Wer sich vielleicht die Frage stellt, warum die Vereinigten Staaten trotz der gegenüber der Russischen Föderation verhängten Energiesanktionen nach wie vor Uran in rauen Mengen kauft, ist gut beraten, sich ein Bild über die fundamentalen Gegebenheiten an den globalen Uran-Märkten zu machen.

Ein hoher Grad der Abhängigkeit

Deutlich wird, dass die USA auf eine Einfuhr von angereichertem Uran aus der Russischen Föderation zum Betreiben ihrer heimischen Atomreaktoren zu einem hohen Grad angewiesen sind. Jährlich liefert Russland in etwa einen Anteil von gut einem Viertel der durch die USA benötigten Mengen an angereichertem Uran.

Um diesen Grad der Abhängigkeit zu vermindern, wird in den Vereinigten Staaten fieberhaft an der Exploration und Erschließung von neuen Uran-Quellen gearbeitet. Immerhin werden in den USA etwa zwanzig Prozent des Strombedarfs durch Nuklearreaktoren gedeckt.

Prognosen sehen vor, dass die Stromnachfrage im Land in den nächsten Jahren stark steigen wird. Dies liegt allein schon daran, weil die Biden-Administration die Weichen für einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen gestellt hat, um ihre verfolgten Ziele in der Transformation der heimischen Energiemärkte mit allen Mitteln zu erreichen.

Inwieweit sich die in die Zukunft blickenden Strombedarfsprognosen in der Realität als korrekt erweisen werden, bleibt angesichts einer nur sehr schleppend vorankommenden Elektrifizierung der heimischen Fahrzeugmärkte abzuwarten.

Ferner ist der Grad der Abhängigkeit der USA in der Erzeugung von Kernbrennstoff sehr hoch. Dieser Bereich lässt sich auch als wirtschaftliche Achillesferse des Landes bezeichnen, da die Vereinigten Staaten in diesem Bereich auf Lieferungen aus dem Ausland angewiesen sind.

Uran erlebt eine globale Renaissance

Der Löwenanteil des in den Vereinigten Staaten benötigten Urans wird einerseits durch den nördlichen Nachbarn Kanada sowie andererseits durch Kasachstan geliefert. Zu erwähnen bleibt, dass der russische Einfluss auf die Minenaktivitäten in Kasachstan hoch ist.

Der Grad der Verzweiflung scheint in den USA inzwischen so groß zu sein, dass heimische Unternehmen einige der in der Vergangenheit still gelegten Uranminen wieder reaktivieren.

Hierzu zählt unter anderem La Salle, wo zwischen den 1950er und den 1980er Jahren Uran gefördert wurde, wonach die Aktivitäten vor Ort zwar nicht komplett, so jedoch mehrheitlich eingestellt wurden.

Experten gehen angesichts der vielerorts in den USA wieder aufflackernden Aktivitäten nicht davon aus, dass die heimische Produktion nur annähernd an die durch den Nachbarn Kanada gelieferten Uranmengen wird heranreichen können.

Nichtsdestotrotz soll ein steigender Abbau von Rohuran in der Heimat in der Zukunft dazu beitragen, die vorherrschende Angebotslage zu entspannen. Weltweit erlebt der Uranabbau eine Renaissance, da immer mehr Nationen keine Alternative zu einer sauberen Erzeugung von Strom zu sehen scheinen.

Aus einem jahrelangen Dornröschenschlaf erwacht

Deutlich wurde dies unter anderem auch im Rahmen der jüngst in den Vereinigten Arabischen Emiraten abgehaltenen Klimakonferenz Cop28. Dort schlossen sich einige Dutzend Staaten mit dem Ziel zusammen, die Gewinnung von Nuklearenergie zukünftig zu verdreifachen.

Selbstverständlich ist der Uranpreis angesichts dieser Entwicklungen wieder aus seinem jahrelangen Dornröschenschlaf erwacht. Nachdem mit dem Ausbruch der globalen Finanz- und Bankenkrise im Jahr 2008 ein dramatischer Preissturz von knapp 140 US-Dollar auf etwa zwanzig US-Dollar pro Pfund bis ins Jahr 2017 einsetzte, hat sich der Uranpreis seit Ausbildung seiner Tiefs wieder mehr als verdoppelt.

