWs blockiert wurden.

Ähnlich sieht es seit einigen Tagen auch an der Grenze zwischen Deutschland und den Niederlanden aus. Es sind nicht mehr nur aufgebrachte Bauern, die mit ihren Traktoren Brücken, Autobahnen und Bundesstraßen blockieren, sondern mittlerweile haben sich auch andere Teile der Gesellschaft diesen Protesten angeschlossen.

Notfalls das gesamte Land lahmlegen

Das durch die Bauernverbände ausgegebene Ziel lautet, notfalls auch das ganze Land lahmzulegen, um die Regierung von Premier Mark Rutte zur sofortigen Rücknahme eines Emissionsplans zu zwingen, der laut Schätzungen bis zum Jahr 2030 mit einer Schließung von gut einem Drittel aller landwirtschaftlichen Betriebe und Höfe in den Niederlanden einhergehen würde.

Um die durch die Europäische Union vorgegebenen Klimaschutzziele zu erreichen, soll es in den Niederlanden nicht nur zu einer erzwungenen Schließung landwirtschaftlicher Betriebe, sondern darüber hinaus auch zu einer Tötung von zahlreichen Tierbeständen kommen.

Diese Initiative der niederländischen Regierung geht auf einen im vergangenen Herbst ins Parlament eingebrachten Gesetzesvorschlag zurück, der eine „Reduzierung“ der Betriebe, Tierbestände und Nitrogennutzung in der niederländischen Landwirtschaft um gut ein Drittel bis zum Jahr 2030 vorsieht.

Auf diese Weise sollen durch Tiere verursachte Gasemissionen gesenkt und eine Einhaltung von Emissionsrechten garantiert werden. Der Anteil des Landwirtschaftssektors an der Jahreswirtschaftsleistung ist in den Niederlanden im Vergleich mit anderen Ländern noch immer recht hoch.

Insgesamt halten niederländische Landwirte mehr als einhundert Millionen Schweine, Rinder und Hühner. Gleichzeitig zu einer gesetzlich vorgesehenen „Reduzierung“ von Tierbeständen investiert die niederländische Regierung nun auch schon seit einiger Zeit in labortechnisch erzeugtes Fleisch, das für einen Verkauf im Handel freigegeben werden soll.

Auch eine Nutzung von in der Landwirtschaft benötigten Nitrogenen und Düngemitteln soll stark reduziert werden, um Umweltverschmutzungen vorzubeugen. Es erweckt den Eindruck, als ob diese Pläne das Fass zum Überlaufen gebracht zu haben scheinen, nachdem sich jetzt nicht mehr nur ein Großteil der Landwirte, sondern auch die Mitarbeiter aus anderen Branchen und Gesellschaftsschichten diesen Protesten angeschlossen haben.

Showdown zwischen Landwirten und Regierung

Repräsentanten der niederländischen Landwirtschaftsverbände und eine große Anzahl von Bauern haben verlautbart, den Plänen der Regierung nicht Folge leisten zu wollen, da es auf diese Weise bis zum Ende der laufenden Dekade zu einer Zerstörung von zig wirtschaftlichen Existenzen im gesamten Sektor kommen würde.

Seit mehr als einer Woche halten die Proteste in den Niederlande nun bereits an. Seit diesem Wochenende haben die Proteste vielerorts noch einmal an Momentum hinzugewonnen. Seit einigen Tagen werden unter anderem auch die privaten Wohnstätten von Regierungspolitikern durch Protestler aufgesucht.

Sich vor Ort versammelnd, haben Bauern und Protestler deren Häuser mittels Güllepumpen bespritzt. Selbiges lässt sich auch von einer Vielzahl von Behörden und Regierungsgebäuden sagen, die aufgrund des damit verbundenen Gestanks vorerst nicht mehr durch behördliche Mitarbeiter betreten werden können.

Die Proteste brachen am 22. Juni aus. Nahmen anfangs laut Schätzungen gut dreißigtausend Demonstranten an diesen Protesten teil, so hat sich deren Anzahl seit dem Wochenende im ganzen Land deutlich erhöht.

