Die politischen, wirtschaftlichen und sozial-gesellschaftlichen Spannungen in der Asien-Pazifik-Region wachsen nun schon seit einiger Zeit. Es ist nicht nur die sich zunehmend verschärfende Lage zwischen Festlandchina und Taiwan, die unter geopolitischen Experten für Unruhe sorgt.

Der zuletzt in den Vereinigten Staaten abgehaltene Dreier-Gipfel zwischen den USA, Japan und Südkorea hat in der Volksrepublik China Befürchtung geweckt, dass das NATO-Bündnis in der Zukunft auch auf amerikanische Verbündete in der Asien-Pazifik-Region ausgeweitet werden könnte.

Eine solche Entwicklung würde weit über bislang geschmiedete Bündnisse zur Eindämmung Chinas, allen voran die Quad-Gruppe und AUKUS, hinausgehen. Dass Japan aufgrund einer jüngst getroffenen Entscheidung zum Ablassen von radioaktivem Wasser in den Pazifischen Ozean unter einer enorm zunehmenden Kritik in der Region steht, ist wiederum eine andere Sache. 

In China schlagen die emotionalen Wellen hoch

Denn Japans regionale Nachbarstaaten, allen voran die Volksrepublik China, haben klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, nicht damit einverstanden zu sein, radioaktiv verseuchtes Wasser aus dem Fukushima-Nuklearkraftwerkunfall „mir nichts Dir nichts“ in den Pazifischen Ozean zurück zu pumpen.   

In einer ersten Reaktion hat die Pekinger Regierung alle Fisch- und Meeresfrüchteeinfuhren aus Japan gestoppt und zeitlich unbefristet ausgesetzt. Denn laut Fischereiexperten müsse damit gerechnet werden, dass diese Einfuhren zukünftig radioaktiv verseucht sein werden, wovor chinesische Lebensmittelverbraucher geschützt werden sollen.  

Nicht nur die Tokioter Regierung, sondern auch die den Vereinten Nationen angehörende Atomenergiebehörde rufen unterdessen zur Besonnenheit auf, darauf hinweisend, dass keine Folgeschäden durch den Verzehr von Fisch und Meeresfrüchten aus der Region zu befürchten seien.

Dass Aussagen dieser Art dem gesunden Menschenverstand widersprechen, ist selbstredend und liegt auf der Hand. Chinesische Verbraucherverbände rufen indes dazu auf, erst einmal eine Reihe von weiteren Studien und Forschungsarbeiten zu diesem Thema anzustellen, bevor ein Verzehr von japanischen Fisch- und Meeresfrüchteimporten in der Volksrepublik China wieder zugelassen werden könnte.      

Dass sich japanische Fischereiflotten angesichts der aktuellen Vorfälle in ihrer finanziellen Existenz bedroht sehen, lässt sich leichterdings nachvollziehen. Vielmehr haben sich Aufrufe zu Importboykotten von japanischen Produkten (auch in anderen Bereichen) im Reich der Mitte in den letzten Wochen signifikant ausgeweitet, was darauf hindeutet, dass Japan kein Vertrauen entgegengebracht wird.  

Boykottaufrufe mehren sich

Mittlerweile sehen sich hochwertige Sonnenschutzmittel über Textilienprodukte bis hin zu Haushaltswaren aus Japan den chinesischen Boykottaufrufen ausgesetzt. Beobachter warnen davor, dass die Emotionen unter der chinesischen Bevölkerung in der vereinigten Ablehnung gegenüber Japan so hoch schlagen wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr.

Während im chinesischen Internet mehr und mehr Schwarzlisten kursieren, auf denen sich zu boykottierende Einfuhrprodukte aus Japan befinden, returniert eine wachsende Anzahl von chinesischen Verbrauchern bereits zuvor gekaufte Produkte aus Japan, um auf diese Weise Vergeltung zu üben.

Um einem sich möglicherweise auf andere Wirtschaftsbeiche ausweitenden Exportbann von japanischen Produkten zuvor zu kommen, haben Japans Industriehersteller damit begonnen, eigens gefertigte Produkte mit dem Etikett „nicht radioaktiv“ zu versehen.     

In der Volksrepublik China scheinen solche Versuche der Beschwichtigung indes nicht auf einen fruchtbaren Boden zu fallen. Vielmehr heißt es in verschiedenen Berichten, dass Chinas Verbraucher sich nun in zunehmender Anzahl einen Geigerzähler zulegten, um japanische Produkte auf Radioaktivität zu untersuchen.  

Schon vor dem verhängten Importstopp von Fisch und Meeresfrüchten hatten viele japanische Unternehmen und Regierungsbehörden Anrufe von verärgerten Verbrauchern aus dem Reich der Mitte erhalten, die auch auf diversen Kurzvideoplattformen im Internet hochgeladen wurden.    

