Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0208 (05:44 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0131 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 136,23. In der Folge notiert EUR-JPY bei 139,05. EUR-CHF oszilliert bei 0,9833.

Finanzmärkte bleiben verunsichert

Es gibt sowohl positive als auch negative Entwicklungen. So sanken zuletzt die exogenen Inflationstreiber (Rohstoffe, siehe aktuelles Wallstreet online Interview). Das Risiko, dass es sich an den Rohstoffmärkten nur um eine temporäre Entspannung handelt, ist gegeben.

An den europäischen Kapitalmärkten setzte sich Entspannung fort. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe liegt aktuell bei 1,04 % (Höchststand 1,83 % am 16. Juni).

Der Euro bewegt sich weiter im Dunstkreis von 1,02 USD. Gold konnte etwas gegenüber dem USD zulegen, während Silber an Boden verlor.

Entscheidend ist diesbezüglich die weitere Entwicklung der Ukraine-Krise. Es gibt einige ermutigende Entwicklungen hinsichtlich des Sanktionsregimes des Westens. Die EU eröffnet die Möglichkeit von Öllieferungen an Drittländer (siehe unten). Auch das Thema Getreideexporte offeriert Entspannungspotenzial. Als negativ ist die beiderseitige fortgesetzte militärische Eskalation anzuführen.

Kommentar: Ein entscheidender Hintergrund für die Entspannungen liegt meines Erachtens darin, dass der Westen sich mit diesem Sanktionsregime zunehmend international isolierte, denn die Weltgemeinschaft (Grundversorgung von Ländern, die mit dem Konflikt nichts zu tun haben oder zu tun haben wollen), wurde hier Geisel der westlichen Politik. Das Risiko der westlichen Selbstisolierung, das eingangs der Krise nicht auf der ersten Wahrnehmungsebene der westlichen Eliten in angemessener Form vorhanden war, holt die Verantwortlichen ein. In Ansätzen sind die Maßnahmen, ob bei der Turbine aus Kanada oder der Ermöglichung von Öllieferungen an Drittländer Ausdruck einer pragmatischeren Herangehensweise, um noch größere Kollateralschäden abzuwenden. Gleichwohl sind die Konsequenzen und Schäden bereits drastisch. Das gilt vor allem für Kontinentaleuropa sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Der ökonomische Schaden ist erheblich und noch nicht voll greifbar (mittel- und langfristige Folgen). Politisch steht Europa mangels eigener außenpolitischer Agenda im Abseits. Es sind keine zarten Ansätze erkennbar, die diesen Status verändern könnten. Es ist ernüchternd.

EU rudert zurück: Ölgeschäfte mit Drittländern nun möglich

Rosneft und Gazprom können wegen einer Anpassung der EU-Sanktionen gegen Russland wieder Öl an Drittländer liefern. Darauf haben sich die Mitgliedstaaten der EU geeinigt (Quelle Reuters). Die Entscheidung sei getroffen worden, um negative Folgen für die Lebensmittel- und Energiesicherheit in der Welt zu vermeiden.

Kommentar: Die Erfahrungen, die die G-7 Granden (nicht nur) bei der G-20 Veranstaltung machen mussten, zeigen jetzt ihre Wirkung in politischem Handeln. Die Katalysatorfunktion, die die Ukraine-Krise hinsichtlich der Emanzipation der nicht westlichen Länder zur Folge hat und hatte, wird nicht unterbunden werden, denn der Rest der Welt wurde in die westlichen Entscheidungen nicht eingebunden, sondern er wurde vor vollendete Tatsachen gestellt, denen aus Sicht des Westens Folge zu leisten war. Dieses vom Westen erwartete Unterordnungsprinzip und die darin innewohnende Arroganz ließ und lässt Augenhöhe gegenüber souveränen Staaten vollständig vermissen. Der Preis, den der Westen dafür entrichten wird, ist noch nicht messbar, er wird aber erheblich sein.

Siemens Energy übergibt Gazprom Transportdokumente für NS1-Turbine

Siemens Energy hat dem russischen Staatskonzern Gazprom laut Kommersant kanadische Dokumente übergeben, die die Reparatur und den Transport einer Turbine für die Gaspipeline NS1 ermöglichen. Die Turbine könnte in den nächsten Tagen transportiert werden.

Kommentar: Das erfreut! Weniger erfreulich ist, dass noch mehr Turbinen bei NS1 in die Wartung müssen. Nur Gas durch NS1 ist offensichtlich akzeptables russisches Gas für uns. Der viel unproblematischere Weg via NS2, der auch kostengünstiger wäre (Durchleitungsgebühren) und die Gasnotlage adhoc vollständig entspannen würde, wird laut Kanzler Scholz nicht erwogen. Aus „politischem Prinzip“ wird damit der deutsche Standort gefährdet und der Verbraucher bis in den Kern belastet. Sorry, beides ist „russisches Gas“, auch Polen erhält russisches Gas, auch wenn es über unsere Pipelines kommt. Sieht so „Schaden abwenden“ aus?