Mittlerweile wird in niederländischen Medien offen über einen „Aufstand von Teilen der Bevölkerung“ gegen die Klimadiktate der Regierung gesprochen. Auch der Begriff des „Ausnahmezustands“ ist inzwischen in aller Munde, was nicht nur zu Schulschließungen, sondern auch zu einer zunehmenden Blockade von Verkehrswegen geführt hat.

Wie der Milchlandwirt und Mitorganisator der Proteste, Jeroen van Maanen, gegenüber lokalen Medien erklärte, hätten die niederländischen Landwirte stets darauf gepocht, sich an konstruktiven Gesprächen mit der Regierung zu beteiligen. Doch bislang habe die Regierung alles im Alleingang und ohne Einbezug der heimischen Landwirte entschieden.

Jeroen van Maanen kritisiert, dass die heimischen Landwirte aus diesem Grund lediglich wertvolle Zeit verplempert hätten. Seit einigen Tagen sorgen anhaltende Straßenblockaden im ganzen Land für teils erhebliche Transportunterbrechungen und zeitliche Verzögerungen im Logistiksektor.

Vielerorts haben Landwirte und LKW-Fahrer auch Autobahnen mit ihren Vehikeln sowie unter Zuhilfenahme von zentnerschweren Strohballen blockiert. Lokale Medien berichten darüber, dass sich die Stimmung unter den Protestlern zudem immer stärker aufheize.

Polizeikräfte, die unterdessen versuchen, die durch LKWs angelieferten Strohballen von den Straßen und Autobahnen zu entfernen, machen die Erfahrung, dass selbst bis zu zehn Mann nicht ausreichen, um die Ballen auch nur einen Zentimeter von der Stelle wegzubewegen.

 

Mancherorts werden Strohballen auch angezündet, was zur Smogbildung auf Autobahnen und in davon betroffenen Gegenden geführt habe. Mittlerweile wird aus einer zunehmenden Anzahl von Regionen gemeldet, dass Landwirte kommunale Rathäuser von oben bis unten mittels Güllepumpen einsprühen. Unter anderem die Stadt Apeldoorn soll hiervon betroffen sein.

Auch Straßen werden mancherorts zunehmend in Gülle getaucht. Nachdem es in Apeldoorn zu mehreren Verhaftungen durch die Polizei gekommen ist, versuchen Landwirte nun wohl auch, Polizeistationen mit Gülle zu bespritzen, weshalb die Sicherheitskräfte ihrerseits damit begonnen haben, Straßen abzuriegeln.

Mindestens bis Freitag ist in der Stadt Apeldoorn inzwischen ein Notstand ausgerufen worden, um aufgebrachte Landwirte mittels Polizeisperren daran zu hindern, bis zu deren Polizeistationen und in kommunale Zentren vorzudringen.

Premier Mark Rutte, der seine Teilnahme an dem in Spanien stattfindenden NATO-Gipfel beendete, um vorzeitig in seine Heimat zurückzukehren, kritisierte, dass sich „ein kleiner Teil der Landwirte“ zu radikalisieren beginne.

Zunehmende Gewaltbereitschaft unter Protestlern

In niederländischen Medien wird zudem eine wachsende Gewaltbereitschaft unter Teilen der Protestler beklagt. Lebensmittelproduzenten, die sich ursprünglich hinter die Proteste gestellt hatten, rufen dazu auf, von einem Einsatz von Gewalt abzulassen.

Hierunter befinden sich neben dem Milcherzeuger A-Ware unter anderem auch die Futtermittelproduzenten VanDrie Group und Agrifirm. Eine Distanzierung von manchen Protestaktionen erfolgte insbesondere nach dem Durchbrechen einer Polizeisperre vor dem Haus der niederländischen Umweltministerin Christianne van der Wal, deren Haus hernach mit Gülle besprüht wurde.

