Die in den letzten Jahren unter Akademikern und hochrangigen Funktionären aufgestellten Forderungen nach einem Abbau der durch China gehaltenen Positionen in US-Staatsanleihen scheinen ein Teil der neuen Realität an den internationalen Finanzmärkten und der globalen Wirtschaft avanciert zu sein.

Wie in der Vergangenheit berichtet, mehrten sich die Rufe nach einem Abbau von gehaltenen Positionen in amerikanischen Staatsanleihen angesichts eines sich intensivierenden Handels- und Technologiekrieges mit den Vereinigten Staaten im Reich der Mitte.

Chinas Abbau von US-Staatsanleihen setzt sich fort

Bis vor Kurzem hieß es in führenden Kreisen in Peking noch, diese Positionen auf maximal 800 Milliarden US-Dollar zu begrenzen. Wie aus den jüngst veröffentlichten TIC-Daten des US-Finanzministeriums hervorgeht, hat die Volksrepublik China in zwanzig der letzten 22 Monate amerikanische Staatsanleihen verkauft.

Auch andere ausländische Käufer blieben den amerikanischen Staatsanleihemärkten über weite Teile des letzten wie auch dieses Jahres fern. Wie gestern berichtet, kratzt der Zins im Bereich der 10-jährigen Treasury Bonds inzwischen an der Marke von fünf Prozent.

Auch an den Immobilienmärkten setzt sich der Zinsauftrieb erwartungsgemäß fort. So hat der Zins im Bereich der 30-jährigen Hypothekendarlehen inzwischen die Schallmauer von acht Prozent durchbrochen.

Gleichzeitig deutet eine ganze Menge darauf hin, dass die Amerikaner angesichts der nach wie vor hohen Energie- und Lebensmittelpreise ihre Kreditkarten bis zu einem Maximum ausgereizt haben.

Diese Situation berücksichtigend, wird es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis der Konsum in den Vereinigten Staaten die Biege machen wird. Die amerikanische Wirtschaft ist zu gut 70 Prozent vom heimischen Konsum abhängig.

Braucht Peking liquide Mittel, um die eigene Währung zu stützen?

Eine Rezession wird sich daher früher oder später automatisch im Land einstellen. Was die US-Staatsanleiheverkäufe der Volksrepublik China anbelangt, so scheint es sich hierbei nicht einzig und allein um eine aus geopolitischen Gesichtspunkten getroffene Entscheidung der Pekinger Staatsführung zu handeln.

In einem Bericht von Bloomberg hieß es am gestrigen Morgen, dass chinesische Investoren sich im August von der größten Anzahl an amerikanischen Anleihen und Aktien innerhalb der letzten vier Jahre getrennt haben.

Grund hierfür könnte auch sein, dass Peking frei verfügbare Währungsreserven abstößt, um sich auf eine möglicherweise anhaltende Abwertung des Yuans (Renminbis) vorzubereiten.

Mancherorts wird darüber spekuliert, ob Peking nun sogar in die Fußstapfen der Russischen Föderation treten könnte, um gehaltene Bestände an US-Staatsanleihen aus außenpolitischen Gründen so weit wie möglich zu reduzieren.

Dass die Washingtoner Regierung den US-Dollar politisieren und in eine Waffe umwandeln würde, dürfte der Pekinger Staatsführung bereits zu einem recht frühen Zeitpunkt bewusst gewesen sein.

Einen letzten Beweis werden die Konfiskationen der venezolanischen, afghanischen und russischen Währungs- und Goldreserven im westlichen Ausland erbracht haben. Spätestens seit diesem Zeitpunkt werden politisch Gemäßigten in Peking die Argumente ausgegangen sein.

Taiwan ist medial in den Hintergrund gerückt, doch…

Nach wie vor schwebt bei allen geopolitischen Umbrüchen und Verwerfungen eine mögliche Annexion der Insel Taiwan durch Festlandchina wie ein Damoklesschwert über dem Rest der Welt.

Gewiss wird man in Peking erst einmal die kommenden Wahlen in Taiwan abwarten wollen. Denn einer chinafreundlichen Partei werden durch Auguren durchaus gute Chancen auf einen Wahlsieg vorausgesagt.

Nichtsdestotrotz könnte der sich fortsetzende Ausstieg der Volksrepublik China aus US-Staatsanleihen auch auf der dumpfen Ahnung basieren, im Hinblick auf eine Heimholung Taiwans ins (chinesische) Reich irgendwann militärische Gewalt anwenden zu müssen.

Immerhin ist es im Reich der Mitte niemandem verborgen geblieben, auf eine welch schnelle Weise führende Banken in der Russischen Föderation nach dem Beginn des Ukraine-Krieges vom SWIFT- und US-Dollar-System abgekoppelt wurden.

Mit großem Interesse wird in Peking ebenfalls verfolgt worden sein, dass sich die düsteren westlichen Prognosen, welche der russischen Wirtschaft einen kompletten Zusammenbruch voraussagten, seitdem nicht bewahrheitet haben.

