Ich hatte in den vergangenen Monaten meine Ansicht zum Ausdruck gebracht, dass der durch Russlands Staatspräsidenten Wladimir Putin verfolgten christlichen Praxis, auf westliche Provokationen auch noch die andere Wange hinzuhalten, die Strategie zugrunde liegen könnte den Europäern aufzuzeigen, dass Russland vernünftig handelt, Washington jedoch nicht.

Gleichzeitig mag Putin im Sinn haben, Europa zu zeigen, dass Russland sich für die Interessen und Souveränität der Europäer -im Gegensatz zu Washington- nicht als Bedrohung erweist.

Washington: Mit dem Kopf durch die Wand

Israel hofierend und sich aus dem supranationalen Iran-Atomabkommen unilateral zurückziehend, mag US-Präsident Donald Trump der Strategie Putins einen Erfolg beschieden haben. Washingtons drei Hauptvasallenstaaten Großbritannien, Frankreich und Deutschland haben sich dem einseitigen Handeln Trumps widersetzt.

Trump scheint zu glauben, dass das supranationale Atomabkommen mit dem Iran lediglich von einer Zustimmung Washingtons abhängig sei. Ganz nach dem Motto, dass es dem Iran-Abkommen ein Ende bescheren würde, falls Washington sich zu einem alleinigen Ausstieg aus diesem Abkommen entscheidet.

Was die anderen Parteien, die das Iran-Abkommen mit ausgehandelt haben, wollen, spielt aus Sicht Washingtons keine Rolle. Konsequenterweise verfolgt Trump den Plan, die einstigen US-Sanktionen gegen Teheran, die es ausländischen Firmen verboten, Geschäfte mit dem Iran zu tätigen, nicht nur wieder einzuführen, sondern darüber hinaus auch noch zusätzliche Sanktionen gegen Teheran zu verhängen.

Werden die Europäer tatsächlich aufmüpfig?

Falls Großbritannien, Frankreich und Deutschland ihre Geschäftsverträge aufrecht erhielten, die mit dem Iran seit Abschluss des Atomabkommens unterzeichnet wurden, wird Washington auch nicht davor zurückschrecken, seine europäischen Vasallenstaaten abzustrafen, indem britischen, französischen und deutschen Unternehmen das Betreiben von Geschäften in den Vereinigten Staaten verboten wird.

In Washington wird davon ausgegangen, dass Europas in den Vereinigten Staaten generierte Gewinne bei Weitem das übertreffen, was europäische Unternehmen auf dem iranischen Markt verdienen können. Aus diesem Grund rechnet Washington damit, Europas Unternehmen auf Linie zu bringen, so wie sich dies im Hinblick auf die europäischen Vasallenstaaten in der Vergangenheit stets als korrekt erwies.

Vielleicht wird es abermals so kommen. Doch dieses Mal regt sich lautstarke Opposition. Ob es nur bei lauten Worten bleiben oder gar zu einem Bruch mit Washington kommen wird, muss sich zeigen. Trumps neokonservativer Nationaler Sicherheitsberater John Bolton, der eine pro-israelische Haltung einnimmt, hat Europas Unternehmen bereits dazu aufgerufen, ihre Geschäftsabschlüsse mit dem Iran zu stornieren.

Trumps US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, hat deutsche Unternehmen inzwischen gar dazu angewiesen, ihre Geschäftsaktivitäten mit dem Iran mit sofortiger Wirkung einzustellen. Die Terrorisierung Europas und die plumpe Missachtung der Souveränität und Interessen der Europäer durch die US-Regierung entblößt die langjährige Vasallenschaft Europas auf eine allzu offensichtliche Weise, so dass man sich in Europa plötzlich unwohl fühlt.

Trotz fürstlicher Entlohnung: Europa will nicht länger der Knecht sein

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel, einst eine gegenüber Washington loyale Marionette, erklärte, dass Europa Washington nicht länger Vertrauen entgegenbringen könne, was dazu führe, dass Europa seine Interessen fortan in die eigenen Hände nehmen müsse.

Europas Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte, dass Washingtons Führung gescheitert ist, so dass es für die Europäische Union an der Zeit sei, diese Führungsrolle für sich zu beanspruchen, um die Vereinigten Staaten zu entthronen. Verschiedene französische, britische und deutsche Regierungsminister haben diese Sichtweise inzwischen ihrerseits zum Ausdruck gebracht.