Mittlerweile hat sich der Uranpreis wieder auf Niveaus erholt, die selbst eine Reaktivierung der amerikanischen Uranmühle White Mesa zuzulassen scheinen. Zeitgleich wird in den Vereinigten Staaten an der Entwicklung und Inbetriebnahme von hochmodernen Reaktoren gearbeitet.

Nichtsdestotrotz werden die USA voraussichtlich noch eine ganze Zeit lang von russischen Lieferungen abhängig bleiben. Experten sind sich zudem einig, dass die Russische Föderation die internationalen Lieferketten im Uranbereich dominiert.

Staatliche Förderprogramme sollen die Wende einläuten

Kaum ein Wunder also, dass sich im Inflation Reduction Act weitläufige Förderprogramme der Washingtoner Regierung zur Wiederankurbelung der heimischen Uranindustrie finden. Ohne diese generösen Unterstützungsleistungen hätten die heimischen Unternehmen kein Vertrauen in den potenziellen Erfolg eines solchen Unterfangens gesetzt.

Denn in der Russischen Föderation befindet sich der Uransektor in einem hohen Ausmaß in staatlichen Händen, weshalb es laut den Unternehmen auch in den USA Unterstützung durch die Washingtoner Regierung benötige, um die aktuell verfolgten Pläne umsetzen zu können.

Dies liegt allein schon an dem hierfür benötigten Bau von neuer oder zu modernisierender Infrastruktur. Im Oktober übermittelte die Biden-Administration eigene Ausgabevorschläge an den Kongress, die um eine gesetzliche Freigabe von weiteren zwei Milliarden US-Dollar zur Verbesserung der in der Heimat vorhandenen Urananreicherungsfazilitäten ersuchen.

Pläne erfordern einen langen Atem

Diese Ausgabevorschläge scheinen durch beide Parteien im Kongress unterstützt zu werden. Plan ist es, die heimische Uranindustrie so lange mit erforderlichen Steuergeldern hoch zu päppeln, bis die hiervon profitierenden Unternehmen sich dazu in der Lage sehen werden, im internationalen Wettbewerb auf eigenen Füßen zu stehen.

Da der Aufbau von neuen Minen- und Urananreichungsfazilitäten im Durchschnitt gut zehn bis fünfzehn Jahre benötigt, handelt es sich hierbei um ein Projekt, das einen langen Atem erfordert. Laut Experten werden die erforderlichen Investitionen gigantisch sein.

Wie die aktuelle Lage mit der Verabschiedung eines Gesetzes im Repräsentantenhaus, das einen Bann von russischen Uran-Lieferungen ab dem Jahr 2028 vorsieht, zusammenpasst, ist eine gute Frage.

Immerhin enthält das dort verabschiedete Gesetz einige Hintertürchen, um mögliche Lieferschwierigkeiten und potenzielle Versorgungslücken bei den heimischen Atomreaktoren zu umgehen.

Ob das im House verabschiedete Gesetz auch eine Mehrheit im Senat auf sich wird vereinen können, steht aus aktueller Sicht noch nicht fest. Ohnehin wird es über diese Frage wohl erst im kommenden Jahr zu einer Abstimmung im Oberhaus kommen.

Cathy McMorris Rodgers, republikanische Abgeordnete im Repräsentantenhaus, teilte vor der jüngst abgehaltenen Abstimmung im House mit, dass die mit der Abhängigkeit von Russland verbundenen Risiken in der Beschaffung von Kernbrennstoffen schlichtweg zu groß seien.

Droht Russland mit eigenen Sanktionen?

Zudem schwäche dieser Grad der Abhängigkeit die heimische Kernbrennstoffinfrastruktur, da billige Importe aus der Russischen Föderation deren Entwicklung in der Heimat torpedierten. Seitens der Russischen Föderation könnte einem solchen Anliegen in den USA nun zuvor gekommen werden.

Denn in einem Bericht des Finanzdienstleisters Bloomberg hieß es in der letzten Woche, die staatseigene russische Uranfirma Tenex habe gegenüber amerikanischen Kunden mitgeteilt, dass die Moskauer Kreml-Regierung Uranexporte an die Vereinigten Staaten womöglich im Sinne einer Prävention verbieten wird.

