Zumindest konnte man vom Nettogehalt noch gut leben, sagt der Verschwörungstheoretiker. Doch in Zeiten des Fachkräftemangels müsste man meinen, es herrsche überall Goldgräberstimmung. Pustekuchen! Vielleicht liegt es daran, dass Facharbeiter für einen Mindestlohn nicht ihre Lebenszeit verramschen wollen. Neue Statistiken besagen, dass man vom Mindestlohn in den meisten Großstädten nicht mehr leben kann.

Irgendetwas läuft schief, sagt der Pessimist und behauptet, sein Vater hätte früher für 17 D-Mark Stundenlohn mit der Familie gut leben können. Doch irgendwo müssen heute ja auch die sprudelnden Unternehmensgewinne herkommen – und die überschüssigen Steuereinnahmen des Staates, die längst verplant sind, bevor sie erwirtschaftet worden sind.

8,84 Euro Stundenlohn bringen an 20 Arbeitstagen ein Einkommen von 1.414 Euro. Das waren früher rund 2.800 D-Mark. Was aber bleibt nach Steuern und Abgaben übrig? Für immer mehr immer weniger. In D-Mark umrechnen darf man das nicht mehr, sagt der Ignorant. Doch! Unbedingt! Nur so hat man einen Referenzpunkt, um klarer sehen zu können, wie schlecht das Geld und die Politik geworden sind – und wie hoch die Preise, Steuern und Abgaben gestiegen sind.

Das ergibt eine immer schärfer schneidende Schere zwischen Arm und Reich. Wer wenig bekommt, der muss seine Lebenszeit für Peanuts verramschen, wer viel hat, der geht an die Börse. Dort sorgen die Notenbanken dafür, dass die Reichen reicher werden und die Armen ärmer. Und wenn es Ärger geben sollte, dann nicht über die Börsen, sondern wenn aus dem unteren Drittel die Mehrheit geworden ist.

© Frank Meyer – Kolumne aus den Lübecker Nachrichten

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