DIHK: Firmen verringern Produktion wegen Energiepreisen

Fast jedes sechste Industrie-Unternehmen will laut einer DIHK-Umfrage (3.500 Unternehmen befragt) wegen der markant gestiegenen Energiekosten weniger herstellen. 16 % der Betriebe fahren ihre Produktion zurück. Circa 25 % dieser Unternehmen hätten das nach eigenen Angaben bereits umgesetzt, weitere 25 % seien dabei, es umzusetzen. Der Rest plant entsprechende Schritte.

Kommentar: Der Industriestandort hängt an der zuvor thematisierten „politischen Prinzipienfrage“. Auf den Punkt gebracht: NS2 eröffnet Erhalt des Produktionsstandorts, der Arbeitsplätze, der gesellschaftspolitischen und politischen Stabilität. Ob das Gas durch NS1 oder NS2 fließt, es ist und bleibt beides russisches Gas, das wie selbst Frau Baerbock erkennt, unverzichtbar ist, denn sonst „O-Ton Baerbock“ gäbe es Volksaufstände.

Experten der EZB-Geldpolitik revidierten Prognosen

Die Ökonomen erwarten derzeit ein BIP-Wachstum der Eurozone per 2022 um 2,8 % (bisher 2,9 %) und per 2023 in Höhe von 1,5 % (bisher 2,3 %). Das längerfristige Wachstum wird bei 1,5 % veranschlagt.

Die Preisinflation (CPI) soll sich nach aktualisierter Prognose per 2022 nun auf 7,3 % (bisher 6,0 %) und per 2023 auf 3,6 % (bisher 2,4 %) stellen.

Kommentar: Die Anpassungen der Prognosen sind mehr eine Nacherzählung, als dass sie eine neue Erkenntnis liefern. Mangels einer eigenen Agenda in der Außenpolitik, die europäischen Interessen dient, wird hier der ökonomische Preis erkennbar, den dieser politische Mangel forciert. Um es klar und deutlich zu sagen, es sind Kaufkraft- und Wohlstandsverluste, die zu politischen Stabilitätsverlusten führen können.

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: PMI Erstschätzungen ernüchtern

Die Einkaufsmanagerindices (PMIs), die von S&P ermittelt wurden, ernüchterten hinsichtlich der Veröffentlichung der Erstschätzungen per Berichtsmonat Juli (Indexwert 50 unterscheidet zwischen Wachstum und Kontraktion):

PMI Verarbeitendes Gewerbe:49,6 (Prognose 51,0) nach zuvor 52,1
PMI Dienstleistungen:50,6 (Prognose 52,0) nach zuvor 53,0
Composite PMI:

49,4 (Prognose 51,0) nach zuvor 52,0

Deutschland 48,0 (!!) nach 51,3, Frankreich 50,6 nach 52,5

 

UK: PMI Erstschätzungen schwächer, aber nicht ernüchternd

Die Einkaufsmanagerindices (PMIs), die von S&P ermittelt wurden, waren schwächer, aber besser als erwartet (Indexwert 50 unterscheidet zwischen Wachstum und Kontraktion):

PMI Verarbeitendes Gewerbe:52,2 (Prognose 52,0) nach zuvor 52,8
PMI Dienstleistungen:53,3 (Prognose 53,0) nach zuvor 54,3
Composite PMI:52,8 (Prognose 52,5) nach zuvor 53,7

 

Die britischen Einzelhandelsumsätze sanken per Berichtsmonat Juni im Monatsvergleich um 0,1 % (Prognose -0,3 %) nach zuvor -0,8 % (revidiert von -0,5 %). Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 5,8 % (Prognose -5,3 %) nach zuvor -4,7 %.

USA: PMI für Dienstleistungssektor bricht weg

Die Einkaufsmanagerindices (PMIs), die von S&P ermittelt wurden, ernüchterten hinsichtlich der Veröffentlichung der Erstschätzungen per Berichtsmonat Juli (Indexwert 50 unterscheidet zwischen Wachstum und Kontraktion):

PMI Verarbeitendes Gewerbe:52,3 (Prognose 52,0) nach zuvor 52,7
PMI Dienstleistungen:47,0 (Prognose 52,6) nach zuvor 52,7
Composite PMI:47,5 (Prognose -.-) nach zuvor 52,3

 

Russland: Überraschend starke Zinssenkung auf 8,00 %

Die Zentralbank senkte den Leitzins überraschend von 9,50 % auf 8,00 % (Prognose 9,00 %). Damit liegt der Leitzins niedriger als bei dem Beginn des Ukraine-Konflikts am 24. Februar 2022 (8,5 %).

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0450 – 1.0480 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!

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