Auf diesen Plattformen diskutieren Chinas Staatsbürger überdies zunehmend über Risiken und Gefahren, die mit einem Kauf von japanischen Produkten nebst einer vermeintlichen Kontaminierung dieser Produkte einhergingen.

Ein enormer Imageschaden

Dass eine solche Entwicklung aus Sicht von vielen japanischen Unternehmen ruf- und imageschädigend ist, versteht sich von selbst. In der Volksrepublik China waren die Wellen der Emotionen im vergangenen Monat noch höher geschlagen, nachdem die Internationale Atomenergiebehörde nach zwei Jahren ihren Abschlussbericht vorgelegt hatte.

In diesem Abschlussbericht hieß es unter anderem, dass Japan Pläne zum Ablassen von zehntausenden Tonnen an radioaktiv kontaminierten Abwässern in den Pazifischen Ozean aufgrund von problemlos einzuhaltenden Sicherheitsstandards keine Bedenken unter den Nachbarländern hervorrufen sollte.   

Laut diesen Feststellungen der Internationalen Atomenergiebehörde werde das Ablassen von radioaktiv verseuchten Abwässern nur eine zu vernachlässigende Auswirkung auf Menschen, Tiere und die Umwelt in der Region haben.

Vielerorts werden diese Ausführungen jedoch als eine Art Gefälligkeitsgutachten betrachtet, um die Spannungen in der Asien-Pazifik-Region nicht noch zusätzlich anzufachen. Dass es hierfür zu spät ist, zeigen die aktuellen Entwicklungen, zumal die jüngsten Verlautbarungen der Internationalen Atomenergiebehörde auf viele Menschen nicht glaubhaft wirken.

Diese mangelnde Glaubhaftigkeit mag einen Beitrag dazu geleistet haben, dass chinesische Staatsmedien die japanische Regierung in aller Schärfe kritisieren. Inzwischen warnen auch verschiedene Umweltorganisationen und Küstenanwohner im benachbarten Südkorea wie ebenfalls in Japan selbst vor jenen mit den Plänen der japanischen Regierung einhergehenden Risiken.

Japan einen maximalen Schaden zufügen

Kritisiert wird überdies, dass es sich um Risiken handele, die völlig unnötig eingegangen werden. Manche Protagonisten in der Volksrepublik China scheinen inzwischen auch eine Chance erkannt zu haben, um japanischen Unternehmen maximale Schäden zuzufügen.

Hongkong mit einbezogen, importiert die Volksrepublik China Fisch und Meeresfrüchte in einem Gesamtvolumen von umgerechnet mehr als 1,1 Milliarden US-Dollar pro Jahr aus Japan.

Vor der Bekanntgabe zum Ablassen von radioaktiv versuchten Abwässern in den Pazifischen Ozean erreichten die Fisch- und Meeresfrüchteexporte Japans an die Volksrepublik China fast die Hälfte in Relation zu allen japanischen Jahresausfuhren in diesem Bereich.

Dieser Anteil wird wohl nun schon bald gegen null tendieren, weshalb die Tokioter Regierung der Kommunistischen Partei Chinas vorwirft, sich äußerst aggressiver Strategien gegenüber dem eigenen Land zu bedienen.     

Welche Auswirkungen der Einfuhrstopp von japanischen Meeresfrüchten und die weiteren Boykottaufrufe auf chinesische Importeure nach sich ziehen werden, bleibt abzuwarten.

Es wird sich erst noch zeigen müssen, wer den längeren Atem haben wird, obwohl es zurzeit den Eindruck erweckt, als ob die Pekinger Regierung die in Japan getroffene Entscheidung zu einer Grundsatzfrage des eigenen Bevölkerungsschutzes stilisiert, die durch weite Teile der chinesischen Bevölkerung mitgetragen wird.

Japanische Rüstungsausgaben steigen

In Japan wird die aggressive Rhetorik in der Volksrepublik China gegenüber dem eigenen Land wiederum dazu genutzt, um das Tokioter Verteidigungsministerium zu ersuchen, eine Verdopplung der heimischen Rüstungs- und Verteidigungsausgaben in den nächsten fünf Jahren zu veranlassen.

Im Fiskaljahr 2024 sollen die japanischen Rüstungs- und Verteidigungsausgaben auf umgerechnet 52 Milliarden US-Dollar ansteigen. Die Ziele von Premier Fumio Kishida, die nationalen Verteidigungsausgaben auf einen Anteil von zwei Prozent in Relation zu Japans Bruttoinlandsprodukt zu steigern, scheinen sich schon in Bälde zu materialisieren.

