Die syrischen Regierungstruppen unter der Führung von Präsident Assad wurden in die umkämpfte Nordregion, ins Grenzgebiet mit der Türkei entsandt. Dieses geschah als Reaktion auf den Vorstoß türkischer Truppen auf das Staatsgebiet, offenbar in Folge einer Vereinbarung der Regierung in Damaskus mit den Kurdenmilizen, die sich im Abwehrkampf gegen die türkische Militäroffensive befinden.

Syrische Truppen im Grenzgebiet

Staatliche Medien ließen verlautbaren, dass die syrische Armee in die Grenzstadt Tell Tamer eingerückt sei, was darauf schließen lässt, dass der Vormarsch ohne Widerstand vollzogen wurde, wahrscheinlich flankiert von dem Schutz russischer und iranischer Truppen.

Inwieweit die Verständigung zwischen der syrischen Regierung und dem von der Kurdenmiliz YPG geführten Rebellen-Bündnis Syrische Demokratische Streitkräfte, kurz SDF vorangeschritten ist, wird dadurch erkennbar, dass die Armee Assads direkt auf das vorpreschende türkische Militär trifft und die kurdischen Verbände sich anscheinend dem Oberbefehl aus Damaskus unterordnen.

Nur eine zeitlich begrenzte Kooperation zwischen den Kurden und Assad?

Sprecher der syrischen Kurden ließen verlautbaren, dass es sich um eine temporär begrenzte militärische Vereinbarung handele. Demnach würden syrische Regierungstruppen die Grenze zur Türkei sichern, wobei die daraus resultierenden politischen Konsequenzen nach den Kampfhandlungen erörtert werden sollen.

Die kurdische Autonomieverwaltung bezieht sich auf die verzweifelte Lage, in der sie sich befindet und wirft der türkischen Armee sowie ihren verbündeten Milizen die abscheulichsten Verbrechen gegen Zivilisten und zivile Einrichtungen vor.

Assad dehnt seinen Herrschaftsbereich aus

Für die Regierung von Präsident Assad stellt die aktuelle Ausgangslage die historische Chance dar, die militärische Oberhoheit und die staatliche Integrität Syriens wiederherzustellen. Seit dem Beginn des Bürgerkrieges und des immanenten Einmischens ausländischer Mächte in diesen, hatte sich die syrische Armee aus dem Nordosten des Landes zurückgezogen. Kurdische Kräfte hatten die Kontrolle übernommen und 2014 eine Selbstverwaltung errichtet, die international durchaus Sympathien hervorrief, aber keine internationale Anerkennung erfuhr.

Für Präsident Assad bietet sich daher die Chance, einen Ausgleich mit den Kurden Syriens auszuarbeiten, der ihnen Autonomierechte und kulturelle Selbstverwaltung gewährleistet, allerdings zu dem Preis, dass die Grenzen Syriens - in diesem Falle die im Norden - von den Regierungstruppen kontrolliert werden. Die Baath-Partei in Damaskus, die Partei der arabischen Wiedergeburt und des Sozialismus, müsste dafür ideologischen Ballast abwerfen und ihre Diskriminierung gegenüber nichtarabischen Minderheiten, von denen die indoarischen Kurden die größte ist, aufgeben.

NATO in der Krise

Während die NATO durch das Vorgehen ihres Mitgliedstaates Türkei in eine schwere Krise gerät, nimmt der syrische Bürgerkrieg einen vom Westen nicht gewünschten Verlauf, in Form der Stabilisierung der Herrschaft von Präsident Assad. Die erfolgreiche Kooperation der syrischen Regierung mit Moskau und Teheran hat hier die Weichen gestellt.

Ankara wird sich auch nicht auf einen Konflikt mit den Russen oder den Iranern einlassen. Die NATO ist auch nicht besorgt, dass die türkische Invasion Menschenleben kostet oder gar das Völkerrecht bricht. Das tun die Kriege und Konflikte der NATO auch.

Eher geht es darum, dass der türkische Präsident Erdogan geschickt die Konflikte innerhalb der Trump-Regierung für sich zu nutzen weiß. Erdogan weiß auch, dass die NATO nichts mehr fürchtet, als eine Türkei die sich strategisch Moskau oder Teheran zuwendet - dafür ist das Land geostrategisch und demographisch für die westliche Militärorganisation zu bedeutend.

Fazit

Der Westen hat sich in eine gefährliche und unmündige Ausgangslage manövriert, völlig selbstverschuldet dazu. Ob es zu Kampfhandlungen zwischen dem türkischen und dem syrischen Militär kommt, ist zur Stunde ungewiss. Erdogan, der noch vor einigen Jahren mit den Assads seinen Urlaub verbrachte, ist aber auch hier flexibel.

Für die Türkei ist es von größtem Interesse, die syrischen Kurden im Zaum zu halten, um ein Übergreifen des kurdischen Separatismus auf das eigene Staatsgebiet zu verhindern. Bekommt Ankara diesbezüglich Unterstützung, wird Erdogan auch Zugeständnisse machen…

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