Erwähnt sei, dass sich die Volksrepublik China im Monat August von amerikanischen Bonds und Aktien in einem Gegenwert von 21,2 Milliarden US-Dollar trennte. Dass mittlerweile auch MBS-Papiere veräußert werden, erweist sich als Schlag unter den Beschwichtigern, die bislang der Ansicht waren, dass diese Papiere von potenziellen Verkäufen ausgenommen sein würden.

Chinas Staatsbanken verkaufen US-Dollars

Dass die Pekinger Regierung sich um die Stabilität des Außenwerts der eigenen Währung Gedanken zu machen beginnt, passt durchaus ins aktuelle Bild, das sich Beobachtern und Kommentatoren an den internationalen Währungs- und Bondmärkten bietet.

Die unter Währungshändlern als „magisch“ angesehene Schwelle von 7 Yuan (Renminbi) pro US-Dollar hat die chinesische Währung nun bereits vor einiger Zeit hinter sich gelassen. So hat der Offshore-Yuan auf einem Niveau von 7,33 Yuan (Renminbi) pro US-Dollar zum Ende der laufenden Woche den niedrigsten Stand seit mehr als fünf Wochen erreicht.

Wie kaum anders zu erwarten, leidet die chinesische Währung unter der sich ausweitenden Zinsdifferenz zwischen dem amerikanischen und heimischen Wirtschaftsraum. Hinzu kommt, dass die chinesische Wirtschaft seit ihrer Wiedereröffnung nach den Covid-Lockdowns nicht wieder so richtig in Gang zu kommen scheint.

Aus zu Wochenbeginn veröffentlichten Daten ging hervor, dass die chinesische Wirtschaft im dritten Quartal auf Jahresbasis um 4,9 Prozent gewachsen ist. Mittels dieser Daten konnten die durchschnittlichen Konsensprognosen unter Analysten und Volkswirten, die bei rund 4,4 Prozent lagen, zwar übertroffen werden.

Allerdings hat sich das Wachstum der chinesischen Wirtschaft im Vergleich mit dem zweiten Quartal (auf Jahresbasis ein Plus von 6,3 Prozent) im dritten Quartal deutlich abgeschwächt. An der Zinsfront hat sich in China bislang nichts getan.

Vielmehr hält die People´s Bank of China ihre Hauptzinsaggregate im einjährigen und fünfjährigen Bereich bei 3,45 respektive 4,2 Prozent stabil. Nach wie vor herrscht an den globalen Finanzmärkten die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Trendwende im Reich der Mitte vor.

Skeptische Währungsmärkte

Anders wird diese Situation augenscheinlich an den internationalen Währungsmärkten betrachtet. Seit November letzten Jahres ist der Offshore-Yuan auf das niedrigste Niveau gegenüber dem US-Dollar gesunken.

Die Pekinger Regierung hat auf diese Entwicklung reagiert, indem staatseigene Banken zu Interventionen am Währungsmarkt aufgefordert wurden. Auf diese Weise sollte wohl auch ein unmissverständliches Zeichen in Richtung von Leerverkäufern gesetzt werden, um von solchen Mitteln besser abzulassen.

Dass die Volksrepublik China ihre Verkäufe von US-Staatsanleihen und amerikanischen Aktien fortsetzt, könnte durchaus auch dem übergeordneten Ziel geschuldet sein, sich mit ausreichender US-Dollar-Liquidität zu versorgen.

Falls der Offshore-Yuan weiter im Außenwert nachgeben sollte, könnten diese gebildeten Reserven nämlich ab einem gewissen Zeitpunkt zugunsten von staatlichen Interventionen an den Währungsmärkten eingesetzt werden.

Wie dem auch sein mag, so befanden sich im August auch japanische Investoren unter den größten Verkäufern von amerikanischen Staatsanleihen. Insbesondere die Verkäufe von amerikanischen Unternehmensanleihen markierten unter japanischen Investoren im August ein neues Rekordhoch.

Amerikanische Unternehmensbonds boten ausländischen Investoren vor dem signifikanten Zinsanstieg in den USA eine häufig höhere Rendite als US-Staatsanleihen. Dieser Trend scheint sich angesichts der weiter kletternden Zinsen an Amerikas Staatsanleihemärkten nun jedoch umzukehren.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht des US-Finanzministeriums.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

So langweilig dieses Marktsegment auch erscheinen mag, desto wichtiger scheint es, aktuelle Entwicklungen an den amerikanischen Bond- und Staatsanleihemärkten aufmerksam im Auge zu behalten.

Zu beobachten bleibt, ob die Volksrepublik China ihre Verkäufe von amerikanischen Vermögenswerten auch in den nächsten Monaten fortsetzen wird. An den Währungsmärkten bleibt neben dem Yuan (Renminbi) auch die Entwicklung des japanischen Yens in Relation zum US-Dollar im Auge zu behalten.

Allen Lesern sei ein schönes Wochenende gewünscht!

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