Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0576 (05:28 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0555 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 135,25. In der Folge notiert EUR-JPY bei 143,07. EUR-CHF oszilliert bei 1,0108.

Die Finanzmärkte bleiben nervös. Der positive Wochenstart an den Aktienmärkten wurde in wesentlichen Teilen durch neue Abverkäufe konterkariert. Gold und Silber standen unter Verkaufsdruck. Zinsen am Kapitalmarkt legten zu (10 Jahres Bunds 1,54 %, 10 Jahres US-Treasuries 3,18 %). Der Euro zeigte sich stabil bis freundlich.

Neue Sanktionen - G7 verschärfen Kurs gegen Russland erheblich

Die G7-Staaten erhöhen den Druck auf Moskau erheblich. Sie seien vor einer Einigung, sich auf einen Preisdeckel für russisches Öl zu verständigen. Man wolle mit weiteren Maßnahmen auf Dienstleistungen abzielen, die für den Verkauf russischen Öls erforderlich sind.

Die US-Regierung will Sanktionen gegen den russischen Verteidigungssektor und Firmen beschließen, die Sanktionen gegen Russland unterlaufen. Es sollen Firmen gelistet werden, die keine US-Technologie kaufen dürfen. Finanzinstitutionen würden informiert, dass sie sich am Kampf gegen eine mögliche Umgehung von Exportkontrollen beteiligen sollten.

Kommentar: Kein Land wurde von westlichen Ländern jemals stärker sanktioniert als Russland. Das Problem besteht jedoch darin, dass der Westen nur noch für circa 34 % der Welt-BIP steht (1980 80 %, Basis KKP) bei weiter fallender Tendenz. Der Hebeleffekt des Westens ist im quantitativen Sektor so gering wie nie zuvor seit dem 2. Weltkrieg. Mehr noch sind die Strukturdaten der nicht westlichen Länder mittlerweile großenteils gesund oder sogar attraktiver als die des Westens (u.a. Leistungsbilanzen, öffentliche Verschuldung). Auch haben sich Abhängigkeiten im Welthandel verändert. Die Verkehre unter den nicht westlichen Ländern hatten im letzten Jahrzehnt das höchste Wachstum. Ergo sanktionieren circa 34 % des globalen Wirtschaftsspektrums Russland. Die restlichen Länder profitieren durch westliche Sanktionen in den Feldern Versorgungssicherheit und Preislichkeit. Kann der Westen diese Länder umdrehen?

US-Präsident Biden und Kanzler Scholz hatten auf Schloss Elmau die Wirksamkeit der westlichen Sanktionen betont. Der eingeschränkte Zugang zu westlichen Technologien würde Russlands Wirtschaft viele Jahre zurückwerfen, sagte Scholz. Dass Russland jetzt nahe an der Zahlungsunfähigkeit stehe, sei die Wirkung drastischer Sanktionen. Fabriken in Russland kämpften darum, die Produktion aufrechtzuerhalten. Die russische Wirtschaftsleistung werde in diesem Jahr wahrscheinlich zweistellig sinken und die Inflation auf mehr als 20 % steigen.

Kommentar: Russland wird getroffen. Moskau konstatiert, dass die Folgen der Sanktionen Russlands Wirtschaft mindestens die kommenden drei Jahre belasten werden. Die Daten, die Biden und Scholz verwenden, sind jedoch nicht aktuell. Zuletzt wurden die Negativprognosen deutlich zurückgenommen. Mehr noch baut Russland seine Ökonomie um. Der Westen spielt in den mittel- und langfristigen Planungen eine deutlich untergeordnete, wenn überhaupt eine Rolle. Die frühere US-Außenministerin Albright sagte noch während ihrer Amtszeit, wie es sein könne, dass 140 Mio. Russen auf so großen Bodenschätzen sitzen könnten. Damit äußerte sie verständliche US-Begehrlichkeiten, die in der Jelzin-Ära durch westliche Oligarchen-Puppen mit Leben erfüllt wurden (unter Putin der „Kehraus“). Fakt ist, dass die Welt auf russische Bodenschätze in den kommenden Generationen angewiesen sein wird. Es wird Länder mit hoher Versorgungssicherheit geben, und welche, die diese Versorgungssicherheit nicht haben. Das ist ein elementarer Aspekt für Investitionen (Lebensbaum Kapitalstock). So war es auch nicht erstaunlich, dass die geladenen Gastländer Indien, Indonesien, Südafrika, Argentinien und Senegal bestenfalls verhalten auf die Avancen der G-7 reagierten.