 

Zu solchen Versuchen der persönlichen Einschüchterung dürfe es fortan nicht mehr kommen, wie es daraufhin seitens der Behörden unisono hieß. Unter Bezugnahme auf den Chef der niederländischen Polizeigewerkschaft, Jan Struijs, hätten die anhaltenden Proteste der Bauern und Landwirte inzwischen einen enormen Zulauf seitens „Rechtsgruppierungen“ erfahren.

Diese „Rechtsgruppierungen“ hätten sich bereits im Kampf gegen Covid-Lockdowns und damit in Verbindung stehende Regierungsmandate als äußerst gewaltbereit erwiesen. Doch damit nicht genug.

Inzwischen wird nämlich dazu aufgerufen, neben Autobahnen und Straßen auch die Seehäfen und Flughäfen des Landes zu blockieren. Laut Polizeigewerkschaftschef Jan Struijs werde es sein Land mit einem noch gänzlich anderen Phänomen zu tun bekommen, falls neben dem internationalen Flughafen Schiphol in Amsterdam auch der Seehafen von Rotterdam durch die Protestler blockiert werden würde.

Am Wochenende haben die Landwirte der Regierung von Mark Rutte ein Ultimatum gesetzt, um deren Emissionspläne zurückzuziehen. Sollte dieses Ultimatum verstreichen, würde zu einer zusätzlichen Besetzung und Blockierung von Flug- und Seehäfen übergegangen.

Fischer schließen sich an

Wie es gestern in verschiedenen Medien des Landes hieß, hätten sich Fischereiflotten den Protesten der Landwirte angeschlossen, um einzelne Häfen in den Niederlanden bereits abzuriegeln.

Angemerkt sei, dass die Protestler seit dem Wochenende jetzt auch die wichtigsten Lebensmitteldistributionszentren in den Niederlanden mittels LKWs und Traktoren blockieren, was bedeutet, dass keine Produkte mehr an- noch ausgeliefert werden können.

Auf Twitter kursierende Videos zeigen Super- und Lebensmittelmärkte, deren Regale nicht mehr aufgefüllt werden können und aus diesem Grund recht leer gefegt sind.

 

Um die Blockaden von Lebensmitteldistributionszentren vor einer potenziellen Räumung durch Polizeikräfte abzusichern, haben Demonstranten mittlerweile auch tatsächlich einen gekauften Panzer zu einer dieser Protesthochburgen verbracht.

Tausende Ärzte protestieren in Den Haag

Wie Dutch News vor einigen Tagen berichtete, haben auch Tausende Ärzte und deren Mitarbeiter am vergangenen Freitag an einer Demonstration in Den Haag teilgenommen, um gegen die Arbeitsbedingungen in der gesamten Branche zu demonstrieren. Auch in anderen Wirtschaftszweigen soll es rumoren, was dazu führen könnte, dass verschiedene Proteste im ganzen Land zu einem großen Generalstreik zusammenwachsen könnten.

Unter Bezugnahme auf jüngst durchgeführte Umfragen bekennen sich drei Viertel der niederländischen Bevölkerung zu den anhaltenden Protesten im Land. Verständnis wurde nicht nur für die existenzgefährdende Situation der heimischen Landwirte aufgebracht, sondern in diesen Umfragen spiegelt sich auch ein hoher Grad der Unzufriedenheit mit den Regierenden im Allgemeinen.

 

Als zuletzt bekannt wurde, dass einzelne verdeckte Ermittler der Sicherheitskräfte den Versuch unternommen haben sollen, sich unter die Protestler zu mischen, und unter deren Reihen für Unruhe zu sorgen, hat sich die allgemeine Empörung wohl noch einmal gesteigert.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen Bericht von Netherlands News Live.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Bleibt nichts als abzuwarten, wie die Entwicklungen in den Niederlanden weitergehen werden, während unterdessen auch bereits aus Spanien und England Autobahnblockaden aufgrund der hohen Inflation und der enorm teuren Spritpreise gemeldet werden. Nachdem in Großbritannien sowohl der Gesundheits- als auch Finanzminister unerwartet zurückgetreten sind, tickt die Uhr, da die gesamte Regierung von Boris Johnson vor dem Fall stehen könnte.

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