Die dieswöchige Titelstory des deutschen Nachrichtenmagazins Der Spiegel mit dem Schriftzug “Goodbye Europe” zeigt Trump, wie er Europa den Mittelfinger zeigt.

Das Nachrichtenmagazin schreibt, dass für Europa die Zeit angebrochen sei, sich dem Widerstand anzuschließen.

Obwohl europäische Politiker für deren Vasallenrolle durch Washington fürstlich bezahlt und entlohnt wurden, erweckt es stark den Eindruck, als ob diese Rolle nun als unerträgliche Bürde empfunden zu werden scheint.

Seelenruhig – Weiterhin keine Abwehrraketen für Syrien gegen Israel

Während ich Putins Herangehensweise, auf Provokationen nicht mit eigenen Provokationen zu antworten, aus persönlicher Sicht gut heiße, hatte ich zuletzt immer wieder meine Bedenken zum Ausdruck gebracht, dass Putins Akzeptanz der westlichen Provokationen Washington zu noch mehr Provokationen ermutigen würde, bis ein Kriegsausbruch oder eine russische Unterwerfung zu den einzig verbleibenden Optionen avancieren würden.

Nun erweckt es den Eindruck, als ob Trump auch den Europäern eine solche Lektion zu erteilen beabsichtigt haben mochte. Russland sieht sich seit mehreren Jahren in den Syrien-Konflikt involviert, die syrische Armee dabei unterstützend, dass Land von extremistischen Terroristen zu säubern, die einst durch Washington entsendet und aufgebaut wurden, um die syrische Regierung von Baschar al-Assad zu stürzen.

Wie dem auch sei, trotz der russisch-syrischen Allianz fährt Israel unverändert damit fort, militärische Angriffe in Syrien durchzuführen. Diese Angriffe könnten gestoppt werden, wenn Russland die Syrer mit S-300-Luftabwehrrakten beliefern würde.

Weder Israel noch die USA wollen, dass Russland das Luftabwehrraketen-System S-300 an die syrische Regierung verkauft, weil Israel mit seinen Angriffen auf Syrien fortzufahren beabsichtigt, während Washington den Plan verfolgt, Israel zu diesen Angriffen zu ermutigen. Verhielte es sich anders, würde Washington die Israelis längst zurückgepfiffen haben.

Mehrere Jahre, bevor Washington seine islamistischen Stellvertretertruppen zu einem Angriff auf Syrien entsandte, erklärte sich Russland dazu bereit, Syrien ein fortschrittliches Luftabwehrsystem zu verkaufen, beugte sich damals jedoch den Ersuchen Washingtons und Israels, dieses Luftabwehrsystem nicht auszuliefern.

Nun vernehmen wir im Angesicht von Netanyahus Staatsbesuch in Russland erneut seitens des Putin-Vertrauten Vladimir Kozhin, dass Russland damit fortfahren werde, den Syrern moderne Luftabwehrraketensysteme vorzuenthalten. Unter Umständen mag Putin der Ansicht sein, diesem Ersuchen nachzugeben, um Washington keinen Grund in die Hände zu spielen, der dazu genutzt werden könnte, die Europäer wieder auf Linie der Washingtoner Aggressionspolitik zu bringen.

„Bis einer heult“?

Nichtsdestotrotz erscheint Russland in den Augen jener, die die Dinge auf eine andere Weise betrachten, abermals als schwach und nicht Willens, einen Verbündeten zu verteidigen. Falls Putin glauben sollte, irgendeinen Einfluss auf Netanyahu im Hinblick auf einen Abschluss von Friedensverträgen mit Syrien und dem Iran zu haben, so würde die russische Regierung die Intentionen Israels und Washingtons nach 17 Jahren Krieg im Mittleren Osten in keiner Weise durchblicken.

Ich hoffe, dass Putins Strategie von Erfolg gekrönt sein wird. Falls dies nicht der Fall sein sollte, wird er seine beschwichtigende Haltung in Bezug auf westliche Provokationen ändern müssen, da diese Provokationen andernfalls zu einem Kriegsausbruch führen werden.

Gastbeitrag für CK*Wirtschaftsfacts / © 2018 Dr. Paul Craig Roberts / Institute for Political Economy

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