Die G-7 Granden haben es versäumt, den Kollateralschaden auf die westlichen Ökonomien und Gesellschaften zu thematisieren. Die existentiellen Risiken, die sich für den deutschen und europäischen Wirtschaftsstandort ergeben, waren kein Wort wert. Das deutsche Konsumklima markierte aktuell ein Allzeittief. Die notwendigen Subventionen, die alle eine konsumtive Charakteristik aufweisen, treffen Westeuropa in einer Zeit prekärer Haushaltsdaten. Die uneingeschränkte Solidarität mit der Ukraine hat einen Preis, der derzeit nicht bezifferbar ist, weder für Europa, den Westen, noch für die Welt.

Es sei daran erinnert, dass uneingeschränkte Solidarität einem Blankoscheck gleichkommt. Ein Blick zurück: Der Beginn des 1. Weltkriegs hatte im Jahr 1914 einen „Blankoscheck“ mit zur Grundlage (Deutschland/Österreich).

Russland: Der Zahlungsausfall ist nicht unser Problem

Moody‘s hat festgestellt, dass ein Zahlungsausfall Russlands bei der Bedienung von zwei Bonds mit einem Zinszahlungsvolumen von 100 Mio. USD vorliegt. Die russische Regierung bestreitet, mit dem Begleichen ihrer Auslandsschulden in Verzug geraten zu sein. Präsidialamtssprecher Peskow sagte, Russland habe die im Mai fälligen Anleihezahlungen geleistet. Die Tatsache, dass sie vom Clearinghaus Euroclear wegen der Sanktionen gegen Russland blockiert worden seien, sei „nicht unser Problem".

Kommentar: Der Devisenmarkt fällt ein Urteil. Der Rubel bewegt sich auf den höchsten Niveaus seit 2014.

Industrie - Längere Hilfen für energieintensive Betriebe sind überfällig

Der DIHK unterstützt die von Finanzminister Lindner angestrebte Verlängerung steuerlicher Hilfen für energieintensive Betriebe. Ohne eine Regelung würden viele Firmen an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen. Lindner will die Hilfen im Energie- und Stromsteuerrecht über 2022 hinaus um zwei Jahre verlängern. Energieintensive Betriebe profitieren vom Spitzenausgleich, einer Rückerstattung von bis zu 90 % der Energie- und Stromsteuer.

Kommentar: Das kann keine Dauerlösung sein. Diese Politik ist sinnvoll, um Strukturen durch temporäre Krisen zu tragen (z.B. Corona). Sie ist nicht geeignet für dauerhafte Probleme, wie sie jetzt durch die Ukraine-Krise generiert werden.

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Deutschland: Konsumklima am Allzeittief

Deutschland: der GfK-Konsumklimaindex sank per Berichtsmonat Juli auf ein Allzeittief bei -27,4 nach zuvor -26,2 Punkten (revidiert von -26,0).

 

Frankreich: Die Zahl der Arbeitslosen sank per Mai von zuvor 2.954.600 auf 2.932.900.

USA: Positive Daten überwiegen im Verhältnis zwei zu eins

Der Auftragseingang für langlebige Wirtschaftsgüter nahm per Berichtsmonat Mai im Monatsvergleich um 0,7 % (Prognose 0,1 %) nach zuvor 0,4 % (revidiert von 0,5 %) zu.

Der Index anhängiger Hausverkäufe stieg per Mai um 0,7 % (Prognose -3,7 %) nach zuvor -4,0 % (revidiert von -3,9 %).

Der Dallas Fed Manufacturing Business Index sackte per Juni von zuvor -7,30 auf -17,70 Punkte und markierte den tiefsten Indexstand seit Mai 2020.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0870 – 1.0900 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!

Der nächste Hellmeyer Report steht am Freitag an. Christian Buntrock und ich sind auf Tour in Frankfurt und Ludwigsburg. Wir freuen uns auf unsere Gäste.

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