Dies gelte angesichts einer möglichen Gesetzwerdung von verschiedenen Initiativen im Washingtoner Kongress, in deren Zuge amerikanische Uranimporte aus der Russischen Föderation spätestens ab dem Jahr 2028 gebannt würden.

Tenex habe seine amerikanischen Kunden, darunter die Unternehmen Dominion Energy, Duke Energy oder auch Constellation Energy über diese Möglichkeit vorab informiert. Noch sei in Russland über diese Frage auf politischer Ebene jedoch noch keine abschließende Entscheidung getroffen worden.

Ersichtlich wird, dass eine womöglich durch die Moskauer Kreml-Regierung ins Spiel gebrachte Einstellung der Lieferungen den Druck auf die Entscheider im Washingtoner Kongress erhöhen soll. Im Fall von Tenex handelt es sich um eine Tochterfirma des russischen Rosatom-Konzerns.

(Noch) wiegelt Rosatom ab

Seitens der Rosatom-Führung wurde der durch Moskau in Aussicht gestellte Bann von Uran-Lieferungen an Kunden in den Vereinigten Staaten als unzutreffend bezeichnet. Laut Rosatom habe das Tochterunternehmen Tenex keine solchen Informationen gegenüber Kunden in den USA übermittelt.

Was hinter den Kulissen tatsächlich abläuft, lässt sich kaum ermessen. Fest steht zumindest, dass eine offizielle Bekanntgabe zur Einstellung von russischen Uranlieferungen an die Vereinigten Staaten zu weitreichenden Turbulenzen am internationalen Uranmarkt führen würde.

Gleichzeitig wäre laut Kommentatoren mit deutlich steigenden Preisen für Kernbrennstoffe zu rechnen. Insbesondere kleinere Akteure würden auf diese Weise überproportional getroffen. Im Washingtoner Senat deutet vielleicht auch deshalb zurzeit kaum etwas darauf hin, als ob es dort mehrheitliche Bestrebungen geben würde, dem im Unterhaus verabschiedeten Gesetz den eigenen Segen zu erteilen.

Selbst wenn es hierzu kommen sollte, so würde sich die Frage stellen, ob Joe Biden dazu bereit wäre, der heimischen Nuklearindustrie durch seine eigene Unterschrift unter eine solche Gesetzesinitiative einen schweren Schlag zu versetzen.

Uranpreis könnte deutlich anziehen

Denn die allgemeine Angebotslage an den internationalen Uranmärkten sei ohnehin bereits ziemlich angespannt. Selbst wenn es erst zu einem gesetzlichen Importbann in den USA ab dem Jahr 2028 kommen sollte, werden die Preise auf einen solchen Ausblick laut Experten bereits mit einem Sprung nach oben reagieren.

Noch schlimmer wird es wohl aussehen, falls sich die Gesetzgeber im Washingtoner Kongress zu einem sofortigen Importverbot entscheiden sollten. In einem solchen Fall würden die Preise an den Uranmärkten sehr wahrscheinlich Bocksprünge machen.

Es verwundert nicht, dass es allen voran Hedgefonds und andere Spekulanten sind, die sich bereits über den gesamten Jahresverlauf an den Uranmärkten engagieren. Im Fokus stehen hierbei Investments in führende Uranfirmen, die zwar schon auf eine recht gute Performance blicken, von denen zukünftig jedoch weitere Kursanstiege erwartet werden.

Um die allgemeine Angebotslage mit der Nachfrage an den internationalen Uran-Märkten in Einklang zu bringen, benötige es in den nächsten Jahren vor allem eine Inbetriebnahme von mehr Minenfazilitäten. Wie zuvor bereits erwähnt, wird dieser Prozess nicht von heute auf morgen vonstatten gehen, sondern mindestens eine Dekade in Anspruch nehmen.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite bloomberg.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

All diese Entwicklungen sind Teil einer forcierten Energiewende, die sich allein schon aufgrund eines voranschreitenden Auseinanderdriftens unserer Welt hohen Risiken ausgesetzt sieht.

Die Geopolitik wirkt sich in einem wachsenden Ausmaß auf wirtschaftliche Entscheidungen aus, was keineswegs zu unterschätzen bleibt.

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