Bis zum Jahr 2027 sollen die Rüstungs- und Verteidigungsausgaben des Landes dann auf 68 Milliarden US-Dollar klettern, womit Japan – unter gleichen Bedingungen – vom momentan neuntgrößten zum dann drittgrößten Militärinvestitionsland der Welt aufsteigen würde.

Unter Beobachtern wird indes befürchtet, dass es in der Asien-Pazifik-Region zu einem Militärwettrüsten zwischen einzelnen Staaten zu kommen droht, das in der Realität eigentlich schon längst begonnen hat.

Ähnlich der Sowjetunion könnte es Plan des Westens und dessen asiatischen Verbündeten sein, die Volksrepublik China mittels eines Wettrüstens langfristig in die Knie zu zwingen. Wie sich am Ukraine-Krieg zeigt, sind die heute vorherrschenden Bedingungen allerdings andere.

Geopolitische Veränderungen

Erstens ist der Westen selbst – einschließlich Japans – mittlerweile finanziell stark angeschlagen und blickt auf weitläufige sozio-ökonomische Probleme in den eigenen Nationen.

Des Weiteren wird sich die politische und ökonomische Verzahnung zwischen Russland, China und dem Iran nach der jüngst bekannt gegebenen BRICS-Aufnahme des Irans weiter intensivieren.

Schon zum aktuellen Zeitpunkt beliefert der Iran die Russische Föderation mit Drohnen-Technik, ohne die die Probleme Russlands in der anhaltenden Kriegsführung in der Ukraine wahrscheinlich größer wären.

Der voranschreitende Bau der Neuen Seidenstraße und die damit einhergehende Integration auf dem Eurasischen Kontinent schaffen zudem neue Transportkorridore, mittels derer sich immer mehr Güter und Waren über den Land- anstelle des Seewegs transportieren lassen.

Die nach wie vor führende Rolle der amerikanischen Marine in internationalen Gewässern wird über den Zeitablauf auf diese Weise deutlich geschmälert. Sollte es tatsächlich zu einem Kriegsausbruch zwischen Festlandchina und der Inselrepublik Taiwan kommen, so bliebe abzuwarten, wie sich eine solche Invasion oder Abschottung Taiwans auf die globale Chip- und Halbleiterindustrie auswirken wird.

Nicht von ungefähr sehen westliche Pläne vor, die Chip- und Halbleiterproduktion wieder verstärkt in den eigenen Ländern anzusiedeln. Da eine Errichtung von neuen Chip- und Halbleiterwerken mehrere Jahre in Anspruch nimmt, erweckt es den Eindruck, als käme es in diesem Sektor gerade ebenfalls zu einem Wettlauf gegen die Zeit.

Offiziell wird in den Vereinigten Staaten noch nicht von Plänen zu einer wirtschaftlichen Abkopplung von der Volksrepublik China, sondern eher von einem Zurückfahren der mit China verbundenen Risiken gesprochen.

Allerdings lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt feststellen, dass die Abhängigkeit der USA von Importen aus der Volksrepublik China in vielen ökonomischen Bereichen noch immer sehr groß ist.

Hieran hat sich seit dem Ausbruch der Covid-Krise und den hiermit verbundenen Beobachtungen noch immer nichts wesentlich geändert. Die Vereinigten Staaten und China werden wohl auch in den nächsten Jahren im- und exportmäßig voneinander abhängig bleiben.

Nichtsdestotrotz spricht alles dafür, dass auch die nächsten Jahre aufgrund der Erweiterung der BRICS-Gruppe und den aus westlicher Sicht hiermit verbundenen Herausforderungen spannend bleiben werden.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite von foreignpolicy.com.

Fazit (Roman Baudzus)

Sonderbar ist aus meiner Sicht, dass das Ablassen von radioaktiv verseuchtem Abwasser in einen Ozean durch Institutionen wie die Internationale Atomenergiebehörde als okay und machbar bezeichnet wird.

An anderer Stelle wird dann jedoch permanent vor einem unmittelbar bevorstehenden Klimawandel-Untergang gewarnt. Ich wiederhole mich, wenn ich behaupte, dass die voranschreitende Umweltzerstörung unseres Planeten aus meiner persönlichen Sicht ein viel größeres Problem darstellt als CO2.

Beobachten lässt sich das vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern, wo die Plastik-Vermüllung teils gigantische Ausmaße angenommen hat. Im Namen des Umweltschutzes wird es darum gehen, Strategien zu entwickeln, wie die Bevölkerungen dieser Länder dazu gebracht werden können, auf den Umweltschutz in ihren jeweiligen Heimatländern mehr Rücksicht zu nehmen - damit alle Menschen auf unserer Welt zukünftig von einem saubereren Planeten profitieren können. 

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